Generalversammlung 2019 der BLS AG – Transparenzverlust

Topics

Seit einigen Jahren nehme ich als Aktionär an der Generalversammlungen der BLS AG teil – so auch am 21. Mai 2019 an der GV 2019. Mit diesem Bericht möchte ich über den Gehalt der Veranstaltung, die vermittelten Informationen und so weit möglich über den Geschäftsverlauf in 2018 berichten.

Überblick über die Generalversammlung 2019

Auch in diesem Jahr führte Dr. Rudolf Stämpfli als Präsident des Verwaltungsrates der BLS AG souverän durch die Veranstaltung. Im Kursaal Bern waren neben Gästen und Medienvertreter rund 430 Aktionäre anwesend.

In diesem Jahr wurde von der Abgabe eines gedruckten Geschäftsberichts abgesehen. In diesen konnte über die Website der BLS AG elektronisch Einblick genommen werden. Herunterladen und Ausdrucken ist nicht möglich.

Hingegen können die Finanzberichte der BLS AG und ihrer Tochtergesellschaften heruntergeladen und ausgedruckt werden. Sie enthalten ausser den finanziellen Eckwerten nur spärliche betriebliche Kennzahlen. Die verfügbaren Informationen erlauben keinen sicheren Einblick in den Geschäftsverlauf im Berichtsjahr.

Dr. Rudolf Stämpfli teile einleitend mit, dass Rolf Georg, Inhaber der Rolly Fly Holding SA, vor wenigen Tagen verstorben sei. Rolf Georg hat seit vielen Jahren die Generalversammlungen mit kritischen Fragen und Anträgen bereichert und – oft zum Leidwesen der Teilnehmenden – gelegentlich in die Länge gezogen. Ich traf Rolf Georg vor einigen Jahren in Zürich zu einem längeren Gespräch. Dabei erwies sich Rolf Georg als engagierter und profunder Kenner des mitteleuropäischen Eisenbahnwesens.

Die Generalversammlung 2019 konnte wohl mangels kritischer Voten im Vergleich mit den letzten Jahren in wenig mehr als einer Stunde ohne besondere Ereignisse abgewickelt werden.

Ausführungen Dr. Rudolf Stämpfli

Dr. Rudolf Stämpfli äusserte sich in seinem Referat hauptsächlich zu folgenden Punkten:

  • Oberstes Primat des Wirkens des BLS AG ist die konsequente Kundenorientierung. Dabei sollen auch multimodale Personentransporte von Tür zu Tür angeboten werden.
  • Dem zunehmenden Kostendruck und den sinkende Abgeltungen soll mit Kostensenkungen begegnet werden – ab 2023 will die BLS AG den Betriebsaufwand um CHF 50 Mio. bis CHF 60 Mio. reduzieren.
  • Die BLS AG will den Markt aktiv mitgestalten. Neben den SBB beteiligen sich zahlreiche kleinere Normalspurbahnen am Wettbewerb.
  • Da der der von den SBB AG angestrebte Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts gegen die Vergabe von Fernverkehrskonzessionen an die BLS AG noch nicht vorliegt, wird die BLS AG trotz weit fortgeschrittenen Vorbereitung ab dem Fahrplanwechsel 2019/2020 noch keine Fernverkehrszüge anbieten.
  • Dr. Rudolf Stämpfli kritisiert das Beschreiten des Rechtswegs durch die SBB als Verstoss gegen die in der Schweiz übliche Konfliktlösung am runden Tisch.
  • Das erwartete weitere starke Wachstum im öffentlichen Verkehr soll mit Kooperationen mit anderen Unternehmen innerhalb und ausserhalb der Branche aufgefangen werden. Dr. Rudolf Stämpfli denkt dabei auch an IT-Firmen.
  • Vor allem aber ist die BLS AG bestrebt, auch weiterhin als Pionierbahn zu wirken.

Abschliessend äussert sich Dr. Rudolf Stämpfli zur Problematik der zu hohen Zinsbelastungen durch die BLS AG auf Forderungen aus früheren Leistungen und bemängelt die rückwirkende Anwendung des neuen Modells des BAV. Durch die Umstellung von kalkulatorischen auf effektive Zinsen muss die BLS AG in den kommenden Jahren rund CHF 30 Mio. zurückzahlen. Der gesamte Betrag wurde zu Lasten des Berichtsjahrs zurückgestellt, was trotz operativen Fortschritten zu einem Verlust von CHF 12,6 Mio. führt.

Geschäftsmodelle der BLS-Gruppe

Bernard Guillelmon, CEO der BLS AG, stellte das neue Geschäftsmodell der BLS-Gruppe in den Mittelpunkt seiner Berichterstattung. Gemäss der folgenden Übersicht unterteilt die BLS ihre Geschäfte in vier grössere Geschäftsfelder. Im Fokus steht die konsequente Kundenorientierung. Im Geschäftsmodell Personenmobilität sind sowohl abgeltungsberechtigte als auch nicht abgeltungsberechtigte Verkehrsträger. Sorgen bereitet weiterhin die stark defizitäre Schifffahrt, bei der auch im Berichtsjahr CHF 7 Mio. abgeschrieben werden mussten. Trotz ihrem grossen Beitrag für den Tourismus im Berner Oberland muss die Schifffahrt mittelfristig kostendeckend betrieben werden, was unter Umständen eine Reduktion der Flotte zur Folge haben könnte.

Die nachstehende Übersicht steht über folgenden Link als PDF-Datei zur Verfügung: BLS AG Modelle

Informationen über den Stand der weiterhin umkämpften Abstellanlage und zum Ausbau des Lötschberg-Basistunnels und zu betrieblichen Kennzahlen blieben aus. Immerhin schlossen alle Geschäftsfelder2018 mit positiven Betriebsergebnissen ab.

Geschäftsgang BLS AG 2018

2018 betrug der Zuwachs bei den beförderten Personen auf der Schiene 1,8 Prozent auf 66,3 Mio. Personen und bei den Personenkilometern zwei Prozent auf 1’034 Millionen.

Trotz weniger Güterzügen – sie nahmen von 17‘529 auf 17‘051 Züge ab – ergab sich bei den Nettotonnenkilometern ein Zuwachs von 9,9 Prozent. Angaben über Tonnagen und Vorjahresdaten liegen nicht vor. Die BLS Cargo AG konnte ihren Anteil am alpenquerenden Verkehr um drei Prozentpunkte auf 30 Prozent steigern.

Weiter fehlen Informationen unter anderem über Anzahl Personenzüge und Zugskilometer, Reisedistanzen und Pünktlichkeit.

Abschliessende Bemerkungen

Wir bedauern den Verlust an Transparenz durch fehlende Informationen. Die Geheimhaltung wichtiger Schlüsselzahlen durch ein staatliches und stark subventioniertes Unternehmen mit einem Umsatz von über einer Milliarde ist untragbar. Das steht in einem starken Kontrast zum Anspruch, ein Pionierunternehmen sein zu wollen.

Unbefriedigend ist auch das Wachstum im Personenverkehr. In Anbetracht der Bevölkerungszunahme in der Region Bern und dem Anstieg der Mobilität einerseits und den enormen Investitionen in neues Rollmaterial andererseits erachten wir das Ergebnis im Personenverkehr als unbefriedigend. Damit dürfte sich der Modalsplit zu Lasten des öffentlichen Verkehrs zurückgebildet haben.

Unklar ist ferner die Berichterstattung über den Güterverkehr. Die Güterverkehrserträge sind zwar um CHF 49,8 Mio. auf CHF 226,6 Mio. oder 28 Prozent gestiegen. Zugenommen hat aber auch der Aufwand für die „Betriebsleistungen von Dritten“ um CHF 45,6 Mio. auf CHF 263,8 Mio. oder um 21 Prozent. Der darunter fallende „Sonstige Dienstleistungsbezug“ wuchs um CHF 42,2 Mio. auf CHF 163,7 Mio., was einem Anstieg von 30 Prozent entspricht. Der „Sonstige Dienstleistungsbezug“ erreicht immerhin eine Quote von rund 44 Prozent des gesamten Personalaufwands der BLS-Gruppe von CHF 367,9 Mio. Für uns stellt sich die Frage, wie weit beispielsweise die Traktionsleistungen im Güterverkehr von Mitarbeitern der BLS AG erbracht werden.

Als problematisch erachten wir auch die Zusammenführung von abgeltungsberechtigten und nicht abgeltungsberechtigten Transportleistungen in einem Geschäftsfeld. Das erhöht die Komplexität des Abrechnungssystems und kann zu einem Verlust an Transparenz führen – besonders wenn der Abrechnungskreis mit dem potentiellen Eintritt der BLS AG in den Schienenfernverkehr weiter wächst.

… und sie bewegen sich doch – Morgendämmerung bei den SBB

Vorbemerkungen

In den letzten Jahren wurde die Kundenfreundlichkeit der SBB zu Recht häufig bemängelt. Erfreulicherweise sind in jüngster Zeit bemerkenswerte Fortschritte zu verzeichnen – unter anderem die nachstehend erwähnten.

SBB Rail Service zum Normaltarif

Bis zum 30. April 2018 musste man für die Anrufe beim SBB Contact Center CHF 1,19 pro Minute bezahlen. Seit dem 1. Mai 2018 kosten die Anrufe gemäss der im Info Forum von Pro Bahn zitierten Pressemeldung nur noch acht Rappen pro Minute – eine bemerkenswerte Verbesserung.

Gruppenreservationen

Ich habe in den letzten zwei Jahren bei den SBB über ein Dutzend Reservationen für Gruppenreisen getätigt. Ein wirklich exzellenter Service, der auch bei längeren Reisen stets perfekt funktioniert hat – sei es bei der Entgegennahme der Bestellung, beim SMS mit der Angabe der Lage der reservierten Plätze im betreffenden Zug oder bei der Beschriftung am Wagen. Tadellos!

Bussenwesen

Vor einem Monat hatte ich über die Website der ÖBB für ein befreundetes und eher wenig bahnfahrendes Ehepaar Fahrscheine und Stellplätze für Fahrräder für eine Reise von Verona über Innsbruck nach Zürich HB gekauft. Da mit den Billetautomaten in der Schweiz wenig vertraut, lösten sie für die Anschlussreise von Zürich nach Baden lediglich für sich (und nicht für die Fahrräder) Fahrscheine. Auf der Fahrt mit der S-Bahn wurden sie kontrolliert und wurden wegen den fehlenden Fahrscheinen für die Fahrräder mit CHF 240.- gebüsst. Man empfahl ihnen, sich nach dem Erhalt der Bussenbescheinigung bei den SBB zu melden, was sie auch taten. Und – oh Wunder: Dem Mann wurde die Busse erlassen, und die Frau – sie hatte in den letzten Jahren zweimal vergessen, ihr Streifenabonnement zu entwerten – musste lediglich CHF 60.- bezahlen.

Kommentar

Wirklich eine erfreuliche Steigerung der Kundenfreundlichkeit. An was mag das liegen? An der Konkurrenz durch Fernbusse oder am Wechsel der Leitung der Division Personenverkehr zu Toni Häne? Wer erinnert sich noch an die Härte, mit der auch wohlmeinende Fahrgäste vor einigen Jahren selbst für Lappalien bestraft wurden? Ein Gezeitenwechsel!

Als regelmässiger Kunde der SBB meine ich zudem zu erkennen, dass sich die Servicequalität in den letzten Monaten generell spürbar verbessert hat. Wie wenn ein Ruck durch das Unternehmen gegangen wäre! Weiter so!

MEV – ein Bahndienstleistungsunternehmen stellt sich vor

Topics

MEV Schweiz AG lud am Freitag, 23. März 2018, Kunden, Medienschaffende und Meinungsbildnern zu einem „Tag der offenen Tür“ an den Sitz der Gesellschaft in Basel ein.

MEV und prominente Referenten boten den zahlreichen Gästen einen intensiven und hoch interessanten Vormittag. Wer Zeit fand, konnte im Anschluss die Ausstellung „Warnanlagen“ besuchen und einer Demonstration der Ausbildungssimulatoren für Lokomotivführer beiwohnen.

Der Veranstalterin und den Referenten gebührt Dank und Anerkennung für das Gebotene. MEV hat die Präsentationen über folgenden Link zur Verfügung gestellt:
http://www.m-e-v.ch/de/unternehmen/mev-aktuell.

Die in diesem Beitrag verwendeten Präsentationen wurden mit dem besten Dank an die Verfasser den Präsentationen entnommen. Besten Dank auch an Kurt Metz, der die Bahnjournalisten auf diese Veranstaltung aufmerksam machte.

Rastatt danach – Podiumsdiskussion

In einer Podiumsdiskussion äusserten sich Tomaso di Benedetto, Geschäftsführer von MEV Schweiz AG, Thomas Jau, SBB Infrastruktur AG, und Markus Zgraggen, BLS Cargo AG, zum Verlauf und zu den Lehren aus dem fatalen Unglück bei Rastatt, welches eine mehrwöchige Sperrung eine der wichtigsten europäischen Eisenbahnstrecken nach sich zog. Nachstehend in Stichworten zentrale Aussagen aus der Diskussion und der anschliessenden Fragerunde:

  • Die EVU müssen sich für alle Schadensereignisse wappnen. Mitarbeitende und Instrumente müssen noch sorgfältiger evaluiert werden.
  • Dank der guten Konjunktur hielten sich die Auswirkungen auf den Geschäftserfolg in 2017 für die BLS Cargo AG und die SBB Cargo International AG im Rahmen. Bei der BLS waren während der Sperrung 60 Prozent des Transportvolumens betroffen.
  • Man stand dem Ereignis anfänglich ohnmächtig gegenüber und hatte den Eindruck, dass die zuständigen Stellen in Deutschland die Auswirkungen anfänglich unterschätzten und die Reparaturen zu zögerlich anliefen. Aus heutiger Sicht erscheint die Dauer der Sperrung von sieben Wochen als viel zu lang.
  • Die intensive Zusammenarbeit der betroffenen EVU hat die internationale Kooperation intensiviert und zu neuen Kontakten geführt. Erfreulicherweise haben sich die Mitbewerber gegenseitig unterstützt.
  • Man erwartet, dass das Management des Güterverkehrs-Korridors das Ereignis sorgfältig analysiert und das Dispositiv für derart gravierende Vorfälle verbessert.
  • Auch MEV war von Rastatt stark betroffen, da das Unternehmen rund die Hälfte seines Umsatzes auf diesem Korridor erarbeitet. MEV war jedoch in der Lage, innert kürzester Zeit 15 streckenkundige Lokomotivführer nach Singen für den Einsatz auf der Gäubahn als Ausweichroute zu entsenden. Dies hat die Beeinträchtigungen für die EVU spürbar reduziert.
  • In den Tagen seit Rastatt haben weitere Ereignisse das Funktionieren des Eisenbahnverkehrs in Europa kurzfristig empfindlich gestört, wie Stürme oder Streiks.
  • Es wird darauf hingewiesen, dass Rastatt eigentlich auf europäischer Ebene zu lösen wäre. Das Ausweichen auf benachbarte Güterverkehrskorridore müsse gefördert werden. Leider standen für den Ausweichverkehr durch das Elsass zu wenige Lokomotiven und streckenkundige Lokomotivführer zur Verfügung. Einmal mehr zeigten sich die Schwächen der durch nationale Gegebenheiten bedingten zu geringen Interoperabilität.
  • Die verstärkte Standardisierung der europäischen Güterverkehrskorridore ist überfällig.
  • Die Organisation des europäischen Schienengüterverkehrs wird auf Anfrage als zweckmässig bezeichnet. Die zahlreichen kleinen EVU, oft Tochterunternehmen der grossen Staatsbahnen, haben durch ihre Innovationen den Markt belebt.
  • Man ist zusammenfassend zuversichtlich, dass die Erkenntnisse aus Rastatt die Reaktion bei ähnlichen und leider nicht auszuschliessenden Schadenfällen verbessern würden.

Automatisierung und autonomes Fahren

Wolfgang Hüppi, im Bundesamt für Verkehr als Sektionschef für die Sicherheitstechnik zuständig, referiert über den Stand der Automatisierung und des autonomen Fahrens. Er unterscheidet die folgenden vier Stufen des Automatisierungsgrades.

Beim verstärkten Einsatz der Informatik geht es nicht primär um Personaleinsparungen – vielmehr stehen die Kapazitätssteigerung, die Effizienzerhöhung und die Qualität im Fokus der Massnahmen. Bei der neuen Schnellverbindung Thameslink in London können im Regelbetrieb in jeder Richtung pro Stunde bis zu 24 Zügen fahren – bei Verspätungen sogar bis zu 30 Zügen.

Ein automatisierter Fahrbetrieb wird wohl noch lange folgende Voraussetzungen erfordern:

  • Artreiner Verkehr und kein Mischverkehr
  • Unabhängiger und geschützter Bahnkörper
  • Wenige und weitgehend einheitliche Fahrzeugtypen

Automatisiertes Fahren ist heute bei zahlreichen Untergrundbahnen eingeführt. Gemäss einem Hinweis aus dem Publikum ist automatisiertes Fahren bei den heute neu gebauten Untergrundbahnen die Regel.

Abschliessend zieht Wolfgang Hüppi folgendes Fazit für das automatisierte Fahren:

  • Die Industrie verfügt über ausgereifte Produkte und Fachwissen
  • Die Bahnen müssen den Nutzen und die Wirtschaftlichkeit mit stichfesten Geschäftsplänen nachweisen
  • Ein Einstieg in Etappen – beispielsweise bei Engpässen und Knoten sowie bei Neubaustrecken – ist sinnvoll
  • Das BAV will sich in der Planungsphase der Konzeptentwicklung einbringen.

Der für dieses Jahr geplante automatisierte Betrieb auf Teilstrecken wurde der Südostbahn verwehrt. Das BAV verlangt, dass die schweizerischen Normalspurbahnen koordiniert vorgehen und hat die Projektführerschaft den SBB übertragen. Die SBB haben für das automatisierte Fahren das Projekt „Smart Train“ aufgesetzt.

Technologische Herausforderungen bei einer kleinen Bahn

Martin Schindelholz, CEO der Oensingen Balsthal-Bahn OeBB, stellt sein Unternehmen kurz vor und erläutert, wie sein Unternehmen den technologischen Wandel bewältigt. Trotz der relativen Kleinheit und der beschränkten Mittel ist die OeBB gut unterwegs, wie der Referent anhand von konkreten Beispielen aus der Praxis darlegt. Eigentlich würde sich die OeBB trotz zahlreichen Bahnschranken für einen Pilotbetrieb mit automatisiertem Fahren gut eignen.

Die Ausrüstung der Triebfahrzeuge der OeBB mit ETCS wäre wegen der elektromechanischen Steuerung enorm aufwendig und kompliziert und fällt deshalb ausser Betracht. Hingegen erwägt die OeBB für den Gesellschaftsverkehr auf dem Schweizer Normalspurnetz die Anschaffung einer mit ETCS Level 2 ausgerüsteten Lokomotive.

Abschliessend beschreibt Martin Schindelholz die Schwierigkeiten, die sich der Einführung einer alle Verkehrsträger umfassenden elektronischen Fahrplananzeige im Bahnhof Oensingen ergeben haben.

ETCS – Stand heute

Hans Wyss, Ausbildner und Entwickler von Simulatoren bei MEV Schweiz AG, referiert über den Stand der Einführung von ETCS in der Schweiz. Wie seine Karte zeigt, ist das schweizerische Normalspurnetz weitgehend mit ETCS ausgerüstet. Auf Neubaustrecken ist ETCS Level 2 die Regel.

Innerhalb der Ebenen (Level) von ETCS bestehen verschiedene Abstufungen. In der Grundausprägung zeichnen sich die Ebenen von ETCS durch folgende Funktionalität aus:

  • ETCS Level 0 wird auf Strecken mit Aussensignalen und ohne infrastrukturseitige ETCS-Ausrüstung eingesetzt.
  • ETCS Level 1 wird auf Strecken mit Aussensignalisierung und infrastrukturseitiger ETCS-Ausrüstung verwendet. Die Übertragung der Signalstellung erfolgt punktuell. Es können mehr Informationen übertragen werden als mit der (punktbezogenen) PZB 90, aber weniger als LZB (Linienzugbeeinflussung).
  • Bei ETCS Level 2 werden alle Fahrinformationen funkbasiert in den Führerstand übertragen und dem Lokomotivführer auf einem Bildschirm angezeigt. Der Funktionsumfang von ETCS Level 2 entspricht in etwa demjenigen von LZB.
  • ETCS Level 3 funktioniert etwa wie ETCS Level 2. Hingegen existieren streckenseitig keine festen Blockabschnitte mehr, die Züge fahren auf Bremsdistanz und mit Sicherheitsmarge. Probleme ergeben sich dabei durch unterschiedliche Zugslängen.

Die Ausprägungen der Ebenen von ETCS werden durch die sogenannten Baseline (Stufen) definiert. In diesen Baseline sind unter anderem die nationalen Betriebskonzepte für die Abwicklung der verschiedenen Verkehrsarten beschrieben. Erst die Standardisierung dieser Betriebskonzepte würde den europaweiten und uneingeschränkten Einsatz von Triebfahrzeugen innerhalb des ETCS Level 2-Raums ermöglichen.

MEV – ein Bahndienstleister stellt sich vor

Stefan Zimmerman, Leiter Ausbildung bei MEV Schweiz AG, obliegt es, abschliessend sein Unternehmen vorzustellen.

MEV ist eine Tochtergesellschaft der TEX-Holding AG mit Sitz in Freienbach. Die TEX-Gruppe beschäftigt über 1‘000 qualifizierte Mitarbeitende.

MEV Schweiz AG ist seit 2002 in der Schweiz aktiv und ist heute der führende Anbieter von Eisenbahn-Betriebspersonal für befristete Einsätze. In Zusammenarbeit mit ihren Schwestergesellschaften in Deutschland, Österreich und den Niederlanden verfügt MEV über mehr als 600 ausgezeichnete Fachspezialisten. MEV ist in der Lage, auch grenzüberschreitende Verkehre durchzuführen. Die nachstehende Übersicht bietet einen guten Überblick über das Leistungsspektrum von MEV Schweiz AG.

Das Leistungsspektrum des Geschäftsbereichs Train Operating ist wie folgt charakterisiert:

  • Bereitstellung von Lokomotivführern für EVU primär in der Schweiz und in Deutschland
  • Lizenzen und Rollmaterial wird von den Kunden gestellt
  • Grundsätzlich werden unbefristete Rahmenverträge abgeschlossen
  • Die Personalplanung im Rahmen der einzelnen Aufträge obliegt MEV
  • 60 Prozent der Leistungen werden im Güter- oder Baustellenverkehr erbracht, der Rest im Personenverkehr
  • 2017 wurden mit 70 Lokomotivführern während ca. 107‘500 Stunden rund drei Millionen Zugkilometer zurück gelegt.

MEV stellt hohe Anforderungen an seine Lokomotivführer. Sie werden mit festen und unbefristeten Arbeitsverträgen angestellt und ständig weitergebildet. Es werden nur mit dem jeweiligen Fahrzeugtyp vertraute und streckenkundige Lokomotivführer eingesetzt.

Eine aufschlussreiche Übersicht von Stefan Zimmermann zeigt die Vielfalt von Anforderungsprofilen wie Vertrautheit mit Fahrzeugen und Streckenkundigkeit. Dies kompliziert die Personaldisposition ganz erheblich. Eigentlich eine dringende Aufforderung an die Bahnen und die Bahnindustrie, sich bezüglich der Bedienung der Fahrzeugen für eine weitgehende Standardisierung einzusetzen.
Stefan Zimmermann rundet seine Ausführungen mit einem Überblick über das weitere und breite Leistungsspektrum von MEV ab.

Konklusion aus Sicht des Verfassers dieses Beitrages

Tatsächlich eine hoch interessante und informative Veranstaltung. Nochmals ein grosses Dankeschön an MEV und die Referenten.

Aus meiner Sicht bleibt offen, ob die Organisationsform des europäischen Schienengüterverkehrs in Anbetracht der zahlreichen Partner tatsächlich zweckmässig und zukunftstauglich ist. Zahlreiche der heute angesprochenen Probleme und Herausforderungen liessen sich meines Erachtens im Rahmen von nur noch wenigen europäischen Gütereisenbahnen besser lösen oder würden sich gar nicht ergeben.

Die Schweizer Bahnindustrie in Nordamerika & Eisenbahnen in Nordamerika

Topics

Die Bahnjournalisten Schweiz und Partner luden am 8. März 2018 Journalisten und Medienschaffende zu einer interessanten Veranstaltung über die Schweizer Bahnindustrie in Nordamerika ein. An dem von Kurt Metz organisierten Anlass wurden von kompetenten Referenten aus erster Hand zahlreiche aktuelle Themen angeschnitten und viel Wissen vermittelt.

Gerne fassen wir nachstehend den Inhalt der von Kurt Metz perfekt konzipierten und moderierten Veranstaltung zusammen, wobei wir uns, der Zielsetzung von fokus-oev-schweiz entsprechend, auf Themen aus dem Eisenbahnwesen konzentrieren.

Die Präsentationen der nachstehend beschriebenen Referate, denen die meisten Grafiken entnommen wurden, und weitere Angaben zur Veranstaltung stehen über folgenden Link zur Verfügung: https://www.kurtmetz.ch/mittelpunkt/events/bahnindustrie-nordamerika/

An engeren Bahnthemen Interessierte können sich auf die Lektüre der Referate von Norwin K. Voegeli, Kurt Metz und Stefan Basler beschränken.

Am Ende dieses Berichts befinden sich Wikipedia entnommene Informationen über die unter dem Begriff „Buy America“ erlassenen Importrestriktionen der USA für Transportmittel.

Svein Vatslid, CEO von Amberg Technologies

Sven Vatslid, seit November 2017 CEO von Amberg Technologies, eröffnete als Gastgeber die Veranstaltung und stellte die 1981 aus der Amberg Engineering AG entstandene faszinierende Unternehmensgruppe kurz vor. Aufgeteilt in vier Geschäftsbereichen, erbringt die Amberg-Gruppe weltweit hochwertige und innovative Lösungen für die Eisenbahn und den Tunnelbau. Dabei kooperiert Amberg mit über dreissig Vertriebspartnern.

Norwin K. Voegeli, Präsident & CEO von United Rail

United Rail Inc. wurde von Norwin K. Voegeli 2012 geründet. Der Hauptsitz befindet sich in Florida. Daneben unterhält United Rail zur Erschliessung des kanadischen Marktes eine Tochtergesellschaft in Toronto. United Rail verfügt über einen eindrücklichen Kundenstamm und vertritt in Nordamerika eine Reihe von namhaften europäischen Firmen.

Norwin K. Voegeli war ab 2005 bis zur Gründung von United Rail für Siemens Nordamerika tätig. United Rail erbringt hauptsächlich folgende Dienstleistungen:

  • Vertretung von international tätigen Anbietern von Eisenbahn- und Verkehrstechnik in den USA und in Kanada
  • Beratung und Unterstützung beim Markteintritt von europäischen Anbietern in den USA und in Kanada
  • Bereitstellung von Systemen und Dienstleistungen wie beispielsweise „Sentinel Solutions“
  • Spezifische Beratung und Unterstützung im Zusammenhang mit den unter „Buy America“ zusammengefassten Restriktionen für den Import von Produkten in die USA

Norwin K. Voegeli legt anhand der folgenden beiden Folien die überraschenden Dimensionen der Eisenbahn in Nordamerika dar. Nach wie vor ist das nordamerikanische Eisenbahnnetz das weltweit grösste.

Der amerikanische Eisenbahnmarkt ist gemäss der nachstehenden Grafik geprägt durch zahlreiche Besonderheiten, die sich stark von den Verhältnissen in Europa unterscheiden.

Der US-Eisenbahnmarkt weist ein hohes Wachstumspotential auf. In den letzten Jahren wurden mit steigendem Trend jährlich über USD 40 Milliarden investiert, wie die folgende Grafik zeigt.

Norwin K. Vögeli beschreibt die spezifischen Anforderungen, mit denen europäischen Firmen beim Markteintritt in Nordamerika konfrontiert sind, wie folgt:

Abschliessend erläutert Norwin K. Voegeli die Dienstleistungen von United Rail sowie die komplexen Anforderungen, die aus „„Buy America“ resultieren. Freihandel sieht anders aus.

Alfred Schmid, Swissrail Industry Assiciation

Alfred Schmid stellt die Branchenorganisation Swissrail vor. Swissrail sind zwei Drittel der rund 150 Schweizer Eisenbahnindustriefirmen angeschlossen. Die Schweizer Eisenbahnindustrie beschäftigt über 38‘000 Mitarbeiter und setzt jährlich rund CHF 9 Milliarden um. Der Exportanteil ist nicht bekannt.

Swissrail vertritt die Anliegen der Schweizer Eisenbahnindustrie im In- und Ausland und unterstützt die Mitglieder mit vielfältigen Dienstleistungen. Unter anderem unterhält Swissrail Kontakte zur Politik, insbesondere zu den Verkehrskommissionen der eidgenössischen Räte.

Alfred Schmid bezeichnet das Beschaffungswesen in der Schweiz – oft zum Leidwesen der heimischen Firmen – und im Gegensatz zu Nordamerika als sehr offen und transparent.

Kurzpräsentationen

Pierre Knellwolf, Sales Manager der Arthur Flury AG, bezeichnet das 1920 gegründete Unternehmen als Nischenplayer. Unter anderem mit innovativen Komponenten für Fahrleitungen von Eisenbahnen ist die in Deitingen Solothurn domizilierte Firma weltweit tätig. Arthur Flury AG beschäftigt 105 Mitarbeitende und verfügt über 30 Vertretungen im Ausland. 60 Prozent der ausschliesslich in der Schweiz gefertigten Produkte werden exportiert. Arthur Flury AG beliefert auch Amtrak mit eigens für die USA produzierten Trennsystemen. Diese zeichnen sich im Vergleich zu den Produkten für den europäischen Markt durch eine massivere Bauweise aus. Die Restriktionen durch „Buy America“ erschweren den Export in die USA und bedingen Kooperationen mit amerikanischen Unternehmen.

Adrian Andermatt, Verkaufsleiter bei RUF Telematik AG, stellt nach einer kurzen Präsentation der RUF Unternehmensgruppe, Fahrgastinformationssysteme seines Unternehmens vor. Weltweit werden in über 2‘300 Fahrzeugen Fahrgäste mit RUF-Informationssystemen informiert. Projekte sind auch in den USA am Laufen. RUF beschränkt sich auf Informationssysteme für Triebwagenzüge und Untergrundbahnen. Adrian Andermatt sieht sein Unternehmen in einem stark wachsenden Markt dank seinen innovativen Produkten sehr gut positioniert.

Alfred Schmid, Vizedirektor der Zoppas Industries, präsentiert seine Firma als weltweit tätigen Anbieter von Heizsystemen. Der Hauptsitz befindet sich in Italien. Daneben verfügt Zoppas Industries über Betriebsstätten auf der ganzen Welt. Weltweit werden über 8‘000 Mitarbeitende beschäftigt. Rund zehn Prozent des Umsatzes entfällt auf Heizsysteme für Eisenbahnwagen. Heizsysteme von Zoppas Industries sind auch in Triebzügen von Stadler installiert. Zurzeit erneuert das Unternehmen die Heizsysteme der Züge von MTA, der Untergrundbahn von New York. Alfred Schmid tritt am Ende seiner Ausführungen vertieft auf dieses Projekt ein.

Johannes Winter, Head of Operations bei Doppelmayr/Caraventa, bezeichnet urbane Seilbahnsysteme als wirtschaftliche und betriebssichere Alternativen zu herkömmlichen Transportsystemen im öffentlichen Nahverkehr. In mehreren Städten Nordamerikas haben sich Seilbahnsysteme bewährt, so in Las Vegas, Toronto, Mexiko und Portland. Bei Frequenzen bis zu 6‘000 Personen pro Stunde und über Distanzen bis zu sechs Kilometern sind Seilbahnsysteme substantiell günstiger als schienengebundene Transportmittel. Doppelmayr/Caraventa tritt auch als Betreiber der von ihr gelieferten Seilbahnsysteme auf. Die Restriktionen von „„Buy America“ waren auch für Doppelmayr/Caraventa als weltweit führenden Herstellerim von Seilbahnsystemen herausfordernd.

Überraschendes und Ermutigendes im öffentlichen Nahverkehr im Westen der USA

Kurt Metz, Bahnjournalisten Schweiz, berichtet über die von ihm im Oktober 2017 veranstaltete Studienreise durch vier Staaten an der Westküste der USA. Besucht wurden die Metropolitanräume von Seattle, Portland, Sacramento, Salt Lake City und Umgebung sowie von San Francisco.

Die Hälfte der Bevölkerung der USA lebt in neun Staaten, in deren Ballungsgebieten der öffentliche Verkehr oft einen guten Stand erreicht hat. Eindrücklich sind die in mehreren Volksabstimmungen beschlossenen Ausbaupläne in Seattle, wo zwischen 2017 und 2039 sagenhafte USD 53,85 Milliarden in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs investiert werden. Diese enormen Beträge werden ausschliesslich vom Bundesstaat Washington und ohne Subventionen durch die Zentralregierung aufgebracht.

Bedeutende Ausbauten sind auch in Portland Oregon erfolgt. Kurt Metz bezeichnet das dortige Transportsystem aus einem Mix von Verkehrsmitteln als effizient, einfach und innovativ.

Erfreuliches kann Kurt Metz auch aus Sacramento berichten. Die USD 64,2 Milliarden teure Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen San Francisco und Los Angeles ist tatsächlich im Bau. Weitere Ausbauten sind vorgesehen.

Stadler Rail Inc. baut gegenwärtig in Salt Lake City eine grosse Produktionsstätte. Von diesem relativ zentral in den USA gelegenen Werk soll der nordamerikanische Markt erschlossen werden. Triebzüge von Stadler Rail sind bereits in mehreren Städten der USA unterwegs. Von der Caltrain Regionalbahn wurden 16 KISS-Züge bestellt. Diese leistungsfähige Bahn im Süden von San Francisco wird gegenwärtig elektrifiziert.

Die Skigebiete Snowbird & Altamount in der Umgebung von Salt Lake City sollen für USD 2,5 Milliarden durch eine schmalspurige Zahnradbahn erschlossen werden. Als regionaler Produzent und dank der in der Schweiz bewährten Fahrzeugtechnik rechnet sich Stadler Rail zu gegebener Zeit gute Chancen für die Lieferung des Rollmaterials aus.

Zusammenfassend zeigt sich Kurt Metz beeindruckt von den Fortschritten und weist auf das riesige Potential des öffentlichen Personennahverkehrs in den USA hin. Hier die letzte Seite seiner Präsentation:

Gleisgeometrie und Messtechnik von Amberg

Stefan Basler, Marketing- und Verkaufschef von Amberg Technologies AG, führt die Anwesenden in die Geheimnisse der Gleisgeometrie ein. Typische Parameter eines Geleises sind Spurweite, Überhöhung, Stationierung, Verwindung, Krümmung sowie Position und Höhe. Wenig erstaunlich ist, dass in Europa unterschiedliche Standards und Messpunkte angewendet werden. Wird an der unteren oder der oberen Schiene oder gar in der Mittelachse gemessen?

Vor der Vorführung eines über CHF 250‘000.- teuren und relativ einfach aussehenden Messgeräts auf einem benachbarten Gleis im Freien stellt Stefan Basler die Firma Amberg Technologies, ihr Angebot und ihre Geschäftsfelder kurz vor.

Amberg Technologies AG ist weltweit führend in der Entwicklung von Messsystemen für den Tunnelbau und die Eisenbahnen. Über 1‘100 Systeme von Amberg sind in über 50 Ländern im Einsatz. Amberg arbeitet weltweit mit über 30 Distributionspartnern zusammen.

Abschliessend wird den Teilnehmenden ein Messgerät vorgeführt. Dabei ist zu erfahren, dass eine grössere Anzahl von Messgeräten auch in China im Einsatz steht und dass die Lage der Geleise auf Hochgeschwindigkeitsstrecken in China auf 0,15 Millimeter genau – ich habe nachgefragt – justiert wird.

 

US-Importrestriktionen „Buy America“ (Quelle: Wikipedia)

„Buy America“ bezeichnet Vorgaben für Transportunternehmen in den USA, in erster Linie im Lande hergestellte Fahrzeuge zu kaufen. Lieferungen aus dem Ausland unterliegen Grenzwerten und andere Restriktionen, die gelegentlichen Veränderungen unterliegen.

Das „Buy America“-Programm hat einen Vorläufer im ähnlich klingenden „Buy America-Act“ von 1933. Damals waren staatliche Unternehmen verpflichtet worden, bevorzugt inländische Produkte zu kaufen. Seit 1983 unterliegen auch private Unternehmen den Bestimmungen von „Buy America“, sofern sie staatliche Beihilfen erhalten. Dies ist praktisch bei allen Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs der Fall.

Im Zuge von Handelsabkommen, insbesondere aufgrund des nordamerikanischen Wirtschaftsraums NAFTA, können Regelungen des „Buy America“-Programms nicht oder nur teilweise gelten. Dies gilt insbesondere für Importe aus Kanada.

Im Zuge der Finanzkrise von 2007 beschloss man unter anderem, die Anteile der amerikanischen Wertschöpfung an Importen für den Transportsektor zu erhöhen. Bei Fahrzeugen – insbesondere für die Eisenbahn – müssen ab 2016 60 Prozent der Wertschöpfung in den USA erfolgen. Ab 2018 erhöht sich der Anteil auf 65 Prozent und ab 2020 auf 70 Prozent. Ausnahmen sind möglich, sofern durch die Vorschriften von „Buy America“ das Produkt um mehr als 25 Prozent verteuert wird, oder eine Beschaffung von qualitativ gleichwertigen Produkten von amerikanischen Herstellern nicht möglich ist.

Ausländische Hersteller reagieren auf die „Buy America“-Anforderungen meist so, indem sie die Montage sowie die Herstellung der Karosserie in einem Werk in den USA vornehmen und für andere Komponenten eine Ausnahmegenehmigung einholen.

 

SBB – Minibusse in der Stadt Zug

In der Ausgabe vom 8. März 2017 von „20 Minuten“ findet der in diesem Sommer geplante Versuchsbetrieb der SBB mit selbst fahrenden Minibussen in der Stadt Zug eine hohe Beachtung. Mit grossen Lettern wird auf der Titelseite auf den Artikel auf Seite 9 hingewiesen.

Dazu ein paar kritische Anmerkungen:

  1. Postauto Schweiz AG betreibt seit zwei Jahren in der Stadt Sion einen erfolgreichen Versuchsbetrieb mit selbst fahrenden Postautos. Offensichtlich verfügt Postauto Schweiz AG über einschlägige Erfahrungen mit dieser anspruchsvollen Technologie und der Schaffung der dafür notwendigen Rahmenbedingungen.
  2. Zudem ist Postauto Schweiz AG in unserem Land der führende und bewährte Anbieter des strassengebundenen öffentlichen Personenverkehrs.
  3. Es stellt sich die Frage, ob und weshalb die SBB AG sich nun ebenfalls als Anbieter von Personentransporten auf der Strasse betätigen wollen.
  4. Haben die SBB AG in ihrem Haus nicht genügend ungelöste Probleme? Statt in neue und wesensfremde Technologien zu investieren, würden sich unsere Staatsbahnen besser für die Beseitigung der unzähligen Schwachstellen im schweizerischen Normalspurnetz einsetzen.
  5. Es wäre zudem interessant, die Beweggründe des für Verkehrsfragen zuständigen Departements UVEK oder des Bundesamtes für Verkehrs BAV, diese Doppelspurigkeiten und internen Konkurrenzkämpfen zu dulden, zu kennen. Hofft man, dass der interne Wettbewerb – nota bene bei einer bewährten Technologie – die Innovation fördert oder duldet man diese Entwicklung, weil man nicht zu handeln wagt?

Nachtrag

Soeben lese ich in der Ausgabe 10/2017 der Weltwoche eine Artikel von Peter Bodenmann, in dem sich der ehemalige Präsident der SP besorgt über die fehlenden Absprachen zwischen der SBB AG und der Postauto Schweiz AG äussert. Hier der besagte Auszug als Bild – der ganze Artikel steht über folgenden Link zur Verfügung: Weltwoche 2017_10 Synergien