Fachmedienkonferenz 2023 Stadler Rail / FLIRT H2

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Am 16. März 2023 folgten knapp zwei Dutzend Mitglieder der Bahnjournalisten Schweiz der Einladung von Stadler Rail AG zur Fachmedienkonferenz 2023. Nach einem ausführlichen Überblick über den Geschäftsgang von Stadler wurde über technische Entwicklungen informiert. Nach den überaus interessanten Präsentationen bot sich Gelegenheit zu einem Rundgang durch die Werkhallen am Standort Bussnang. Am Nachmittag folgten die Besichtigung und eine Probefahrt mit dem eigens für einen Betreiber in San Bernardino im Süden von Kalifornien produzierten und mit Wasserstoff-Brennstoffzellenantrieb motorisierten Flirt-Triebwagenzug.

Begrüssung durch Gerda Königsdorfer, Head of Group Communications von Stadler Rail AG

Gerda Königsdorfer, oberste Kommunikationsverantwortliche, begrüsst über 20 Medienfachleute zur Fachmedienkonferenz 2023 und zur Testfahrt mit dem Flirt H2. Sie bedankt sich fürs Kommen und für das Interesse an Stadler Rail. Im Anschluss an drei Referate haben die Teilnehmenden die Möglichkeit zu einem Werkrundgang und – am Nachmittag – zu einer Testfahrt mit dem Flirt H2, dem mit Wasserstoff angetriebenen Flirt für die San Bernardino County Transport Authority (SBCTA), eine Stadt in Südkalifornien bei Los Angeles.

Stadler Rail AG heute – Referat von Markus Bernsteiner, Group CEO

Markus Bernsteiner informiert über wesentliche Ereignisse bei Stadler. Die Firma blickt auf eine eindrückliche Expansionsphase zurück. Auftragseingang und Auftragsbestand haben 2022 neue Rekordstände erreicht. Mit Prof. Dr. Stefan Asenkerschbaumer wurde der Verwaltungsrat von Stadler Rail AG weiter gestärkt.

Bestellungen 2022 und Bestellungsvorrat.

Markus Bernsteiner erläutert die von Stadler bearbeiteten Marktsegmente und die entsprechenden Fahrzeuge. Bemerkenswert sind die Erfolge mit der Lokomotive EURO9000, der stärksten sechsachsigen Lokomotive.

Anschliessend erläutert Markus Bernsteiner die globalen Märkte für Triebfahrzeuge. Die Zielmärkte von Stadler haben ohne China ein jährliches Volumen von rund CHF 26 Milliarden. Mit einem Umsatz von CHF 3.2 Milliarden beträgt der aktuelle Marktanteil von Stadler rund 13 Prozent – eine stolze Leistung für das relativ junge Unternehmen.

Strategische Märkte Stadler.

Eindrücklich ist auch das verhältnismässig dichte europaweite Netz von Servicestandorten. Stadler sucht die Nähe zu den Kunden. Dies ist unter anderem ein Beweis für die Servicequalität von Stadler für die eingesetzten Produkte.

Service Standorte von Stadler Rail.

Besonders stolz ist Stadler auf den Erfolg der Sparte Signaltechnik. In nur fünf Jahren wuchs dieser Bereich von fünf auf 600 Mitarbeitende, die an mehreren Standorten beschäftigt sind. Das von Stadler entwickelte «Guardia»-System für die ETCS-Infrastruktur in Fahrzeugen wurden von mehreren europäischen Eisenbahnaufsichtsbehörden homologisiert.

Produkte im Segment Signalling.

Innovation und Wachstum – Referat von Dr. Ansgar Brockmeyer, stv. Group CEO

Dr. Ansgar Brockmeyer erläutert den Nutzen der Eisenbahn als umweltfreundlichstes terrestrisches Transportsystem. Besonderes Augenmerk widmet Stadler der Förderung der Umweltverträglichkeit der Fahrzeuge – unter dem Begriff der Dekarbonisierung vor allem dem Ersatz des Dieselantriebes durch umweltfreundlichere Antriebe. Anhand einer Folie zeigt Dr. Ansgar Brockmeyer das CO2-Einsparpotential der verschiedenen Antriebsarten. Überraschend tief ist mit 26 Prozent das Einsparpotential von Wasserstoff-Brennstoffantrieben, dies im Gegensatz zu 77 Prozent bei batteriebetriebenen Triebwagenzügen.

Potentiale der Dekarbonisierung.
Gesamteffizienz von Antriebskonzepten.

In Anlehnung an die bewährten GTW-Triebwagenzüge werden neu auch bei Flirt zwischen die Wagen Module mit Bestandteilen der Antriebstechnik, die sogenannten «Power-Pack», eingereiht. Diese bieten Raum für die neuartigen Energiequellen, seien es Batterien oder die Wasserstoff-Brennstoffzellen. Am Nachmittag bietet sich Gelegenheit zu einer Besichtigung und Fahrt mit einem H2-betriebenen Flirt.

Dr. Ansgar Brockmeyer beendet seine Ausführungen mit einem Überblick über die von Stadler angebotenen umweltfreundlichen Antriebssysteme und bereits damit ausgerüstete Fahrtzeuge. Bemerkenswert ist das Faktum, dass 2022 mehr Fahrzeuge für Stadtbahnen und Strassenbahnen bestellt wurden als traditionelle Vollbahn-Triebwagenzüge.

Auftragseingang 2022 nach Produktsegmenten.

Präsentation TINA – Präsentation von Dirk Schillings, CTO LRV

Dirk Schillings, CTO des Bereichs Light Rail Vehicles LRV, erläutert die Entstehungsgeschichte der Strassenbahn TINA (Total Integrierter Niederflur-Antrieb), einem neuen Verkaufserfolg von Stadler. 2017 wurde bei Stadler in Anbetracht der unsystematischen Angebotspalette von Strassenbahnen die Notwendigkeit einer Systematisierung und Vereinheitlichung erkannt. In der Folge wurde in rekordkurzer Zeit mit TINA ein völlig neues und vielfältig einsetzbares Drehgestell entwickelt, das in verschiedenen Ausprägungen und mit modularen Wagenkästen erhältlich ist.

Kennzahlen TINA.

Mit diesem Drehgestell ausgerüstete Strassenbahnfahrzeuge wurden vom Markt sehr gut aufgenommen, wie die bereits eingegangenen festen Bestellungen von 191 Fahrzeugen eindrücklich belegen. Die neuen Fahrzeuge zeichnen sich a) durch Kundenfreundlichkeit – komplett barrierefreier Boden, grosse Panoramafenster, etc. – b) Wartungsfreundlichkeit und c) übersichtliche, grosszügige und sichere Führerkabine aus.

Absatzerfolg 2022 TINA.

Rundgang durch das Werk Bussnang

Nach diesen spannenden Referaten lädt Dr. Ansgar Brockmeyer zu einem Werkrundgang ein. Neu und von den Anwesenden freudig begrüsst wird das Angebot, von ein paar ausgesuchten Standorten Bilder aufzunehmen. Das bisher geltende Verbot auf Fotoaufnahmen ist gemäss Dr. Ansgar Brockmeyer hauptsächlich auf Anforderungen der Besteller der Fahrzeuge zurückzuführen.

Beeindruckend ist die Führung durch die gut ausgerüsteten und hellen Werkshallen. Imposant ist auch die Vielfalt der Fahrzeuge in verschiedenen Fertigungsstufen. Besonders beeindruckt haben den Verfasser die Farbenpracht und die beispielhafte Ordnung und Sauberkeit in den Hallen. Neben den Fahrzeugen selbst scheint auch die Organisation des Fertigungsprozesses eine ingenieurmässige Spitzenleistung zu sein.

Nachstehend ein paar Bilder vom Rundgang.

Präsentation und Testfahrt mit dem Flirt H2 für SBCTA

Nach dem offerierten exzellenten Mittagessen besammeln sich die Anwesenden vor dem Bus zur Fahrt nach Hemishofen. Die Reise führt bei prächtigem Frühlingswetter über eher wenig befahrene Strassen über den Seerücken an den Untersee und von hier weiter über Stein am Rhein nach Hemishofen.

Heimishofen liegt an der stillgelegten Bahnstecke zwischen Etzwilen und Singen, die zurzeit nur noch von Zügen einer Museumsbahn befahren wird. Aber nicht nur – Stadler Rail darf Teile dieser nicht elektrifizierten Strecke für das Testen von Fahrzeugen benutzen.

Bahnhofsgebäude von Hemishofen.

Erwartungsvoll harren die Anwesenden vor dem Bahnhof von Hemishofen der Dinge, die da kommen sollen. Pünktlich um 14.00 Uhr nähert sich der angekündigte Star des Nachmittages, der von einem H2-Brennstoffzellenmotor angetriebene zweiteilige Flirt-Triebwagenzug. Der Zug wurde als Einzelanfertigung von der San Bernardino County-Transport Authority SBCTA für den Einsatz zwischen dem Stadtzentrum von San Bernardino und der Redlands-Universität bestellt. Wie zu vernehmen war, wurden für vier weitere Züge Vorverträge unterzeichnet, und für weitere 20 wurden Optionen vereinbart. Der Zug präsentiert sich dank der «Erlkönig-Schutzfolie» prächtig.

Soeben eingefahrener Flirt.
Führerkabine. Man beachte die Beschriftung.

Im «Power-Pack» sind drei Wasserstoff-Brennstoffzellenantriebe angeordnet. Diese liefern den Strom für den Antrieb und die übrigen Geräte des zweiteiligen Zuges. Bemerkenswert ist, dass bei Aussentemperaturen von 45 Grad fast ein Drittel der Energie für den Betrieb der Klimaanlage benötigt wird. Für die vierteiligen Züge wird das «Power-Pack» mit einem zusätzlichen Brennstoffzellenantrieb ausgerüstet.

Power-Pack.

Der Wasserstoff wird in 40 relativ kleinen Tanks mitgeführt. Der Druck beträgt bei der Füllung 350 bar, wobei die aus Kunststoff hergestellten Tanks aus Sicherheitsgründen nie völlig geleert werden dürfen. Die maximale Reichweite des Zuges liegt mit vollen Tanks bei etwa 700 Kilometern. Der Ladevorgang für alle Tanks beträgt 15 Minuten. Die beim Bremsen erzeugte Energie wird mit Batterien aufgefangen – eine umweltfreundliche Technologie, die Stadler auch bei anderen Antriebsarten einsetzt.

Für die technischen Daten des Flirt H2 wird auf den Prospekt verwiesen. Die Kosten des Zuges sind mit rund CHF 10 Mio. im Vergleich zum Dieselantrieb mit CHF 5 Mio. und mit Batteriebetrieb mit CHF 7 ½ Mio. vergleichsweise hoch. Allerdings handelt es sich beim Flirt H2 um eine Einzelanfertigung.

Kennzahlen des Flirt.

Bemerkenswert ist, dass der Zug als technologische Innovation von den Bestimmungen der «Buy American-Rule» ausgenommen ist. Zum Staunen Anlass bietet auch der Sachverhalt, dass es mit Stadler einem Schweizer Unternehmen gelungen ist, einen einzigen Zug – und erst noch als Einzelanfertigung mit einem völlig neuen Antriebssystem – in die USA zu verkaufen. Also nicht nur eine technische, sondern auch eine marketingmässige Spitzenleistung. Fast unglaublich!

Nach der intensiven Begutachtung des Äusseren und Inneren des Zuges erfolgt die Probefahrt nach dem etwa sechs Kilometer entfernten Bahnhof von Ramsen. Fast geräuschlos gleitet der Zug mit ansprechendem Tempo dorthin, und nach einem weiteren Fotohalt am Zielbahnhof, auch wieder zurück.

Auffallend im Wageninnern sind die zahlreichen Sicherheitshinweise in englischer und spanischer Sprache.

Blick aus dem Führerstand während der Fahrt nach Ramsen.
Route und Angabe der Haltestellen.

Beeindruckt treten die Anwesenden die Rückreise an – nicht ohne vor dem Einsteigen Dr. Ansgar Brockmeyer und seinem Team mit einem kräftigen Applaus für den gehaltvollen und perfekt organisierten Tag zu danken.

Hinweise

Besten Dank an die Group Communication von Stadler Rail AG für das Gegenlesen dieses Beitrages und an meinen Partner für die redaktionelle Überarbeitung.

Die Folien wurden den Präsentationsunterlagen entnommen – die beiden Kennzahlenblätter den Prospekten der entsprechenden Fahrzeuge. Die Fotos wurden vom Verfasser mit einem Smartphone aufgenommen. Leider lässt sich die Zahl „2“ in der Überschrift nicht in einem kleineres Format setzen.

Öffentlicher Verkehr in Nidwalden / Werkstätte der Zentralbahn in Stansstad

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Lorenz Degen, Mitglied des Vorstandes der Bahnjournalisten Schweiz, organisierte am 8. März 2023 eine interessante Exkursion in die Innerschweiz. Am Vormittag erhielten 14 Mitglieder der Bahnjournalisten im Bergrestaurant Niederbauen mit zwei Referaten einen umfassenden Überblick über die Entwicklung, den Stand und die Anliegen des öffentlichen Verkehrs im Kanton Nidwalden. Am Nachmittag empfing uns Gerhard Züger zu einem spannenden und mit vielen Informationen bereicherten Rundgang in der Werkstätte der Zentralbahn in Stansstad.

Referat von Regierungsrätin Therese Rotzer-Mathyer, Baudirektorin

Frau Regierungsrätin Rotzer-Mathyer begann ihr Referat mit einem Überblick über die geografische Lage des Kantons Nidwalden.

Frau Regierungsrätin Therese Rotzer-Mathyer bei ihren packenden Ausführungen (Foto: Roland Arnet).

Der Kanton erlebte in den vergangenen sechzig Jahren eine stürmische Entwicklung, was sich in einer Verdoppelung der Einwohnerzahl auf knapp 44’000 Personen niederschlug. Entscheidend dabei waren zwei Verkehrsinfrastrukturen, nämlich die Brücke über die Acheregg und der Bau der Nationalstrasse A2. Dadurch wurde die Standortgunst des Kantons massiv gesteigert. Auch beim Angebot und bei der Qualität des öffentlichen Verkehrs erfolgten substantielle Verbesserungen. Luzern ist von Stans aus mit Regionalexpresszügen heute in einer Viertelstunde erreichbar. Weitere Verbesserungen sind angedacht.

Historisches Bild der Achereggbrücke (Quelle unbekannt).

Frau Rotzer-Mathyer tritt auf zwei Anliegen des Kantons Nidwalden vertieft ein. Mit engagierten Worten spricht sich die Referentin für den Bau des Durchgangsbahnhofs DBL aus und erläutert den Nutzen dieses Projekts für die Zentralschweiz. Die Regierungen der Innerschweizer Kantone stehen geschlossen hinter diesem Projekt und fordern dessen Realisierung bereits im Ausbauschritt 2035.

Lage des Durchgangsbahnhofs Luzern (Quelle: Präsentation von Regierungsrätin Rotzer-Mathyer).

Die knapp ein Kilometer lange einspurige Strecke zwischen Hergiswil und Hergiswil-Matt ist ein Ärgernis und steht einem Ausbau des Verkehrsangebots in der Region entgegen. Der ursprünglich angedachte Bau eines zweiten Gleises scheiterte am Widerstand der Bevölkerung. Heute steht der Bau eines doppelspurigen Tunnels im Fokus. Die Kosten für diese umweltfreundliche Lösung werden auf CHF 80 Millionen geschätzt. Frau Rotzer-Mathyer plädiert für eine baldige Realisierung dieses Tunnels.

Neben diesen beiden Forderungen soll auch die Leistungsfähigkeit der Zulaufstrecken zum DML durch gezielte Massnahmen gesteigert werden.

Ausführungen Markus Meisinger, Amt für Mobilität des Kantons Nidwalden

Markus Meisinger bemängelt einleitend die abnehmende Planungssicherheit beim Ausbau der nationalen Eisenbahninfrastruktur.

Markus Meisinger, Abteilungsleiter Strategie und Planung, im Amt für Mobilität des Kantons Nidwalden, bei seinem spannenden Referat. (Foto: Roland Arnet).

Bisher wurde etwa alle acht Jahre ein Bauprogramm mit konkreten Fahrpanzielen erarbeitet. Zurzeit befinden sich gemäss Markus Meisinger zu viele Projekte in der Umsetzung oder in der Planungs- und Abklärungsphase. Zudem enthält das Bauprogramm 2026 nur wenige nationale Teilprojekte, statt grosse Züge aufzuzeigen. Ein «grosser Wurf» soll erst wieder ab 2030 vorgelegt werden.

Übersicht über die Planung (Quelle: Präsentation von Markus Meisinger).

Bei der Anpassung der Personenanlagen an das Behinderten-Gleichstellungs-Gesetz BehiG im Kanton Nidwalden bestehen zwischen der Eisenbahn und den Bussen grosse Unterschiede. Während die Anforderungen des BhiG bei den Bahnhöfen zu 95 Prozent erfüllt sind und nur noch eine kleine Haltestelle fehlt, ist die Situation bei den Bushaltestellen weniger gut. Aber auch bei den Bushaltestellen wird intensiv an der Elimination der Schwachstellen für behinderte Personen gearbeitet. Ein wesentlicher Teil der Verzögerungen ist darauf zurückzuführen, dass Anpassungen in Dorfkernen oft in übergeordnete Baumassnahmen eingebettet sind, an denen mehrere staatliche Ebenen mitwirken.

Stand der Anpassung der Bushaltestellen im Kanton Nidwalden an das BehiG (Quelle: Präsentation von Markus Meisinger).

Auch das Angebot im regionalen Busverkehr wurde erheblich ausgebaut. In Anlehnung an die «Tell-Busse» zwischen Luzern und Altdorf mit einer Fahrzeit von 40 Minuten verkehren neu in der Regel alle zwei Stunden direkte «Winkelried-Regionalbusse» zwischen Stans und Altdorf mit einer Fahrzeit von 43 Minuten. Im Gegensatz zu den «Tell-Bussen» bedienen die «Winkelried-Busse» auf ihrer Fahrt unterwegs ein paar grössere Ortschaften des Kantons. Auch für die Seegemeinden ist ein Konzept für die Verbesserung der Buserschliessung in Arbeit.

Markus Meisinger ortet auch bei der Schifffahrt ergänzend zum touristischen Verkehr ein Potential für den «allgemeinen» öffentlichen Personenverkehr. Das Potential könnte mit zwei Möglichkeiten, nämlich Bestellung von Zusatzleistungen bei den Schifffahrtunternehmen a) über das RPV oder b) über die Tourismusförderung, erschlossen werden.

Zusammenfassend zu den beiden Referaten lässt sich feststellen, dass beim öffentlichen Verkehr im Kanton Nidwalden in den vergangenen sechzig Jahren «kein Stein auf dem anderen geblieben ist» und gewaltige Fortschritte erreicht wurden. Erfreulich ist, dass der Elan und die Bereitschaft für weitere Verbesserungen anhalten.

Sichtlich zufriedene Teilnehmende mit Regierungsrätin Therese Rotzer-Mathyer und Markus Meisinger, rechts aussen Lorenz Degen, der souveräne Exkursionsleiter (Foto Roland Arnet).

Besuch Werkstätte Zentralbahn mit Gerhard Züger

Am späteren Nachmittag begrüsst Gerhard Züger vor dem Bahnhof Stansstad die Delegation zu einem Rundgang in der Werkstätte der Zentralbahn. Gerhard Züger leitet als Mitglied der Geschäftsleitung den Bereich Produktion und Rollmaterial der Zentralbahn. Daneben präsidiert er IHRUS, ein nicht-kommerzieller Verein, der sich mit der Instandhaltung von Rad und Schiene beschäftigt. Zudem leitet Gerhard Züger im VöV die Arbeitsgruppe ATO Automatic Train-Control für Meter-, Spezialspur- und Trambahnen.

Gerhard Züger zieht bei seinem interessanten Vortrag alle in seinen Bann (Foto: Roland Arnet).

Nach kurzem Spaziergang trifft die Delegation bei der Werkstätte ein. Neben Stansstad betreibt die Zentralbahn in Meiringen eine zweite Werkstätte. Die Zentralbahn ist mit rund zwanzig weiteren Meterspurbahnen Mitglied von RAILPlus, einem Branchenverband, der die Interessen der Meterspurbahnen bündelt und den Informationsaustausch unter den Mitgliedern fördert. Ein besonderes Augenmerk von Gerhard Züger liegt auf der Wechselwirkung von Rad und Schiene – der Verfasser erinnert sich gerne an die spannenden Ausführungen von Gerhard Züger an der IHRUS-Fachtagung im Herbst 2020. Sorgen bereitet die Tatsache, dass die modernen und leistungsstarken Triebwagenzüge die Geleise bedeutend stärker abnutzen als mit Lokomotiven geführte Züge.

Gerhard Züger führt die Delegation durch die gut eingerichteten Werkstätten, die etwa 30 Mitarbeitende zeitgemässe Arbeitsplätze bieten. Beim Rundgang erfahren die Gäste viel Wissenswertes und Aktuelles.

Blick in die Halle 1 mit einem Verschiebefahrzeug (Foto vom Verfasser).

Besondere Aufmerksamkeit erhält der in der Halle abgestellte dreiteilige Spatz-Triebwagenzug. Vandalen des FC Basel hatten auf der fünfminütigen Fahrt vom Bahnhof Luzern zur Haltestelle Luzern Allmend/Messe im Zug massive Beschädigungen angerichtet, deren Reparatur mehrere CHF 10’000.- kostet.

Aussen bereits wieder hergestellter Triebwagenzug (Foto vom Verfasser).

Beeindruckt sind die Anwesenden auch von der Unterflurdrehmaschine, welche das Abdrehen der Lauffläche der Räder ohne Demontage der Achsen oder der Drehgestelle ermöglicht.

Frontalansicht der Unterflurdrehmaschine (Foto vom Verfasser).
Seitenansicht der Unterflurdrehmaschine (Foto vom Verfasser).

Während des Rundgangs berichtet Gerhard Züger von den Untersuchungen über die Wechselwirkung zwischen Rad und Schiene, bei welchen die Zentralbahn unter dem Lead von RAILPlus die Systemführerschaft einnimmt Die Erkenntnisse werden unter anderem auch der Firma Stadler Rail AG als führendem Anbieter von meterspurigen Fahrzeugen zur Verfügung gestellt. Wie Informationen von laufenden Beschaffungen von Triebfahrzeugen belegen, nimmt Stadler de facto eine Monopolstellung bei Fahrzeugen mit Zahnradantrieb im Meterspurbereich ein.

Auch das Projekt des Grimseltunnels kommt aus aktuellem Anlass zur Sprache. In der Öffentlichkeit kaum beachtet wird der Sachverhalt, dass die Zentralbahn und die Matterhorn-Gotthard-Bahn unterschiedliche Zahnstangen und Stromsysteme haben. Auf Anfrage führt Gerhard Züger aus, dass es für den Einsatz auf unterschiedlichen Zahnstangen keine kombinierten Antriebe gibt. Entgegen dem lange verfolgten Konzept, die Eisenbahn und die Starkstromleitung in einem einzigen Tunnel zu führen, geht die Planung nun von zwei getrennten Tunnelröhren aus.

Besonderes Interesse finden die Versuche der Zentralbahn für den Adhäsionsbetrieb auf Bergstrecken. Die Untersuchungen erfolgen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Schienenfahrzeuge IFS der Technischen Hochschule Aachen. Angestrebt wird bis zu 125 Promille steile Strecken mit reinem Adhäsionsbetrieb zu überwinden. Dazu ist auch eine verstärkte zusätzliche Bremswirkung mit Magnetschienenbremsen erforderlich. Neben der Beschleunigung würde der Adhäsionsbetrieb bei einer gemeinsamen Fahrzeugplattform MGB/RhB/Zentralbahn auch die drastische Reduktion der Drehgestelltypen von heute sechs auf noch zwei ermöglichen.

Seitenansicht des Triebfahrzeuges des Versuchszuges (Foto vom Verfasser).
Plakette mit den am Projekt beteiligten Stellen (Foto vom Verfasser).

Der Besuch schliesst mit einem Rundgang durch das umfangreiche und wohlgeordnete Ersatzteillager.

Abschliessende Bemerkungen

Dankbar und bereichert treten die Teilnehmenden die Heimreise an. Ein grosser Dank geht an die Referentin und die beiden Referenten für ihre informativen Vorträge und die spannenden Gespräche. Besonderen Dank gebührt Lorenz Degen für die Organisation und die Moderation des spannenden Tages.

Nachdenklich stimmt jedoch, dass

  • bis auf Weiteres keine Mittel für den überfälligen Doppelspurausbau zwischen Hergiswil und Hergiswil-Matt verfügbar sind, nachdem die Autobahn A2 zwischen Luzern und Hergiswil mit einem enormen Mitteleinsatz auf weiten Strecken überdeckt wurde,
  • die Planung für den als «Bypass» bezeichneten zweiten Autobahntunnel unter der Stadt Luzern fortschreitet und der Tiefbahnhof Luzern als Voraussetzung für die Leistungssteigerung des Knotens Luzern eine tiefe Priorität hat,
  • die Optik meines Erachtens zu stark auf dem Tiefbahnhof Luzern und nicht auf dem Korridor Zürich-Zug-Luzern liegt. So müsste die Einfahrt in den Tunnel zum Tiefbahnhof Luzern aus nordöstlicher Richtung nicht bei Ebikon, sondern bereits vor Gisikon-Root erfolgen. Dadurch und mit dem Zimmerberg II-Tunnel wäre zwischen Luzern und Zürich eine Fahrzeit in der Grössenordnung von einer halben Stunde möglich.

Dank

Der Verfasser bedankt sich bei Markus Meisinger und Gerhard Züger für die Prüfung des Manuskripts und bei Roland Arnet für die zur Verfügung gestellten Fotografien. Nochmals besten Dank auch an Lorenz Degen für die Organisation und die Leitung der Tagung.

Bilbao Intermodal – wie in einer anderen Welt!

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Das vor 25 Jahren eröffnete Guggenheim-Museum von Frank Gehry in Bilbao gehört zu den berühmtesten Museumsgebäuden der Welt.

Bild des Guggenheim-Museums. (Quelle: Website des Museums).

Aber es gibt in Bilbao eine Infrastruktur des öffentlichen Verkehrs, die meines Erachtens in seiner Einzigartigkeit dem Guggenheim-Museum in Nichts nachsteht – nämlich der Knotenpunkt Bilbao Intermodal. Auch hier wurden wesentliche Elemente von einem weltberühmten Architekten, dem Engländer Norman Forster, gestaltet.

Bürogebäude und architektonisches Wahrzeichen von Bilbao Intermodal.

Mit diesem Bericht lade ich zu einem Rundgang in Bilbao Intermodal ein. Der Bericht schliesst mit ein paar Bildern vom Busterminal von San Sebastian.

Der öffentliche Verkehr in Bilbao

In Bilbao, als der zehntgrössten spanische Stadt, wohnen rund 350’000 Menschen. Bilbao verfügt neben einem städtischen Busnetz über eine Strassenbahn, eine U-Bahn, zwei Regionalbahnen und eine S-Bahn. Vom Bahnhof Bilbao Abando aus fahren relativ wenige Fernzüge der spanischen Staatsbahn Renfe über Miranda de Ebro nach Madrid oder nach Zaragossa. In einigen Jahren wird Bilbao jedoch mit dem „Basken-Y“ an das spanische Hochgeschwindigkeitsnetz angeschlossen. Die baulichen Massnahmen für das „Basken-Y“ sind weit fortgeschritten. Von Bilbao aus fahren Fernbusse in alle Richtungen. 

Karte der schienengebundenen öffentlichen Nahverkehrsmittel in Bilbao. (Quelle: Internet).

In Bilbao Intermodal werden mit Ausnahme von Feve – der von Renfe betriebenen Meterspurbahn – alle schienengebundenen öffentlichen lokalen Verkehrsmittel von Euskotren betrieben. Die Gehdistanzen der unterirdischen Verbindungswege zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern sind relativ kurz. Der längste Weg zwischen der U-Bahn und dem Stadtbus misst knapp 260 Meter – die übrigen Wege sind bedeutend kürzer.

Fernbus-Terminal

Einleitend eine Reminiszenz: Im Rahmen eines Sprachaufenthaltes unternahm meine Frau eine Busreise von Bilbao nach San Sebastian. Sie schilderte mir ihre Eindrücke vom Busterminal von Bilbao und war begeistert. Ein paar Wochen später suchte ich während einer Studienreise in Bilbao das Busterminal. Ich nahm an, dass mich Busse zum Standort leiten würden. Aber ich erreichte Bilbao Intermodal, ohne einem Fernbus zu begegnen. In dem von weitem sichtbaren Gebäude gelangte ich über eine Treppe ins Untergeschoss und entdeckte als erstes das Terminal der Fernbusse. Ich war sprachlos. Da ich nicht im Besitz eines gültigen Fahrausweises war, wurde mir der Zugang zum Busterminal jedoch verwehrt.

Architektonisches Wahrzeichen über Bilbao Intermodal.

So unternahm ich wenige Tage später eine Busreise in umgekehrter Richtung – von San Sebastian nach Bilbao. Bei der Anfahrt in Bilbao stellte ich fest, dass das Busterminal sogar mit einer kurzen Verbindungsstrasse an das städtische Autobahnnetz angeschlossen ist. Nachstehend ein paar Bilder:

Abgang zur unterirdischen Verbindung zwischen den Haltestellen der Verkehrsträger. Lediglich die etwa 120 Meter entfernte Haltestelle der Stadtbusse befindet sich auf der Oberfläche. Rechts hinten befindet sich in etwa 25 Meter Entfernung die Haltestelle der Strassenbahn.
Verbindungsgang zum Terminal der Fernbusse.
Zugang zu den Fernbussen. Der Zugang ist nur mit einem gültigen Fahrausweis möglich.
Blick vom Verbindungsgang auf die Haltestellen der Fernbusse im zweiten Untergeschoss. Im zweiten Untergeschoss wird die Luft intensiv abgesogen. Weder in der Wartezone noch im Verbindungsgang sind Abgase zu riechen. Auch beim Ein- und Aussteigen riecht man keine Abgase. Die Türen zum Aufgang nach oben und zum unteren Wartebereich schliessen hermetisch ab.
Nahaufnahme „meines“ Busses nach dem Aussteigen der Fahrgäste.
Aufgang aus der inneren Wartezone und dem Eingangsbereich in die obere Etage.
Zusätzlich zu den Rolltreppen und zur konventionellen Treppe stehen zwei Lifte zur Verfügung.
Bild aus der unteren und nur Personen mit Fahrausweisen zugänglichen Wartezone. Nicht erkennbar auf dem Bild sind Ausgabeautomaten für Speisen und Getränke. Rechts auf dem Bild sieht man auf den Zugang zum Bus wartende Fahrgäste.
Obere Wartezone im Verbindungsgang. Links hinten ist eine einfache Gaststätte erkennbar.

Haltestelle der Strassenbahn

Bild von der Haltestelle der Strassenbahn. Die Züge der Strassenbahn verkehren alle 15 Minuten.

Haltestelle San Mamès der S-Bahn von Renfe „Cercanias“

Der Fahrplan der beiden S-Bahnlinien ist verhältnismässig dicht. Die Züge verkehren in den Stosszeiten alle zwanzig Minuten, tagsüber im Halbstundentakt.

Zugang aus dem Verbindungsgang zum Bahnhof San Mamès der von Renfe betriebenen S-Bahn.
Blick von der Passerelle auf die Haltestelle der S-Bahn.
Blick von der Passerelle auf die Bahnsteige der S-Bahn.
Eindruck von einem der Bahnsteige der S-Bahn.
Künstlerischer Schmuck und Lichtspiel an einer Seitenwand der S-Bahn Haltestelle. Da steigt man gerne ein oder aus und begeht auch keine Vandalenakte.

Haltestelle der U-Bahn

Die Haltestellen wurden von Norman Forster gestaltet. Sie überzeugen durch ihre Grosszügigkeit und die verwendeten Materialien. Der Fahrplan der besonders in den Stosszeiten stark belegten Züge ist viel dichter als bei der S-Bahn.

Abgang aus dem Verbindungsgang zur U-Bahn. Man beachte die Orientierungshilfen auf dem Boden und das knapp sichtbare Wandbild auf der rechten Seite, welches die gesamte Länge des Verbindungsgangs ziert.
Blick von der ersten der beiden Treppen auf den Abgang. Gut beleuchtet, stilvoll gestaltet, sicher zu begehen und klinisch sauber.
Zwischenpodest in der Mitte des Abgangs.
Blick von unten auf den Abgang.
Zugang zur U-Bahn.
Anzeigetafeln der U-Bahn.
Blick auf die Bahnsteige der U-Bahn.
Bahnsteig mit einem abfahrenden U-Bahn-Zug.
An beiden Enden der Bahnsteige befinden sich grosszügig dimensionierte Lifte.
Detailansicht von der Passerelle.
Treppe von der Passerelle auf den Bahnsteig.
Ausführungsdetail bei der Aufhängung der Passerelle. Ich bitte um Verständnis für das unscharfe Bild.

Busterminal von San Sebastian/Donostia

Auch San Sebastian mit rund 190’000 Einwohnern verfügt über einen dichten, gut organisierten und gepflegten öffentlichen Verkehr. Wie in Bilbao betreibt Renfe in San Sebastian auf einer Strecke stündlich verkehrende Cercanias-Züge. Ungleich dichter und auf einem viel höheren höheren Niveau als derjenige von Renfe ist der S-Bahn-Verkehr der meterspurigen und von der Region des Baskenlandes betriebenen Euskotren. Dieses EVU wird in einem der nächsten Beiträge auf unserer Website vorgestellt.

Die Hauptlast des öffentlichen Verkehrs liegt jedoch auf Stadtbussen. Ein Teil der Linien wird bereits mit elektrisch angetriebenen Bussen betrieben. Daneben erleichtern öffentlich zugängliche und kostenlos zu benutzende Lifte Fussgängern den Aufstieg zu höher liegenden Stadtteilen. Die oft spektakulär angelegten Lifte überwinden Höhenunterschiede von über 35 Metern.

Das Busterminal von San Sebastian – die einheimische baskische Bevölkerung nennt die Stadt in ihrer Muttersprache Donostia – liegt unmittelbar unter dem Stadtbahnhof. Abgesehen von der einfacheren architektonischen Gestaltung kann der Busbahnhof funktional durchaus mit dem prachtvollen Busterminal von Bilbao mithalten, wie die folgenden Bilder belegen.

Rampe zum Busterminal von San Sebastian. Der Boden der Rampe ist mit Natursteinen belegt. Im Hintergrund erkennt man das Gebäude des Stadtbahnhofs von Renfe.
Zugangsbereich zum Busterminal.
Direkter Zugang von der Rampe zum Busterminal zum Bahnhof von Renfe.
Abstellraum für Fahrräder im Busterminal unmittelbar neben dem Abgang zu den Bussen.
Abgang zur unteren Ebene des Busterminals. Auf der linken Seite ist ein Kiosk sichtbar. Weiter hinten befindet sich der Zugang zu einem grossen Detailhandelsgeschäft.
Blick von der Wartezone und Zugangsbereich zu den Bussen auf den Abgang. Neben der Rolltreppe und der konventionellen Treppe steht den Fahrgästen auch ein Lift zur Verfügung.
Einer der rund 15 Halteplätze für Busse mit abfahrbereitem Bus.
Kunstvoll gestaltetes und nach oben offenes Tragwerk im Zentrum der Verkehrsfläche. Auch im Ein- und Ausstiegsbereich werden die Fahrgäste nicht mit Abgasen konfrontiert, da sich diese nach oben ins freie verflüchtigen.

Abschliessende Bemerkungen

Vor drei Wochen warteten wir bei der Haltestelle Sihlquai auf das Tram. Dabei konnten wir einmal mehr ein paar Blicke auf den benachbarten Carparkplatz der Stadt Zürich werfen. Kein Vergleich zu den rund 20 Busterminals, die ich in den letzten zehn Jahren in Europa gesehen habe. Ein grauenhaftes Bild.

Die Stigmatisierung der Buspassagiere in der Stadt Zürich ist unerträglich. Für viele der Fahrgäste oft aus einkommensschwächeren Schichten ist der Bus das einzige verfügbare und bezahlbare öffentliche Verkehrsmittel für Fernreisen. Wie verträgt sich dieser Missstand mit dem Credo rot-grün regierten Stadt!

Neubaustrecke Wendlingen-Ulm / grossartig, aber ….

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Am 12. Dezember 2022 wurde nach zehn Jahren Bauzeit der Betrieb auf der rund 60 Kilometer langen Neubaustrecke (NBS) zwischen Wendlingen und Ulm aufgenommen. Der Verfasser befuhr die Strecke am 4. Januar 2023 und am 17. Januar 2023. Die Eindrücke waren überwältigend. Leider wurde der positive Eindruck durch ein paar Mängel an den Publikumsanlagen beeinträchtigt.

Erfreulich ist auch der Stand bei den Anschlussbauwerken in Wendlingen. Eines davon wird bereits genutzt, das zweite ist praktisch fertiggestellt und das dritte befindet sich in Arbeit.

Mehr über die grossartige Neubaustrecke und die Situation in Wendlingen in diesem Bericht.

Streckenverlauf

Die Neubaustrecke schliesst in Wendlingen am Neckar an die Strecke vom Flughafen Stuttgart – diese ist Bestandteil des Projekts Stuttgart 21 und befindet sich noch im Bau – an. Die Strecke steigt vom niedrigsten Punkt bei Wendlingen auf 276 Metern über Meer nach 25 Kilometern bis zum Scheitelpunkt beim Steinbühltunnel auf 746 Metern über Meer. Anschliessend sinkt die Strecke auf den nächsten 35 Kilometern ab zum Hauptbahnhof von Ulm auf 266 Metern über Meer.

Zugang zur NBS in Wendlingen mit abfahrbereitem IRE 200.

30 Kilometer der total 61 Kilometern langen Neubaustrecke liegen in fünf Tunnels. Nur elf Kilometer der Strecke wurden ohne Kunstbauten errichtet. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit liegt bei 250 Km/h. Die maximale Steigung liegt abgesehen von zwei kurzen Abschnitten bei 2.5 Prozent. Die längeren Tunnels wurden mit zwei Röhren gebaut.

Die Neubaustrecke führt durch fünf Tunnels und – wohl als markanteste Bauwerke – über die beiden etwa 480 Meter langen und bis 85 Meter hohen einspurigen Filstalbücken

Etwa in der Mitte der Strecke wurde in Merklingen-Schwäbische Alb ein viergleisiger Regionalbahnhof errichtet.

Regionalbahnhof Merklingen-Schwäbische Alb mit Blick nach Westen.

Die Neubaustrecke ist mit ETCS Level 2-Signaltechnik ausgerüstet. Die Geleise liegen durchgängig auf einer festen Fahrbahn.

In Ulm mündet die Neubaustrecke direkt in den Hauptbahnhof. In Wendligen bestehen zwei Anschlüsse an die Bestandesstrecke von Plochingen nach Tübingen. Die lange umstrittene «Güterzugsanbindung» ermöglichte die vorzeitige Inbetriebnahme der Neubaustrecke vor der Fertigstellung des Projekts Stuttgart 21. Von Süden her erfolgt die Einbindung der Bestandesstrecke aus Tübingen kreuzungsfrei mit den beiden sogenannten «Wendlinger-Kurven». Die Arbeiten für die «Kleine Wendlinger-Kurve» sind praktisch abgeschlossen, während die nachträglich bewilligte «Grossen Wendlinger-Kurve» noch im Bau ist.

Einfahrt der NBS in Ulm in die in den rund sechs Kilometer langen Albabstiegstunnel.
In Ulm in die NBS einfahrender ICE.

Die Kosten der gesamten Neubaustrecke inklusive einer neuen Brücke über die Donau bei Ulm liegen bei EUR 3.985 Milliarden. An diesen Kosten beteiligen sich der Bund mit rund 51 Prozent, die EU mit 17 Prozent, das Land Baden-Württemberg mit 28 Prozent und die Deutsche Bahn AG mit 4 Prozent.

Betriebskonzept

Zurzeit wird die Strecke in der Regel in jeder Richtung von zwei ICE und einem IRE 200 befahren. Der IRE hält stündlich in Merklingen-Schwäbische Alb. Die IC und die Regionalzüge sowie die Güterzüge verkehren weiterhin auf der Bestandesstrecke über die Geislinger-Steige.

Die ICE fahren zwischen Stuttgart und Ulm ohne Halt. Die Fahrzeit zwischen diesen beiden Städten verkürzt sich durch die Fahrt über Neubaustrecke von knapp einer Stunde auf etwas über vierzig Minuten. Die neu eingeführten IRE 200 verkehren nur zwischen Ulm und Wendlingen, wo auf die Züge des Regionalverkehrs umgestiegen werden muss.

Werbung auf einer der beiden Vectron-Lokomotiven des IRE 200 von Ulm nach Wendlingen. Mangels ETCS-tauglichen Steuerwagen sind diese aus vier Personenwagen zusammengesetzten Züge mit zwei Lokomotiven bestückt.
Er darf nicht auf die NBS. Dieselgeführter IC Oberstdorf-Dortmund bei der Ausfahrt in Ulm über die Bestandsstrecke via Geislingen.

Eindrücke von meinen beiden Fahrten

In Ulm werden das Bahnhofgebäude und der Vorplatz umgebaut. Die vielversprechenden Arbeiten sind noch im Gang. Die Bahnsteige lassen sich über die neue südliche repräsentative Fussgängerüberführung erreichen, in der Mitte durch die bestehende etwas enge Unterführung und nördlich über eine Rampe. 

Bahnhofvorplatz in Ulm in Fertigstellung.

Wie einige der folgenden Bilder zeigen, besteht Handlungsbedarf.

Repräsentative Fussgängerüberführung am Südkopf des Bahnhofs Ulm mit Zugang zu den Bahnsteigen.
Blick vom Bahnsteig 2 auf die Fussgängerüberführung.
Ungepflegt wirkender Innenraum der Fussgängerüberführung mit schäbigem Bodenbelag
Abfalleimer in der Fussgängerüberführung – die berüchtigte Faust auf das berühmte Auge.
Verwahrlost wirkende und bereits schadhafte Stellen aufweisende Treppe der Personenüberführung.
Rampe vom Bahnsteig 2 in die nördliche Unterführung des Bahnhofs Ulm – unverträglich mit dem Ausführungsniveau der NBS.

Der Regionalbahnhof Merklingen-Schwäbische Alb wurde als regionaler Verkehrsknotenpunkt konzipiert. Regionalbusse fahren vom Bahnhof in die umliegenden Dörfer. Daneben verfügt der Bahnhof über rund 200 Parkplätze und zwei schmucke Gebäude. Eines der Gebäude dient als Parkhaus für Fahrräder, im anderen sind kostenlos zu benutzende Toiletten und ein kleiner Bankschalter untergebracht. Trotz dem durchwegs positiven Eindruck von den Anlagen orte ich auch in Merklingen-Schwäbische Alb Optimierungspotential.

Ansicht vom Bahnhof Merklingen-Schwäbische Alb.
Parkplätze beim Bahnhof Merklingen-Schwäbische Alb.
Repräsentatives Parkhaus für Fahrräder beim Bahnhof Merklingen-Schwäbische Alb.
Parkhaus für Fahrräder beim Bahnhof Merklingen-Schwäbische Alb mit Einstellboxen und Schliessfächern für Gepäck.
Servicegebäude beim Bahnhof Merklingen-Schwäbische Alb mit fernbedientem Bankschalter.
Kostenlos zu benutzende Toiletten beim Servicegebäude.
Busstation für Lokal- und Regionalbusse ohne Schutzvorkehrungen für Fahrgäste. Wenig Komfort im offenen Gelände mit oft stürmischem Wind.
Eines der beiden Treppenhäuser zum Bahnsteig. Der Zugang von Aussen zum ersten Treppenhaus ist ungeschützt. Hingegen ist die Überführung über den Geleisen zum Schutz der Fahrgäste eingehaust.
Innenanblick in einem der beiden typengleichen Treppenhäuser. Unklare Funktion dieses zusätzlichen Liftzugangs auf dem Zwischenperron ohne Ausgang ins Freie.
Verwahrlost wirkende Treppe im Treppenhaus, etwa fünf Wochen nach der Eröffnung des Bahnhofs. Das erste Rendez-Vous dieser Treppe mit einem Reinigungsgerät steht noch aus.

In Wendlingen müssen die nach Stuttgart weiterreisenden Fahrgäste des IRE 200 einen relativ weiten Fussweg zur Unterführung und von hier zum Bahnsteig der Züge nach Stuttgart auf sich nehmen – glücklicherweise nur bis zur Inbetriebnahme von Stuttgart 21 im Jahr 2025.

Bilder von den Anschlusswerken bei Wendligen

Überblick über die Anschlusswerke vor dem Bahnhof Wendlingen. Die vom Verfasser bearbeitete Karte stammt aus der Projektdokumentation der DB AG zum Projekt NBS Wendlingen-Ulm.
Blick auf die Güterzugsanbindung mit in einem in den Albaufstiegstunnel einfahrenden IRE 200.
Luftbild auf die Lage der beiden „Wendlinger-Kurven“. Die Unterführung der „Grossen Wendlinger-Kurve“ unter der Neubaustrecke ist bereits fertiggestellt. Ende Januar waren die Vorbereitungen für den Bau des Tunnels der „Grossen Wendlinger-Kurve“ im Gang. Man rechnet für den knapp 700 Meter langen Tunnel mit einer Bauzeit von zwei Jahren. Beteiligt am Bau des Tunnels ist die Firma Max Bögl AG. (Bild: DB AG).
Blick auf ein tief gelegtes Teilstück der „Kleinen Wendlinger-Kurve“.
Das Verlegen der Geleise auf der „Kleinen Wendlinger-Kurve“ ist abgeschlossen.
Auf der rechten Seite des Tunnels der „Kleinen Wendlinger-Kurve“ kommt das südliche Portal des Tunnels der „Grossen Wendlinger-Kurve“ zu liegen.
Blick von Wendligen auf die Neubaustrecke in Richtung Flughafen Stuttgart. Dieser Abschnitt gehört bereits zum Projekt Stuttgart 21 und wird nach der Fertigstellung des Projekts auch vom schnellen Regionalverkehr zwischen Tübingen und Stuttgart befahren, was den Fahrgästen auf dieser Relation eine substantielle Beschleunigung der Reisezeit verschafft.

Ein paar abschliessende Bemerkungen

Als Vergleichsobjekte für die Überführung in Ulm und den Bahnhof Merklingen möchte ich auf die neue Überführung im Bahnhof von Luxemburg und den Bahnhof Kühnsdorf an der Koralmbahn hinweisen. Bauten dieser Qualität wären aus meiner Sicht der grossartigen Neubaustrecke Wendlingen-Ulm und dem Projekt Stuttgart 21 angemessener.

Bahnhof Luxemburg – Übergang von der Überführung zum Lift auf den Bahnsteig.
Luftbild auf den Bahnhof von Kühnsdorf. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB).

Und abschliessend verbleibt die Hoffnung, dass die lieblose Detailausführung bei den Publikumsanlagen in Ulm und Merklingen auf die bauliche Infrastruktur beschränkt bleibt und nicht beispielsweise auch bei der Technik auftritt.

Subventionierung Einzelwagenladungsverkehr – zweckmässig und fair !

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Zurzeit wird in der Schweiz intensiv über die Zukunft des Einzelwagenladungsverkehrs – kurz EWLV – diskutiert. Diese Form des Gütertransports lohnt sich gemäss Expertenmeinungen nur über grössere Distanzen. Diese Aussage gilt auch für die Schweiz.

Die SBB möchten den nationalen EWLV auch weiterhin anbieten, erwarten aber im Gegenzug vom Staat die Übernahme der nicht gedeckten Kosten. Politiker und Vertreter des Strassentransportgewerbes fordern hingegen, dass der Güterverkehr auf der Schiene kostendeckend betrieben wird.

In der Diskussion fallen meines Erachtens wichtige Aspekte ausser Betracht. Unter anderem fehlt der Blick auf den neben der SBB wichtigsten Anbieter des Einzelwagenladungsverkehrs in der Schweiz, nämlich auf die Rhätische Bahn AG – nachstehend RhB. Ich habe die Kennzahlen des Güterverkehrs der RhB von 2011 bis 2021 analysiert und möchte im nächsten Abschnitt kurz darauf eintreten. Die beispielhafte Qualität der finanziellen Berichterstattung der RhB hat die Analyse wesentlich erleichtert.

Güterverkehr bei der RhB

Nachstehend ein paar Kennzahlen in zwei Tabellen. Die Tabellen können durch Anklicken vergrössert werden und stehen als MS-Excel-Dateien über diesen Link zur freien Verfügung: Kennzahlen Güterverkehr RhB AG 2011-2021.

Überblick über den Güterverkehr der RhB 2011 – 2021 (Tabelle vom Verfasser).

Die Bruttokosten pro Tonnenkilometer TKm liegen in der Grössenordnung von 60 Rappen. Das ist ungefähr das Sechsfache des Erlöses, den die SBB pro TKm erwirtschaftet, rund das Siebenfache des Erlöses der DB AG und geschätzt das 15-fache des Erlöses, den die rentablen Güterbahnen in Nordamerika realisieren.

Auszug aus der Spartenrechnung des Güterverkehrs der RhB 2011 – 2021 (Tabelle vom Verfasser).

Gemäss der Spartenrechnung hat sich der Anteil der Abgeltungen am Nettoerlös und am Betriebsertrag des Güterverkehrs der RhB im Betrachtungszeitraum massiv erhöht. So lagen die Abgeltungen pro TKm im Jahr 2021 bei 20 Rappen, was von den RhB in ihrem beispielhaften Geschäftsbericht auch offen ausgewiesen wird.

Die Bedeutung des Güterverkehrs im Kanton Graubünden liegt auf der Hand. Die Strasse kann auf wichtigen Transitachsen wesentlich vom Schwerverkehr entlastet werden. Ich denke etwa an die Blockzüge mit Öl oder Zement ins Engadin oder an die Holztransporte über den Berninapass ins Veltlin. Ob hingegen Güterzüge mit wenigen Containern von Landquart nach Klosters oder nach Davos ökonomisch und ökologisch der Weisheit letzter Schluss sind, möchte ich nicht beurteilen.

Güterzug zwischen Malans und Seewis-Pardisla vor der prächtigen Kulisse des Alvier (Dieses Bild und folgenden beiden Aufnahmen von Güterzügen der SBB wurden uns freundlicherweise von Bernhard Studer zur Verfügung gestellt. Besten Dank. Das Bild am Anfang des Berichts mit der blauen Ge 4/4 II zwischen Landquart und Malans stammt von Thomas Wälti. Auch ihm vielen Dank).

Kommentar

Zur Klärung: Ich stelle den Güterverkehr der RhB nicht in Frage. Hingegen postuliere ich, dass bei der Diskussion um den EWLV in der Schweiz bei allen Bahnen gleich lange Spiesse zum Einsatz kommen. Unser Land kann sich einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag für die Unterstützung des EWLV durchaus leisten.

Dazu kommt, dass der EWLV auch zum grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr beiträgt. Es wäre fatal, die Rolle der Eisenbahn in der Schweiz und in Europa nur noch auf Blockzüge oder den Transport von Containern von und zu den Häfen zu beschränken.

Blockzug für Mineralöltransporte am Bözberg (Bild Bernhard Studer).

Zudem halte ich eine Revitalisierung des europäischen Ferngüterverkehrs auf der Schiene ohne eine Steigerung des EWLV in den europäischen Ländern für unerreichbar.

Güterzug mit gemischten Wagen im Transitverkehr (Bild Bernhard Studer).

Dazu kommt, dass SBB und weitere europäische Bahnen beim Schienengüterverkehr bereits wesentliche Rationalisierungen angestossen oder umgesetzt haben. Ich denke etwa die automatische Kupplung der Güterwagen oder die automatische Zugbildung beim Rangieren als Voraussetzungen für die Automatisierung der Rangierbahnhöfe.

Diese erfreulichen Massnahmen sind aus meiner Sicht notwendig, jedoch mit Blick auf Situation in Nordamerika nicht ausreichend für die so dringende Verlagerung des europäischen Ferngüterverkehrs von der Strasse auf die Schiene. Erst die Bildung von wenigen, grossen und europaweit tätigen Güterbahnen und eine substantielle Erhöhung von Qualität und Geschwindigkeit werden es richten. Darüber hinaus braucht es ein neues Denken, nämlich, dass sich mit einem entsprechend aufgestellten Schienengüterverkehr im Interesse der Umwelt auch gutes Geld verdienen lässt.

Selzach – ein Bahnhof in der Schweiz

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Kurz vor Weihnachten besuchte ich einen Freund in Selzach. Die Reise erfolgte per Bahn. Beim Ein- und Aussteigen im Bahnhof von Selzach war ich mit eigenartigen Bildern konfrontiert. Leider hatte ich keine Zeit für eine eingehende Besichtigung der Örtlichkeiten. Ich holte dies anfangs dieses Jahres nach und war – wie die folgenden Bilder zeigen – schockiert. Ähnliche Bilder habe ich bisher nur in Osteuropa gesehen.

Mehr darüber und ein paar kritische Bemerkungen in diesem Bericht.

Lage und Verkehrsangebot beim Bahnhof Selzach

Der Bahnhof Selzach liegt, wie der folgende Kartenabschnitt zeigt, an der wichtigen Jurasüdfusslinie. Zwischen Solothurn und Biel verkehren abgesehen von Randstunden jede Stunde und in jeder Richtung zwei IC und zwei Regionalzüge. Zudem erfolgt der Grossteil des Güterverkehrs zwischen der deutsch- und der französischsprachigen Schweiz auf dieser Strecke.

Zusätzlich fährt der Bus Nr. 32 an Werktagen von 06.05 Uhr bis 20.05 Uhr stündlich von Selzach über Altreu und Bettlach nach Grenchen. 

Dieser Auszug wurde, mit dem besten Dank an den Verlag, dem Eisenbahnatlas Schweiz von Schweers+Wall entnommen.

Bildreportage

Die folgenden Bilder geben die Eindrücke auf dem Weg von der Bushaltestelle vor dem Bahnhof Selzach durch die Unterführung zum Bahnsteig 2 wieder.

Das nicht mehr besetzte Bahnhofgebäude wurde vor einigen Jahren renoviert und präsentiert sich ansehnlich. Die Anlage wurde gemäss den Normen der SBB für Regionalbahnhöfe ausgestaltet.
Auch vom Bahnsteig 2 aus gesehen, hinterlässt das Bahnhofgebäude einen guten Eindruck. Im Gegensatz zum Bahnsteig 2 ist der Hausperron überdacht und dürfte dem Grossteil der Fahrgäste der vierteiligen Flirt-Triebwagenzüge ein geschütztes Ein- oder Aussteigen ermöglichen.
Auf beiden Bahnsteigen steht den Fahrgästen je eine nicht beheizte Wartehalle zur Verfügung. Das Unkraut und das Moos entlang des Sockels der Einstellhalle befinden sich schon lange an dieser Stelle und fördern die Korrosion des Sockelbandes.
Wenig ansehnlich präsentiert sich die Rampe zur Unterführung.
Der Beton über der Armierung hat sich schon länger gelöst und überlässt die Betoneisen dem Rost. In wenigen Jahren macht Behebung dieses Schades eine aufwendige Betonsanierung notwendig.
Türe zu einem früheren Serviceraum unmittelbar vor der Unterführung.
Ganz offensichtlich rostet die Türe bereits seit einigen Jahren vor sich hin. Anzunehmen ist, dass der Schaden schon bestand, als der Bahnhof und die Anlagen erneuert wurden.
Ablauf in der Unterführung – kein besonders appetitliches Bild.
Ein schon länger bestehender Betonschaden an der Seitenwand der Unterführung.
Rampe aus der Unterführung zum Bahnsteig 2. Nicht nur unansehnlich, sondern auch eine Stolperfalle und damit ein Sicherheitsrisiko, besonders für ältere Fahrgäste.
Schon seit längerem wuchert das Unkraut in die Rampe.

Kommentar

Man fragt sich, ob der aufgestaute Unterhaltsbedarf beim Bahnhof Selzach und bei zahlreichen weiteren Bahnhöfen der SBB den Oberbehörden oder dem BAV überhaupt bekannt ist. Zweifel sind angebracht. Zustände wie in Selzach oder – wir haben darüber berichtet – bei zahlreichen anderen Bahnhöfen der SBB stehen in krassem Gegensatz zur Selbsteinschätzung.

Besonders stossend sind die rapportierten Zustände im Vergleich mit den komfortablen Gegebenheiten bei der RhB oder gar den luxuriösen Umbauten bei der TPF. Offensichtlich misst das BAV mit ungleichen Ellen und ist kaum mehr in der Lage, eine „gerechte“ Allokation der Mittel aus dem Bahninfrastrukturfonds BIF zu gewährleisten.

Es fällt mir zunehmend auf, dass die sogenannten Privatbahnen – eigentlich sind es von Kantonen geführte Staatsbahnen – in vielen Fällen gegenüber der SBB privilegiert sind. Die Lobby der Privatbahnen ist ungleich mächtiger als diejenige für die SBB. Hier liegt wohl der Hase im Pfeffer – einmal mehr Anlass, das Buch von Prof. Matthias Finger „SBB – was nun?“ zu studieren und entsprechend aktiv zu werden.

 

Vincent Ducrot im Gespräch

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Am 2. Dezember 2022 empfing Vincent Ducrot, CEO der SBB AG, etwa dreissig Mitglieder der Bahnjournalisten Schweiz in Bern zu einer Präsentation mit anschliessender Diskussions- und Fragerunde.

Gerne widmen wir diesen Bericht dem spannenden und gehaltvollen Anlass am Hauptsitz der SBB AG. Die Unterlagen der Präsentation können über diesen Link heruntergeladen werden: Präsentation Ducrot

Präsentation

Nach der kurzen Einführung durch Jürg Grob, Leiter & Chefredaktor Newsroom der SBB, referiert Vincent Ducrot über aktuelle und künftige Herausforderungen an die SBB. Hier ein paar Highlights des packenden Referats:

  • Die SBB sind das Rückgrat der Mobilität der Schweiz. Tag für Tag bewegen die SBB die Schweiz – Menschen und Güter. Als bedeutender Immobilienbesitzer unterhalten die SBB zudem rund 3’500 Gebäude und vermieten an Dritte hochwertige Flächen an besten Lagen. Von zentraler Bedeutung sind der Betrieb und der Unterhalt eines Schienennetzes von 3’265 km.
Leistungsspektrum der SBB (Diese Grafik sowie die übrigen in diesem Bericht wurden mit dem besten Dank an die SBB AG der Präsentation von Vincent Ducrot entnommen).
  • Die Strategie 2030 der SBB setzt auf Evolution statt Revolution. Der Fokus liegt auf der Bahn als pünktliches, zuverlässiges und sicheres Transportunternehmen. Kundenbedürfnisse müssen viel besser antizipiert werden – vom führenden Anbieter eines erstklassigen Service Public von Menschen für Menschen. Die SBB wollen in ihrem Kerngeschäft weiterwachsen. Mit Effizienz und Wirtschaftlichkeit sollen nachhaltige Mehrwerte realisiert werden.

  • Grosse Herausforderungen stellen sich im personellen Bereich. Bis 2030 treten vierzig Prozent der Mitarbeitenden der SBB in den Ruhestand. Die Rekrutierung und die Ausbildung der neuen Mitarbeitenden geniessen höchste Priorität. Erfreulicherweise konnten die Engpässe beim Lokpersonal eliminiert werden, angespannt ist die Situation derzeit jedoch noch im Raum Genf. Zurzeit absolvieren 380 Personen die Ausbildung zur Lokführerin oder zum Lokführer. Im laufenden Jahr bewarben sich gegen 5’000 Personen für diese anspruchsvolle Ausbildung.
  • Vincent Ducrot berichtet in einem kurzen Überblick über das erste Halbjahr 2022 bei den SBB. Im Personenverkehr wurden wieder mehr als eine Million Reisende pro Tag befördert. Dabei wurde eine Verlagerung zu Fahrten ausserhalb der Hauptverkehrszeiten und mit Einzelbilletten verzeichnet. Daraus ergaben sich höhere Erträge pro Personenkilometer und eine gleichmässigere Verteilung der Transportleistungen im Tagesablauf, was sehr positiv zu würdigen ist. Die Kundenzufriedenheit blieb anhaltend hoch. Auch die Pünktlichkeit wurde geringfügig verbessert, wobei regionale Unterschiede zu beobachten sind. Der nach dem Auslaufen der Corona Epidemie zu verzeichnende Aufschwung beim Güterverkehr hat sich verlangsamt. Trotz diesen erfreulichen Entwicklungen im betrieblichen Bereich musste aufgrund von Corona sowie durch steigende Energiekosten, höhere Zinsen, grössere Lagerbestände und der Inflation ein Halbjahresverlust verzeichnet werden.
  • Bei der Umsetzung der Sparanstrengungen befinden sich die SBB auf Kurs. Sie finanzielle Lage bleibt wegen des wirtschaftlichen Umfelds anspruchsvoll. Unbedingt zu vermeiden ist eine weitere Erhöhung der Verschuldung, unter anderem wegen den steigenden Zinsen, und damit die mit dem Bund vereinbarten strategischen Ziele erreicht werden können. Auch das Cash Management bleibt anspruchsvoll. So traten bei der Liquidität in den letzten Monaten gelegentlich Engpässe auf. Derzeit läuft die Vernehmlassung zum Stabilisierungspaket des Bundes, mit dem die durch die Corona-Pandemie verursachten Defizite der SBB ausgeglichen werden.
  • Ein besonderes Augenmerk gilt der Bahn als robustes Unternehmen, das pünktlich, sicher und zuverlässig unterwegs ist. Die Fülle der Baustellen erfordert mehr Reserven beim Fahrplan. Leider ist die Verfügbarkeit des Rollmaterials nicht in allen Landesteilen zufriedenstellend. Betriebsunfälle selbst bei langjährigen Mitarbeitenden erfordern, dass die Arbeitssicherheit weiterhin im Fokus bleibt.
  • Im zu Ende gehenden Jahr wurden mehrere Grossanlässe wie etwa das MOVA, das Bundeslager mit über 30’000 Pfadfinderinnen und Pfadfinder im Goms, sowie das 175-jährigen Jubiläum der Schweizer Bahnen, dank dem grossen Einsatz des Personals, erfolgreich bewältigt. Der Nutzen der Aktion «OneSBB» zur Förderung der innerbetrieblichen Zusammenarbeit ist unverkennbar.

  • Besondere Herausforderungen stellen sich bei der Stromversorgung. Die SBB ist der grösste Verbraucher von elektrischer Energie in der Schweiz und stellt als fünftgrösster Produzent zwischen 90 und 95 Prozent des Stroms selber her. Als Systemführerin erarbeiten die SBB zusammen mit der Branche und dem Bundesamt für Verkehr Konzepte, um einer möglichen Mangellage beim Strom zu begegnen. Immerhin ist eine gewisse Entspannung bei der Stromversorgung zu erkennen. Dass kürzlich in den Nachstunden Verbraucher für den Konsum von elektrischer Überschussenergie entschädigt wurden, zeigt, wie turbulent der Markt ist.
  • Das Umfeld bleibt auch mittel- und langfristig anspruchsvoll. Bahn 2050, der Güterverkehr, das Tarifsystem, das Kundeninformationssystem, der Fahrplan und der Ausbauschritt 30/35 sind grosse Herausforderungen für das Unternehmen und seine Mitarbeitenden.
  • Sorgen bereitet der Erneuerungsbedarf. Vom technisch erforderlichen Erneuerungsbedarf von 230 Kilometern Geleisen pro Jahr können zurzeit nur 180 Kilometer erneuert werden. Dieser Sachverhalt führt zu einer Zunahme des aufgestauten Erneuerungsbedarfs von 50 Kilometern pro Jahr. Daraus können sich mittelfristige Beeinträchtigungen der Fahrplanstabilität durch zusätzliche Unterhaltsarbeiten  und mittel- und langfristig  durch Langsamfahrstellen wegen Baustellen, ergeben. Finanzielle Mittel sind dank dem Bahninfrastrukturfonds BIF zwar vorhanden, hingegen fehlen interne Ressourcen und Baufenster. Im zu Ende gehenden Jahr befanden sich 22’000 Bauvorhaben (inkl. Unterhaltsmassnahmen) in Arbeit oder wurden abgeschlossen.
  • Die Ausbauprojekte werden oft durch eine Zunahme der Administration empfindlich gehemmt. Das zu beachtende Regelwerk wird ständig komplexer. Der Aufwand für Studien und Abklärungen hat sich in den letzten zwanzig Jahren vervierfacht. Das bindet in hohem Masse personelle Ressourcen und führt zu weiteren Verzögerungen. Vincent Ducrot ergänzt seine Ausführungen mit einem Überblick über die grossen Ausbauprogramme.
  • Gegenwärtig wird mit dem BAV eine Botschaft 2026 des Bundesrates erarbeitet. Im Vordergrund stehen die Konsolidierung des Ausbauschrittes 30/35, die Konsolidierung des Angebotskonzepts 2035, Massnahmen wegen dem Verzicht auf das bogenschnelle Fahren sowie zukünftige, weitere Ausbauschritte.
  • Auch für die Zukunft des Güterverkehrs werden unter dem Begriff «Suisse Cargo Logistics» Überlegungen angestellt. Der Ausbauschritt 2035 verspricht beim Güterverkehr mehr Tempo und Kapazität. Leistungsfähige Terminals für den kombinierten Verkehr und Cityhub-Umschlaganlagen sollen die zukünftige Nachfrage im Güterverkehr befriedigen. In den Metropolitanräumen sollen die verschieden Güterströme durch die Citylogistik effizient gebündelt werden. Zurzeit wird in der Schweiz intensiv über die Zukunft des Einzelwagenladungsverkehr EWLV debattiert. Die Zukunft dieser nicht kostendeckend zu betreibenden Dienstleistung ist ungewiss. Die SBB setzen sich dezidiert für den EWLV ein, erwarten aber von der öffentlichen Hand inskünftig eine finanzielle Unterstützung.
  • Grosse Erwartungen bestehen an die vom Bund zu formulierenden Ziele und Stossrichtung in der «Perspektive Bahn 2050». Die SBB legen besonderen Wert auf eine konsequente Ausrichtung auf die Kunden- und Nachfragesicht und den Ausbau der Bahn auch auf lange Distanzen im nationalen Verkehr und im Verkehr mit Europa. Auf kurzen Distanzen setzt man unter anderem auf komplementäre Systeme und neue Angebotskonzepte.

Diskussion

Während knapp einer halben Stunde tritt Vincent Ducrot kompetent und faktenkundig auf Fragen und Bemerkungen der Anwesenden ein.

  • Die SBB sind Eigentümerin der Twindexx-Triebwagenzüge. Auf das bogenschnelle Fahren in Kurven auf Basis der Neigetechnik wird verzichtet. Der grösste Teil der bestellten Züge ist im Einsatz. Probleme mit den Fahrmotoren werden behoben. Die Mängelbehebung durch den Hersteller wird wegen der Vielzahl der Unterlieferanten erschwert und verzögert. Grössere Anpassungen an den Drehgestellen werden geprüft. Die SBB glauben weiterhin an den Twindexx. Die Störungsanfälligkeit wurde signifikant gesenkt. Die Messzahl «Mean distance between incidents» (MDBI) – Laufleistung eines Zuges zwischen zwei Störungen – hat den hohen Wert von über 21’000 Kilometern erreicht.
  • Fragen und Kritik am Angebot im grenzüberschreitenden Regionalverkehr wie beispielsweise Delle-Belfort oder Mendrisio-Varese-Malpensa entgegnet Vincent Ducrot mit dem Hinweis, dass Verbesserungen nur von den betroffenen Regionen gefordert und durchgesetzt werden können.
  • Auf Forderungen, im Grossraum Zürich auf Grossprojekte des Ausbauschritts 30/35 zu Gunsten von einfacheren Lösungen zu verzichten, tritt Vincent Ducrot mit dem Hinweis, dass diese längst beschlossenen Projekte nicht Sache der SBB wären, nicht ein.
  • Auf die Frage nach der Meinung der SBB zu den von Prof. Matthias Finger in seinem Buch «SBB – was nun» aufgeworfenen Grundsatzfragen bezüglich der Rolle der SBB hält Vincent Ducrot fest, dass der SBB zunehmend eine ausführende Rolle zugewiesen wird. Der Einfluss der Politik und der Verwaltung ist gewachsen, obschon Prof. Matthias Finger eine in vielen Aspekten zutreffende Analyse vorgelegt hat.
  • Im Vergleich mit dem benachbarten Ausland wendet die Schweiz mit jährlich über CHF 4 Mia. relativ zum gesamten Streckennetz gesehen viel mehr in den Unterhalt und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur auf als in benachbarten Ländern. Deutschland investiert pro Jahr etwa EUR 8 Mia., und Frankreich rund EUR 3 Mia. Lobende Erwähnung finden die Anstrengungen in Italien für den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur.
  • Der Freizeitverkehr soll verstärkt gefördert werden. Der bestehende Taktfahrplan soll dafür an freien Tagen mit zusätzlichen Angeboten ergänzt werden. Unter anderem könnten Trassen für Güterzüge an freien Tagen für den Personenverkehr umgenutzt werden.

  • Vincent Ducrot nimmt Bezug auf eine Veranstaltung in Basel im Zusammenhang mit der gewünschten Durchmesserlinie und verlangt, dass vor Ausbauten Angebotskonzepte zu entwickeln sind.

  • Die Kritik an der zu späten Orientierung der SBB in diesen Tagen bezüglich des Streiks bei den ÖBB ist berechtigt. Vincent Ducrot spricht sein Bedauern aus und versichert, dass die Lehren aus der Panne gezogen wurden.

  • Auf kritische Fragen bezüglich dem von den SBB kommunizierten MDBI-Wert von 12’000 Kilometern und einem internen Papier antwortet Vincent Ducrot, dass sehr wohl detaillierte Angaben vorliegen und publiziert werden. Problematisch und Gegenstand von Abklärungen ist die Tatsache, dass der MDBI-Wert nicht nur zwischen den verschiedenen Typen von Fahrzeugen, sondern selbst unter den gleichen Typen unterschiedlich ist.
  • Die langen Wartezeiten von Zügen im Bahnhof Luzern wird moniert. Das führt zu längeren Reisezeiten. Der Votant fordert von den SBB mehr Anstrengungen im Nachtzugverkehr. Vincent Ducrot verweist auf die bestellten Nachtzüge der ÖBB und betont, dass Nachtzüge kaum kostendeckend betrieben werden können. Die ÖBB erhalten für den Nachtzugverkehr vom Staat finanzielle Beihilfen. Auch hält Vincent Ducrot die Qualität des aktuellen Nachtzugsverkehrs aufgrund von persönlichen Reiseerfahrungen für verbesserungsfähig. Ein Durchgangsbahnhof in Luzern wäre sinnvoll – der Entscheid liegt beim Parlament.

  • Im Austausch an die Diskussion wird Vincent Ducrot auf den unterschiedlichen Ausbaustandard bei den SBB und Privatbahnen hingewiesen – dies am Beispiel von Bauvorhaben der RhB und der TPF. Während Privatbahnen tolle Projekte verwirklichen können, dominiert bei den SBB Schmalhans. Vincent Ducrot betont, dass die Zuteilung der Mittel für Investitionsvorhaben Sache des BAV ist. Angesprochen auf die fehlende Verbindung zwischen Châtel-St. Denis und Vevey und deren wünschbare Wiederherstellung führt Vincent Ducrot aus, dass das ehemalige Trasse teilweise überbaut wurde, und bezeichnet die Einstellungsverfügung aus dem Jahr 1969 als einen Fehler.

Abschluss und Dank

Gerne schliessen wir diesen Bericht mit dem besten Dank an unsere Gastgeber, Vincent Ducrot und Jürg Grob, für den tollen Anlass. Die Gastfreundschaft, die reichhaltigen Informationen und die offene Frage- und Diskussionsrunde waren beeindruckend.         

Synonym für den Aufschwung – kunstvolle Wendeltreppe in der Empfangshalle des Hauptsitzes der SBB.

Der Bahnhof Hendaye und seine gute Fee

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Ein Zwischenhalt in Hendaye bot Gelegenheit, die beiden Bahnhöfe von Hendaye näher zu besichtigen. Die Anreise nach Hendaye erfolgte von San Sebastian mit der baskischen Regionalbahn Euskotren – ein Bericht darüber folgt demnächst – und die Weiterreise nach Paris mit der SNCF.

Beide Bahnhöfe und die dort anwesenden Mitarbeitenden der Bahnunternehmen präsentierten sich ausgesprochen positiv. Besonders hervorheben möchten wir eine Mitarbeiterin der SNCF, der wir diesen Bericht gerne widmen.

Hintergrundinformationen

Hendaye ist eine Kleinstadt mit knapp 17’000 Einwohnern im Südwesten von Frankreich und liegt an der Atlantikküste. Hendaye hat zwei Bahnhöfe – den Bahnhof der SNCF und denjenigen von Euskotren. Die beiden Bahnhöfe liegen unmittelbar nebeneinander.

Lage von Hendaye (Auszug aus dem Eisenbahnatlas EU von Schweers+Wall)

An Werktagen verkehren ab dem Bahnhof der SNCF 13 Regionalzüge nach Dax oder Bordeaux und 5 TGV nach Paris. 2017 stiegen hier 360’000 Fahrgäste ein oder aus. Etwa die Hälfte davon erreichte Hendaye mit Euskotren oder fuhr mit Zügen von Euskotren weiter.

Der Verkehr ab dem Bahnhof von Euskotren – er liegt unmittelbar neben dem Bahnhof der SNCF auf französischem Boden – ist wesentlich intensiver. An Werktagen besteht zwischen 05.33 Uhr und 22.33 Uhr nach San Sebastian Halbstundentakt, total 35 Züge in jeder Richtung. In der Nacht von Samstag auf Sonntag fahren die Züge während der ganzen Nacht alle zwei Stunden. Der Bahnhof von Euskotren wurde 2017 von 700’000 Fahrgästen frequentiert.

Gelegentlich sind Güterzüge zwischen Hendaye und dem benachbarten Irun unterwegs. Infolge der unterschiedlichen Spurweiten in Frankreich und in Spanien müssen in Irun die Radsätze der Güterwagen ausgetauscht oder in Ausnahmefällen die Ladungen umgeladen werden.

Rundgang durch den SNCF Bahnhof von Hendaye

Hier die Bilder vom Rundgang durch den Bahnhof der SNCF – ergänzt mit Bildern von einem früheren Aufenthalt.

Frontalansicht des Bahnhofs von Hendaye.
Glasfenster neben dem Haupteingang.
Ansicht vom rechten Seitenflügel des Bahnhofs.
Wartehallen für die Fahrgäste der Regional- und Lokalbusse.
Serviceräume und gesicherte Veloeinstallhalle neben dem Bahnhofgebäude.
Innenraum mit Blick auf den Zugang zum Hausperron und zur Unterführung.
Innenraum mit Blick auf den Kiosk. Rechts die grüne Informationstafel von Euskotren.
Frontalansicht auf den Warteraum.
Innenansicht des wohnlichen Warteraums mit Steckdosen für Strom und Internet.
Kinderecke im Warteraum.

Die gute Fee vom Bahnhof der SNCF

Kurz vor 09.00 Uhr erschien eine Mitarbeiterin der SNCF und nahm im Raum hinter dem Informationsschalter Platz. Wenige Minuten später ging ein Mitarbeiter der SNCF mutmasslich von der Infrastruktur durch die Halle. Die Mitarbeiterin verliess ihr Büro und gesellte sich zum Mitarbeiter. Sie führte ihn zu einigen Stellen und monierte die dortigen Mängel. Anschliessend unternahm sie einen Rundgang durch die Halle und den Warteraum und räumte vereinzelt vorhandene Abfälle weg. Ich war sehr beeindruckt und fragte die Dame, ob ich von ihr ein Bild anfertigen dürfe, was sie bejahte.

Die Mitarbeiterin verlässt den Schalterraum und schliesst die Türe ab.
Die Mitarbeiterin führt ihren Kollegen durch den Innenraum.
Die Mitarbeiterin weist ihren Kollegen auf einen Baumangel hin.
Stolz präsentiert sich die engagierte Mitarbeiterin vor „ihrem“ Bahnhof.

Ein paar Bilder vom Bahnhof von Euskotren

Abschliessend ein paar Bilder vom Bahnhof von Euskotren. Auch diser Bahnhof ist während den Betriebszeiten von einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter besetzt. Zugang zum und Verlassen des Bahnsteigs ist nur mit einem gültigen Fahrausweis möglich. Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter überwachen die Anlagen und den Innenraum, erteilen Auskünfte oder verkaufen Fahrausweise an die mit den Automaten nicht vertrauten Fahrgäste.

Frontalansicht des Bahnhofs Hendaia von Euskotren.
Blick auf die rasch reagierenden Zutritts- oder Ausgangskontrollsysteme. Man beachte den schmutzabweisenden Teppich und die exemplarische Sauberkeit des Raumes und der Anlagen.
Blick im Innenraum auf die Schiebetüren und die Billettautomaten.

Abschliessende Bemerkungen

Die Eindrücke waren wie einleitend beschrieben ausgezeichnet. Das gilt für den Innenausbau, die Ausstattung und die während den Betriebszeiten präsenten Mitarbeitenden. In einer solchen Umgebung fühlt man sich gut aufgehoben, und das Risiko von Vandalenakten dürfte gering sein.

Offensichtlich haben sich die Gegebenheiten auch bei den SNCF seit den viele Jahre zurückliegenden Besuchen in der Region enorm verbessert. Das zeigten auch die Blicke aus dem Zugfenster bei den Zwischenhalten auf die Bahnhöfe wie Bayonne oder Bordeaux sowie die dort wartenden Regionalzüge.

Informationstafel im Bahnhof Hendaye über das Eisenbahnnetz in der Region Aquitanien. Was für ein Fortschritt seit unserem letzten Aufenthalt. Das Bild lässt sich durch Anklicken vergrössern und scheint zu belegen, dass der Regionalverkehr in Frankreich auch in lange vernachlässigten Regionen eine Wiederbelebung erfährt. Wir haben einige der Strecken vor vielen Jahren befahren.

Ehrenrettung für die Deutsche Bahn AG

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Neben den desolaten Zuständen gibt es durchaus Erfreuliches von der Eisenbahn in unserem nördlichen Nachbarland zu berichten, wie die Bilder in diesem Bericht belegen.

Bahnhof Dresden-Neustadt

Das Äussere des stattlichen Bahnhofs präsentiert sich zwar nicht so schön, wie das obige Bild von Guido Radig aus Wikipedia vermuten lässt. Dafür sind die Eingangshalle und die Gleishalle sehr sehenswert.

Kürzlich renovierte Eingangshalle mit der prächtigen Deckenbemalung.
Blick von Norden auf die Gleishalle. Güterzüge fahren durch zwei Geleise neben der Halle.
Blick auf die Tragkonstruktion der Gleishalle.
Wartehalle auf dem Bahnsteig für die Fernzüge.
Innenraum der Wartehalle.

Leider ergab sich keine Gelegenheit, den Hauptbahnhof von Dresden zu besichtigen. Die optischen Eindrücke vom kürzlich renovierten Hauptbahnhof beim kurzen Zwischenhalt unseres Zuges von Dresden-Neustadt nach Prag waren positiv.

Bilder aus dem Zug

Nachstehend drei Bilder aus fahrenden Zügen. Für nähere Angaben verweise ich auf die Bildunterschriften.

Anzeige im ICE auf der grossartigen Neubaustrecke zwischen München und Berlin. Der Zug traf sogar eine Minute vor der Planankunft in Erfurt ein.
Anzeige auf der Fahrt auf der Neubaustrecke von Köln nach Frankfurt.
Anzeige im ICE auf der Fahrt von Strasbourg nach Paris. Die ICE können mit den TGV durchaus mithalten.

Kommentar

An der Tagung von Avenir Mobilité über den aktuellen Stand der Verlagerung im alpenquerenden Güterverkehr beklagte ein deutscher Teilnehmer das im Vergleich zur Schweiz ungleich geringere Ansehen der Eisenbahn in Deutschland. Unter anderem hätten die ständigen Verspätungen im Fernverkehr das Image der Eisenbahn nachhaltig beschädigt.

Ich habe mich oft gefragt, was die aus Kundensicht lästigen Verspätungen für die Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG bedeuten. Neben den Unmutsbezeugungen der Fahrgäste sind sie als Mitarbeitende von den Verspätungen auch persönlich betroffen. Die selbst bei Störungen in aller Regel freundlich und kompetent auftretenden Mitarbeitenden der DB AG verdienen Respekt und Anerkennung. Ein grosses Dankeschön!

Lüttich und Aachen / wie Tag und Nacht

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Auf einer Städtereise durch Belgien und Luxemburg fuhren wir mit dem Zug auch durch Lüttich und Aachen. Die Eindrücke während den kurzen Aufenthalten waren höchst unterschiedlich. Mein Interesse war geweckt – besonders, nachdem ich schon viel vom Bahnhof Liège-Guillemins gehört hatte.

Am 30. Oktober 2022 bot sich Gelegenheit, die beiden eingangs erwähnten Bahnhöfe eingehend zu besichtigen. Die Eindrücke waren einerseits überwältigend, aber auch bedrückend, wie die Bilder in diesem Bericht zeigen.

Vorab jedoch ein Ausschnitt aus dem Eisenbahnatlas EU von Schweers+Wall mit der Lage von Lüttich und Aachen.

Bahnhof Liège-Guillemins

Der nach Plänen von Santiago Calatrava umgebaute Hauptbahnhof von Lüttich wurde im September 2009 eröffnet. Er liegt im Stadtteil Guillemins am Rande der Altstadt. Daneben verfügt Lüttich mit dem Bahnhof Liège-Saint-Lambert über einen zweiten grossen Stadtbahnhof.

Lüttich ist an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz angebunden und wird unter anderem von ICE und Thalys-Zügen bedient. Auch die Nachtzüge der ÖBB zwischen Brüssel und Wien halten hier. Zudem ist Lüttich ein bedeutender Knotenpunkt im Netz der Belgischen Staatsbahnen. Im Bahnhof Liège-Guillemins halten täglich über 500 Züge.

Blick durch die Bahnhofshalle in Richtung Stadtzentrum von Lüttich.
Blick auf die Rolltreppen, welche in die obere Ebene führen. Diese kann auch über Rollbänder und gewöhnliche Treppen erreicht werden.
Blick von der oberen Ebene auf einen der vier Bahnsteige.
Blick auf die Halle von Süden.
Blick auf Halle aus Südwesten.
Blick auf die Halle von Norden.
Blick auf die Halle und den Haupteingang von Osten.
Seitenanblick in Richtung Süden.
Seitenanblick in Richtung Norden mit dem autofreien Vorplatz.
Blick auf einen Bahnsteig mit dem Dach ausserhalb der Halle. Selbst bei überlangen Zügen können Fahrgäste geschützt ein- und aussteigen.
Dachkonstruktion über den Bahnsteigen.
Fahrgäste gelangen mit Rollbändern vom Aussenbereich der Bahnsteige in die obere Ebene.
Rolltreppen aus der Unterführung auf einen Bahnsteig. Daneben führen Lifte und Treppen auf die Bahnsteige. Zudem kann man auch über eine obere Ebene zwischen den Bahnsteigen und der Zufahrtstrasse zirkulieren.
Drei Sektionen von Rolltreppen verbinden die drei Ebenen im bergseitigen Teil der Halle.
Ergänzend zu den Rolltreppen kann man auch auf normalen Treppen zwischen den Ebenen zirkulieren.
Ein Ladengeschäft in der Unterführung. Zwischen den Aufgängen zu den Bahnsteigen befinden sich rund zehn Ladengeschäfte und kleinere Gaststätten.
Unmittelbar neben dem Eingang in die Unterführung befindet sich ein gepflegtes Restaurant.
Nicht nur der Bahnhof, sondern auch das soeben erwähnte Restaurant ist erstklassig.
Detailansicht der Tragkonstruktion der Halle.
Detailansicht der Überdeckung der Bahnsteige.
Detailansicht der Tragkonstruktion des Hallendaches.
Detailansicht der Informationstafeln auf den Bahnsteigen.

Aachen

Die Fahrt nach Aachen führt auf belgischem Gebiet über eine für 250 km/h ausgelegte perfekt trassierte Neubaustrecke. Kurz nach dem Passieren der belgisch-deutschen Grenze folgt der Buschtunnel. Nach dem Verlassen des Tunnels befindet man sich in einem Aussenbezirk der Stadt Aachen. Der auf dem belgischen Teil der Strecke mit 250 km/h fahrende Thalys streifte die Zweige der entlang der Geleise wachsenden Büsche – ob der Buschtunnel deshalb so heisst? Ein dschungelähnliches und ziemlich fremdes Gefühl.

Der Bahnhof von Aachen wurde im zweiten Weltkrieg stark beschädigt. Als wichtiger Knotenpunkt im deutschen Bahnnetz wurden die Gleisanlagen nach dem Kriegsende rasch repariert. Auch die Gebäude waren nach verhältnismässig kurzer Bauzeit bereits 1950 wieder hergestellt. 

Ansicht des Hallendachs aus Westen.
Hallendach aus der Nähe. Die Schutzscheiben wurden mit Klebebändern behelfsmässig repariert.
Blick vom Hausperron nach Westen.
Blick auf die Stützmauer aus Westen.
Bild vom Bahnsteig, auf dem die Züge des Fernverkehrs anhalten.
Szenenbild vom Bahnsteig für den internationalen Verkehr.
Lift auf dem Bahnsteig. Die Durchgänge für die Fahrgäste sind bei grossem Andrang sehr eng.
Blick in die Haupthalle. Man beachte die roten Netze unter den Oberlichtern.
Ein weiterer Blick auf die roten Netze.
Bei den roten Netzen handelt es sich um Schutznetze. Diese sollen Fahrgäste und Fahrzeuge vor herunter fallenden Trümmern schützen. Wie das Bild zeigt, besteht das Risiko tatsächlich.
Keine Gefängniszelle, sondern Warteraum auf dem Bahnsteig für den internationalen Reiseverkehr.
Abgang vom Hausperron in die Unterführung.
Detail vom erwähnten Abgang.
Bahnhofgebäude von Aachen. Eigentlich ein repräsentatives Bauwerk.
Eingangshalle im Bahnhof Aachen.
Unterführung im Bahnhof Aachen – ein beträchtlicher Gegensatz zu den Eindrücken in der Halle.
Treppenaufgang zu einem Bahnsteig,
Lift und Treppe auf einen Bahnsteig. Erfreulicher Gegensatz zu dem, was die Reisenden in der Halle erwartet.

Kommentar

Die Gegensätze zwischen den beiden Bahnhöfen könnten kaum krasser sein. In Lüttich alles vom Feinsten, und in Aachen an vielen Stellen Verwahrlosung pur. Nur am Rande sei erwähnt, dass auf den Anzeigen in den Bahnhöfen, an denen ich am 30. Oktober 2022 umsteigen musste, kaum ein Fernzug ohne Verspätung verkehrte. Wenn man sich die Zustände in Aachen – und auf dem deutschen Streckenabschnitt bei unserer kürzlichen Bahnfahrt von Luxemburg nach Trier und zurück – vor Augen führt, eigentlich nicht erstaunlich.

Vor vielen Jahren widmete ich mich der Lektüre des ernüchternden Buches „Der Reichsbahn Report“ von Erich Preuss, ehemaliger leitender Angestellter einer Direktion der Reichsbahn. Wäre es nicht an der Zeit, dass ein kompetenter Autor ein analoges und zugleich sachliches Buch über die Zustände bei der Deutsche Bundesbahn schreibt?

Deckblatt des erwähnten Buches.

Und ausserdem

Nicht nur in Lüttich, sondern auch in anderen Städten in Belgien und in Luxemburg haben uns Bahnhöfe beeindruckt. Das gute Bild wurde jedoch durch Eindrücke auf der Fahrt von Luxemburg über Namur nach Brüssel getrübt. In Wallonien hielt der IC an grösseren Bahnhöfen, auf denen die Bahnsteige einen Kiesbelag aufwiesen. Sonderbare Bilder.

Dennoch möchte ich diesen Bericht mit ein paar Bildern von Bahnhöfen in Belgien und von Luxemburg schliessen.

Bahnsteig im vollständig überdachten Bahnhof von Oostende. Man beachte den an einen Hafen angelehnten Bodenbelag des Bahnsteigs mit Holzdielen.
Abgang ins Parkhaus im Bahnhof Oostende.
Blick auf das Bahnhofgebäude von Oostende.
Wandbemalung in der Halle des Bahnhofs von Gent. Da ich keine Personen fotografieren wollte, ist die Aufnahme etwas verzerrt.
Eindruck von einem Bahnsteig in Gent. Man beachte die verwendeten Materialien.
Blick auf das Perrondach im Bahnhof Gent. Der Umbau des Bahnhofs ist noch im Gang.
Bodenbelag und Ausführungsdetail auf dem Bahnsteig in Gent.
Unterführung im Bahnhof Brügge.
Rolltreppe für den Aufgang aus der Unterführung in Brügge auf den Bahnsteig.
Lift und Treppe im Bahnhof Brügge. Die Liftkabine ist grosszügig bemessen.
Überführung im Bahnhof Luxemburg. Auf unserer Website haben wir von ein paar Jahren ausführlich über den Bahnhof berichtet. Gerne verweisen wir auf den entsprechenden Beitrag.
Übergang von der Überführung zum Lift auf den Bahnsteig.
Eindruck aus der Überführung im Bahnhof Luxemburg. Fahrgästen steht auch eine unter anderem mit mechanischen Mitteln erschlossene Unterführung zur Verfügung.