Subventionierung Einzelwagenladungsverkehr – zweckmässig und fair !

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Zurzeit wird in der Schweiz intensiv über die Zukunft des Einzelwagenladungsverkehrs – kurz EWLV – diskutiert. Diese Form des Gütertransports lohnt sich gemäss Expertenmeinungen nur über grössere Distanzen. Diese Aussage gilt auch für die Schweiz.

Die SBB möchten den nationalen EWLV auch weiterhin anbieten, erwarten aber im Gegenzug vom Staat die Übernahme der nicht gedeckten Kosten. Politiker und Vertreter des Strassentransportgewerbes fordern hingegen, dass der Güterverkehr auf der Schiene kostendeckend betrieben wird.

In der Diskussion fallen meines Erachtens wichtige Aspekte ausser Betracht. Unter anderem fehlt der Blick auf den neben der SBB wichtigsten Anbieter des Einzelwagenladungsverkehrs in der Schweiz, nämlich auf die Rhätische Bahn AG – nachstehend RhB. Ich habe die Kennzahlen des Güterverkehrs der RhB von 2011 bis 2021 analysiert und möchte im nächsten Abschnitt kurz darauf eintreten. Die beispielhafte Qualität der finanziellen Berichterstattung der RhB hat die Analyse wesentlich erleichtert.

Güterverkehr bei der RhB

Nachstehend ein paar Kennzahlen in zwei Tabellen. Die Tabellen können durch Anklicken vergrössert werden und stehen als MS-Excel-Dateien über diesen Link zur freien Verfügung: Kennzahlen Güterverkehr RhB AG 2011-2021.

Überblick über den Güterverkehr der RhB 2011 – 2021 (Tabelle vom Verfasser).

Die Bruttokosten pro Tonnenkilometer TKm liegen in der Grössenordnung von 60 Rappen. Das ist ungefähr das Sechsfache des Erlöses, den die SBB pro TKm erwirtschaftet, rund das Siebenfache des Erlöses der DB AG und geschätzt das 15-fache des Erlöses, den die rentablen Güterbahnen in Nordamerika realisieren.

Auszug aus der Spartenrechnung des Güterverkehrs der RhB 2011 – 2021 (Tabelle vom Verfasser).

Gemäss der Spartenrechnung hat sich der Anteil der Abgeltungen am Nettoerlös und am Betriebsertrag des Güterverkehrs der RhB im Betrachtungszeitraum massiv erhöht. So lagen die Abgeltungen pro TKm im Jahr 2021 bei 20 Rappen, was von den RhB in ihrem beispielhaften Geschäftsbericht auch offen ausgewiesen wird.

Die Bedeutung des Güterverkehrs im Kanton Graubünden liegt auf der Hand. Die Strasse kann auf wichtigen Transitachsen wesentlich vom Schwerverkehr entlastet werden. Ich denke etwa an die Blockzüge mit Öl oder Zement ins Engadin oder an die Holztransporte über den Berninapass ins Veltlin. Ob hingegen Güterzüge mit wenigen Containern von Landquart nach Klosters oder nach Davos ökonomisch und ökologisch der Weisheit letzter Schluss sind, möchte ich nicht beurteilen.

Güterzug zwischen Malans und Seewis-Pardisla vor der prächtigen Kulisse des Alvier (Dieses Bild und folgenden beiden Aufnahmen von Güterzügen der SBB wurden uns freundlicherweise von Bernhard Studer zur Verfügung gestellt. Besten Dank. Das Bild am Anfang des Berichts mit der blauen Ge 4/4 II zwischen Landquart und Malans stammt von Thomas Wälti. Auch ihm vielen Dank).

Kommentar

Zur Klärung: Ich stelle den Güterverkehr der RhB nicht in Frage. Hingegen postuliere ich, dass bei der Diskussion um den EWLV in der Schweiz bei allen Bahnen gleich lange Spiesse zum Einsatz kommen. Unser Land kann sich einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag für die Unterstützung des EWLV durchaus leisten.

Dazu kommt, dass der EWLV auch zum grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr beiträgt. Es wäre fatal, die Rolle der Eisenbahn in der Schweiz und in Europa nur noch auf Blockzüge oder den Transport von Containern von und zu den Häfen zu beschränken.

Blockzug für Mineralöltransporte am Bözberg (Bild Bernhard Studer).

Zudem halte ich eine Revitalisierung des europäischen Ferngüterverkehrs auf der Schiene ohne eine Steigerung des EWLV in den europäischen Ländern für unerreichbar.

Güterzug mit gemischten Wagen im Transitverkehr (Bild Bernhard Studer).

Dazu kommt, dass SBB und weitere europäische Bahnen beim Schienengüterverkehr bereits wesentliche Rationalisierungen angestossen oder umgesetzt haben. Ich denke etwa die automatische Kupplung der Güterwagen oder die automatische Zugbildung beim Rangieren als Voraussetzungen für die Automatisierung der Rangierbahnhöfe.

Diese erfreulichen Massnahmen sind aus meiner Sicht notwendig, jedoch mit Blick auf Situation in Nordamerika nicht ausreichend für die so dringende Verlagerung des europäischen Ferngüterverkehrs von der Strasse auf die Schiene. Erst die Bildung von wenigen, grossen und europaweit tätigen Güterbahnen und eine substantielle Erhöhung von Qualität und Geschwindigkeit werden es richten. Darüber hinaus braucht es ein neues Denken, nämlich, dass sich mit einem entsprechend aufgestellten Schienengüterverkehr im Interesse der Umwelt auch gutes Geld verdienen lässt.

2 Gedanken zu „Subventionierung Einzelwagenladungsverkehr – zweckmässig und fair !

  1. In Österreich werden ~ 60% des SGV bebeihilft – ~35% sind EWV. Würden diese Beihilfen, die ja schliesslich mit ungedeckten externen Kosten im Strassenverkehr argumentiert werden (Eihilfeneffizienz bei rund 3, d.h. 1 € Beihilfe verhindert 3 € externe Kosten), wegfallen, so würde der Modal Split im GV auf 10/15% zurückhehen. Wir wollen aber in Richtung 40% Marktanteil auf der Schiene. Damit sind die Beihilfen alternativenlos.

  2. Interessanter Ansatz, die RhB in die Überlegungen mit einzubeziehen. In Graubünden wird man auch zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit kaum je auf den Schienengüterverkehr verzichten wollen.
    Was die Normalspur betrifft, wieso soll nur die SBB den EWLV erbringen? Ich denke da an Cargo Domizil, dieser Geschäftsbereich brachte bei der SBB jährliche Fehlbeträge bis in den dreistelligen Millionenbereich ein. Seit private Speditionen diesen Bereich übernahmen, wird damit Gewinn erzielt und die beteiligten Firmen investieren massiv in ihre Schienenlogistik.
    Es wäre also dringend zu prüfen, wie die Camionneure miteinbezogen werden können.
    Früher waren auch die Privatbahnen wesentlich in den EWLV mit einbezogen, bis die SBB C das ales selbst machen wollte. Auch grössere Anschlussgleisbesitzer sollten vermehrt mit einbezogen werden.
    Mit dem Wechsel im Bundesrat werden beim UVEK sicherlich neue Gedanken Einzug halten, in dem man das Heil nicht nur bei den staatsnahen Betrieben und bei Subventionen sucht.

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