Die profitabelsten Verkehrsunternehmen der Welt

Vorbemerkungen

Don Phillips gehört zu den bekanntesten Bahnjournalisten in den USA. Er ist seit über vierzig Jahren aktiv und schreibt auch über Fragen der Luftfahrt. Don Phillips ist sehr gut vernetzt und verfügt über enge Kontakte in die Chefetagen der grossen nordamerikanischen Eisenbahngesellschaften. Er ist Bahnfreund aus Leidenschaft und verfolgt die Entwicklung der Eisenbahn auf der ganzen Welt. In seiner neusten Kolumne in der Ausgabe 08/2017 von TRAINS äussert sich Don Phillips über die Profitabilität von Verkehrsunternehmen. Hier der Auszug aus seinen Ausführungen:

Befund

Gemäss den Ausführungen von Don Phillips ist der nordamerikanische Schienengüterverkehr die profitabelste Transportart weltweit. Also nicht die Luftfahrt, die Seefahrt oder der Strassentransport. Dieser Sachverhalt – er gilt gemäss Don Phillips sowohl für den Güter- als auch für den Personenverkehr – ist überraschend.

Kommentar

Bahnfreunde haben unsere Ausführungen zur Ertragskraft der nordamerikanischen Güterbahnen wiederholt mit Hinweisen auf die Unterschiede zwischen dem nordamerikanischen und dem europäischen Schienengüterverkehr kommentiert. Die relevanten Unterschiede sind uns bestens bekannt. Wir werden uns in einem der nächsten Beiträge auf dieser Website dazu äussern.

Es wäre für  das Prosperieren des Güterverkehrs auf der Schiene in Europa unseres Erachtens zuträglicher, diese Unterschiede bei uns vertieft zu analysieren und sich für die Anpassung der Strukturen und der Prozesse in Europa einzusetzen – selbst wenn man dabei Haare lassen müsste.

Genova – Ventimiglia / Eindrücke und Folgerungen

Vorbemerkungen

Die Eröffnung eines weiteren Teilstücks der Modernisierung der Eisenbahnlinie von Genova nach Ventimiglia am 11. Dezember 2016 war Anlass, vor Ort einen Augenschein zu nehmen. Die Eindrücke waren überwältigend.

Die als PDF-Datei beiliegende Übersicht Etappen Genova-Ventimiglia und die unten präsentierte Tabelle vermittelt einen Überblick über die Strecke. Die Angaben basieren auf dem „Eisenbahnatlas Italien“ von Schweers+Wall und einem Artikel von P. Wick in der Ausgabe 1/2017 der Schweizer Eisenbahn-Revue.

Überblick

Die 155 km lange Eisenbahnlinie zwischen Genova Piazza Principe und Ventimiglia wurde zwischen 1856 und 1872 in mehreren Etappen als einspurige Strecke gebaut. Sie folgte mehr oder weniger der oft steil ins Meer abfallenden Küste und wies enge Kurvenradien mit einem Radius von unter 350 m auf. Die Strecke wurde relativ früh elektrifiziert. Ab 1916 wurde das erste Teilstück zwischen Genova und Savona und ab 1931 das zweite zwischen Savona und Ventimiglia elektrisch betrieben.

Die Strecke von Genova nach Ventimiglia – und besonders das Teilstücke von Savona nach Ventimiglia – gehört zu den eher peripheren Relationen in Italien. Zurzeit verkehren in jeder Richtung täglich 3 EC „Thello“, 5 IC und zwei Dutzend Regionalzüge. Der durchlaufende Güterverkehr ist spärlich. Nachstehend ein Kartenausschnitt aus Wikipedia:

Die Anordnung der Strecke und die wenigen Kreuzungsmöglichkeiten führten zu langen Reisezeiten. Selbst die schnellsten Reisezüge benötigten für die relativ kurze Strecke über drei Stunden. Die Reisezeit der Regionalzüge dauerte über fünf Stunden. Verständlicherweise erfolgten zu Beginn des 20. Jahrhunderts erste Überlegungen für den Ausbau der Strecke. Zwischen 1925 und 1955 erfolgten vorab im Bereich der grösseren Städte kürzere Ausbauten auf Doppelspur. Es zeigte sich jedoch, dass eine grundlegende Modernisierung eine weitgehende und teure Neutrassierung mit einem hohen Anteil an Tunnels unumgänglich machen würde. Damit verbunden war leider ein Verzicht auf die landschaftlich einmalige Streckenführung entlang der Küste.

Ausbauschritte

1968 wurde das 18 km lange Teilstück zwischen Genova Voltri und Varazze eröffnet, und 1977 folgte das 30 km lange zweite Teilstück zwischen Varazze und Finale Ligure.  Bei beiden Etappen handelt es sich de facto um für 150 km/h ausgelegte Neubaustrecken mit einem Tunnelanteil von über 60 Prozent. Beim zweiten Ausbauschritt wurde der Bahnhof von Savona an den Rand des Stadtzentrums verlegt. Dazu vier Bilder:

Nach langen Vorbereitungen wurde 2001 zwischen San Lorenzo und Ospedaletti eine weitere 24 km lange und für 200 km/h trassierte Etappe in Betrieb genommen. Im Zuge dieses Ausbaus wurde der Stadtbahnhof von San Remo in das Berginnere verlegt. Auch dieses Teilstück verläuft weitgehend in Tunnels. Das erste Bild wurde im Bahnhof von Taggia Arma aufgenommen.

2016 folgte zwischen Andora und San Lorenzo ein weiteres 19 km langes, weitgehend im Berg verlaufendes und für 200 km/h trassiertes Teilstück. Mehrere Bahnhöfe mussten aus den Zentren der früher durchfahrenen Ortschaften verlegt werden. Einzelne Bahnhöfe wurden mit grosszügig angelegten Überholgeleisen ausgestattet. Die Neubaustrecke verfügt über einen exzellenten Schallschutz.

Neu zu bauen bleibt nur noch ein relativ kurzes Teilstück von 23 km Länge zwischen Finale Ligure und Andora. Nachdem man sich nach langen Verhandlungen auf ein Projekt geeinigt hatte, wurde 2015 ein Planungskredit von EUR 225 Mio. gesprochen. Aber bereits ein Jahr später wurde die Planung auf Anweisung der Aufsichtsbehörde wieder eingestellt.

Abschliessende Bemerkungen

Das Befahren der eindrücklichen Neubaustrecken hinterlässt beim Schweizer Bahnfreund ein gemischtes Gefühl. Über 80 Prozent einer eher sekundären Strecke wurden grosszügig und weitsichtig neu gebaut. Davon liegen weit über die Hälfte in Tunnels.

P. Wick beschreibt im erwähnten Artikel den langwierigen Ausbau der Bahnlinie von Genova nach Ventimiglia. Möglicherweise könnte es sich lohnen, im Hinblick auf die Beseitigung der gravierenden Schwachstellen im Schweizer Eisenbahnnetz – Walensee, Bielersee, Zugersee, Zimmerberg, Zufahrten Bahnhof Luzern, Lötschberg Basistunnel etc. – den Blick nach Süden zu richten.

Abschliessend noch ein paar Bilder vom umgebauten Bahnhofgebäude von Genua Piazza Principe – die Bilder sprechen für sich.