Koralmbahn – grossartig und visionär

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Zurzeit wird In Österreich an der Koralmbahn, einem weiteren grossen Eisenbahnprojekt, gearbeitet, Die Koralmbahn wird nach ihrer mutmasslichen Fertigstellung im Jahr 2025 die Reisezeit zwischen Graz, Hauptstadt des Bundeslandes Steiermark, und Klagenfurt, Hauptstadt des Bundeslandes Kärnten, auf einen Bruchteil der heutigen Zeit reduzieren.

Lage der Koralmbahn mit dem gepunkteten Linienzug. (Auszug aus dem Eisenbahnatlas EU von Schweers+Wall).

Der Bau der Koralmbahn ist eingebettet in das Projekt „Ausbau Südstrecke“ und damit Bestandteil des „Baltisch-Adriatischen Korridors“ der EU.

Baltisch-Adriatischer Korridor. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB).

Zudem wird die Koralmbahn die Erreichbarkeit von heute eher peripheren Regionen in Österreich substantiell verbessern.

Nachdem wir den Fortschritt dieses grossartigen Eisenbahnprojekts seit einigen Jahren intensiv verfolgen und mehrere Studienreisen in die Region unternommen hatten, besichtigten wir anfangs April 2022 das Projekts auf den eigens dafür geschaffenen „Rad-Infopfaden“ auf seiner ganzen Länge. Die Eindrücke von diesem in vieler Hinsicht beispielhaften Projekt waren überwältigend. Mehr darüber in diesem Bericht.

Verkehrsverbindungen zwischen Graz und Klagenfurt

Die Bahnfahrt zwischen Graz und Klagenfurt dauert heute rund drei Stunden. Zudem muss dabei in der Regel in Bruck an der Mur umgestiegen werden. Der elektronische Fahrplan der SBB zeigt für einen Werktag zehn Verbindungen.

Mit den direkt verkehrenden Intercity-Bussen der ÖBB dauert die Fahrt über den Packsattel 2 Stunden und 13 Minuten. Täglich verkehren sieben Buspaare.

Mit der Koralmbahn verkürzt sich die Reisezeit zwischen Klagenfurt und Graz auf nur noch 45 Minuten und somit auf etwa einen Viertel der Dauer der heutigen Bahnreise.

Auch die Erreichbarkeit des Lavanttals wird durch die Koralmbahn substantiell verbessert. Die Reisezeit von der Landeshauptstadt Klagenfurt zu Städten wie Wolfsberg in Kärnten oder St. Paul sinkt im Vergleich zu heute auf weniger als die Hälfte.

Die Koralmbahn im Überblick. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB).

Koralmbahn im Überblick

Die Länge der Neubaustrecke beträgt ohne die bestehende Schleife über Bleiburg 125,4 Kilometer. Davon liegen 50,3 Kilometer in Tunnels oder Überdeckungen. Der Tunnelanteil beträgt 40,2 Prozent.

Kennzahlen zur Koralmbahn. (Daten aus Wikipedia).

Die Koralmbahn folgt im Westen teilweise der heute im Dieselbetrieb befahrenen Bestandesstrecke von Klagenfurt über Bleiburg nach Wolfsberg. Bleiburg bleibt auch inskünftig über eine elektrifizierte Schleife an die Koralmbahn angebunden. Von Klagenfurt aus fahren die Regionalzüge nach Wolfsberg bereits heute auf rund dreissig Kilometern auf der Koralmbahn.

Im Raum Graz werden die grossen Güterterminals an die Koralmbahn angebunden. In Planung für einen weiteren Ausbauschritt ist ein zusätzlicher Bahnhof am Flughafen Graz. Der Flughafen ist vom Zentrum von Graz aus bereits heute mit der S-Bahn in wenigen Minuten erreichbar.

Zwischen Weitendorf und Wettmanstetten dient die Koralmbahn auf einer Länge von knapp zwanzig Kilometern auch dem Regionalverkehr. Bereits heute benutzen die mit Diesel betriebenen Züge der Graz-Köflach-Bahn GKB die Geleise der Koralmbahn auf den erwähnten Abschnitt. Die Elektrifikation der GKB steht gemäss den uns vorliegenden Informationen jedoch bevor.

Die Strecke wird für Höchstgeschwindigkeiten bis zu 250 km/h ausgelegt. Teile der Strecke dienen wie erwähnt sowohl auf dem Ost- und als auch auf dem Westast auch dem Regionalverkehr.

Die baulichen Arbeiten sind weit fortgeschritten. Zurzeit sind noch grössere bauliche Aktivitäten zwischen Graz Don Bosco und Weitendorf sowie von Aich nach Eis/Ruden im Gang. Des Weiteren wird intensiv an der Fertigstellung von einigen Bahnhöfen gearbeitet.

Entlang der Koralmbahn werden 23 Bahnhöfe neu gebaut oder erneuert. Zudem wird die Lavanttalbahn elektrifiziert.

Die gesamten Investitionen für die Koralmbahn könnten gemäss unbestätigten Meldungen aus der Presse EUR 10 Milliarden erreichen, nachdem man 2009 noch von einem Investitionsbedarf von EUR 5,2 Milliarden ausgegangen war. Die Mehrkosten sind auf die Baukostenteuerung und substantielle Mehrleistungen zurückzuführen.

Reportage von der Erkundungstour von Klagenfurt nach Graz

Meine Eindrücke waren wie eingangs erwähnt überwältigend. Lärm- und Umweltschutz, Sicherheitsmassnahmen sowie Gestaltung und Funktionalität der Bahnhöfe sind einzigartig.

Beispielhaft sind auch die Kommunikationsmassnahmen und die Projektdokumentationen wie Karten und Prospekte für die Öffentlichkeit sowie die sechs Informationspavillons.

Bilder sagen bekanntlich mehr als Worte. Die folgenden Bilder und die Kommentare vermitteln Eindrücke von der Erkundungstour von Klagenfurt nach Graz.

Blick vom Bahnsteig 2 auf das Bahnhofsgebäude von Klagenfurt.
Blick von der Busstation auf das Bahnhofsgebäude von Klagenfurt.
Blick vom Bahnhof Klagenfurt auf das westliche Ende der Koralmbahn.
Haltestelle Klagenfurt-Ebenthal in einem Vorort von Klagenfurt. Hier werden die HG-Züge der Koralmbahn aus Sicherheitsgründen noch mit mässiger Geschwindigkeit vorbeifahren.
Blick auf die Geleise der Koralmbahn etwa zehn Kilometer ausserhalb von Klagenfurt. Man beachte die Dämme für den Schallschutz. Auf der südlichen Seite schliesst nur landwirtschaftlich genutztes Land an den Damm an. Gebäude hat es dort praktisch keine.
In Abständen von etwa 500 Metern wurden Schutzwände mit Fluchttüren in die Dämme eingebaut. Einige dieser Fluchtwege sind mit Toren für die Durchfahrt von Rettungsfahrzeugen ausgestattet.
Luftbild auf den Bahnhof von Grafenstein. Auf den innenliegenden Geleisen werden die HG-Züge mit 250 km/h vorbeifahren. Der Übergang auf der rechten Seite führt „nur“ über ein kaum benutztes Abstellgleis. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB mit einem nur in den Hauptverkehrszeiten eingesetzten lokbespannten Zug nach Wolfsberg. Üblicherweise verkehren auf dieser Relation nur zweiteilige Dieseltriebzüge, gelegentlich in Doppelkomposition).
Blick auf die vollständig eingehauste Überführung im Bahnhof Grafenstein.
Wegweiser zu einem Interventionsstützpunkt ausserhalb Grafenstein.
Blick auf den Interventionsstützpunkt bei Grafenstein.
Blick auf das Westportal des Lind-Tunnels. Im Hintergrund rechts zweigt die Bestandesstrecke nach Stein im Jauntal ab.
Das Gleis der Bestandesstrecke wird in ein paar Monaten auf die Strecke der Koralmbahn umgelegt.
Brücke über die Drau, welche an den Lind-Tunnel anschliesst.
Westportal des Tunnels bei Stein im Jauntal.
Vorbereitungsarbeiten für die feste Fahrbahn, Auf die Stahlplatten am Boden wird zuerst ein stark armierter Streifen betoniert, auf den die Platten der festen Fahrbahn verlegt werden.
Blick aus Nordwesten auf die kunstvoll bemalte Überführung bei Kühnsdorf.
Luftbild auf den Bahnhof von Kühnsdorf. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB).
Blick von der Zufahrtstrasse auf den Bahnhof von Kühnsdorf.
Blick auf die Überführung des Bahnhofs Kühnsdorf.
Konstruktionsdetail vom Bahnhof Kühnsdorf.
Ein weiteres Konstruktionsdetail vom Bahnhof Kühnsdorf. Die Stäbe der Markierung sind aus rostfreiem Metall gefertigt.
Blick vom Bahnhof Kühnsdorf auf das Westportal der Grünbrücke.
Blick auf die mehrere hundert Meter lange Grünbrücke – darunter versteht man einen im Tagbau erstellten und mit einem Erddamm überdeckten Tunnel. Man beachte die ebene und nur spärlich überbaute Umgebung.
Blick aus Südosten auf die bereits gezeigte Überführung bei Kühnsdorf. Auf beiden Seiten schliessen sich Grünbrücken an die Überführung an.
Blick auf die neue Haltestelle von Mittlern. Diese liegt etwa einen Kilometer vom früheren Bahnhof im Dorfzentrum entfernt. Links befindet sich das Gleis der Schlaufe über Bleiburg, welche hier von der Koralmbahn abzweigt.
Blick auf die Gleisanlagen bei der Haltestelle Mittlern. Man beachte die beiden aussenliegenden Geleise, welche wohl für Überholmanöver bestimmt sind.
Blick auf die Jauntalbrücke für die Bestandsstrecke. Für die Koralmbahn wird auf der rechten Seite eine neue Brücke gebaut.
Blick von Eis/Ruden in Richtung Jauntalbrücke. Links befinden sich vermutlich die Bauplatzinstallationen für den Bau der neue Jauntalbrücke.
Blick von Eis/Ruden zum Südportal des Tunnels Langer Berg mit der Trasse für die Koralmbahn.
Blick von Eis/Ruden auf die Portale der Tunnels Langer Berg.
Einhausung der Verbindungen der Tunnels Langer Berg mit denjenigen der Deutsch Grutschen-Tunnels bei Granitztal.
Depot bei St. Paul mit hier nicht mehr benötigten Schalungswagen für das Betonieren der Innenschalen der Tunnels.
Blick von einer Strassenbrücke bei St. Paul auf die Nordportale der Deutsch Grutschen-Tunnels.
Blick von einer Strassenbrücke bei St. Paul auf die Baustelle des Bahnhofs Lavanttal. Im Hintergrund das mächtige Massiv der Koralpe, unter welcher der rund 33 Kilometer lange Koralmtunnel durchführt.
Blick auf die Westportale der beiden Koralmtunnels.
Blick auf die östliche Zufahrtsstrecke aus Wolfsberg in den Bahnhof Lavanttal.
Blick auf die weit hinten liegende Verzweigung der einspurigen Strecke aus Wolfsberg in zwei Äste für die kreuzungsfreie Einführung in den Bahnhof Lavanttal.
Blick auf den Bahnsteig im erneuerten Bahnhof von Wolfsberg in Kärnten.
Blick von einer Strassenbrücke in Richtung der Ostportale des Koralmtunnels.
Blick von der gleichen Brücke in Richtung Osten. Auch hier wurden in einem relativ abgelegenen Gebiet Dämme für den Schallschutz aufgeschüttet. Man beachte auch de grossen Gleisabstände.
Modellbild vom zukünftigen Bahnhof Weststeiermarkt. Nach der Fertigstellung bildet der Bahnhof einen wichtigen Knotenpunkt für den Fern- und Regionalverkehr. Das Strassennetz in der Region wurde für den Bus- und Zubringerverkehr angepasst. Im Vordergrund befinden sich die beiden Gleise der Graz-Koflach-Bahn GKB sowie gedeckte Haltestellen für die Busse. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB).
Bereits gebaute Passerelle im Bahnhof Weststeiermarkt.
Gleisanlagen im Bahnhof Weststeiermarkt. Im Hintergrund rechts kann man die Trasse für die Linie der GKB in Richtung Deutschlandsberg erkennen. Gemäss meinen Beobachtungen besteht zwischen den Geleisen der Koralmbahn und denjenigen der GKB keine Verbindung,
Blick zurück zum Bahnhof Weststeiermarkt. Rechts im Hintergrund erkennt man die Trasse für die Linie der GKB nach Gross St. Florian sowie die neue Zufahrtsstrasse zum Bahnhof.
Blick auf den Bahnhof Wettmannstätten. Die aussenliegenden Geleise sind für die Züge der GKB bestimmt.
Blick auf die Haltestelle von Hengsberg mit dem Westportal des Hengsbergtunnels. Eines der beiden innenliegenden Durchfahrtsgeleise für die Koralmbahn wurde noch nicht verlegt. Zwischen Weitendorf und Wettmannstätten fahren die Züge der GKB bereits heute auf den Geleisen der Koralmbahn. Um auf die Geleise auf der linken Seite zu gelangen, müssen die Züge der GKB zwischen Werndorf und Weitendorf beide Geleise der Koralmbahn queren.
Ostportal des Hengsbergtunnels. Auf der rechten Seite sieht man Teile des Interventionsstützpunkts.
Westportal der 1275 Meter langen „Unterführung“ Weitendorf.
Bereits fertiggestellte Trasse des Abschnitts zwischen Graz Don Bosco und Weitendorf.
Blick vom etwa 200 Meter langen und überdeckten Verbindungsweg zwischen dem ÖBB-Bahnhof Flughafen Graz und dem Flughafengebäude auf den im Tagbau entstehenden Tunnel des Abschnitts Graz Don Bosco nach Weitendorf.
Weiteres Bild von der Baustelle für die auf einer Länge von über 3’200 Metern tief liegenden Koralmbahn.
Blick aus dem fahrenden Zug auf die bereits gebaute Einfahrt in den Abschnitt Graz Don Bosco-Weitendorf der Koralmbahn.
Blick im Bahnhof Graz Don Bosco auf die Erweiterungsarbeiten für die Koralmbahn. Die Strecke zwischen Graz Hauptbahnhof und Graz Don Bosco wurde bereits auf vier Geleise erweitert.
Blick auf einen Bahnsteig im Bahnhof Graz. Man beachte die teilweise erkennbare Dachkonstruktion und die Informationsanzeigen für die Fahrgäste.
Blick in die zweite und zusätzliche Unterführung im Bahnhof Graz. Diese Unterführung dient nur zur Entlastung der (Haupt-) Unterführung zwischen dem Bahnhofsgebäude und den Bahnsteigen. Letztere verfügt neben den Aufzügen auch über Rolltreppen und hat ein analoges Erscheinungsbild.

Kommentar

Von der Koralmbahn werden gemäss der Aussage des Vizepräsidenten des Stadtrates von Deutschlandsberg starke positive Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung von Südostösterreich erwartet. Beispielsweise reduziert sich Reisezeit zwischen dem Bahnhof Lavanttal und Graz auf knapp eine halbe Stunde und ermöglicht somit das Pendeln in das prosperierende Graz.

Aber die Koralmbahn führt auch zur Aufhebung von heute von der Bevölkerung geschätzten Bahnhöfen, wie beispielsweise des schmucken Bahnhofs von Stein im Jauntal. Andererseits ist die Region bereits heute gut mit Bussen erschlossen.

Kürzlich renoviertes Bahnhofsgebäude von Stein im Jauntal. Bald halten hier keine Züge mehr.

Die Koralmbahn wird nach ihrer Fertigstellung auch Mischverkehr aufnehmen müssen. Das reduziert die Kapazität. Besondere Anforderungen beim Betrieb ergeben sich durch die nicht kreuzungsfreie Einbindung von zwei Einspurstrecken. Während die Züge über Bleiburg in einer Richtung „nur“ ein Gleis der Koralmbahn kreuzen, ist im Osten komplizierter. Die Züge der GKB von Werndorf nach Wettmannstetten müssen beide Geleise der Koralmbahn kreuzen. Das führt zu einem erheblichen Kapazitätsverlust. Wenn die Koralmbahn wirklich eine bedeutende Rolle als Güterverkehrskorridor übernehmen soll, können diese strukturellen Gegebenheiten zu Problemen führen.

Diese kritischen Bemerkungen sollen dem grossartigen Werk der Koralmbahn keinesfalls Abbruch leisten. In einem gewissen Gegensatz zu den Ankündigungen, wonach die Koralmbahn von europäischer Dimension sei, sehen wir ihren Nutzen doch eher als eine neue und hochwertige innerösterreichische Bahninfrastruktur.

Uns ist schon bei der ABS 38 zwischen München und Freilassing aufgefallen, dass nationale Verkehrsprojekte stets und mit einer gewissen Euphorie in einen europaweiten Kontext gestellt werden, so etwa auch das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm als Bestandteil des Korridors Paris-Bratislava. Niemand sollte jedoch den ersten Stein werfen – auch bei der NEAT oder bei anderen Ausbauprojekten in der Schweiz wurde schon analog argumentiert.

ABS 38 – ein veritables Trauerspiel

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Der bedeutende Eisenbahnverkehr zwischen München und Salzburg wird gegenwärtig über die Strecke über Rosenheim abgewickelt. Ein Teil dieser Strecke – nämlich zwischen der Spange bei Rosenheim und Salzburg – wird auch für den innerösterreichische Personen- und Güterfernverkehr genutzt. Auch die internationalen Fernverkehrszüge zwischen Zürich und Wien benutzen diese Strecke.

Die österreichischen Züge erreichen Rosenheim ab dem Grenzbahnhof Kufstein. Diese Strecke ist Bestandteil der stark belasteten Nordzufahrt zum Brenner.

Vor allem die Strecke zwischen Rosenheim und Salzburg ist stark belastet und oft verantwortlich für die sich auf das innerösterreichische Netz durchschlagenden Störungen. Die Strecke ist relativ ungünstig trassiert – langsam und schnell zu befahrende Abschnitte wechseln oft in kurzen Abständen.

Neben dieser aus österreichischer Sicht als „Korridor-Strecke“ bezeichneten Verbindung besteht eine weitere und gut trassierte Strecke über Mühldorf am Inn.

ABS 38 mit den Anschlusstrecken nach München und nach Salzburg.
Die Kilometerangaben wurden dem „Eisenbahnatlas Deutschland“ von Schwwers+Wall entnommen.

Zwar ist die Strecke über Mühldorf geringfügig länger als diejenige über Rosenheim, aber bedeutend besser trassiert und wenig belastet. Deutschland hat deshalb vor einigen Jahren beschlossen, diese Strecke als Bestandteil des Transeuropäischen Eisenbahnnetzes zu modernisieren.

Überblick über das Projekt ABS 38. Auszug aus einem Prospekt der DB AG.

Einige kurze Abschnitte wurden bereits ausgebaut, und vor allem der Bahnhof Mühldorf am Inn – er verfügt über fünf Geleise für den Personenverkehr – wurde trotz dem heute bescheidenen Personenverkehr aufwendig erneuert.

Ansicht vom Bahnhof Mühldorf am Inn. Von hier aus verkehren keine Fernverkehrszüge nach Österreich, wie der Zug mit den Personenwagen der ÖBB vermuten liesse. Man beachte die feudale Überführung. Daneben besteht auch eine Personenunterführung zum nicht sichtbaren Bahnhofsgebäude auf der linken Seite. (Das Bild wurde dem Internet entnommen).

Leider wird der bisher schleppende Fortschritt des Projekts gemäss einer Mitteilung der Projektorganisation erneut verzögert. Hier ein Auszug aus der Pressemitteilung der DB AG vom 21. März 2022:

Auszug aus der Medienmitteilung.
Ein weiterer Auszug aus der erwähnten Medienmitteilung. Denkbar, dass der Austritt von Klaus-Peter Zellner im Zusammenhang mit den weiteren Verzögerungen steht. Welcher Planer will nicht immer nur planen, sondern irgendwann auch einmal realisieren?

Detailangaben zum Projekt ABS 38

Nachstehend ein Überblick über das Projekt ABS 38. Ich habe die Strecke am 22. November 2018 auf der ganzen Länge befahren und festgestellt, dass die Strecke weitgehend über unbebautes und flaches Gebiet verläuft. Vor allem zwischen Ampfing und Freilassing fühlt man sich als Fahrgast in frühere Zeiten zurückversetzt. Andererseits sind die Schallschutzmassnahmen auf dem Doppelspurabschnitt zwischen Ampfing und Tüssling überwältigend.

Hier ein Auszug aus einem Prospekt der Projektorganisation.

Auszug aus einem Prospekt der DB AG.

Und wie wird dieses ambitiöse Postulat umgesetzt? Auch dazu ein Auszug aus einem Prospekt.

Auszug aus einem Prospekt der DB AG.

In der Tat werden mit der einspurigen Zweigstrecke und weitgehend für den Güterverkehr bestimmten Zweigstrecke nach Burghausen rund 145 Kilometer elektrifiziert. Da die Strecke zwischen Tüssling und Freilassing nur mit zweigleisigen Begegnungsabschnitten auf Doppelspur ausgebaut werden soll, beschränkt sich der Doppelspurausbau geschätzt auf 75 Kilometer. Die Schätzung basiert auf der Annahme, dass etwa die Hälfte der Strecke zwischen Tüssling und Freilassing doppelspurig werden soll.

Die einzelnen Abschnitte des Projekts ABS 38 im Überblick.
(Kilometerangaben aus dem „Eisenbahnatlas Deutschland“ von Schweers+Wall).

Gemäss dem Dokument „Drucksache 18/580“ des Deutschen Bundestages erfolgten die ersten Planungen für die ABS 38 noch vor der Jahrtausendwende. Die bescheidenen ersten Massnahmen wurden Ende 2003 in Betrieb genommen – Ampfing-Altmühldorf am 12. Dezember 2010 und Mühldorf-Tüssling am 22. Mai 2017.

Das Projekt wird mit aufwendigen Kommunikationsmassnahmen begleitet. In Mühldorf wird ein aufwendiges Informationszentrum betrieben. Dazu ein dem Internet entnommenes Bild. Zudem werden regelmässig Medienmitteilungen und Newsletter publiziert.

Informationszentrum der ABS 38 vor der Eröffnung beim Bahnhof Mühldorf am Inn.
(Foto aus dem Internet).

Kommentar

Man vergleiche die höchst ambitiös lautenden Zielsetzungen und die umfassenden Begleitmassnahmen mit dem doch überschaubaren Projektumfang und der langen Realisierungsdauer – das Projekt ABS 38 wird mutmasslich erst nach 2030 abgeschlossen. Auffallend ist auch, dass nur ein Teil der Strecke zwischen Tüssling und Freilassing überhaupt ein zweites Gleis erhalten soll. Dabei bietet die ABS 38 ein grosses Potential für die Entlastung der „Korridorstrecke“, indem der internationale Personenfernverkehr zwischen München und Wien auf die ABS 38 umgelegt und beschleunigt werden könnte. Mit dem beschlossenen Ausbau der österreichischen Westbahn zwischen Salzburg und Köstendorf und der ABS 38 erscheint eine Reisezeit zwischen Wien und München von nur wenig mehr als drei Stunden möglich.

Beeindruckt hat mich auf meiner Erkundungsreise die aufwendige Erweiterung des Bahnhofs von Mühldorf am Inn – die Treppen und die Passerelle sind seitlich geschützt und überdacht, und ergänzend zu den Treppen stehen den wenigen Fahrgästen Lifte zur Verfügung.

Und abschliessend eine persönliche Bemerkung: Nachdem die Bundesrepublik Deutschland nach der Wende in knapp zwanzig Jahren mit einem bewundernswerten Kraftakt die Infrastruktur der neuen Bundesländer und mit einem dreistelligen Milliardenbetrag auf Vordermann gebracht hat, kann man den schleppenden Verlauf des Projekts ABS 38 einfach nicht nachvollziehen.

Eisenbahnwesen Slowakei – überraschende Eindrücke

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Für eine Wanderwoche in der Mala Fatra im Herzen der Slowakei reisten wir im Herbst 2021 per Bahn nach Zilina. Die Fahrkarten ab Bratislava zum Zielbahnhof konnten einfach über die Website der Slowakischen Staatsbahnen gelöst werden.

Von früheren Bahnreisen von Wien über Marchegg nach Bratislava war ich mit dem Zustand dieser Strecke vertraut. Wichtige Bahnhöfe ohne Perrons, vor sich dahinrostende Fahrleitungsmaste und ins Lichtraumprofil der Züge reichendes Gebüsch hinterliessen keinen guten Eindruck von der Eisenbahninfrastruktur in der Slowakei.

So waren unsere Erwartungen für die über 200 Kilometer lange Bahnfahrt von Bratislava nach Zilina bescheiden. Für die Hin- und Rückfahrt reservierten wir Sitzplätze in den stündlich verkehrenden R-Zügen. Gross war die Überraschung, als anstelle des erwarteten älteren Rollmaterials ein gepflegter und komfortabler Zug heranrollte. Unterwegs konnten wir beobachteten, dass zahlreiche Züge aus ehemaligen Fernverkehrswagen der ÖBB zusammengesetzt waren und von Vectron-Lokomotiven gezogen wurden.

Und noch grösser war die Überraschung, als wir vom exzellenten Zustand des grössten Teils der Strecke Kenntnis nahmen. Längere Abschnitte waren oft aufwendig neu trassiert worden, und der überwiegende Teil der Bahnhöfe und Stationen waren neu. Bei Horny Milochov zwischen Puchov und Zilina waren im November 2021 die eisenbahntechnischen Anlagen in einem neu gebauten längeren Tunnel im Bau. In Zilina waren die Arbeiten für die Totalerneuerung der Gleisanlagen und der Bahnsteige im Gang.

Die positiven Eindrücke aus dem Zugfenster waren im Spätherbst 2021 Anlass für eine weitere Reise nach Zilina. Dabei wurden Züge unterschiedlicher Zugskategorien benutzt, und einige Bahnhöfe näher besichtigt. Die Eindrücke waren vorzüglich.

Mehr darüber mit den folgenden Bildern und den Kommentaren.

Bahnhöfe und Anlagen

Bahnhof Nove Mesto nad Vahom  (Einwohnerzahl 2021 der Stadt ca. 62’000)

Bahnhofsgebäude von Nove Mesto, vom Bahnhofplatz aus gesehen.
Wartsaal im Bahnhof Nove Mesto.
Restaurant im Bahnhof Nove Mesto.
Geleiseanlage im Bahnhof Nove Mesto. Man beachte die für die für die durchfahrenden Züge bestimmten innenliegenden Durchfahrtsgeleise – ohne Kontakt zu den Bahnsteigen. Vorbildlich sind auch die langen Dächer der Bahnsteige, welche auch bei sehr langen Zügen allen Fahrgästen das geschützte Ein- und Aussteigen ermöglichen.
Treppe zur Unterführung im Bahnhof Nove Mesto. Der Personenlift im Hintergrund ist knapp erkennbar.
Unterführung im Bahnhof Nove Mesto mit gekacheltem Boden und Seitenwänden.
Bahnsteig im Bahnhof Nove Mesto. Im Hintergrund ein dieselbetriebener Triebwagenzug.

Bahnhof Trencin  (Einwohnerzahl 2021 der Stadt ca. 110’000)

Blick auf den Bahnsteig von Trencin mit den in grün gehaltenen Schutzwänden und Treppenabgängen. Jeder der grösseren neuen Bahnhöfe an der Strecke hat seine eigene Farbgebung.
Sitzgelegenheiten auf dem Bahnsteig von Trencin. Neben den Sitzen hat es kleine Tische.
Eingehauster Abgang vom Bahnsteig in die Unterführung des Bahnhofs Trencin. Neben der Personenunterführung hat es eine zweite, mit einem Warenlift ausgestattete, Unterführung.
Blick in die Unterführung des Bahnhofs Trencin.
Schalterhalle im alten Bahnhofsgebäude von Trencin.
Kiosk im alten Bahnhofsgebäude im Trencin.
WC-Anlage im Bahnhof Trencin. Der Eindruck mag täuschen – die bedienten Toiletten im älteren Gebäude waren sehr sauber. Hingegen harren die Fertigstellungsarbeiten am Gebäude ihrem Ende.

Bahnhof Povaszka  (Einwohnerzahl 2021 der Stadt ca. 39’000)

Schnappschuss vom Bahnsteig des Bahnhofs von Povszka.

Haltestelle Nosice

An der Neubaustrecke gelegene Haltstelle von Nosice.
Abgang vom Bahnsteig von Nosice. Man beachte die vollständig überdachte Rampe und die lichtdurchlässige Schallschutzwand. Im Hintergrund befindet sich ein zweiter Abgang.

Haltestelle Plevnik

Schmucke Schallschutzwand bei der Haltestelle von Plevnik. Rechts ist die Wartehalle erkennbar.
Auch bei der Haltestelle von Plevnik sind die Abgänge eingehaust und gegen Wind und Wetter geschützt.
Ein zweites Bild von der Schallschutzwand bei der Haltestelle von Plevnik. Mit wenig Aufwand wurde die Schallschutzwand geschmückt. Auch hier tangieren die durchfahrenden Züge keine Perronkanten.
Westliche Einfahrt in den neuen Verbindungstunnel bei Horny Milochow. Die nur noch wenige Monate bestehende alte Streckenführung ist etwa vergleichbar mit derjenigen zwischen Mühlehorn und Tiefenwinkel – wobei auf diesem stark belasteten Streckenabschnitt keine Verbesserungen geplant sind.
Östliche Einfahrt in den Tunnel bei Horny Milochov. Der Einbau der eisenbahntechnischen Anlagen war Ende November 2021 in vollem Gang. Ich bitte um Verständnis für die schlechte Qualität der bei der Durchfahrt aus dem Zugfenster aufgenommenen beiden Bilder.

Bahnhof Zilina  (Einwohnerzahl 2021 der Stadt ca. 83’000)

Blick auf das Bahnhofsgebäude von Zilina mit den Kopfgeleisen für die Züge des Regionalverkehrs.
Blick in eine der beiden Unterführungen des Bahnhofs von Zilina. Eine davon wurde behindertengerecht ausgebaut.
Bestehende und dem Abbruch geweihte Gleisanlagen im Bahnhof Zilina. Man konnte sich trotz dem regen Zugverkehr auf den Gleisanlagen relativ frei bewegen. In Mitteleuropa völlig undenkbar,
Fertiggestelltes Trasse für die Einführung der Aus- und Neubaustrecke in den Bahnhof Zilina.

Unterführung für Behinderte im Hauptbahnhof von Bratislava  (Einwohnerzahl 2021 der Stadt ca. 440’000)

Unterführung der eigens für Behinderte gebauten Unterführung im Hauptbahnhof von Bratislava.
Liftzugang in der Unterführung für Behinderte im Hauptbahnhof von Bratislava.
Detail von der erwähnten Unterführung im Hauptbahnhof von Bratislava.

Eine Auswahl von Bildern vom höchst unterschiedlichen Rollmaterial

Innenraum in einem Grossraumwagen für den Fernverkehr.
Dieselbetriebener Triebwagenzug für den Lokalverkehr.
Innenraum dieses Triebwagenzuges. Die Fahrt mit ca. 120 km/h war recht angenehm.
Neuer Personenzug von Skoda für den Regionalverkehr. Die slowakischen Staatsbahnen haben bei der Firma Stadler AG gemäss einer Pressemitteilung vom 16. Dezember 2021 mehrere KISS-Zügen bestellt.
Innenraum des Triebwagenzuges von Skoda.
Lokomotiven im Depot von Zilina. Unterwegs konnten solche Lokomotiven vor Güterzügen beobachtet werden. Kein besonders erbaulicher Anblick.
Teilweise noch im Einsatz stehende ältere Diesellokomotiven im Depot von Zilina.
Schmucke und renovierte, aber schon etwas bejahrte, Diesellokomotive im Bahnhof von Zilina.
Tschechische Elektrolokomotive mit einem Eurocity-Zug nach Ostrava bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof Zilina.
Schnellzug nach Bratislava bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof von Zilina.
Von einer Vectron gezogener Schnellzug nach Koisce im Bahnhof von Bratislava.
Schnellzug vom privaten EVU Regio Jet nach Prag bei der Einfahrt in den Hauptbahnhof von Bratislava.

Kommentar

Die Bilder sprechen für sich. Sie dokumentieren, dass auch in der Slowakei intensive Bestrebungen für die Revitalisierung der Eisenbahn im Gang sind. Auffallend ist nicht nur bei der Eisenbahn, dass mit oft geringem Aufwand nicht nur die Funktionalität der Anlagen erhöht wird, sondern auch deren Erscheinungsbild verbessert wird. Kultur im Alltag. Von Menschen für Menschen – und nicht nur von Mitarbeitern für so genannte Kunden.

Auch der öffentliche Busverkehr im Gebiet der Mala Fatra erreicht durchaus das Niveau der Erschliessung in den hiesigen Randregionen – saubere und pünktlich verkehrende Fahrzeuge, ein relativ dichtes Angebot sowie klare und gut lesbare Fahrpläne. Und Fahrgäste, welche das siebzigste Altersjahr überschritten haben, sind mit der Eisenbahn praktisch gratis unterwegs.

Erfolgreiche Güterbahnen in Nordamerika – und in Europa?

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Der Bericht eines deutschen Kollegen in einer Fachzeitschrift über die nordamerikanischen Güterbahnen hat mich veranlasst, eigene Abklärungen über den Schienengüterverkehr in Nordamerika vorzunehmen. Im Vordergrund standen der Modalsplit und die Entwicklung der Börsenkurse seit knapp zwanzig Jahren.

Der Befund überrascht und überwältigt. Seit 2004 haben sich die Kurse der Aktien der Class I-Güterbahnen meist mehr als verfünfzehnfacht. Mit anderen Worten – eine in 2004 getätigte Anlage in nordamerikanische Güterbahnen von USD 10.- wäre heute USD 150.- wert. Dazu kämen die seit dem Kauf der Aktien erhaltenen Dividenden. Allerdings ist die Bewertung der Aktien der Class I-Güterbahnen mit dem rund 25-fachen des Jahresgewinns – Kurs-Gewinn-Verhältnis KGV oder Price/Earnings-Relation P/E – sehr hoch, wobei diese hohe Bewertung auch für andere Branchen zutrifft.

Natürlich sind die Kurse im Betrachtungszeitraum an vielen Börsen stark gestiegen – viele Aktienkurse haben sich vervielfacht. Bemerkenswert jedoch ist, dass der Dow Jones-Index der Transportwerte seit 2004 – er berücksichtigt in seinen zwanzig Firmen auch vier Class I-Güterbahnen –  „nur“ um das Fünffache gestiegen ist.

Diese Fakten bestätigen, dass die nordamerikanischen Güterbahnen weltweit zu den rentabelsten Transportunternehmen gehören. Aber nicht nur, und das ist ökologischer Sicht das Wesentliche – auch ihre Transportleistung und ihr Anteil am Modal Split des Güterverkehrs in Nordamerika sind eindrücklich.

In diesem Beitrag belegen wir diese Aussagen und schliessen mit ein Überlegungen zum Handlungsbedarf in Europa.

Entwicklung der Börsenkurse der sechs der zurzeit noch sieben nordamerikanischen Class I-Güterbahnen

Entwicklung der Aktienkurse der börsenkotierten nordamerikanischen Güterbahnen
(Quelle: Swissquote und Wikipedia)

Zu ergänzen ist, dass der legendäre Investor Warren Buffet die Aktien der grossen US-Güterbahn BNSF – Burlington Northern  Santa Fé – am 3. November 2009 für USD 44 Milliarden erworben und damit sein grösste Einzelinvestment getätigt hat.

Gegenwärtig im Gang ist die Fusion von Canadian Pacific mit Kansas City-Southern. Canadian Pacific hat sich gegen das bessere Angebot von Canadian National durchgesetzt, nachdem sich die US-Behörden aus wettbewerblichen Gründen gegen den ursprünglich beabsichtigten Zusammenschluss von CN und KCS gestellt hatten.

Modal Split im US-Güterverkehr

Wie einleitend erwähnt, überrascht auch der hohe Anteil des Schienengüterverkehrs an den in Nordamerika im gesamten Güterverkehr geleisteten Tonnenmeilen.

Modal Split im US-Güterverkehr in Tonnenmeilen
(Quelle: US-Bureau of Transportation Statistics)

Gemäss älteren statistischen Daten der Association of American Railroads und der allgemeinen Entwicklung ist der Schienengüterverkehr in Nordamerika wahrscheinlich nach wie vor der dominierende Verkehrsträger im sogenannten „Intercity-Güterverkehr“ bei den produzierten Tonnenmeilen.

Modal Split 1998 im „Intercity-Güterverkehr“
(Quelle: Association of American Railroads)

Kommentar

Sucht man nach den Gründen für die enorme Bedeutung des Schienengüterverkehrs in Nordamerika, fallen zwei Aspekte auf, nämlich a) die wenigen grossen Anbieter und b) die privatwirtschaftlichen Eigentumsverhältnisse. Dazu kommt die effiziente Produktion in Form von langen Züge (2019 durchschnittlich 74,6 Wagen pro Güterzug), die höheren Achslasten und die grösseren Lichtraumprofile, die halbautomatischen Zentralkupplungen und die meist langen Transportdistanzen. Bemerkenswert sind auch das verfügbare statistische Datenmaterial und die tiefen Frachtraten.

Die während vielen Jahren wenig prosperierende Canadian National war bis 1995 die einzige staatliche Class I-Güterbahn in Nordamerika. Nach der Privatisierung durch den kanadischen Staat hat sich Canadian National prächtig entwickelt und zu den privaten Güterbahnen aufgeschlossen. Überdies ist Canadian National bis heute die einzige wirkliche transkontinentale Class I-Güterbahn.

Was für ein Gegensatz zu Europa! Hier kämpfen immer noch viel zu viele nationale und/oder kleine Güterbahnen um ein paar Brosamen vom Güterverkehr. Eine Konzentration auf wenige grosse supranationale Güterbahnen ist überfällig. Unseres Erachtens drängt sich auch eine Privatisierung auf. Nur durch eine solche kann den mächtigen europäischen Strassentransportfirmen die Stirne geboten werden.

Und auch die Fokussierung auf die DAK – die halbautomatische Zentralkupplung – wird es nicht richten. Damit wird höchstens wertvolle Zeit für eine Wende vertan. Neue Denkansätze sind gefordert – sei es a) durch die aufwendige Vollautomatiserung des Rangierens bzw. der Zugbildung oder b) durch den Verzicht auf das Rangieren mittels das Umladen von Wechselbehältern.

Und die von den Güterbahnen und ökologischen Kreisen ständig postulierte Betonung der ökologischen Vorteile des Schienengüterverkehrs und das Schielen auf Subventionen sind nicht zielführend. Ohnehin wird diese Begründung nach der Ablösung der Verbrennungsmotoren in den LKW hinfällig. Was Europa braucht, sind wenige, effiziente, pünktliche und rentable Güterbahnen. Nur diese können durch ihre Ertragskraft Investitionen anziehen und in hohem Mass Marktanteile gewinnen. Und nur so werden Güter von der Strasse auf die ökologisch vorteilhafte Schiene verlagert – zum Nutzen von Mensch und Umwelt.

Licht und Schatten / Schaan vs. Sargans

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In den letzten Monaten musste ich ein einige Male in Schaan und/oder in Sargans umsteigen. Dabei sind mir verschiedene Gegebenheiten aufgefallen. Diese waren Anlass, sowohl den Busbahnhof von Schaan als auch den Busbahnhof von Sargans näher zu besichtigen.

Auszug aus der Landeskarte der Schweiz

Die beiden Ortschaften liegen nur wenige Kilometer auseinander. Dennoch trennen die beiden Ortschaften bezüglich ihren Busbahnhöfen Welten – die Unterschiede könnten nicht grösser sein. Neben verkehrlichen stellen sich aber auch städtebauliche Fragen.

Mehr darüber und ein kurzer Kommentar in diesem Bericht.

Busbahnhof Schaan

Der Busbahnhof im liechtensteinischen Schaan liegt unmittelbar neben dem gepflegten Bahnhof Schaan-Vaduz der ÖBB. Der Busbahnhof wird von mehreren Buslinien bedient. Unter dem Busbahnhof befindet sich ein grosszügiges öffentliches Parkhaus, das sowohl den Busbahnhof als auch den Bahnhof Schaan-Vaduz der ÖBB bestens erschliesst.

Dazu ein paar Bilder mit Kommentar:

Blick auf den Busbahnhof von Schaan Richtung Nordwesten.
Blick in Richtung Nordosten.
Blick in den Innenraum. Man beachte die Farbe und die Ausstattung (Tartan) des Bodenbelags.
Blick auf die Wartehalle.
Zugang zur Wartehalle.
Innenraum der Wartehalle.
Servicezone mit Toiletten.
Abgang zur Tiefgarage.
Ausgang in die Tiefgarage.
Blick zurück zum Abgang in die Tiefgarage.
Eindruck aus der Tiefgarage.
Velounterstand neben dem Busbahnhof.

Busbahnhof Sargans

In Sargans befindet sich zwischen dem Bahnhof der SBB und einem grossen Geschäftshaus – unter anderem mit einer Gaststätte – ein Busbahnhof. Im Sommer und bei gutem Wetter bietet der Aufenthalt auf dem öffentlichen Platz Ruhe und Entspannung. Auf dem Gelände des Bahnhofs und des Busbahnhofs befinden sich nur wenige öffentliche Parkplätze. Die Pflege des Platzes und der wenig Schutz bietenden Wartehalle ist höchst unzureichend und entspricht auf keinen Fall mitteleuropäischen Verhältnissen.

Ein Bahnhof ist das Eingangstor zu einer Ortschaft und auch deren Visitenkarte. In Österreich legt man ungleich mehr Wert auf gefällige und funktional überzeugede Anlagen.

Dazu ein paar kommentierte Bilder:

Blick in die Wartehalle am 11. November 2021 um 20.00 Uhr. Der Boden war mit Erbrochenem verschmutzt.
Wartehalle am 13. November 2021 um 12.00 Uhr. Der Boden war immer noch schmutzig.
Wartehalle am 15. November 2021.
Wartehalle am 15. November 2021.
Sitzbank am 15. November 2021. Wer möchte sich auf diese schmutzige Fehlkonstruktion setzen?
Blick auf die schmucklose und wenig kundenfreundliche Anlage am 15. November 2021. Ob die Planer oder die Behörden von Sargans die Gegebenheiten von Schaan kennen?

Kommentar

Die Unterschiede zwischen Schaan und Sargans sind riesig. In Schaan in Sichtweite der Schweizer Grenze eine gepflegte und attraktive Anlage mit geschütztem Warteraum, hell beleuchtet und mit hygienischen Toiletten. Darunter ein Parkhaus, welches von einem sorgfältigen Umgang mit der kostbaren Ressource Boden zeugt. In jeder Hinsicht vorbildlich. Architektur vom Feinsten. Fahrgäste können trockenen Fusses umsteigen. Das Schutzdach deckt überdeckt auch die Perronkante,

In Sargans praktisch das absolute Gegenteil. Eine vernachlässigte und bei Regen und Kälte keinen Schutz bietende Wartehalle, in die sich kein Fahrgast gerne begibt. Schutzdächer fehlen – die ein- und aussteigenden Fahrgäste stehen regelmässig im Regen. Die Beleuchtung in der Dunkelheit ist ungenügend. Eine überdachte Verbindung zum Bahnhofsgebäude fehlt.

Der Raum unter der ganzen Anlage bleibt in geradezu verschwenderischer Art ungenutzt – dies im Gegensatz zu Schaan und – wie kürzlich in diesem Forum berichtet – auch in Feldkirch. Die Frage, ob die Behörden von Sargans überhaupt wissen, wie man zeitgemässe Publikumsanlagen baut, erübrigt sich. Für uns fällt die Gestaltung der Anlage in Sargans in die Kategorie „Sauglattismus“. Und zudem – die Verhältnisse in der Wartehalle sind entsprechend. Zudem stehen in Sargans viel zu wenig Kurzeitparkplätze zur Verfügung, was in den Hauptverkehrszeiten regelmässig zu chaotischen Zuständen führt.

Dabei sind die Fahrgastzahlen in Sargans weitaus höher als in Schaan. Am Bahnhof Sargans halten täglich über 200 Züge und 200 Busse.

Und zum Abschluss eine Aufnahme vom perfekten Bahnhof von Bruck an der Mur sowie zwei mit dem Smartphone bei Nacht aufgenommene Bilder vom Busbahnhof von Schaan. Da bleibt nur Bewunderung – und ein bisschen Neid.

Bushaltestelle vor dem Bahnhofsgebäude von Bruck an der Mur – der in unserem Bericht vom 28. Dezember 2015 als „Kronjuwel“ bezeichneten Anlage,
Busbahnhof von Schaan bei Nacht. Da steigen Frauen und Mädchen selbst bei Nacht sicher um.
Lichtspiel bei einem Fahrplanaushang an einer Säule im Busbahnhof von Schaan.

Wien-Aspern – ein Meisterwerk

Topics

Aspern bei Wien ist den meisten wohl nur als Ort der ersten bedeutenden militärischen Niederlage von Napoleon I geläufig. 1809 massen sich in Aspern ein österreichisches und ein französischen Heer, beide mit einer Truppenstärke von gegen 100‘000 Soldaten.

Selbst in der Ausgabe 2010 des Eisenbahnatlas „Österreich“ von Schweers+Wall sucht man vergeblich nach dem Namen von Aspern.

Aber wie haben sich die Zeiten geändert! In den letzten zehn Jahren ist in Aspern im Zusammenhang mit dem Ausbau der „Marchegger-Linie“ – eine der beiden Eisenbahnstrecken zwischen Wien und Bratislava – sowie der Expansion von Wien in südöstlicher Richtung ein Verkehrsknotenpunkt entstanden, der seinesgleichen sucht.

Wir haben Wien-Aspern bereits während der Bauphase mehrmals besichtigt und möchten in diesem Beitrag den fertiggestellten Verkehrsknotenpunkt präsentieren.

Angebote in Wien-Aspern

Wien-Aspern Nord wird von der Eisenbahn, der U-Bahnlinie 2, vier Buslinien und einem Rufbus erschlossen.

Netzplan Schnellverkehr Wien und Umgebung

Wien-Aspern ist Endbahnhof der alle 30 Minuten verkehrenden S-Bahn 80 nach Hütteldorf. Zudem halten in Wien-Aspern im Stundentakt die Regionalexpresszüge zwischen Wien HB und Bratislava und die S-Bahn 81 zwischen Wien HB und Marchegg an. Die letztgenannten beiden Züge werden mit Dieseltraktion betrieben.

Die U-Bahnlinie U2 fährt in einem dichteren Fahrplan von Seestadt über Wien-Aspern zum Karlsplatz. Zwischen Seestadt und Wien-Krieau ist die Strecke aufgeständert und ermöglicht einen guten Überblick über die neuen Stadtteile. In Wien-Stadlau – auch dieser Kontenpunkt verdient einen Besuch – besteht ein weiterer Übergang zwischen den Zügen auf der Marchegger-Linie und der U-Bahn.

Marchegger-Linie

Zurzeit wird die „Marchegger-Linie“ umfassend modernisiert. Die Arbeiten umfassen die Elektrifizierung, den weitgehenden Ausbau auf Doppelspur und die grosszügige Erneuerung aller Bahnhöfe. Die entsprechenden Arbeiten sind auf dem Gebiet der Stadt Wien bis nach Wien-Aspern abgeschlossen. Die gesamte Trasse wird für einen späteren Vollausbau auf Doppelspur vorbereitet.

Nach der Aufnahme des elektrischen Betriebs zwischen Wien-Aspern und Marchegg – voraussichtlich ab 2023 – reduziert sich die Fahrzeit der Regionalexpresszüge zwischen Wien und Bratislava gemäss den Angaben der ÖBB von heute 67 Minuten auf 40 Minuten.

Auf rund 33 Kilometern verläuft die Marchegger-Linie absolut gerade und ist damit derzeit die längste geradeaus führende Eisenbahnstrecke in Österreich.

Rundgang durch den Knotenpunkt

Der neue Verkehrsknotenpunkt Wien Aspern Nord beeindruckt durch seine Grosszügigkeit sowie durch die architektonische Gestaltung, die Infrastruktur, die Benutzerführung, die SIgnaletik und die Publikumsanlagen. Bemerkenswert ist auch der künstlerische Schmuck am Gebäude.

Mit den folgenden kommentierten Bilder laden wir zu einem Rundgang durch Wien-Aspern ein.

Ansicht von Süden.
Seitenansicht.
Ansicht von Norden.
Blick auf die grosszügige Fussgänger- und Radfahrerüberführung.
Blick von der Überführung auf das Glasdach mit den bunten Streifen.
Blick auf den Zugang von der Überführung zum Seiteneingang. Man beachte die Ausführungsdetails und die verwendeten Materialien.
Treppenabgang von der Überführung – ergänzend zur hier nicht sichtbaren Rampe.
Blick auf den Bahnhof. Leider wird die weiter hinten liegende Abstellanlage für Fahrräder wenig genutzt.
Blick auf den Bahnhof mit der abfahrbereiten S-Bahn 80 nach Hütteldorf.
Wartehalle auf dem Bahnsteig.
Detail vom Bahnsteig mit einer Vorrichtung für das Befestigen von Kinderwagen oder Rollstühlen. Man beachte die sorgfältige Ausführung des Geländers.
Treppenaufgang in die Halle.
Deckenkonstruktion über dem Aufgang in die Halle.
Zugang in die Halle über der U-Bahn.
Lifte aus der Halle in die U-Bahnstation.
Lifte von der oberen in die untere Halle.
Ausführungsdetail zum Personenschutz in der oberen Halle.
Detail beim Abgang von der oberen in die untere Halle.
Aufgang von der unteren in die obere Halle.
Treppe von der unteren in die obere Halle (ergänzend zur Rolltreppe und zu den beiden Liften).
Kostenlos zu benutzende Toiletten in der unteren Halle.
Doppellifte aus der U-Bahn Station in die obere Halle.
Einer der beiden Blöcke mit Informationen für die Fahrgäste.
Aufgang in die obere Halle. Man fragt sich nach dem Nutzen der grosszügigen Überdachung.
Eines der beiden Kunstwerke auf den Frontseiten der U-Bahnstation. Dieses Bild zeigt den Verlauf der Schlacht bei Aspern.
Informationstafel zum Wandbild.
Kunstwerk auf der östlichen Frontseite der U-Bahn Station. Dieses Glasgemälde zeigt die Erschliessung der Stadt Wien mit den neuzeitlichen Verkehrsmitteln.
Blick bei Sonnenuntergang aus der unteren Halle auf den Stadtteil Seestadt. Die markanten Häuser wurden erst nach der Weiterführung der U2 nach Seestadt errichtet. Vorbildlich und visionär.
Sitzbank beim Ausgang. Lädt zum Verweilen und und zum Geniessen der wunderschönen Abendstimmung ein.
Blick auf das fertiggestellte und bereits befahrene Teilstück der Marcheggerbahn in Richtung Wien HB. Auf der linken Seite ist das in einen Trog gelegte Trasse der U-Bahn erkennbar. In den Seitenwänden ist schalldämmendes Material eingebaut, welches den Lärm der Fahrzeuge zu einem guten Teil absorbiert.
Blick auf die Marcheggerbahn Richtung Osten. Die Doppelspur geht in etwa zwei Kilometern Entfernung vorläufig in eine Einspurstrecke über.

Kommentar

Die Bilder sprechen für sich. Man verlässt Wien-Aspern tief beeindruckt und voller Bewunderung. Auf der anderen Seite empfindet man fast ein wenig Neid.

Und man stellt unwillkürlich Vergleiche mit ähnlichen Verkehrsknotenpunkten in Mitteleuropa an. So etwa mit Zürich-Stettbach oder mit dem mit einem „Brunel Award“ ausgezeichneten Bahnhof Bern-Wankdorf. Ob die zuständige Jury Wien- Aspern oder die Bahnhöfe an der Pottendorfer-Linie kennt? Ich empfehle, vor der inskünftigen Vergabe von Preisen einen Abstecher in den Grossraum Wien zu unternehmen.

Umbau Bahnhofshalle Feldkirch

Topics

Auf der Rückfahrt aus Wien mussten wir infolge der baubedingten Sperrung der Strecke von Feldkirch nach Buchs SG in Feldkirch auf Bahnersatzbusse umsteigen. Beim Umsteigen sahen wir, dass die Halle des Bahnhofs Feldkirch umgebaut wird. Das dazu erforderliche Baugerüst beeindruckte uns sehr.

Die Arbeiten stehen im Zusammenhang mit dem Ausbau des Bahnhofsgebäudes und des Vorplatzes. Unter dem Vorplatz mit dem repräsentativen Busbahnhof befindet sich eine grosse Einstellhalle mit direktem Zugang zur Unterführung und zu den neuen Gebäuden am Bahnhofplatz. Die umfangreichen Arbeiten stehen vor dem baldigen Abschluss.

Mit diesem Bericht möchten wir zeigen, wie in Vorarlberg behelfsmässige Massnahmen im Zusammenhang mit einem Umbau eines Bahnhofsgebäudes getroffen werden. Selbst das Baugerüst hinterlässt einen repräsentativen und gepflegten Eindruck.

Rundgang

Vorab ein Bild über die Bahnhofshalle von einem früheren Besuch. Die grosszügige und beheizte Halle diente vor dem Umbau auch als Warteraum. Von der Halle aus führen ein Lift und eine breite Treppe in eine der beiden Unterführungen.

Blick in die Bahnhofhalle – man beachte das Zitat von James Joyce.
Frontseite der Bahnhofshalle von Feldkirch. Rechts erkennt man die provisorische Toilettenanlage und einen Teil der Absperrung der benachbarten Baustelle. Die Fahrgäste können die Bahnhofshalle von den Bussen weitgehend vom Wetter geschützt erreichen.
Die beiden Schiebetüren vom Bahnhofsplatz in die Bahnhofshalle.
Linke automatische Schiebetüre mit dem behelfsmässigen Durchgang durch die Bahnhofshalle (Bild bei Tag).
Rechte automatische Schiebetüre mit dem behelfsmässigen Durchgang durch die Bahnhofshalle (Bild bei Nacht).
Blick in die eingerüstete Bahnhofshalle.
Blick von der Rückwand auf das Gerüst.
Blick aus der Unterführung auf das Gerüst.
Blick durch den linken Durchgang (Bild bei Nacht).
Blick durch den rechten Durchgang. Idealerweise hätte man die Sitzbank und den Abfallbehälter in die Wartezone auf der rechten Seite gestellt.
Wartezone mit den beiden Billettautomaten.
Provisorische und kostenlos zu benutzende Toilettenanlage.

Abschluss

Abschliessend noch ein paar Bilder aus der Umgebung des Bahnhofs. Gerne verweisen wir auf unseren Bericht von Oktober 2020.

Blick in die Unterführung. In etwa hundert Metern Entfernung befindet sich eine weitere ebenso repräsentative Unterführung.
Dachkonstruktion entlang des neuen Bahnhofsgebäudes. Die Dachflächen sind aus ästhetischen und klimatischen Gründen bepflanzt. Die Eröffnung der Ladengeschäfte steht zurzeit noch aus.
Bild vom gleichen Standort bei Nacht.
Einfahrt in die Tiefgarage unter dem Bahnhofsplatz.
Blick in die noch nicht zugängliche grosszügige Tiefgarage.

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Schienenverkehr Balkan III – kraftvolle Zeichen in Kroatien

Topics

Mit diesem Beitrag schliessen wir unsere Berichterstattung über das Eisenbahnwesen im Balkan ab. Wie in Serbien sind auch in Kroatien grosse Anstrengungen für die Revitalisierung der Eisenbahn im Gang. Im Gegensatz zu Serbien, wo die Erneuerung vor allem mit chinesischen und russischen Investitionen erfolgt, finanziert Kroatien als EU-Mitglied seine Projekte vor allem mit Unterstützung der EU.

Zagreb Hauptbahnhof

In seiner Gesamtheit hinterlässt der Bahnhof von Zagreb einen guten Eindruck. Das repräsentative Gebäude liegt im Stadtzentrum und wird gut unterhalten. Alle in einem grossen Bahnhof üblichen Dienstleistungen sind vorhanden. Auch eine kleine Kapelle steht zur Verfügung.

Frontalansicht des Hauptbahnhofs von Zagreb.
Hausperron des Hauptbahnhofs von Zagreb.
Kapelle im Hauptbahnhof von Zagreb.

Bei meinen Besuchen sah ich ausschliesslich neues und gepflegtes Rollmaterial. Allerdings sind die Anlagen nicht behindertengerecht ausgebaut. Besucher werden mit zahlreichen Plakaten über Ausbauprojekte im nationalen Eisenbahnnetz informiert.

Triebwagenzug von Koncar – entspricht in vielem den Flirt von Stadler.
Ein weiterer und etwas längerer Triebwagenzug von Koncar.
Firmenschild des Herstellers an einem der beiden Triebwagenzüge.
Aus Zürich eintreffender Nachtzug, verstärkt mit Sitzwagen aus Österreich und Slowenien.
Eines der zahlreichen Informationsplakate über Ausbauten am Schienennetz.
(Man entschuldige die schlechte Aufnahme).

Nicht mitteleuropäischen Verhältnissen entspricht das Angebot an Zügen, wie die folgenden Bilder zeigen. Das geringe Angebot an internationalen Eisenbahnverbindungen überrascht. Nach Budapest besteht nur eine einzige Direktverbindung. Der Eisenbahnverkehr nach Belgrad ist eingestellt.

Elektronische Anzeigetafel in der Eingangshalle des Hauptbahnhofs von Zagreb.
Fahrplan im Hauptbahnhof von Zagreb mit knapp 200 Einträgen.
(Man entschuldige die schlechte Aufnahme – es geht nur um einen Gesamteindruck).

Am Sonntag, 9. August 2021, beobachtete ich den aus Zürich. eintreffenden Nachtzug. Es stiegen trotz der Hochsaison nur wenige Fahrgäste aus. Zudem traf der Zug mit einer Verspätung von siebzig Minuten ein, was vermutlich auf umbaubedingte Langsamfahrstrecken in Slowenien und Kroatien zurückzuführen waren.

Aus dem Schlafwagen aussteigende Fahrgäste des Nachtzuges aus Zürich.
Anzeigetafel für den Nachtzug aus Zürich.

Der Anschluss des Hauptbahnhofes an das städtische Tramnetz von Zagreb ist vorzüglich. Die Wege vom Zug zur Strassenbahn sind kurz. Gut präsentiert sich auch das Rollmaterial der Strassenbahn. Im Gegensatz zu Belgrad und Sarajewo sah ich nur neue und saubere Fahrzeuge.

Tramgarnitur in Zagreb.
Innenraum eines Tramzuges.

Funktion Kroatiens im europäischen Ferngüterverkehr

In Kroatien kreuzen sich zwei Korridore des europäischen Ferngüterverkehrs.

Überblick über die europäischen Güterverkehrskorridore. in Zagreb kreuzen sich der Korridor 5 und der Korridor 10.

Details zu den Kroatischen Staatsbahnen

Gemäss einer Untersuchung der EU weisen in Europa nur wenige Länder wie etwa Bulgarien und Rumänien oder die baltischen Staaten eine schlechtere Eisenbahninfrastruktur auf als Kroatien.

Kennzahlen zu den kroatischen Staatsbahnen. Drastisch ist der Rückgang der Anzahl der beförderten Personen zwischen 2008 – mit rund 46 Mio. Fahrgästen – und 2018 mit noch 20,7 Mio. Fahrgästen.
Schienennetz von Kroatien.
rot: Internationale Hauptstrecken
blau: Weitere Fernverkehrstrecken mit internationalem Verkehr
gelb: Wichtige Regionalstrecken
grün: Lokalbahnen
Die beiden durch Bosnien-Herzegowina führenden und bis auf Weiteres stillgelegten Strecken an die Adriaküste fehlen auf der Darstellung.

Mit zahlreichen von der EU mitfinanzierten Projekten soll das Eisenbahnnetz weitgehend erneuert werden. Die Renaissance der Eisenbahn ist auf gutem Weg. Im Fokus stehen vor allem der Ausbau der Strecken der europäischen Güterverkehrskorridore und des Regionalverkehrs im Raum Zagreb. Auch die Hafenanlagen von Rijeka werden umfassend saniert und erweitert.

Überblick über abgeschlossene und laufende Projekte am Schienennetz von Kroatien. Für weitere Informationen und eine bessere Darstellung verweise ich auf das Internet.

Wenige Veränderungen sind im Verkehr mit den übrigen Balkanstaaten erkennbar. Wichtige in Ex-Jugoslawien bestehende Verbindungen, wie etwa durch Bosnien-Herzegowina an die Adria, bleiben offensichtlich weiter unterbrochen. Dabei könnte die Wiederinbetriebnahme dieser Strecken den Balkanstaaten willkommene Anstösse für die Entwicklung geben.

Auszuge aus der Statistik über die Fahrgäste im grenzüberschreitenden Verkehr. 2019 sind ins Ausland 135’269 Personen ausgereist bzw.166’486 eingereist. Der Überschuss ist weitgehend im Verkehr mit Ungarn entstanden. Mutmasslich wurden aus Ungarn Asylanten in den Westen abgeschoben. Im Durchschnitt reisten täglich 25 Personen aus der Schweiz ein bzw. aus. In der Regel führt der Nachtzug aus Zürich drei Wagen. Coronabedingt war 2020 ein enormer Einbruch im grenzüberschreitenden Verkehr zu verzeichnen. So fielen die Ein- und Ausreisen von bzw. in die Schweiz auf nur acht pro Tag.

Überrascht haben die Fülle und der Detaillierungsgrad der von den kroatischen Staatsbahnen in der Landessprache und teilweise auch in Englisch veröffentlichten Informationen. So werden in einem statistischen Bericht umfassende betriebliche Kennzahlen und Fakten präsentiert, wie etwa die Anzahl Reisende im internationalen Fernverkehr.

Deckblatt der rund 90 Seiten umfassenden Jahresstatistik der kroatischen Staatsbahnen. Daneben sind unter anderem Geschäftsberichte, Finanzpläne und Revisionsberichte frei verfügbar.

Kommentar

Mit der Fertigstellung und der vollständigen Inbetriebnahme der Güterverkehrskorridore und der Leistungssteigerung der Häfen an der Adria werden sich – wohl zu Lasten der Häfen an der Nord- und Ostsee – die Transportwege und -zeiten für Güter aus Asien nach Mittel- und Osteuropa substantiell verkürzen.

Besorgnis verursacht der Sachverhalt, dass kaum Bestrebungen für die Wiederbelebung des zwischenstaatlichen Eisenbahnverkehrs auf dem Balkan erkennbar sind, abgesehen vom Ausbau der Strecken am Güterverkehrskorridor 10. Offensichtlich fehlt weiterhin die Bereitschaft zur Kooperation zwischen den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens – keine gute Situation und kein Erfolgsrezept für die Zukunft,

Quellenhinweise

Die Bilder wurden vom Verfasser mit einem Smartphone aufgenommen. Die Informationen wurden der Dokumentation der kroatischen Staatsbahnen und dem Internet entnommen. Trotz sorgfältiger Recherche besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Informationen.

Schienenverkehr Balkan II – Aufbruch in Serbien

Topics

Gemäss der Ankündigung im Beitrag „Schienenverkehr Balkan I – Sarajewo“ folgen in diesem Beitrag Informationen und Einschätzungen über die Eisenbahn in Serbien. Im Gegensatz zu Bosnien-Herzegowina sind Massnahmen für die Revitalisierung und für den Ausbau des Eisenbahnwesens im Gang. Mehr dazu am Ende des Beitrages.

Kraljevo

Der Weg zur Stätte eines schrecklichen Ereignisses im zweiten Weltkrieg führte am Bahnhof vorbei. Dabei beobachtete ich einen einfahrenden Triebwagenzug von Stadler. Anlass also, auf dem Rückweg einen kurzen Abstecher zum Bahnhof zu unternehmen und dort einen Augenschein vorzunehmen. Abgesehen vom eher geringen Angebot an Zügen war ich positiv überrascht. Dazu ein paar Bilder und der dem Internet entnommene Fahrplan der Serbischen Staatsbahnen.

Frontansicht des Bahnhofs von Kraljevo.
Ansicht des Bahnhofs von Kraljevo von den Fahrsteigen.
Fahrplan im Bahnhof von Kraljevo.
In den Bahnhof von Kraljevo einfahrender Zug von Stadler (Flirt).
Anschriften auf dem Zug von Stadler.
Auf diesem Feld unmittelbar hinter dem Bahnhof von Kraljevo ereignete sich 1942 ein schreckliches Massaker.

Novi Beograd

Auf der Führung durch die repräsentative und gepflegte Altstadt von Belgrad erfuhr ich von unserem Führer, dass im neuen Stadtteil von Belgrad ein neuer Bahnhof im Bau sei. Mein Interesse war geweckt. Nach einem Ausflug nach Novi Sad, bei dem von der Autobahn aus Teile einer Neubaustrecke und eine eindrückliche neue Brücke über die Donau für den Eisenbahn- und Autoverkehr zu sehen waren, begab ich mich am Abend zum Bahnhof von Novi Beograd. Leider reichte die Zeit für die Besichtigung von Beograd Centar, dem Hauptbahnhof von Belgrad, nicht.

Novi Beograd liegt in einem stark wachsenden und modernen neuen Stadtteil von Belgrad. Die Umgebung des Bahnhofs ist erst teilweise überbaut. Unter dem Bahnhof durch führt eine vom mehreren Linien befahrene Tramstrecke. Ein Bahnhofgebäude fehlt noch. Der erste Eindruck war miserabel – grob und schmucklos ausgeführte Betontreppen und viel Unrat unter den Stützen des aufgeständerten Bahnhofs. Rolltreppen und Lifte fehlten.

Zugang zu dem vom öffentlichen Stadtverkehr ideal erschlossenen Bahnhof von Novi Beograd.
Abweisender Aufgang zu den Bahnsteigen des Bahnhofs Novi Beograd.

Ganz anders waren jedoch die Eindrücke auf den repräsentativen Bahnsteigen. Die Arbeiten sind noch im Gang. In Betrieb sind erst zwei Geleise. Ein weiteres Gleis ist verlegt, und für zwei weitere Geleise sind die Wannen erstellt. Die Konstruktion wirkte fremd. In den Böden der Betonwannen sind im Abstand von etwa sechzig Zentimeter Hülsen für Befestigungsschrauben für die Schienen eingegossen. Vereinzelte Bauarbeiter waren an diesem Samstagabend zu später Stunde noch an der Arbeit.

Blick vom Ende der Bahnsteige von Novi Beograd auf den Wartebereich.
Wartenische für Fahrgäste.
Bautrupp an einem Samstagabend kurz vor 20.00 Uhr an der Arbeit.
Repräsentatives Bürogebäude unmittelbar neben dem mutmasslichen Areal des zukünftigen Bahnhofgebäudes von Novi Beograd.

Während meinem kurzen Aufenthalt hielten zwei ältere und saubere Triebwagenzüge am Bahnhof. Die ein- oder aussteigenden Fahrgäste liessen sich an zwei Händen abzählen. Wie der Fahrplan zeigt, ist die Zugdichte relativ dicht, ohne jedoch mitteleuropäischen oder gar schweizerischen Verhältnissen zu entsprechen.

Ende des abfahrbereiten Regionalzuges.
Der gleiche Zug von vorne. Man beachte die repräsentativen Schutzdächer auf den Bahnsteigen.
Angebot am Bahnhof von Novi Beograd.
Fahrplan einer Regionalverbindung vom Bahnhof Novi Beograd.

Nach dem Erstellen von ein paar Fotos entdeckte ich am Ende des Bahnhofs drei Informationstafeln über den Bau dieses Bahnhofs. Offensichtlich ist Novi Beograd Bestandteil der unter anderem von China gebauten Neubaustrecke von Belgrad nach Budapest. Interessant war auch die Herkunft von Baumaterial auf einem Güterwagen.

Informationstafel über die Neubau-/Ausbaustrecke von Belgrad nach Budapest.
Informationstafel über den Verlauf der Neubau-/Ausbaustrecke von Belgrad nach Budapest.
Informationstafel zur Entstehung der Neubau-/Ausbaustrecke von Belgrad nach Budapest.
Anschrift auf einem Paket mit Baumaterial.
Anschrift auf einem weiteren Paket mit Baumaterial.

Ein paar Angaben zu den Serbischen Staatsbahnen und ihrer Projekte

Teile der Website der Serbischen Staatsbahnen ermöglichen auch in englischer Sprache einen guten Überblick über das Eisenbahnwesen in Serbien. Ganz offensichtlich sind Bestrebungen für den grenzüberschreitenden Ausbau der Eisenbahn im Gang, obschon heute beispielsweise keine Züge nach Zagreb in Kroatien verkehren.

Eine besondere Bedeutung gilt dem europäischen Güterverkehrskorridor X, dem „Alpine-Western Balkan Freight Corridor“, der von Linz und Salzburg durch den Balkan an die türkische Grenze führt.

Informationen über die Produktion der Serbischen Staatsbahn sind kaum erhältlich. Hier ein Auszug aus Wikipedia: „Rail transport remains a popular form of freight transportation with 12.3 million tons carried in 2018, while being fairly uncommon for passenger transport, carrying just over 16 million passengers in 2018 (5 million if Belgrade urban rail system is excluded).“

Netzplan der Serbischen Staatsbahn.
Streckenlängen und Betriebsarten der Serbischen Staatsbahn.
Erneuerungen im Netz der Serbischen Staatsbahn (Stand Ende 2018).
Aktuelle Übersicht über den Stand der Erneuerungen.
Stand der Neubau-/Ausbaustrecke von Belgrad nach Budapest, die 2025 in Betrieb gehen soll.

Kommentar

Ganz offensichtlich wird in Serbien – aber auch in weiteren Staaten auf dem Balkan – mit grossem Einsatz an der Revitalisierung der Eisenbahn gearbeitet. Vor allem der Güterverkehr wird stark gefördert. Weitere Informationen können der Präsentation „Current status of railway system in Republic of Serbia and policies for better transport connectivity“ von Laza Radakovic, assistant minister, entnommen werden. Zusätzlich zum Ausbau der Infrastruktur werden in Serbien auch die Gesetze im Verkehrswesen und die Organisation der Eisenbahn den Normen der EU angeglichen.

Hier der Link zu dieser Präsentation: SBR Präsentation

Bei unseren Fahrten auf der Autobahn zwischen Belgrad und Zagreb stellten wir einen intensiven internationalen Lastwagenverkehr fest. Etwa ein Viertel der Lastwagen war mit türkischen Autokennzeichen gekennzeichnet.

Die ehrgeizigen und aufwendigen Projekte werden zu einem grossen Teil mit ausländischen Mitteln finanziert. Auch werden viele der Arbeiten von ausländischen Firmen mit eigenem Personal ausgeführt. Auffallend ist das grosse Engagement von China und – etwas weniger – von Russland. Der Eindruck besteht, dass die EU bestrebt ist, den beiden Konkurrenten aus dem Osten mit eigenen Anstrengungen zu begegnen.

Interessant wird sein, ob und wie die grenzüberschreitenden Projekte für Strasse und Schiene die latent vorhandenen Spannungen zwischen den Balkanstaaten auflösen und die noch kaum verheilten Wunden aus den schrecklichen Kriegen nach der Auflösung des einstigen Jugoslawien heilen können. Zudem stellt sich die Frage, ob sich der erhoffte Ertrag aus den immensen Investitionen einstellt und ob Serbien die Kredite zurückzahlen kann.

Quellenhinweise

Die Fotos wurden vom Verfasser mit dem Smartphone aufgenommen. Die Daten zu einigen Projekten wurden den im Internet verfügbaren Publikationen des Serbischen Ministeriums für den Bau, den Verkehr und die Infrastruktur entnommen. Teilweise musste auf oberflächliche oder widersprüchliche Pressemitteilungen ausgewichen werden. Alle Daten wurden mit grosser Sorgfalt zusammengetragen. Eine Gewährleistung für die absolute Richtigkeit ist ausgeschlossen.

 

Schienenverkehr Balkan I – Sarajewo

Topics

Eine Studienreise auf dem Balkan mit geschichtlichem Hintergrund bot die Möglichkeit, ein paar flüchtige Eindrücke vom Schienenverkehr in den besuchten Ländern zu gewinnen. Zusammenfassend muss man leider festhalten, dass die Eisenbahn auf dem Balkan keine bedeutende Rolle (mehr) spielt. Umso erfreulicher sind dafür die an mehreren Orten erkennbaren Massnahmen zur Revitalisierung der Eisenbahn, so etwa in Slowenien, Kroatien und Serbien.

Gerne fassen wir unsere Eindrücke in drei separaten Berichten zusammen. Beginnen möchten wir hier in einem Bericht aus Sarajewo, der Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina, und zwar über den Bahnhof und die Strassenbahn.

Bahnhof Sarajewo

Der Bahnhof liegt etwas abseits vom historischen Stadtzentrum. Er ist mit einer Stichstrecke an das Strassenbahnnetz angeschlossen.

Das Bahnhofgebäude und der Innenraum sind grosszügig, aber unbelebt. Die Unterführung zu den fünf Geleisen des Kopfbahnhofs ist zwar sauber, aber stark versprayt. Auch auf den Bahnsteigen und den Gleisanlagen liegt nur wenig Abfall. Die Betonsäulen der Perrondächer weisen teilweise erhebliche Schäden auf und bedürfen einer dringenden Sanierung.

Frontansicht vom Bahnhofgebäude von Sarajewo.
Innenraum des Bahnhofs.
Saubere, jedoch versprayte Unterführung.
Blick auf den Bahnsteig I.
Schadhafter Pfeiler des Dachs des Bahnsteigs II.

Am späten Nachmittag sah man im Bahnhof und auf den Bahnsteigen kaum Fahrgäste oder Besucher. Die Mitarbeiter der Bahngesellschaft waren korrekt gekleidet und traten selbstsicher auf.

Das Angebot an Zügen ist gering – täglich verkehren nur drei Lokal- und drei Fernzüge. Von einem zeitgemässen Zugverkehr ist wohl nicht zu sprechen. Dem Vernehmen nach war der Bahnverkehr vor dem Zerfall von Jugoslawien sehr viel dichter.

Fahrplan im Innenraum des Bahnhofs (Odlazak heisst Abfahrt).
Streckennetz der bosnischen Eisenbahnen und der angrenzenden Staaten (Quelle: Wikipedia).

Das Rollmaterial befindet sich abgesehen vom soeben angekommenen Talgo in einem miserablen Zustand. Die Aussenhaut eines Triebwagenzuges wies grosse Rostflächen auf. Dieser fuhr pünktlich um 15.38 Uhr ab. Um 15.48 Uhr folgte ein aus einem einzelnen Wagen bestehender weiterer Regionalzug.

Dreiteiliger Triebwagenzug der bosnischen Staatsbahnen.
Zur Abfahrt bereitstehender Regionalzug der bosnischen Staatsbahnen.
Soeben angekommener Talgo der bosnischen Staatsbahnen.

Ganz offensichtlich ist die Eisenbahn in Bosnien-Herzegowina bedeutungslos geworden. Im Gegensatz etwa zu den nördlichen Staaten von Ex-Jugoslawien – mehr darüber in zwei separaten Berichten – sind keine Anzeichen einer Trendwende erkennbar. 

Strassenbahn Sarajewo

Sarajewo verfügt über einen verhältnismässig dichten öffentlichen Stadtverkehr. Neben Bus- und Trolleybuslinien fahren auch Trams. Abgesehen von einem Abzweiger zum Bahnhof besteht ausserhalb des historischen Stadtzentrums nur eine einzige Strecke. Das historische Stadtzentrum wird von einer einspurigen Ringlinie umschlossen. Die Streckenlänge beträgt rund 12 Kilometer.

Netz der öffentlichen Verkehrsmittel von Sarajewo (Quelle: Wikipedia).

Die Fahrzeuge haben die zulässige Nutzungsdauer überschritten. Die Fahrt auf den stark vernachlässigten Geleisen in Normalspur auf einem separaten Trasse verlief höchst unruhig – ich rechnete ständig mit einer Entgleisung.

Potpourri von Strassenbahnzügen in der Wendeschlaufe bei Ilidza.
Innenraum einer Strassenbahn.
Führerstand einer Strassenbahn.
Stark beanspruchtes Drehgestell einer Strassenbahn.
Geleise der Strassenbahn.
Schienenstoss der Strassenbahn.

Offensichtlich haben sich die besonders in den Stosszeiten zahlreichen Fahrgäste mit den verschiedenen Unzulänglichkeiten abgefunden.

Fahrkarten können an Kiosken oder mit einem geringen Aufschlag beim Wagenführer gekauft werden. Die Einzelfahrt für einen Erwachsenen kostet etwa CHF -.80. Die Fahrkarten verfügen über einen Magnetstreifen und müssen nach dem Kauf bei einem Leser im Wageninnern entwertet werden.

Abschliessende Bemerkungen

Im Gegensatz zu Kroatien, Serbien und Slowenien sind im öffentlichen Verkehr von Bosnien-Herzegowina keine positiven Entwicklungen erkennbar. Das Land ist völlig gelähmt und wird von einer aufgeblähten nationalen und internationalen Bürokratie künstlich am Leben gehalten. Die Machtfülle des von der UNO eingesetzten Hohen Repräsentanten ist immens. Er kann wichtige Anordnungen für das Land treffen und damit die Souveränität von Bosnien-Herzegowina aushebeln.