IC 3/581 – Fragen an die SBB

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Nach einer Wanderung im Jura trafen wir am Abend des 27. Februar 2021 wohlgemut in Basel ein und wollten dort in den um 17.33 Uhr nach Zürich abfahrenden Intercity 3/581 einsteigen. Wir gelangten über die Passerelle zu dem auf Gleis 4 bereit stehenden Zug.

Dort waren wir mit einem sonderbaren Bild konfrontiert. Zwischen zwei Lokomotiven des Typs Re 420 waren drei ältere Wagen und ein Steuerwagen eingereiht. Die Wagen waren einige Minuten vor der Abfahrt des Zuges bereits dicht besetzt. Wir fanden im vordersten Wagen noch ein paar freie Sitze.

Kurz nach der pünktlichen Abfahrt fand die Kontrolle der Fahrausweise statt. Beim Vorweisen der Fahrausweise beanstandete ich in höflichem Ton beim Zugbegleiter das unzumutbare Rollmaterial. Statt dem erwarteten Hinweis auf den Kundendienst gab der freundliche Zugbegleiter seinerseits seinem Unwillen kund und sagte, dass er sich ebenfalls beschweren werde. Beim Aussteigen sah ich, dass der Zugbegleiter mit seinem Smartphone den Zug (auch) fotografierte.

Während der Fahrt zirkulierte ich durch den Zug. Auf beiden Plattformen des ersten Wagens standen oder sassen auf dem schmutzigen Wagenboden mehrere Fahrgäste.

Aufgefallen sind mir zwei Zugbegleiter, die in einem Viererabteil des vordersten Zweitklassewagens von Basel nach Zürich fuhren. Nicht einmal die beiden Herren nahmen im Wagen der ersten Klasse Platz.

Bereits beim Einsteigen in Basel vermutete ich wegen der zweiten Lokomotive, dass der Steuerwagen defekt sein müsse. Diese Vermutung wurde mir auf Anfrage in Zürich von einem Mitarbeiter der SBB bestätigt.

Ich war so frei, meine Eindrücke mit ein paar Bildern mit meinem Smartphone zu dokumentieren und abschliessend ein paar Fragen an die SBB zu richten. Ich bitte um Verständnis für die schlechte Bildqualität.

Bilder aus dem IC3/581

Stimmungsbild aus dem vordersten Zweitklassewagen.
Bild von einer Plattform des ersten Zweitklassewagens (aufgenommen mit Zustimmung der Mitreisenden).
Bild von der anderen Plattform des ersten Zweitklassewagens (aufgenommen mit Bewilligung der Mitreisenden).
Blick in eine Toilette des ersten Zweitklassewagen – das Fallrohr führt direkt in Freie).
Blick in den Wagen der 1. Klasse, etwa fünf Minuten nach der Ankunft in Zürich. Der volle Mehrpreis für die Fahrt in der 1. Klasse gegenüber der Fahrt in der 2. Klasse für die Strecke von Basel nach Zürich beträgt CHF 26.-.
Am Ziel – IC 3/581 in Zürich.
Zusätzliche Lokomotive. Immerhin funktionierte die Beleuchtung im Steuerwagen noch.

Fragen an die SBB

Das Erlebte gibt Anlass zu ein paar Fragen:

  • Kennen Sie in Mitteleuropa ein Eisenbahnunternehmen, das im hochwertigen Fernverkehr Fahrgäste mit derart heruntergewirtschaftetem Wagenmaterial befördert?
  • Weshalb befördern Sie in Anbetracht der Corona-Restriktionen Fahrgäste in derart beengten Verhältnissen?
  • Glauben Sie, dass derartige Fahrten dem Image der SBB zuträglich sind?
  • Infolge der vielen Verbindungen und der erhöhten Qualität erheben Sie auch auf der Relation Basel-Zürich auf den Fahrausweisen einen Zuschlag von rund 15 Prozent durch eine virtuelle Verlängerung der Reisedistanz. Wäre es nicht angebracht, den Fahrgästen in derart misslichen Zügen diesen Mehrpreis beispielsweise in Form eines Gutscheins zurück zu erstatten?
  • Stört Sie der Umstand nicht, dass durch einen nicht funktionstüchtigen Steuerwagen zusätzlich 80 Tonnen in Form einer Lokomotive zwischen Zürich und Basel und zurück bewegt werden müssen?
  • Treten die auf mehreren Bahnhöfen im Grossraum Zürich auftretenden Qualitätsmängel nun auch beim Rollmaterial auf?

Nachtrag

167 Stunden später fuhr ich erneut von Basel nach Zürich, und zwar mit dem IC 3/579. Auf der Fahrt wurden die Fahrgäste mit der üblichen Entschuldigung in diesem nach Chur vorgesehenen Zug gebeten, infolge technischer Problemen am Zug in Zürich auszusteigen und in einen auf einem anderen Perron abfahrenden Ersatzzug nach Chur zu wechseln.

4 Gedanken zu „IC 3/581 – Fragen an die SBB

  1. Ungleichbehandlung der Regionen durch die SBB?
    Wäre eine derartige „Krisenkomposition“ wie von Ernst Rota beschrieben auch auf IC / IR -Relationen wie Bern – Zürich, Zürich – Chur oder Bern – Lausanne vorstellbar? Wohl kaum. Offenbar aber genügen die betagten Oldtimer für die ohnehin von den SBB mehr als stiefmütterlich behandelte Randregion Nordwestschweiz resp. deren Bahnkundschaft. Noch immer stehen Kompositionen bestehend aus alten NPZ-EW-2-Wagen auf dem Gleisfeld von Basel-Wolf und harren ihrer Einsätze.
    Ich bin geneigt von einem „Schämmer“ für die SBB zu sprechen!
    Warte gespannt auf die Antworten seitens unserer Staatsbahn.
    André Guillaume, Binningen

    • Lieber André

      Vielen Dank für Dein Interesse an unserer Website und für Deinen Kommentar.

      Ich kann Deine Frage nicht beantworten. Aufgefallen ist mir nur, dass wir Basel von Zwingen aus mit einer Doppelkomposition von Flirt erreichten, und nur eine davon weiter nach Olten fuhr. Der zweite Zug der S3 blieb in Basel und wurde weggestellt.

      Ein vertretbarer Ersatzzug wäre also verfügbar gewesen.

      Ich wünsche Dir weiterhin viel Freude an unserer Website.

      Freundliche Grüsse

      Ernst Rota

  2. Mich würde die Fahrt in einem solchen Zug nicht einmal gross stören. Bedingung wäre aber sicher mal genügend Platz für die Kundschaft. Da dies Ersatzzüge sind müssten die ja eigentlich gründlich gereinigt und in TOP-Zustand zum Einsatz gelangen. Denn Zeit für den Unterhalt ist ja bei diesen Reservekompositionen reichlich vorhanden! Das Problem liegt wohl eher beim Flottenmanagement! Hauptsache die Manager verdienen genug, auch in Krisenzeiten, wie der zahlende Fahrgast befördert wird, ist wahrscheinlich nebensächlich! Die Antwort sollte eigentlich beim CEO der SBB eingefordert werden. Diese Zustände sind aber sehr wahrscheinlich noch seinem Vorgänger zu verdanken. 2011 hatte ich ein Erlebnis zwischen Mannheim und Basel, wegen gestörter Betriebslage (Gewitter am Vorabend). Da war die DB nicht in der Lage zwischen 09.30 und 12.00 Uhr einen Ersatzzug auf die Beine zu stellen für Fahrgäste Richtung Schweiz! Die Antwort am Infopoint war lapidarisch: „Fragen sie mal Herrn Mehdorn!“ Hier könnte man diesen Namen mit einem anderen ersetzen.

    • Lieber Herbert

      Vielen Dank für Deinen Kommentar und für Dein Interesse an unserer Website.

      Ich fuhr 167 Stunden später erneut von Basel nach Zürich, und zwar mit dem IC 3/579. Der nach Chur vorgesehene Zug musste seine Fahrt wegen technischen Problemen in Zürich abbrechen – die Fahrgäste nach Chur mussten in einen auf einem anderen Perron bereit stehenden Ersatzzug wechseln.

      Gestern Nachmittag – ich war persönlich davon betroffen – war der Betrieb zwischen Sargans und Chur wegen einem Fahrleitungsdefekt während Stunden eingestellt. Ich frage mich ernsthaft, ob ich der SBB als Fahrgast Unglück bringe!

      Ich wünsche Dir weiterhin viel Freude an unserer Website.

      Freundliche Grüsse

      Ernst Rota

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