Rendez-vous 2024 von RAILplus – spannend und gehaltvoll

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Am 12. September 2024 führte RAILplus in Appenzell für Mitglieder, Vertreter von Lieferanten und Gäste eine interessante und gehaltvolle Informationsveranstaltung durch. Etwa 100 Teilnehmende nutzten die Gelegenheit, an diesem spannenden Anlass ihr Fachwissen zu erweitern und sich mit Kolleginnen und Kollegen aus der Branche auszutauschen.

Gastgeber dieser von RAILplus organisierten Veranstaltungen waren die Appenzeller Bahnen. Thomas Baumgartner, Präsident von RAILplus und Vorsitzender der Geschäftsleitung der Appenzeller Bahnen, und seine Mitarbeitenden waren höchst aufmerksame Gastgeber und boten den Teilnehmenden einen tollen Tag.

Nach dem Eintreffen und der Begrüssung im Bahnhof St. Gallen durch Thomas Baumgartner und Joachim Greuter, Geschäftsführer von RAILplus, fuhren die Teilnehmenden bei bestem Wetter mit einem Extrazug nach Appenzell. Nach dem obligaten Gruppenbild verschob man sich in zwei Gruppen zu Sitzungszimmern, wo die Teilnehmenden in den Genuss von spannenden Referaten über aktuelle Projekte der Meterspurbahnen kamen.

Gerne fassen wir in diesem Bericht die Referate kurz zusammen.

Vorstellen der Appenzeller Bahnen

Thomas Baumgartner stellt in seinem Referat sein Unternehmen vor. Die Appenzeller Bahnen sind in der Ostschweiz zu einem innovativen und geschätzten Verkehrsunternehmen geworden, das zwischen Bodensee, Thur und Säntis hochwertige Transportleistungen erbringt. 

Netz der Appenzeller Bahnen.

In den letzten 149 Jahren ist aus mehreren Bahngesellschaften ein bedeutendes Transportunternehmen und in vier Ostschweizer Kantonen tätiges Transportunternehmen entstanden.

„Stammbaum“ der Appenzeller Bahn.

240 Mitarbeiter setzen sich Tag für Tag für ihr Unternehmen ein und befördern täglich rund 18’000 Fahrgäste.

Kennzahlen der Appenzeller Bahn
Kennzahlen der Appenzeller Bahnen.

Bemerkenswert ist die Vielfalt der technischen Konzepte der einzelnen Bahnen, wie die folgende Tabelle zeigt. Das stellt hohe Anforderungen an die dafür zuständigen Mitarbeitenden und das Management der Appenzeller Bahnen.

Beeindruckende Vielfalt bei den Appenzeller Bahnen.

Thomas Baumgartner rundet seinen Vortrag mit ein paar Ausführungen zum Angebot, zu laufenden Projekten und zur Zusammenarbeit mit RAILplus ab. Die Appenzeller Bahnen wollen das Bahnfahren mit modernen und gepflegten Fahrzeugen und Aktionen wie «Kultur im Zug» und attraktiven Angeboten zu einem nachhaltigen Erlebnis gestalten. Als wegweisende Projekte stehen die Automatisierung des Betriebs der Zahnradbahnen und der Bau eines Servicezentrums in Appenzell im Raum. Die Mitgliedschaft bei RAILplus bietet den Appenzeller Bahnen bei der Ausbildung, bei der Beschaffung sowie bei der Entwicklung und beim Erfahrungsaustausch eine willkommene und geschätzte Plattform.

Zusammenarbeit zwischen den Appenzeller Bahnen und RAILplus.

Fahrbahnsysteme

Michael Bolt, Leiter Fahrbahn bei den Appenzeller Bahnen, beschreibt die Vielfalt der bei der Appenzeller Bahnen eingesetzten Fahrbahnsysteme. Nach einer kurzen Übersicht erläutert er die Normen und Vorgaben, die beim Bau und Unterhalt der Fahrbahnsysteme gelten. Bei einem Gleis mit Betonschwellen beträgt die Nutzungsdauer für den Unterbau zwischen achtzig und hundert Jahren, und für den Oberbau zwischen vierzig und fünfzig Jahren. Mit einem Set von Massnahmen sollen Wartung und Unterhalt die Gewährleistung dieser Normen kostengünstig und effizient sichern.

Beeindruckende Vielfalt auch bei den von den Appenzeller Bahnen eingesetzten Fahrbahnsystemen.

Interaktion zwischen Fahrzeug und Fahrweg

Simon Berner, Projektleiter bei RAILplus, und Albin Gehriger von den Appenzeller Bahnen, führen aus, dass das Bundesamt für Verkehr BAV die Systemführerschaft für die Optimierung der Wechselwirkung zwischen Rad und Schiene an RAILplus übertragen hat.

Eckpunkte der Systemführerschaft „Interaktion Fahrzeug / Fahrweg“.

Die schwereren und stärker motorisierten Fahrzeuge, der dichtere Fahrplan und die höheren Geschwindigkeiten haben besonders bei den Meterspurbahnen einen erhöhten Verschleiss an Rad und Schiene zur Folge. Der Kostenanstieg für den Unterhalt ist besorgniserregend und zeigt Handlungsbedarf

Überblick über den Handlungsbedarf.

Massnahmen für die Reduktion des Verschleisses setzen gemäss den Referenten an verschiedenen Punkten an. Im Fokus stehen die Schmierung der Spurkränze, die Anpassung der Profile der Radkränze und der Schienenköpfe, die Legierung der Stähle der Räder und der Schienen sowie Anpassungen der Lage der Schienen. Die Optimierung der Wechselwirkung ist ein laufender Prozess – die Analyse der Ursachen und die Massnahmen werden ständig verfeinert. Wertvoll dabei sind der laufende Erfahrungsaustausch innerhalb von RAILplus und die finanzielle Förderung durch das BAV.

Einen wesentlichen Beitrag an die Reduktion des Verschleisses an Fahrzeugen und Schienen können entsprechend konzipierte Drehgestelle leisten. Die Hersteller der Fahrzeuge sind aufgerufen, entsprechende Entwicklungen voranzutreiben. Auch die schweizerischen Hochschulen sind aufgefordert, der Erforschung der Wechselwirkung zwischen Schiene und Rad wieder mehr Gewicht beizumessen. Sehr viel Know How muss aus dem Ausland bezogen werden. Auch finanzielle Anreize wie etwa verschleissabhängige Trassengebühren, würden sich eignen.

Flankierende Massnahmen für die Reduktion des Verschleisses.

Die Erkenntnisse aus dem Projekt sollen in regionalen Kompetenzzentren gesichert und weiterentwickelt werden.

Projekt ATO – führerloser Betrieb bei der RhW

Martin Stamm ist als Projektleiter bei den Appenzeller Bahnen, verantwortlich für die Umstellung der Rheineck-Walzenhausen Bahn RhW auf ATO. Die heute mit Zahnrad betriebenen Fahrzeuge haben mit 66 Jahren ihre Nutzungsdauer erreicht und müssen ersetzt werden. Die neu zum Einsatz kommenden Fahrzeuge sollen ohne Lokführer betrieben werden. Die RhW eignet sich für den Einsatz von ATO gut. Die Streckenlänge beträgt knapp zwei Kilometer. Die Strecke selbst ist überschaubar. Durch die Ausdehnung der Betriebszeiten und die Verdichtung des Fahrplans lassen sich der Kundennutzen und Nachfrage erhöhen und dadurch der Kostendeckungsgrad steigern.

Gründe für die Umstellung des Betriebs der RhW auf den führerlosen Betrieb.

Neben der Schaffung der technischen Voraussetzungen müssen die einschlägigen gesetzlichen Normen angepasst werden. Zudem sind die Erfahrungen der heute bereits vollautomatisch betriebenen Systeme wie etwa die Metro von Lausanne zu berücksichtigen. Auch das Know-how von Lieferanten kann genutzt werden.

Abschliessend erläutert Martin Stamm das Betriebskonzept von ATO bei den RhW.

ATO Betriebskonzept bei der RhW.

Windwarnsysteme

Marielle Müller, Leiterin Unternehmensentwicklung bei der Appenzeller Bahnen, und Daniel Spring, Leiter Infrastruktur bei der Regionalverkehr Bern-Solothurn, präsentieren Massnahmen für den Windschutz ihrer Fahrzeuge. Bei beiden Bahnen wurden in den letzten Jahren Fahrzeuge durch heftige Windstösse umgeworfen. Auch andere schweizerische Bahnen hatten in den letzten Jahren ähnliche Unfälle zu verzeichnen, wie etwa die Wengernalp Bahn WAB oder die Aare Seeland mobil asm.

Der selten aber dafür umso stärkere «Laseyer»-Wind auf der Strecke der Appenzeller Bahn zwischen Appenzell und Wasserauen stellt eine ständige Bedrohung für den Bahnbetrieb dar. Im Rahmen eines Innosuisse-Projekts erarbeiten ETH Zürich, die RUAG und Meteo Schweiz für die Appenzeller Bahnen ein neues Frühwarnsystem für den «Laseyer». Dabei wird anhand von Vergangenheitsdaten das Auftreten des «Laseyer» modelliert.

Die RBS hat gemeinsam mit der asm die Firma Metomatics beaufragt, entlang ihrer Strecken das Gefahrenpotential durch heftige Windstösse zu ermitteln. So wurden Abschnitte lokalisiert, auf denen bei Windgeschwindigkeiten ab 100 km/h Fahrzeuge kippen können. Interessant ist, dass die Gefahr des Kippens mit höheren Fahrgeschwindigkeiten steigt.  Deshalb kann das Risiko bereits durch die Reduktion der Geschwindigkeit reduziert werden. Zusätzlich wurden auf einigen besonders gefährdeten Abschnitten Windmessanlagen installiert. Oft lässt sich das Aufkommen von heftigen Windböen 24 Stunden voraus prognostizieren. Die RBS hat im März 2024 auf besonders gefährdeten Strecken Frühwarnsysteme installiert.

Details des Frühwarnsystems bei der RBS.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Risiko von Unfällen durch heftige Windstösse beim Bahnbetrieb durch a) den dichteren Verkehr, b) die höheren Geschwindigkeiten, c) die höheren Fahrzeuge mit Niederflureinstig, d) den höheren Schwerpunkt der Fahrzeuge durch Dachaufbauten und e) die Zunahme der Extremwetterlagen als Folge der Klimaerwärmung erheblich zugenommen hat.

Theoretisch könnten bauliche Massnahmen wie Schutzwände das Risiko reduzieren. Diese sind jedoch teuer und beeinträchtigen das Landschaftsbild. Man steht dieser Massnahme deshalb eher skeptisch gegenüber.

Kommentar

Der Überblick über die spannenden Referate beschränkt sich auf die dem Beobachter als wichtig erscheinenden Aspekte. Dafür bitte ich um Verständnis. Die Präsentationsunterlagen stehen auf der Website von RAILplus zur Verfügung.

Das anschliessende Mittagessen bot Gelegenheit für den Austausch mit weiteren Teilnehmenden. Referate und Tischgespräche zeugen vom grossen Engagement der Referierenden und ihrem Einstehen für ihre Sache. Auch in dieser Hinsicht vermittelte der Anlass von RAILplus einen guten Eindruck. Ich schliesse mit dem besten Dank an die Organisatoren und die Vortragenden für den interessanten Tag und die Einblicke in eine spannende Materie.

Alle in diesem Beitrag dargestellten Schaubilder wurden mit dem besten Dank an die Verfasser den Präsentationen entnommen.

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