Topics
Mit diesem Beitrag schliessen wir unsere Berichterstattung über das Eisenbahnwesen im Balkan ab. Wie in Serbien sind auch in Kroatien grosse Anstrengungen für die Revitalisierung der Eisenbahn im Gang. Im Gegensatz zu Serbien, wo die Erneuerung vor allem mit chinesischen und russischen Investitionen erfolgt, finanziert Kroatien als EU-Mitglied seine Projekte vor allem mit Unterstützung der EU.
Zagreb Hauptbahnhof
In seiner Gesamtheit hinterlässt der Bahnhof von Zagreb einen guten Eindruck. Das repräsentative Gebäude liegt im Stadtzentrum und wird gut unterhalten. Alle in einem grossen Bahnhof üblichen Dienstleistungen sind vorhanden. Auch eine kleine Kapelle steht zur Verfügung.
Bei meinen Besuchen sah ich ausschliesslich neues und gepflegtes Rollmaterial. Allerdings sind die Anlagen nicht behindertengerecht ausgebaut. Besucher werden mit zahlreichen Plakaten über Ausbauprojekte im nationalen Eisenbahnnetz informiert.
Nicht mitteleuropäischen Verhältnissen entspricht das Angebot an Zügen, wie die folgenden Bilder zeigen. Das geringe Angebot an internationalen Eisenbahnverbindungen überrascht. Nach Budapest besteht nur eine einzige Direktverbindung. Der Eisenbahnverkehr nach Belgrad ist eingestellt.
Am Sonntag, 9. August 2021, beobachtete ich den aus Zürich. eintreffenden Nachtzug. Es stiegen trotz der Hochsaison nur wenige Fahrgäste aus. Zudem traf der Zug mit einer Verspätung von siebzig Minuten ein, was vermutlich auf umbaubedingte Langsamfahrstrecken in Slowenien und Kroatien zurückzuführen waren.
Der Anschluss des Hauptbahnhofes an das städtische Tramnetz von Zagreb ist vorzüglich. Die Wege vom Zug zur Strassenbahn sind kurz. Gut präsentiert sich auch das Rollmaterial der Strassenbahn. Im Gegensatz zu Belgrad und Sarajewo sah ich nur neue und saubere Fahrzeuge.
Funktion Kroatiens im europäischen Ferngüterverkehr
In Kroatien kreuzen sich zwei Korridore des europäischen Ferngüterverkehrs.
Details zu den Kroatischen Staatsbahnen
Gemäss einer Untersuchung der EU weisen in Europa nur wenige Länder wie etwa Bulgarien und Rumänien oder die baltischen Staaten eine schlechtere Eisenbahninfrastruktur auf als Kroatien.
Mit zahlreichen von der EU mitfinanzierten Projekten soll das Eisenbahnnetz weitgehend erneuert werden. Die Renaissance der Eisenbahn ist auf gutem Weg. Im Fokus stehen vor allem der Ausbau der Strecken der europäischen Güterverkehrskorridore und des Regionalverkehrs im Raum Zagreb. Auch die Hafenanlagen von Rijeka werden umfassend saniert und erweitert.
Wenige Veränderungen sind im Verkehr mit den übrigen Balkanstaaten erkennbar. Wichtige in Ex-Jugoslawien bestehende Verbindungen, wie etwa durch Bosnien-Herzegowina an die Adria, bleiben offensichtlich weiter unterbrochen. Dabei könnte die Wiederinbetriebnahme dieser Strecken den Balkanstaaten willkommene Anstösse für die Entwicklung geben.
Überrascht haben die Fülle und der Detaillierungsgrad der von den kroatischen Staatsbahnen in der Landessprache und teilweise auch in Englisch veröffentlichten Informationen. So werden in einem statistischen Bericht umfassende betriebliche Kennzahlen und Fakten präsentiert, wie etwa die Anzahl Reisende im internationalen Fernverkehr.
Kommentar
Mit der Fertigstellung und der vollständigen Inbetriebnahme der Güterverkehrskorridore und der Leistungssteigerung der Häfen an der Adria werden sich – wohl zu Lasten der Häfen an der Nord- und Ostsee – die Transportwege und -zeiten für Güter aus Asien nach Mittel- und Osteuropa substantiell verkürzen.
Besorgnis verursacht der Sachverhalt, dass kaum Bestrebungen für die Wiederbelebung des zwischenstaatlichen Eisenbahnverkehrs auf dem Balkan erkennbar sind, abgesehen vom Ausbau der Strecken am Güterverkehrskorridor 10. Offensichtlich fehlt weiterhin die Bereitschaft zur Kooperation zwischen den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens – keine gute Situation und kein Erfolgsrezept für die Zukunft,
Quellenhinweise
Die Bilder wurden vom Verfasser mit einem Smartphone aufgenommen. Die Informationen wurden der Dokumentation der kroatischen Staatsbahnen und dem Internet entnommen. Trotz sorgfältiger Recherche besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Informationen.
Ja, so werden werden wir nie auf ein kontinental effizientes und schnelles Bahnnetz in Europa kommen. 2011 fuhr ich auf einer Reise von Zürich mit Unterbrüchen in Salzburg, Ljubljana, Zagreb, Belgrad und Sofia nach Istanbul. In 6 Bahnstunden von Zagreb nach Belgrad und von Sofia mit moderne Bussen über Edirne (schöne Kleinstadt mit wunderbaren Moscheen) nach Istanbul (der Nachtzug wurde nicht empfohlen).
Lieber Peter
Vielen Dank für Dein Interesse an unserer Website und für die interessanten Ergänzungen. Vor allem die Reisezeit zwischen Belgrad und Zagreb für eine meist gerade verlaufende Strecke von knapp 400 Kilometern ist unglaublich. Meines Wissens ist der direkte Bahnverkehr zurzeit eingestellt. Das ist unter anderem auch ein Indiz, wie weit die Balkanstaaten von einem einigermassen freundlichen Zusammenleben noch entfernt sind. Recht eigentlich beängstigend.
Und noch ein Nachtrag: Wir sind in der Nacht vom 17. auf den 18. Oktober 2021 mit dem Nachtzug von Wien nach Zürich gefahren. Der Zug erreichte Zürich statt um 08.20 Uhr um 11.30 Uhr. Wir leisteten uns das grosse obere Abteil im Schlagwagen. So war die über dreistündige Verspätung einigermassen erträglich. Fahrgäste in den engen unteren Schlafwagenabteilen waren ungleich stärker betroffen.
Nochmals vielen Dank für Deinen Kommentar und weiterhin viel Freude an unserer Website.
Herzliche Grüsse
Ernst Rota