Eindrücke aus Varese RFI et al.

Am 30. November 2019 bot sich endlich wieder einmal Gelegenheit zu einer Bahnreise nach Varese. Im Bahnhof der RFI in Varese – daneben hat es einen zweiten Bahnhof der „alten“ Ferrovia Nord Milano – musste ich umsteigen und gelangte durch die renovierte Unterführung zum Aufnahmegebäude. Dabei fertigte ich die folgenden für sich selbst sprechenden Bilder an – wirklich keine Fotomontagen.

Blick zurück in die Unterführung
Blick vorwärts in die Unterführung mit dem Personenlift
Aufgang aus der Unterführung
Blick hinunter in die Unterführung
Blick auf den Perron
Schalterhalle des Bahnhofs

Reiseerfahrungen

Am morgen früh standen im Zürcher Hauptbahnhof zwei Triebwagenzüge des Typs ETR 610 zur Abfahrt bereit. Man war froh, nicht allzu eng sitzen zu müssen. Doch weit gefehlt – die Kupplungen schlossen nicht, und der vordere Zugteil wurde weggestellt. Die zahlreichen Fahrgäste drängten sich in den verbliebenen Zug, und bereits bei der Abfahrt um 07.10 Uhr herrschte ein arges Gedränge. Die Sache hatte für ein paar Bekannte von mir aber auch eine gute Seite – sie konnten die Fahrt nach Lugano in der ersten Klasse mit einem Billett der zweiten Klasse geniessen.

Der Eindruck täuscht – die Verbindung funktionierte nicht.

In Mendrisio wechselte ich von der S-Bahn nach Chiasso in die S40 25415 nach Varese. Bis zur Grenze konnte ich die Mitreisenden im vierteiligen Flirt an einer Hand abzählen – ein bitteres Bild. Zu meiner Erleichterung stiegen in allen Bahnhöfen ab Cantello/Gaggiolo jeweils zahlreiche Fahrgäste ein, so dass der Zug Varese zu guter Letzt mit rund achtzig Personen erreichte.

Weshalb die Schweizer Behörden und die SBB es bis dato in Zusammenarbeit mit ihren italienischen Partnern nicht geschafft haben, schnelle Reisezüge von Lugano zum Flughafen von Malpensa mit einer attraktiven Fahrzeit von etwa mehr als einer Stunde zu betreiben, weiss ich nicht. Hier liegt ein grosses Potential brach, und niemand setzt sich für Verbesserungen ein.

Der Kanton Tessin könnte doch Trenord bitten, einige der für den viermal pro Stunde von Mailand zum Flughafen verkehrenden „Malpensa-Express“ eingesetzten Triebwagenzüge ETR 425 an die schweizerischen Verhältnisse anzupassen und stündlich von Bellinzona über Lugano und Varese nach Malpensa zu fahren.

Die grosse Ernüchterung nach der Ankunft in Zürich-Wollishofen

Auf der Rückkehr aus dem Süden stieg ich um 14.30 Uhr in Zürich-Wollishofen aus der S-Bahn aus und begab mich durch die kürzlich erneuerte Unterführung zur Bushaltestelle. Dabei wurde ich – noch voll positiver Eindrücke aus Varese – in mit folgenden Bildern konfrontiert. Kein Kommentar.

Abgang vom Bahnsteig
Blick zurück in die Unterführung

2 Gedanken zu „Eindrücke aus Varese RFI et al.

  1. Guten Tag Ernst

    Danke für die eindrückliche Bilddokumentaion aus Varese.

    Die erneuerte Personenunterführung in „Bella Italia“ erinnert mich an eine moderne Klinik mit ihren spiegelblanken Wänden und hellen Lichtstreifen. Wirklich beeindruckend, fast schon etwa steril wirkend! Vor allem im Vergleich zur tristen Betonwüste in Wollishofen (und an machen Orten anderswo).
    Ich frage mich allerdings, wie es in Varese in einem bis zwei Jahren aussehen wird, weil in Italien, sind die Bauten einmal fertig erstellt, wenig Aufwand für ihre Pflege eingeplant wird. Bald droht auch hier die gewohnte Verwahrlosung.

    Ich erinnere micht gut an unsere Varese-Exkursion vom letzten Jahr und an die doch recht dicht verspayten Wände und Züge rund um den Milaneser Vorortverkehr.

    Mendrisio – Varese leidet offenbar an ähnlichen Mängeln wie Delle – Meroux – Belfort: an schlecht abgestimmten Fahrpänen über die Grenze hinweg,
    an fehlenden Direktverbindungen und an mangeldner Motivation zum Autoverzicht. Letztere ist teilweise sogar nachvollziehbar. Deine Beobachtung, dass zumindest auf italienischer Seite, die neue Bahnverbindung offensichtlich regen Zuspruch findet, lässt generell auf bessere Zeiten für dieses Verkehrsmittel auch in Italien hoffen, zumindest in dessen Norden, wo der Leidensdruck wegen überlasteter Strassen offensichtlich grösser ist.

    Die Menschen zum Verzicht auf das eigene Auto zu bewegen gelingt nur, wenn Reisezeit, Ticketpreise, die Lage der Haltepunkte, Direktverbindungen, hoher Fahrkomfort, gute Betreuung resp. spürbare Serviceleistungen, d.h. generell betrachtet ein deutlich gesteigerter Zeit- und Komfortgewinn zum Umsteigen verlocken. In einigen Fällen mag dies alles eintreten, in vielen allerdings sind diese Punkte nur schwerlich oder gar nicht zu erreichen. Zumal „alte“ Gewohnheiten (wie das Autofahren) oder durch äusser Umstände erzwungenes Verhalten (infolge Fehlens eines akzeptablen ÖV-Angebotes) sich nicht von heute auf morgen ändern lassen. Der entscheidende „Input“ muss allerdings von Seiten des ÖV kommen, auch wenn dieser in der Anlaufphase Geld kostet und vorerst wenig einbringt. Nicht erst seit der CO2-Diskussion ist offensichtlich, dass jede Investition in einen sinnvoll und zweckmässig ausgebauten ÖV gut angelegtes Geld ist, dessen „Rendite“ (in Form von Umweltentlastung und dadurch verbesserter Lebensqualität) sich oft erst allmählich manifestiert.

    Saubere und helle Unterführungen wie jene in Varese sind zwar nicht matchentscheidend, liefern aber ein wertvolles Puzzleteil zu einer positiven öffentlichen Wahrnehmung des Bahnangebotes. Daher weiter so!

    • Lieber André

      Vielen Dank für das Interesse an unserer Website und für Deinen Kommentar. Darf ich dazu Folgendes festhalten:

      1. Das Konzept der Unterführung von Varese RFI wurde in der gleichen Form unter anderem in Como S.G., Gallarate und Seregno-Morbegno übernommen. Es ist offensichtlich Standard für die Erneuerungen der Bahnhöfe von RFI im Grossraum Mailand geworden.

      2. Ich habe bei meinen Besuchen in erneuerten Bahnhöfe – sie sind teilweise schon länger in Betrieb – keine Vandalenakte oder verschmierte Wände gesehen.

      3. Generell präsentieren sich die Bahnhöfe gemäss meinen Beobachtungen mindestens in Oberitalien im Vergleich zu früher ungleich sauberer und besser unterhalten. RFI ist dazu übergegangen, die Reinigung und den Unterhalt an Dritte zu übertragen und die Adressen der Firmen gut sichtbar zu publizieren.

      4. Die Bahnhöfe der Infrastrukturgesellschaft von Ferrovia Nord Milano – betreibt mit TrenItalia TreNord – weisen eine davon abweichende architektonische Gestaltung auf.

      5. Gepflegte Bahnhöfe weisen weit weniger Vandalenakte auf als verwahrloste Anlagen. Zudem fühlen sich Menschen sicherer.

      6. Meines Erachtens kann man die Korridore Mendriso-Varese nicht mit Pruntrut-Belfort vergleichen. Die nördliche Lombardei ist viel dichter besiedelt, und es findet ein reger Grenzverkehr statt. Zudem wurde nicht wie im Pruntruter Zipfel neben der Eisenbahn eine leistungsfähige und wenig benutzte Autobahn gebaut.

      Ich wünsche Dir weiterhin viel Freude an unserer Website

      Herzliche Grüsse

      Ernst Rota

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