Ferrovia Mendrisio – Varese FMV – Stand und Vorschlag

Die Arbeiten an der neuen Eisenbahnlinie von Mendrisio nach Varese ruhen auf der italienischen Seite seit über zwei Jahren. Die schweizerische Teilstrecke zwischen der Grenze bei Gaggiolo und Mendrisio hingegen ist fertig. Zwischen Mendrisio und Stabio verkehren am Morgen und am Abend ein knappes Dutzend in der Regel dünn besetzter Züge.

FMV Brücke

Anlässlich einer erneuten Besichtigung am 9. Juni 2051 durfte ich feststellen, dass im letzten halben Jahr immerhin die Pfeiler für die Talbrücke über die Bèvera mit einer Ausnahme betoniert wurden, die Elemente für die Stahlbrücke geliefert und ein Feld bereits montiert ist. Ausser diesen löblichen Ausnahmen das bekannte triste Bild.

FMV Brückenelement

Ein Weg aus dem Schlamassel

Die vorbehaltlose Analyse des Nutzens dieser neuen Verbindung führt zu folgendem Ergebnis. Der Nutzen und die Kosten sind zwischen uns und Italien sehr ungleich verteilt. Die Schweiz profitiert weitaus stärker von der FMV und bezahlt bedeutend weniger. Weshalb? Nun, mit der FMV kann der Flughafen von Malpensa von Lugano aus mit der Bahn in weniger als einer Stunde erreicht werden. Zudem sollten sich die täglichen Staus auf den Schweizer Strassen im Südtessin durch den Autoverkehr der Grenzgänger – flankierende Massnahmen vorausgesetzt – erheblich zurückbilden. Des Weiteren sind die Bauten in Italien sehr viel aufwändiger – Tunnels, Talbrücke und Tieflegung.

FMV Tunneleingang

Nachtrag

Gemäss einer Meldung in der Ausgabe vom 10. Juni 2015 des Corriere del Ticino ist die Auftragsvergabe für die Fertigstellung des italienischen Teilstücks erfolgt. Die Arbeiten sollen mit dem Ziel einer Fertigstellung per 2017 im Juli 2015 wieder aufgenommen werden.

Hier der Link zum erwähnten Beitrag: Corriere del Ticino 2015_06_10 FMV

2 Gedanken zu „Ferrovia Mendrisio – Varese FMV – Stand und Vorschlag

  1. Der Nutzen dieser Verbindung Mendrisio – Stabio – Arcisate – Varese (- Gallarate) könnte noch wesentlich grösser sein, wäre die Strecke nicht nur für den Personenverkehr konzessioniert und gebaut worden, sondern auch für den Güterverkehr, verläuft doch der Hauptstrom des unbegleiteten kombinierten Verkehrs (UKV) von der Schweiz sowohl über die Gotthard- als auch über die Lötschberg-Simplon-Linie vorwiegend in die Terminals im Raum Gallarate (Busto Arsizio und Gallarate). Von der Gotthard-Achse aus sind diese Terminals bisher und auch in Zukunft nur über die einspurige Linie über Luino erreichbar. Zwar ist langfristig der Bau neuer Terminalkapazität im Osten Milanos geplant und zugesichert, jedoch einerseits noch fern und andererseits bisher nur über Strecken erreichbar, die in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof Milano Centrale verlaufen und stark belastet sind. Diese eignen sich als Zufahrt zu UKV-Terminals daher nicht und es ist der aufwändige Bau einer östlichen Umgehung des Grossraumes Milano erforderlich; es ist nicht davon auszugehen, dass diese in absehbarer Zeit zur Verfügung stehen wird.

    Die Nutzung der Mendrisio-Varese-Linie für den Güterverkehr hätte es erlaubt, die bestehenden Terminals von der Gotthardlinie aus besser zu erreichen: südlich von Varese hätte die bestehende doppelspurige Strecke genutzt werden können, die bisher nur von halbstündlichen S-Bahnen befahren wird und noch genügend Kapazität haben sollte, nördlich von Lugano hätten diese Züge den im Bau befindlichen Ceneri-Basistunnel nutzen können, statt wenige Kilometer westlich davon dem Ufer des Lago Maggiore zu folgen.

    Da ein möglicher Güterverkehr bei der Linienführung Stabio – Arcisate nicht berücksichtigt wurde, weist die Trassierung nun zu starke Steigungen auf und eine nachträgliche Konzessionierung für den Güterverkehr hätte wenig Sinn.

    Als Ausweich-Lösung böte sich noch eine, bisher unbeachtete Möglichkeit: der Wiederaufbau der Olona-Linie von Stabio über das Trasse der gegenwärtig nur noch als Museumsbahn befahrenen Strecke über Valmorea – Malnate Olona und weiter auf dem verfallenen, aber weitgehend noch freien Trasse, das grösstenteils abseits der Ortschaften im Tal des Flüsschens Olona verläuft bis in den Raum Solbiate. Dies böte die Möglichkeit, eine reine Güterverkehrsstrecke bis unmittelbar zu den Terminals westlich von Milano zu schaffen (die Strecke mündete ursprünglich in Castellanza in die Ost-West-Tangente der FNM nördlich von Milano; diese ist inzwischen als S-Bahn wieder in Betrieb genommen worden. Interessant daran ist jedoch die Tatsache, dass dieser Endpunkt Castellanza nur wenige Kilometer östlich des Terminals von Busto Arsizio liegt, was eine direkte Anbindung mit verhältnismässig geringem Aufwand erlauben würde). Optimal wäre, wenn diese Strecke dabei soweit möglich nach schweizerischen Normen und Vorschriften errichtet und betrieben werden könnte, so dass auch vorhandene Einsystem-Triebfahrzeuge bis zu einer eigenen Gleisgruppe nach Schweizer System im Zielpunkt in Busto Arsizio verkehren könnten und Busto Arsizio auch alle Funktionen eines Grenzbahnhofes übernehmen könnte; denkbar wäre dies nur, da es sich faktisch um einen Inselbetrieb ohne weitere Anbindung zum italienischen Netz handeln würde.

    • Vielen Dank für den ausführlichen Kommentar. Hier meine Stellungnahme:
      Die bis Induno-Olona unterirdisch angelegte und doppelspurige Strecke steigt ausserhalb des neuen Haltepunkts auf die alte Linie und überquert auf einer Bogenbrücke in tiefes Tal. Anschliessend führt die einspurige Linie meist über einen Damm durch ein Wohnquartier und überquert die Geleise des Bahnhofs von Varese der ehemaligen FMN (Varese hat zwei Bahnhöfe), um nach etwa einen Kilometer in den FS Bahnhof vor Varese einzumünden. Das wird (leider) nie funktionieren. Auch der alternative Vorschlag, den Güterverkehr auf der alten und teilweise noch bestehenden Linie durch das Tal der Ranza zu führen, halte ich aus folgenden Gründen nicht für zweckmässig:
      1. Die grossen Terminals von Gallarate und Busto Arsizio sollten über die Lötschberg-Simplon Achse alimentiert werden. Zudem glaube ich, dass aufgrund der laufenden Investitionen im Piemont die Terminals eher früher als später von Süden her alimentiert werden. Der Suez-Kanal wird zurzeit erheblich erweitert, und wenn die EU oder Italien im Mittelmeer keine leistungsfähigen Häfen bauen – die Chinesen stehen ante portas und werden dies im Interesse Europas schon tun.
      2. Die Gotthard-Achse sollte vielmehr über Monza in den Rangierbahnhof (Smistamento) östlich von Mailand führen.
      3. Und wohl das Hauptargument: Ich lehne die Idee, (noch) mehr Güterverkehr durch den Bahnhof von Lugano und weiter über Lugano Paradiso und Mendrisio zu führen, dezidiert ab. Das Höhenprofil Giubiasco-Lugano-Chiasso ist bekannt. Zudem funktioniert diese sogenannte Flachbahn nur in einer Richtung „richtig“.
      4. Die „Pflästerli-Politik“ ist nicht zukunftsweisend, und sie stellt sich der dringenden grundlegenden Erneuerung der Eisenbahn in Europa als effizientestem Träger des Güterfernverkehrs diametral entgegen.
      5. Not tut ein wirklicher „Ceneri-Basistunnel“ von der Magadino Ebene in den Raum Chiasso – und zwar mitfinanziert von der EU.

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