Verkehrsverlagerung – der Süden legt vor

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Kurt Metz organisierte für die Schweizer Bahnjournalisten unter der Bezeichnung «Verkehrsverlagerung mit Italien und dem Tessin» eine wie immer hoch aktuelle und perfekt organisierte Studienreise. Rund 20 fachkundige Medienfachleute und Vertreterinnen und Vertreter von Transportunternehmen liessen sich vom 15. bis zum 17. Juni 2022 an mehreren Orten aus erster Hand über den Stand und aktuelle Projekte für den alpenquerenden Güterverkehr informieren.

Die Teilnehmenden an der Studienreise waren überall sehr willkommen und gelangten in den Genuss von spannenden Referaten oder eindrücklichen Besichtigungen. Darüber hinaus ermöglichten die Fahrten zwischen den einzelnen Stationen einen anregenden Gedankenaustausch zwischen den Teilnehmenden und die Vertiefung der soeben erhaltenen Informationen.

In diesem Bericht sollen die Höhepunkte der Studienreise in geraffter Form wiedergegeben werden – dies im Wissen, dass jedes Referat und jede Station einer gesonderten Berichterstattung würdig wären.

1.  Etappe – Begrüssung und Kurzpräsentationen in Altdorf / 15. Juni 2022

Um 09.00 Uhr begrüsste Kurt Metz die Referenten und die Teilnehmenden in einem Sitzungszimmer des repräsentativen neuen Bahnhofgebäudes von Altdorf.

Rückseite des Bahnhofs von Altdorf mit der Haltestelle des „Tell“-Fernbusses, mit dem ich aus Luzern angereist war. Im Hintergrund das architektonisch bemerkenswerte Dienstgebäude. Der Bau der Bahnhofgebäude von Altdorf wurde massgeblich von der Urner Kantonalbank finanziert.

Nach einigen organisatorischen Hinweisen leitete Kurt Metz zum ersten Referat über.

In Vertretung von Django Betschart, Geschäftsleiter der Alpen-Initiative, referierte Fabio Gassmann, dort Teamleiter Alpenschutz, über den Alpenschutz am Puls der Zeit. Aus aktuellem Anlass kommt einer nachhaltigen Verkehrspolitik und griffigen Klimaschutzmassnahmen eine erhöhte Bedeutung zu. Mit rund 880’000 Lastwagen im Strassentransit über die Alpen wurde die Limite von 650’000 Fahrten im alpenquerenden Güterverkehr auch 2021 verfehlt.

Mit Besorgnis wird der stagnierende oder gar sinkende Anteil der Schiene im Binnengüterverkehr sowie im Import und Export zur Kenntnis genommen. Befürchtungen verursachen auch die düsteren Aussichten für den nationalen Wagenladungsverkehr. Auch wird die Verlagerungspolitik vermehrt in Frage gestellt, wie Ausführungen von Nationalrat Walter Wobmann im Tages-Anzeiger belegen. Bedenken bestehen auch im Hinblick auf die Richtungsänderung der alpenquerenden Güterverkehrsströme von Süden nach Norden als Folge des Ausbaus der Häfen im Mittelmeer.

Andreas Windlinger, Leiter Kommunikation im Bundesamt für Verkehr BAV, stellt die Stossrichtungen des BAV zur Förderung des alpenquerenden Transitverkehrs vor. So soll die Strecke aus dem Raum Como nach Mailand durch Italien auf Kosten von Italien substantiell erneuert und ausgebaut werden. Mit Unterstützung durch die Schweiz soll südlich von Mailand in Piacenza ein weiterer Güterverkehrsterminal errichtet werden. In den kommenden Jahren sollen am Gotthard pro Stunde in beiden Richtungen je sechs Güterverkehrstrassen eingerichtet werden.

Das BAV ortet weiterhin ein erhebliches Potential entlang des europäischen Güterverkehrskorridor Nr. 1 zwischen der Nordsee und dem Mittelmeer. Die möglichen Konsequenzen des Ausbaus der Mittelmeerhäfen für die NEAT werden aufmerksam verfolgt. Eine entsprechende Untersuchung wurde abgeschlossen.

Erfreulich ist die Verpflichtung von Italien, die Simplon-Achse in Richtung Mailand und Novara bis Ende 2028 durchgehend für Güterzüge mit vier Metern Eckhöhe ausbauen. Die Schweiz beteiligt sich mit CHF 128 Millionen an den Investitionen, wobei dieser Betrag in Tranchen entsprechend dem Projektfortschritt ausbezahlt wird.

Der nationale Wagenladungsverkehr auf der Schiene steht vor der Schicksalsfrage. Kann dieser Verkehr rationalisiert und mit Subventionen weiter betrieben werden oder droht die Einstellung? Dem Vernehmen eröffnet das BAV im Herbst 2022 eine Vernehmlassung. Die SBB halten vorläufig am Status Quo fest.

Bruno Fischer, Leiter Kombinierter Verkehr bei den SBB, berichtet über die Massnahmen von SBB Cargo beim kombinierten Binnenverkehr. Er hält fest, dass der Anteil des Wagenladungsverkehrs am Ertrag des nationalen Schienengüterverkehrs nach wie vor fast zwei Drittel ausmacht. Die SBB möchten den nationalen kombinierten Verkehr unter anderem mit der Förderung von Anschlussgeleisen, dem Ausbau von Terminals und eigenen Wechselbehältern nachhaltig fördern. Auch erhofft man sich durch die Automatisierung der Kupplung – diese ist bei den Wagen des nationalen kombinierten Verkehrs seit rund einem Jahr im Einsatz – und der Bremsprobe zusätzliche Rationalisierungseffekte.

Pascal Jenni, Chief Commercial Officer der SBB Cargo International, kommt nach einer kurzen Vorstellung von SBB CI auf aktuelle Probleme des europäischen Schienengüterverkehrs zu sprechen. Der Lokführermangel vorab in Deutschland verstärkt sich und bewirkt Zugsausfälle und Annahmesperren. Rastatt war ein einschneidendes Ereignis. Leider hat sich seither in Bezug auf die Förderung wenig getan. Das Problembewusstsein in der Politik und in der Öffentlichkeit ist gering. Zustände wie im Schienengüterverkehr wären in anderen Verkehrsbereichen undenkbar. Zwar wurde das Zulassungsverfahren für Lokomotiven durch ERA standardisiert. Unterschiedliche nationale Anforderungen und die vielen Beteiligten führen zu mehr Komplexität. Das Management in den Güterverkehrskorridoren ist unzureichend. Pascal Jenni glaubt an die Chancen des internationalen Schienengüterverkehrs und fordert mehr Kapazität, mehr Qualität, eine verstärkte Standardisierung sowie mehr fairen Wettbewerb.

Dr. Dirk Pfister, Leiter Produktmanagement und Vertrieb bei BLS Cargo, referiert über Herausforderungen und Chancen im internationalen Schienengüterverkehr. Grosse Sorgen bereitet zurzeit der enorme Anstieg der Strompreise für die Bahn und die zunehmenden Störungen auf der Schieneninfrastruktur vorab in Deutschland. So hat sich der Strompreis für die Bahnen in Deutschland innerhalb einem Jahr vervierfacht. Endlich scheint mit dem angedachten Ausbau der Eisenbahnstrecke zwischen Wörth und Strassburg eine Ausweichroute für den Europäischen Güterverkehrskorridor Nr. 1 zu entstehen. Kritisch sieht Dr. Dirk Pfister die Kapazitätsengässe und die erodierende Qualität der Infrastruktur. Das Angebot im Personenverkehr sollte auf gewissen Strecken überdacht werden, um mehr Trassen für den Güterverkehr zu gewinnen.

Andreas Hollenstein, Leiter Infrastruktur und Betrieb bei der Firma Camion Transport CT, hält fest, dass CT seit vierzig Jahren Stückgut auf der Schiene befördert. CT betreibt 15 Standorte in der Schweiz und lässt pro Nacht bis zu 130 Bahnwagen zirkulieren. Sorgen bereitet der zunehmende Mangel an Fachkräften. Täglich werden 7’500 Sendungen mit einem durchschnittlichen Gewicht von 750 Kilogramm befördert. 75 Prozent der Sendungen über grössere Distanzen werden per Bahn zwischenbefördert. CT bietet ergänzend zur Spedition zunehmend auch Dienstleistungen wie Zwischenlagerung oder die Konfektionierung der Waren an. Als führend in der Transportökologie entwickelt CT auch Vorstellungen über die Ausgestaltung der City Logistik.

Severin Bär, VR und Mitglied der Geschäftsleitung der Planzer Familienholding, informiert über aktuelle Probleme im Güterverkehr auf Schiene und Strasse. Einleitend hält Severin Bär fest, dass sich die Verlagerungspolitik trotz Mängeln bei der Infrastruktur bewährt hat. Sorgen bereiten die starke Zunahme der Staustunden auf dem Schweizer Nationalstrassennetz und die Unterbrüche bei der Schieneninfrastruktur, auch in der Schweiz. Massive Kritik übt Severin Bär am Projekt Cargo Souterrain – statt Phantasien zu huldigen würde man besser die Qualität des Cargo Surterrain nachhaltig fördern. Eine grosse Herausforderung für den Gütertransport ergibt sich durch den Trend zu immer mehr und immer kleineren Sendungen. Severin Bär plädiert für das Abschneiden von alten Zöpfen beim Wagenladungsverkehr. Ein tragfähiges Konzept für den europäischen Güterverkehr ist überfällig.

Planzer beschäftigt über 5300 Mitarbeitende an 69 Standorten, davon 59 in der Schweiz. Planzer besitzt eine Flotte von 1800 Last- und Lieferwagen, mit denen täglich bis zu 23’000 Sendungen spediert werden. Für den Transport zwischen den Standorten werden bis zu 240 Eisenbahnwagen eingesetzt. Planzer betreibt 11 Hochregallager mit einer Kapazität von 177’000 Palettplätzen. Eine Intensivierung der Strassentransporte während der Nacht wird erwogen. Planzer betreibt seit 1996 City Logistik in Zusammenarbeit mit der SBB. In Zermatt erfolgt der Gütertransport zum Endkunden neu auch mit Pferdefuhrwerken.

Daniel Schöni, Inhaber der Firma Schöni, stellt einleitend die Erfolgsgeschichte seines Unternehmens vor. Gegründet wurde die Firma 1969 mit dem Ziel, den dannzumal unzuverlässigen Güterverkehr nach Italien als Marktnische zu erschliessen. Schon früh wurde auf Huckepack gesetzt. 2005 bekannte sich Schöni zum kombinierten Verkehr. 2010 wurde mit 22’800 Aufliegern der Spitzenwert erreicht. Seither erfolgte primär aus Kostengründen eine Rückverlagerung auf die Strasse, zurzeit werden jährlich noch rund 6000 Sendungen mit der Bahn abgewickelt. Daniel Schöni präsentiert den Zerfall der Frachtgebühren anhand einer nachdenklich stimmenden Folie. Die Einführung eines zusätzlichen Blockzuges nach Italien ist äusserst nervenaufreibend und erfordert – so Daniel Schöni – den Konsum von zwei Packungen Valium.

Kostenentwicklung im Transitverkehr. Die Folie wurde den Präsentationsunterlagen von Daniel Schöni entnommen.

Daniel Schöni plädiert für mehr Objektivität und Faktentreue bei der Diskussion um die CO2-Belastung. Die deutschen Kohlenkraftwerke für die Erzeugung von elektrischer Energie sind die grössten CO2-Produzenten Europas. Wie reagieren die Bahnen, wenn die Lastwagen in absehbarer Zukunft ökologischer unterwegs sind als die Güterzüge?

2. Etappe – Besichtigung des Terminals von CT in Cadenazzo / 15. Juni 2022

Nach der Bahnfahrt durch den Gotthard Basis-Tunnel begrüsst uns Andreas Hollenstein in Cadenazzo auf dem Gelände der Firma Camion Transport zur Führung durch den bestehenden und durch die Baustelle des neu entstehenden Terminals.

Der bestehende Terminal für den Umschlag von Gütern zwischen der Bahn und den Lastwagen verfügt im Innern über ein Gleis, auf dem fünf grosse Schiebewandwagen ent- und beladen werden können. Neben dem Gebäude hat es ein Abstellgleis für fünf weitere Schiebewandwagen. Im bestehenden Terminal werden fünfzig Mitarbeitende beschäftigt.

Nach einer kurzen Führung durch den bestehenden Terminal begeben wir uns auf die Baustelle des neuen Umschlagsterminals. Der neue und bedeutend grössere im Entstehen begriffene Terminal hat eine Fläche von 32’000 m2. Er verfügt über zwei Hallengeleise für je 15 Schiebewandwagen. Die Arbeitsabläufe ermöglichen das Arbeiten in zwei Schichten. Speziell ist der baulich abgetrennte Bereich für Gefahrenstoffe. Bei den Investitionen von CHF 42 Millionen hat sich das BAV aufgrund des Güterverkehrsgesetzes an den Kosten der Gleisanlagen beteiligt.

Aussenansicht des bestehenden Terminals.
Baustelle des neuen Terminals.

Auf Anfrage führt Andreas Hollenstein aus, dass sich die Zusammenarbeit mit den übrigen Anbietern von Cargo Domizil auf den Einkauf der Transportleistungen bei den SBB reduziert hat. Sichtlich beeindruckt vom Gesehenen verabschieden sich die Besucher von Andreas Hollenstein. Offensichtlich hat die Eisenbahn im nationalen Güterverkehr durchaus eine Existenzberechtigung – und wie die Investitionen von CT zeigen – auch Entwicklungspotential.

3. Etappe – Besichtigung des Terminals von Hupac in Busto Arsizio / 15. Juni 2022

Nach der Bahnfahrt nach Luino fahren wir mit einem Bus nach Busto-Arsizio zum grossen Terminal der Firma Hupac AG, wo wir von Irmtraut Tonndorf, Director Marketing & Communication, zur Vorstellung ihres Unternehmens empfangen werden.

Die Hupac AG gehört zu 72 Prozent privaten Transportunternehmen und zu 28 Prozent Eisenbahn-Verkehrs-Unternehmen. Sie wurde 1967 gegründet und besitzt über 8100 Tragwagen. 2021 hat Hupac per Bahn über 1’120’000 (Strassen-) Sendungen transportiert. Hupac beschäftigt an mehreren Standorten in Europa rund 630 Mitarbeitende und hat 2021 bei einem Umsatz von CHF 682.5 Mio. einen Reingewinn von CHF 12.4 Millionen erzielt. Der Corona-bedingte Einbruch in 2020 konnte 2021 mit einem Wachstum von 10.7 Prozent teilweise wettgemacht werden. Hupac erbringt ihre Leistungen primär auf der Nord/Süd-Achse und will ergänzend den bereits bestehenden Ost/West-Verkehr mit neuen Zügen ausbauen.

Hupac AG sieht ein grosses Entwicklungspotential und wird zwischen 2021 und 2026 über EUR 500 Mio. in neue und in die Erweiterung bestehender Terminals investieren. Dank einem Wachstum von sieben Prozent soll die Anzahl Sendungen am Ende der Planungsperiode 1.6 Millionen Sendungen pro Jahr erreichen. Mit dem multinationalen EVU BoxXpress wird unter der Bezeichnung «Maritime Shuttle» ein neuer Produktionszweig für den Transport ab den Containerhäfen am Mittelmeer und an der Nordsee geschaffen. Heute werden von Norden nach Süden rund 43 Millionen TEU und in der Gegenrichtung 11 Millionen TEU transportiert. Man erwartet, dass sich die Ströme dank dem Ausbau der Häfen am Mittelmeer und der Bahninfrastruktur angleichen werden, was Hupac AG eine bessere Auslastung ihrer Kapazitäten ermöglichen soll.

Leider, so Irmtraut Tonndorf, haben sich die Probleme im internationalen Schienengüterverkehr in jüngster Zeit massiv verschärft. In der Vorwoche fielen 40 Prozent der Züge aus – im langjährigen Durchschnitt liegt diese Kennzahl bei fünf Prozent – was beim Betrieb und bei den Kunden zu grossen Schwierigkeiten führt. Nur bei einem Bruchteil der verhinderten Transporte kann auf die Strasse ausgewichen werden. Welcher unvernünftige Spediteur würde der Eisenbahn vor diesem Hintergrund verderbliche Ware anvertrauen?

Die DB hat die Probleme bestätigt und Besserung durch bessere Koordination der baulichen Massnahmen versprochen. Hupac AG verfügt bei den Eisenbahnwagen über eine Reserve von zehn Prozent und hat begonnen, eigene Lokführer für den Einsatz bei den beauftragten EVU auszubilden. Unglücklicherweise können die Züge von Hupac AG bei Störungen im deutschen Netz kaum auf französische oder österreichische Transitachsen ausweichen. So müssen bei Störungen in letzter Instanz viel zu häufig Annahmestopps für Güter verfügt werden.

Auf einem Abstecher ins Gelände des Terminals werden den Besuchern die gewaltigen Dimensionen der Anlage ersichtlich. Auf eine Fläche von 245’000 m2 befinden sich dreizehn Umschlaggeleise, elf Abstellgeleise und fünf Wartungsgeleise. Sechs Geleise stehen für Überholungen zur Verfügung. Zwölf Portalkrane ermöglichen theoretisch den Güterumschlag von 33 Zugspaaren pro Tag. Technische Gründe limitieren die Anzahl Zugspaare jedoch auf 25 Einheiten.

Noch zu vorgerückter Stunde herrscht reger Betrieb im Hupac-Terminal in Busto-Arsizio.
Einer der Portalkräne im Hupac-Terminal von Busto-Arsizio.

Marco Terranova, Managing Director von SBB Cargo Italia, erläutert die italienische Sicht eines internationalen EVU. Er beanstandet den konzeptlosen Mitteleinsatz beim Bau und Unterhalt des Schienennetzes sowie strukturelle Hindernisse durch überholte Betriebsvorschriften. Ein Ärgernis ist beispielsweise der in einigen Ländern vorgeschriebene Einsatz eines zweiten Lokführers, was die Transportkosten um einen Viertel erhöht. Die starke Erhöhung der Strompreise verteuert die Trassenkosten um etwa einen Drittel. Diese können von den EVU nicht weiterbelastet werden. Marco Terranova kritisiert in diesem Zusammenhang, dass der Schienengüterverkehr im Gegensatz zum Strassentransport für die Ertragsausfälle wegen Corona kaum Subventionen erhielt.

Auch Marco Terranova bemängelt die unzureichenden Absprachen innerhalb der europäischen Güterverkehrskorridoren sowie die Kapazität und Erreichbarkeit der Terminals. Sorgen bereiten in Italien auch die Betriebsvorschriften der Netzbetreiberin RFI, indem beispielsweise Pönale für zu lange Züge verhängt werden. Zudem könnte die Kapazität der Rangier- und Abstellbahnhöfe von Domodossola durch neue Vorschriften bis zu einem Drittel reduziert werden. Die Besetzung von zahlreichen Positionen im Management von RFI mit Kadermitarbeitenden aus dem Personenverkehr schlägt sich in fehlender Leistungs- und Marktorientierung nieder. Haftungsregeln bei Mängeln fehlen, und wichtige Vereinbarungen für die Leistungserbringung müssen jährlich aktualisiert. Unterschiedliche Regeln innerhalb der EU im Schienengüterverkehr wie Bremssohlen, RID, Zuglänge, Sprache und ERTMS sind zu vereinheitlichen. Der Ausbau der Eisenbahnverbindung zwischen den Häfen in Ligurien und dem Hinterland durch den Terzo Valico wird begrüsst, muss jedoch durch flankierende Massnahmen in den Häfen ergänzt werden. Vor allem müssen genügend Warteräume für Güterzüge im Hinterland bereitgestellt werden. Der Nutzen der Korridore wird wegen den Qualitätsmängeln in Frage gestellt. Die Bahn ist nicht (mehr) in der Lage, Sendungen nach dem «Just-in-Time»-Prinzip zu transportieren.

Der Präsident der Internationalen Vereinigung der Gesellschaften für den Kombinierten Verkehr Schiene/Strasse UIRR, Ralph-Charley Schulze, sieht ein ideales Momentum für den Ausbau des Kombinierten Verkehrs als umweltfreundliche Transportart. Leider wird der Nutzen von Förderungsmassnahmen gelegentlich durch gegenläufige Massnahmen eingeschränkt. Wie Marco Terranova fordert Ralph-Charley Schulze eine verstärkte Standardisierung im internationalen Güterverkehr. Die Gewichtsbeschränkung für die Lastwagen ist dringend beizubehalten. Erwogen werden sollte die Ausgründung der europäischen Güterverkehrskorridore in eigene Unternehmen. Ralph-Charley Schulze teilt die Meinung von Daniel Schöni bezüglich einer ganzheitlichen Betrachtung der CO2-Problematik und einer Vereinheitlichung der Messsysteme für den CO2-Ausstoss.

Die interessante Besichtigung des Terminals von Busto-Arsizio schliesst mit einem Abstecher zum eindrücklichen Umschlagsterminal der Firma Schöni. Hier werden die mit Lastwagen angelieferten Sendungen für den Weitertransport auf der Schiene auf Güterwagen verladen – mehrheitlich von Süden nach Norden.

Verladerampe des Terminals der Firma Schöni in Busto-Arisizio.
Innenraum des Terminals der Firma Schöni in Busto-Arsizio mit Konsumgütern für die Schweiz.

Busfahrt von Busto-Arsizio nach Alessandria / 15. Juni 2022

Auf der Weiterfahrt nach Alessandria ergeben sich spannende Gespräche. Der Bedarf nach einer einheitlichen Bahnsprache, wohl Englisch, wird diskutiert. Der Einsatz der englischen Sprache ist aus Sicht des Verfassers überfällig.

Auch die Vorschrift der Streckenkundigkeit für das Lokpersonal wird in Anbetracht der neuen Leitsysteme wie ERTMS in Frage gestellt. Aus Sicht eines Fachmanns sprechen Sicherheitsüberlegungen für die Beibehaltung dieses Prinzips.

Federico Rossi, Mitarbeiter von BLS Infrastruktur, dessen Referat «Ausbauperspektiven für die Simplon-Achse» aus zeitlichen Gründen ausfallen musste – die Unterlagen der Präsentation stehen in schriftlicher Form zur Verfügung – könnte die Stabilität des Netzes in Deutschland durch die Herrichtung von Nebenstrecken für den Güterverkehr und die Optimierung der Stellwerke relativ rasch und mit vertretbarem Aufwand verbessert werden. Parallel dazu müsste die Flexibilität auf den Hauptstrecken durch die Bereitstellung von Ausweichgleisen und Gleiswechselmöglichkeiten (Banalisierung) erhöht werden.

4. Etappe – Allgemeine Einführung und Besichtigung des Hafens von Genova Pra / 16. Juni 2022

Nach einer durch den Stau auf der Autobahn verzögerten Busfahrt treffen wir kurz nach zehn Uhr auf dem Hafengelände im Zentrum von Genua ein. Der Stau wurde durch ausgedehnte Sanierungsarbeiten an der Autobahn verursacht. Beim Vorbeifahren zeigten sich für hiesige Vorstellungen undenkbare Betonschäden an Tunnelwänden, Stützmauern und Brücken. Der Sanierungsbedarf ist riesig. Bemerkenswert war auch die Herkunft der grossen Lastwagen. Die langsame Fahrt ermöglichte die Feststellung der Herkunft der Fahrzeuge. Eine spontane Stichprobe von zehn hintereinander fahrenden grossen Lastwagen ergab, dass nur drei davon in Italien immatrikuliert waren. Vier Lastwagen stammten aus Portugal oder Spanien, und drei aus Polen und Rumänien.

Um 10.40 Uhr Uhr begrüsste uns Paolo Emilio Signorini, Präsident der Western Ligurian Sea Port Network Authority im Palazzo San Giorgio, dem aus dem frühen Mittelalter stammenden, prunkvollen Verwaltungsgebäude der Hafenaufsichtsbehörde.

Flüchtig aufgenommenes Bild aus dem Plenarsaal des Palazzo San Giorgio in Genua.

In einer kurzen Ansprache erwähnte Paolo Emilio Signorini die einst dominante Bedeutung des Hafens von Genua für die Schweiz und lobte die NEAT. Er führte aus, dass 60 Prozent der Anlieferungen von Gütern per Schiff in Containern oder verwandten Transportgebinden eintreffen. Die Häfen von Genua wollen den Anteil der mit der Bahn weiter beförderten Container von heute 15 auf 25 Prozent erhöhen. Zu diesem Zweck wird die Bahnerschliessung substantiell ausgebaut. Der relativ tiefe Anteil der Schiene ist primär durch die kurzen Transportdistanzen in das wirtschaftliche starke Hinterland bedingt.

Karte des Schienennetzes im Grossraum Genua. Der Verlauf der Neubaustrecken des Projekts Terzo-Valico ist schwach erkennbar. Die Karte wurde mit bestem Dank dem „Eisenbahnatlas Italien/Slowenien“ von Schweers+Wall entnommen.

Nach der Einführung durch Paolo Emilio Signorini präsentieren Mitarbeitende eine Fülle von Fakten über die Häfen in Ligurien. Die Häfen in Ligurien zählen zu den bedeutendsten Tiefseehäfen im Mittelmeer mit einer Kapazität von 2.8 Millionen TEU. Die Häfen beschäftigen über 31’000 Mitarbeitende. Dazu kommen gegen 70’000 weitere Arbeitsplätze bei Zuliefer- oder Nebenbetrieben. Die vier Häfen der Hafenbehörde erstrecken sich über eine Fläche von sieben Quadratkilometern. Die Länge der Kais mit insgesamt 30 Anlegestellen mit Portalkränen beträgt über 17 Meilen, entsprechend knapp 26 Kilometer.

Der Corona-bedingte Einbruch konnte beinahe wettgemacht werden. Neben dem Umschlag von Waren werden ergänzende Dienstleistungen wie Schiffbau und Unterhalt sowie Wartung und Entsorgung angeboten. Zudem werden mittelgrosse Yachten gefertigt, und mit über 2 Millionen Passagieren gehören die Häfen von Genua auch im Personenverkehr zu den grössten Häfen Europas. In Ligurien sind mit MSC in Genua und mit Costa Cruises in Savona zwei der weltweit grössten Redereien domiziliert.

Ein paar Zahlen dokumentieren das stürmische Wachstum des Containerverkehrs und das Gewicht der Häfen in Ligurien beim Umschlag von Containern. Insgesamt wurden 2021 in italienischen Häfen 7.2 Millionen TEU gelöscht, davon 61.5 Prozent in den Häfen von Ligurien und 19.8 Prozent an den adriatischen Häfen.

Von 2011 bis zu dem durch Corona beeinträchtigten Jahr 2021 wuchs die Anzahl der Containerzüge pro Jahr von 5155 auf 9387 Züge. Die Zunahme der per Bahn weiter beförderten Container stieg von rund 246’000 TEU auf 380’328 TEU. Der Anteil der Eisenbahn am gesamten Containerverkehr stieg von 14.6 Prozent auf 15.7 Prozent. Die meisten Container – und das mit steigendem Anteil – waren für Abnehmer im Piemont und in der Lombardei bestimmt. Wie von Paolo Emilio Signorini ausgeführt soll der Anteil der ab Genua mit der Eisenbahn weiter beförderten Container mit dem Ausbau der Bahninfrastruktur gesteigert werden, wie etwa durch den Ausbau des Streckennetzes und der Rangierbahnhöfe.

Zurzeit verkehren in der Regel nur je drei Containerzüge pro Woche nach Busto-Arsizio und nach Frenkendorf. Acht Züge fahren nach Melzo. Stark wachsend ist der Anteil von neuen EVU am Transportvolumen.

In der Diskussion erläutert Pascal Jenni die Strategie von SBB Cargo International für die Gewinnung von neuen Kunden. Leider wurden diese Bestrebungen durch Corona empfindlich behindert.

Im Anschluss an diese interessanten Präsentationen verschieben wir uns zum Hafen von Genova Pra, wo wir im Verwaltungsgebäude von Massimiliano Cozzani, Senior Manager von PSA, und seinem Team empfangen werden. Der Hafen gehört mehrheitlich zur Port of Singpore Authority PSA, der weltweit grössten Betreiberin von Häfen. Über die Häfen von PSA wurden 2021 weltweit 91.5 Mio. TEU umgeschlagen. In 28 Ländern befinden sich 53 Häfen und 60 Terminals.

Ausblick vom Verwaltungsgebäude auf die ausgedehnten Hafenanlagen von Genova Pra.

Vom obersten Geschoss des Verwaltungsgebäudes bietet sich ein guter Überblick über die imposanten Hafenanlagen. Die Fläche ist in drei Zonen unterteilt, nämlich die Ship-Side (Umschlag Schiff-Land), die Yard-Side (Lagerfläche) und die Quay-Side (Umschlag Lager-Lastwagen oder Bahn). Der überwiegende Teil der Container wird auf der Strasse weiterbefördert. An Spitzentagen erfolgen 2000 Lastwagenfahrten, im Jahresdurchschnitt sind es pro Tag rund 1800 Fahrten. Der Mangel an qualifizierten Chauffeuren hat bedrohliche Ausmasse angenommen. Pro Woche verlassen zwischen 91 und 96 Züge den Hafen von Genova Pra. Die maximale Kapazität liegt bei 120 Zügen pro Woche. Allerdings ist die Zuglänge auf 460 Meter beschränkt – statt der angestrebten Länge von 750 Metern. Das Verlagerungspotential für die Eisenbahn vorab im internationalen Güterverkehr ist gross. Man schätzt, dass der Transport von Containern aus Asien über die Häfen am Mittelmeer – anstatt über die Nordseehäfen – zu den Empfängern in Mitteleuropa zwischen 15 und 40 Prozent weniger CO2 verursacht und zudem vier bis sieben Tage weniger in Anspruch nimmt.

Zudem verfügen die Häfen am Mittelmeer im Gegensatz zu den chronisch überlasteten Häfen an der Nordsee über freie oder rasch zu erschliessende Kapazitäten. In krassem Gegensatz zu den hiesigen Vorurteilen wurden die Häfen in Ligurien seit 20 Jahren nicht mehr bestreikt. Als positiv zu werten ist, dass das allgemeine Bewusstsein über die Probleme im europäischen Güterverkehr steigt.

5. Etappe – Besichtigung des neuen Tiefseehafens Savona Vado Ligure / 16. Juni 2022

Nach der Busfahrt gelangen wir zum neuen Tiefseehafen von Vado Ligure. Dieser moderne Hafen wurde nach kürzester Bauzeit im Dezember 2019 eröffnet und verfügt über eine Kapazität für 1.1 Mio. TEU. Neben dem Containerhafen befindet sich ein weiterer neuer Hafen für den Umschlag von anderen Gütern wie Autos oder Oel. Unweit der Hafenanlagen erkennt man ein Werk der von Alstom übernommenen Bombardier AG für die Herstellung von Eisenbahnfahrzeugen.

Eisenbahnlinien im Grossraum Savona. Seit einigen Jahren ist die Neubaustrecke Richtung Ventimiglia in Betrieb. Die Karte wurde mit bestem Dank dem „Eisenbahnatlas Italien/Slowenien“ von Schweers+Wall entnommen.

An die kurze Einführung von Daniela Mossa, Commercial Manager, schliesst eine Besichtigung der Hafenanlagen an. Der Betrieb der Yard-Side erfolgt vollautomatisch. Die Container werden mit den Kränen vom Schiff auf die Ship-Side abgeladen. Von da werden sie vollautomatisch mit den Portalkränen in der Yard-Side zwischengelagert und von dort unmittelbar vor dem Abholen auf der Quay-Side deponiert, von wo aus sie mit manuell bedienten Stackern auf Lastwagen oder Eisenbahnwagen verladen werden. Die Zeit zwischen dem Eintreffen der Lastwagen und dem Beladen mit dem Container wird als GMPH bezeichnet und liegt unter 30 Minuten. Die eindrücklichen und fast hundert Meter hohen Portalkräne wurden vollständig gefertigt aus China importiert und auf das Festland verschoben. Eindrücklich sind auch Ausmasse und die Beweglichkeit der imposanten Stacker.

Imposanter und fast hundert Meter hoher Hafenkran zum Abladen der Container vom Schiff auf das Festland. Die Hafenkräne wurden in ihrer ganzen Grösse fertig montiert von China nach Vado Ligure verschifft und hier abgeladen.

Nach der Besichtigung der Hafenanlagen begrüsst uns Dr. Luigi Ghilotto, Senior Manager von Vado Ligure, und ergänzt die Ausführungen von Daniela Mossa. Die Häfen von Vado Ligure gehören der weltweit tätigen APM-Gruppe. Chinesische Investoren sind mit einer Minderheitsbeteiligung von 49 Prozent an den Häfen beteiligt. Die Betreiber von Vado Ligure streben die Ansiedelung von Firmen in der weiteren Umgebung der Häfen an. Unter anderem wurden frühere Getreidesilos für die Zwischenlagerung von ungerösteten Kaffeebohnen umgenutzt. Die maximale Kapazität der Anlagen liegt bei sagenhaften 65’000 Tonnen. Weitere Kooperationen unter anderem mit Nestlé sind in Vorbereitung.

Der Anteil der Eisenbahn an den weiter beförderten Containern liegt zurzeit bei 24 Prozent und soll auf 40 Prozent gesteigert werden. Zurzeit verlassen täglich durchschnittlich fünf bis sieben Züge den Hafenbahnhof von Vado Ligure. Möglich wären zwölf Züge. Die Infrastruktur soll für die Bildung von 750 Meter langen Güterzügen ausgebaut werden. Angestrebt wird eine Kooperation mit Hupac über das Terminal von Busto-Arsizio.

Die Anlagen und die Infrastruktur hinterlassen bezüglich des Umweltschutzes und der Qualität der Arbeitsplätze einen vorzüglichen Eindruck. Der Schutz von Umwelt, Menschen und Gütern geniesst höchste Priorität. Zwischen den Betrieb der Hafenanlagen und der touristischen Nutzung der Strände von Savona ergaben sich Zielkonflikte, die gemäss den vorliegenden Informationen einvernehmlich gelöst werden konnten.

6. Etappe – Stiftung SLALA / 16. Juni 2022

Auf dem Weg vom Hotel zum Vortrag der Stiftung SLALA begegnen wir dem Geburtshaus der legendären Firma „Borsalino“.

Vor dem Abendessen stellen uns Vertreter in Alessandria SLALA vor. Diese Stiftung strebt mit grossem Engagement der Mitwirkenden die Förderung des Grossraums Alessandria für die Ansiedelung von Industrie, Gewerbe und Transportfirmen an. Sie orientieren sich dabei am Erfolg von ähnlichen Fördermassnahmen im Raum Tortona. Die in wenigen Jahren in Betrieb gehende neue Eisenbahnverbindung zwischen den ligurischen Häfen und Alessandria bietet grosse Chancen. Alessandria verfügt über eine Flächenreserve von rund 1 Mio. m2 und eine ungenutzte Abstellanlage für Güterwagen. Zudem ist Alessandria hervorragend an das italienische Schienennetz und an drei Autobahnen angebunden. Als Alternative zum Ausbau der Rangieranlagen bei den Häfen könnten von dort kürzere Güterzüge nach Alessandria geführt und hier in 750 Meter langen Zügen umformiert werden.

7. Etappe – Besichtigung von zwei Baustellen des Terzo Valico / 17. Juni 2022

Firmenschild der Firma WeBuild.

Am 17. Juni 2022 begrüsst uns Mariano Concetti, Direktor bei RFI und für das gesamte Projekt verantwortlich, in Arquata Scrivia zur Präsentation von Terzo Valico dei Giovi. Zur Gruppe der Bahnjournalisten gesellen sich je grössere Gruppen der Gesellschaft der Ingenieure des öffentlichen Verkehrs GDI und einer schweizerischen Kaderorganisation. Insgesamt nehmen über 70 Personen an der Präsentation teil.

Übersichtskarte über das Projekt „Terzo Valico dei Giovi“. Besichtigt wurden die Baustellen ADVE und OVVG/NV05.

Walter G. Finkbohner – er hat sich hinter den Kulissen sehr für unser heutiges Programm eingesetzt – übersetzt die auf Italienisch vorgetragenen Ausführungen von Mariano Concetti und seiner Projektleiter laufend auf Deutsch.

Das Projekt bezweckt den Bau einer neuen Hochleistungsstrecke zwischen Genua und der Poebene. Damit entsteht als Ergänzung zu den bestehenden beiden doppelspurigen Strecken zwischen Genua und Arquata Scrivia eine dritte Eisenbahnlinie. Zur konsequenten Trennung der Verkehrsarten wird das Projekt im Grossraum Genua mit einem für die S-Bahn bestimmten 2.5 Kilometer langen Tunnel ergänzt. Die Streckenlänge beträgt 53 Kilometer, wovon 37 Kilometer in Tunnels. Die maximale Steigung beträgt 12.5 Promille, was das Führen von 750 Meter langen Zügen mit einer Lokomotive ermöglicht. Grundsätzlich werden zwei einspurige Tunnels mit einem Querschnitt von je 73 m2 gebaut. Der Querschnitt in den doppelspurig ausgeführten Tunnelzufahrten beträgt 106 m2.

Dazu kommt eine bereits gebaute Anbindung des Hafens von Genua Pra. Das Budget für die weitgehend von der EU finanzierten Investitionen beträgt EUR 6.167 Mia, dazu kommen EUR 988 Mio. für den Knoten Genua und EUR 306 für den Anschluss des Hafens bei Genua Campobasso.

Die von den Firmen Cociv und WeBuild gebauten Strecken sollen 2026 in Betrieb genommen werden. Im Bereich von Arquate Scrivia verzweigt die Strecke in zwei Teilstrecken – eine davon führt nach Tortona und die andere in Richtung Alessandria.

Auch die Zulaufstrecken zum Terzo Valico werden mit einem enormen Mitteleinsatz ausgebaut. So wird die Strecke von Milano Rogoredo bis nach Pavia für EUR 250 Mio. durchgängig auf vier Geleise erweitert. Die Strecke von Pavia nach Tortona wird für EUR 156 Mio. erneuert und für eine Geschwindigkeit von 180 km/h hergerichtet. Im Zuge dieser Arbeiten werden Vorbereitungen für eine spätere Erweiterung auf Vierspur getroffen. Ebenfalls mit einer zweiten Doppelspurstrecke erweitert wird die topografisch anspruchsvolle Strecke zwischen Tortona und Voghera. Die Kosten dafür erscheinen mit EUR 500 Mio. vergleichsweise hoch. Alle Strecken werden für die Umstellung auf ERTMS bzw. ETCS vorbereitet.

Aus schweizerischer Sicht ist erfreulich, dass dem Vernehmen nach Abklärungen für den Ausbau der direkten Verbindung zwischen Milano Rogoredo und Monza bzw. der Anbindung der Flughäfen von Malpensa an die Fernverbindung zwischen Domodossola und Mailand im Gang sind. Auch soll die Strecke von Como nach Monza beschleunigt und ggf. mit einem dritten Gleis erweitert werden.

Nach den Präsentationen werden die Teilnehmenden mit Kleinbussen zu zwei von insgesamt zwölf Grossbaustellen befördert. Daneben wurden für den Bau sechs ausgedehnte rückwärtige Werkplätze eingerichtet.

Baustelle ADVE – Blick aus dem Tunnel auf das Verzweigungsbauwerk Richtung Tortona und Alessandria.
Baustelle ADVE – weiterer Blick auf das Verzweigungsbauwerk.
Eindruck von der Baustelle NV05.
Ein weiterer Eindruck von der Baustelle NV05.

Die Teilnehmenden werden für die Besichtigung mit neuen Schutzwesten, Schutzhelmen und Sicherheitsschuhen ausgerüstet und unterwegs mit einem reichhaltigen Apéro riche verpflegt. Dankbar und sehr beeindruckt von der Gastfreundschaft und vom Gesehenen werden die Teilnehmenden am Nachmittag im Grossraum Genua verabschiedet.

Kommentar

Vorab ein grosses Dankeschön an Kurt Metz für Organisation und die Leitung der hoch interessanten Reise, den Referentinnen und Referenten für die uns gewidmete Aufmerksamkeit und die Fülle von Informationen, den Sponsoren für ihre Unterstützung, Dr. Max Ehrbar für das Lektorat und – last but not least – den Teilnehmenden für die bereichernden Gespräche unterwegs.

Ich habe davon abgesehen, den Referentinnen und Referenten diesen Beitrag zur Stellungnahme zukommen zu lassen. Ich bitte ggf. um Korrekturwünsche, die ich umgehend einarbeiten würde.

Zum Schluss zwei kritische Fragen:

  1. Ich habe in diesem Beitrag auf die Herkunft der Lastwagen auf Fahrt nach Genua hingewiesen. Ähnliche Beobachtungen habe ich in den letzten Monaten am Brenner, auf deutschen Autobahnen und auf dem Balkan gemacht. Ich frage mich, ob das Fokussieren auf eine zusätzliche Anzahl Züge aus dem Mittelmeerraum nach Norden aufgrund der Situation nicht ein viel zu bescheidenes Ziel ist und ob man sich nicht gescheiter auf eine fundamentale Stärkung des europäischen Schienengüterverkehrs konzentrieren sollte.
  2. Zweitens stellt sich die Frage, ob die Struktur und die Eigentumsverhältnisse der europäischen Güterbahnen in Anbetracht der alarmierenden Zustände im europäischen Schienengüterverkehr noch angemessen sind.

Perlen an der Drau

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Im Rahmen einer Radtour von Toblach nach Maribor im April 2022 entlang der Drau bot sich Gelegenheit, beim Vorbeifahren einige Eindrücke von Verkehrsinfrastrukturen zu gewinnen.

Durch frühere Bahnreisen war ich mit der Gegend und einigen Bahnhöfen vertraut. Vor vier Jahren war ich zum letzten Mal in Lienz.

Die Veränderungen seit meinem letzten Besuch in der Region sind immens. Vor allem die Bahnhöfe von Lienz und Maribor sind kaum mehr zu erkennen. Neben den Bahnhöfen sah man nur noch neues und gepflegtes Rollmaterial. Das gilt in besonderem Mass für Slovenske Zeleznice SZ, die Staatsbahn von Slowenien.

Bei kurzen Aufenthalten haben wir mit dem Smartphone ein paar flüchtige Bilder aufgenommen, mit denen wir das Gesehene und unsere Eindrücke dokumentieren möchten.

Innsbruck

Bei unserer Anreise nach Toblach mussten wir Innsbruck auf den Anschlusszug auf den Brenner warten. Für den Wechsel auf einen anderen Bahnsteig benutzten wir mit unseren Fahrrädern den Lift.

In diesem Lift fanden neben zwei Personen mit Fahrrädern und Packtaschen drei Damen mit Rollkoffern und ein Vater mit einem Kinderwagen Platz.

In der Halle des Bahnhofs Innsbruck entdeckten wir neben dem grosszügigen allgemeinen Warteraum einen eigens für Jugendliche bestimmten und entsprechend ausgestatteten Warteraum.

Frontseite des Jugendwarteraums im Hauptbahnhof Innsbruck.
Auslage im Jugendwarteraum im Hauptbahnhof Innsbruck.

Sillian

Sillian ist eine österreichische Marktgemeinde im Hochpustertal. Der Tourismus ist in der von rund 2‘200 Menschen bewohnten Gemeinde ein wichtiger Einkommenszweig. In den letzten fünf Jahren wurde der früher einfache Bahnhof grundlegend erneuert und präsentiert sich heute ansprechend. Sillian wird von Zügen von SAD, dem Verkehrsverbund der Region Südtirol, stündlich bedient. Die sechsteiligen Flirt-Triebwagenzüge der Firma Stadler AG verkehren grenzüberschreitend von Lienz nach Franzensfeste/Fortezza.

Ansicht des Bahnhofs von Sillian von Osten.
Unterstand für Fahrräder und daneben überdeckter Abgang in die Unterführung im Bahnhof Sillian.

Lienz

Bei meinem letzten Besuch in Lienz vor vier Jahren erfuhr ich, dass der Bahnhof erneuert werden soll. Der Bahnhof präsentierte sich damals als etwas in die Jahre gekommen, war jedoch gut unterhalten und wies keine Schäden auf. Ich erwartete aufgrund der Ankündigung von ÖBB Infra, dass die Anlagen behindertengerecht ausgebaut und verschiedene Publikumsanlagen modernisiert würden.

Lienz hat knapp 12‘000 Einwohner und ist Verwaltungssitz des gleichnamigen Bezirks. Die gepflegte Kleinstadt in Osttirol wird neben einer einzigen Fernverbindung nach Wien stündlich von Regionalzügen der ÖBB Richtung Spittal-Millstättersee und derjenigen des SAD nach Franzensfeste bedient. Zudem verkehren Busse in die Region sowie einige direkte Fernbusse der ÖBB nach Innsbruck oder nach Kitzbühel.

Was ich jedoch bei unserem kurzen Aufenthalt zu sehen bekam, machte mich sprachlos. Eine der beiden Unterführungen wurde erheblich erweitert und zu einer komfortablen Radunterführung ausgebaut. Anstelle von Ladengeschäften wurde eine Wand auf einer Länge von weit über hundert Metern mit Glasplatten geschmückt. Prachtvoll! Atemberaubend ist auch der Aufgang aus der Unterführung zum Bahnhof mit einem grosszügig dimensionierten Lift und einer benutzerfreundlichen Treppe.

Zugang zur Unterführung aus dem Stadtzentrum zum Bahnhof Lienz. Die Fertigstellungsarbeiten sind noch im Gang.
Vorderes, aus dem Stadtzentrum führendes Teilstück der Unterführung des Bahnhofs Lienz.
Mitte der Unterführung des Bahnhofs Lienz. Links ist der Zugang zum Lift erkennbar.
Eindruck aus dem mittleren Bereich der Unterführung des Bahnhofs Lienz mit dem Treppenaufgang.
Glaskuppel über dem Aufgang aus der Unterführung und Seitenansicht der Treppe im Bahnhof Lienz.
Treppe und Lift aus der Unterführung im Bahnhof Lienz. Im Hintergrund je ein Triebwagenzug von ÖBB und SAD.
Blick auf den Hausperron im Bahnhof Lienz.
Neben der Unterführung des Bahnhofs Lienz gelegene Strassenbrücke über die Drau.

Bahnhof Maribor

Maribor ist mit knapp 100‘000 Einwohnern die zweitgrösste Stadt von Slowenien. Ich bin im Bahnhof von Maribor zwischen 2012 und 2018 mehrmals umgestiegen und hatte den Bahnhof in recht guter Erinnerung. Er wirkte damals zwar etwas unbelebt, war jedoch sauber und gut unterhalten. Meines Wissens war er jedoch nicht behindertengerecht ausgestattet.

Unsere Eindrücke beim Warten auf den Zug nach Graz waren überwältigend. Die Unterführung und die Bahnsteige wurden neu gebaut und präsentieren sich bestens. Zu den Bahnsteigen gelangt man mittels Rolltreppen, Lift oder bequem zu begehender Treppe.

Blick im Bahnhof Maribor vom zweiten Mittelperron auf den soeben eingefahrenen Neigezug aus Ljubljana.
Der grössere der beiden Mittelperrons im Bahnhof von Maribor. Links ist der Zugang zum Lift in die Unterführung erkennbar. Auf der rechten Seite liegt der Hausperron.
Treppe vom Mittelperron des Bahnhofs Maribor in die Unterführung. Die benutzerfreundlich angelegte Treppe hat alle zwölf Stufen ein etwa einen Meter breites Podest. Man beachte die verwendeten Materialien.
Rolltreppen aus der Unterführung des Bahnhofs Maribor auf den Mittelperron.
Anzeigetafel auf dem Mittelperron des Bahnhofs Maribor.
Abfalleimer auf dem Mittelperron des Bahnhofs Maribor.

Auch das Rollmaterial präsentiert sich im Vergleich zu früheren Jahren tadellos. Noch vor wenigen Jahren waren die meisten Triebwagenzüge bemalt oder verschmutzt. Auch das Angebot – es ist immer noch viel weniger dicht als in der Schweiz – wurde ausgebaut.

Auf der Fahrt von Maribor nach Graz sahen wir, dass in Richtung Österreich auf einer Länge von schätzungsweise 15 Kilometern neben der heute einspurigen Strecke an einer grosszügig trassierten doppelspurigen Neubaustrecke gebaut wird.

Ganz offensichtlich wird in Slowenien mit einem enormen Aufwand an der Erneuerung der Eisenbahn gearbeitet. So sah ich bereits im Oktober 2021 auf einer Bahnreise, dass die Bahnlinie von Jesenice in Richtung Ljubljana und mehrere Haltestellen daran aufwendig erneuert wurden.

Busterminal Maribor

Bei früheren Bahnreisen mit der Bahn von Maribor nach Bleiburg in Kärnten bemerkte ich ein etwa 250 Meter südwestlich vom Bahnhof Maribor liegendes grosses Busterminal. Bei der Fahrt von der Unterkunft zum Bahnhof statteten wir dem Busterminal einen kurzen Besuch ab. Gemäss den Fahrplänen ist der Betrieb ausserhalb der Hauptverkehrszeiten mässig.

Die Anlagen vermitteln einen luxuriösen Eindruck. Ich habe in den letzten zehn Jahren in Europa einige grosszügige und kundenfreundliche Busterminals angeschaut – aber derjenige von Maribor übertrifft alle mir bekannten Anlagen um Welten.

Beheizte Wartehalle im Busterminal von Maribor. Auf der linken Seite befinden sich Schalter, Ladengeschäfte und Toiletten. Rechts die Schiebetüren zu den Halteplätzen der Busse.
Blick aus einer Schiebetüre des Busterminals von Maribor. Links die Halteplätze der Busse, rechts die Wartehalle.

Und ein abschliessender Stossseufzer: Weshalb nehmen die sozialen und ökologischen Postulaten zugeneigten Behörden der Stadt Zürich und die Öffentlichkeit die unhaltbaren Zustände am Carparkplatz am Sihlquai seit Jahren hin?

Koralmbahn – grossartig und visionär

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Zurzeit wird In Österreich an der Koralmbahn, einem weiteren grossen Eisenbahnprojekt, gearbeitet, Die Koralmbahn wird nach ihrer mutmasslichen Fertigstellung im Jahr 2025 die Reisezeit zwischen Graz, Hauptstadt des Bundeslandes Steiermark, und Klagenfurt, Hauptstadt des Bundeslandes Kärnten, auf einen Bruchteil der heutigen Zeit reduzieren.

Lage der Koralmbahn mit dem gepunkteten Linienzug. (Auszug aus dem Eisenbahnatlas EU von Schweers+Wall).

Der Bau der Koralmbahn ist eingebettet in das Projekt „Ausbau Südstrecke“ und damit Bestandteil des „Baltisch-Adriatischen Korridors“ der EU.

Baltisch-Adriatischer Korridor. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB).

Zudem wird die Koralmbahn die Erreichbarkeit von heute eher peripheren Regionen in Österreich substantiell verbessern.

Nachdem wir den Fortschritt dieses grossartigen Eisenbahnprojekts seit einigen Jahren intensiv verfolgen und mehrere Studienreisen in die Region unternommen hatten, besichtigten wir anfangs April 2022 das Projekts auf den eigens dafür geschaffenen „Rad-Infopfaden“ auf seiner ganzen Länge. Die Eindrücke von diesem in vieler Hinsicht beispielhaften Projekt waren überwältigend. Mehr darüber in diesem Bericht.

Verkehrsverbindungen zwischen Graz und Klagenfurt

Die Bahnfahrt zwischen Graz und Klagenfurt dauert heute rund drei Stunden. Zudem muss dabei in der Regel in Bruck an der Mur umgestiegen werden. Der elektronische Fahrplan der SBB zeigt für einen Werktag zehn Verbindungen.

Mit den direkt verkehrenden Intercity-Bussen der ÖBB dauert die Fahrt über den Packsattel 2 Stunden und 13 Minuten. Täglich verkehren sieben Buspaare.

Mit der Koralmbahn verkürzt sich die Reisezeit zwischen Klagenfurt und Graz auf nur noch 45 Minuten und somit auf etwa einen Viertel der Dauer der heutigen Bahnreise.

Auch die Erreichbarkeit des Lavanttals wird durch die Koralmbahn substantiell verbessert. Die Reisezeit von der Landeshauptstadt Klagenfurt zu Städten wie Wolfsberg in Kärnten oder St. Paul sinkt im Vergleich zu heute auf weniger als die Hälfte.

Die Koralmbahn im Überblick. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB).

Koralmbahn im Überblick

Die Länge der Neubaustrecke beträgt ohne die bestehende Schleife über Bleiburg 125,4 Kilometer. Davon liegen 50,3 Kilometer in Tunnels oder Überdeckungen. Der Tunnelanteil beträgt 40,2 Prozent.

Kennzahlen zur Koralmbahn. (Daten aus Wikipedia).

Die Koralmbahn folgt im Westen teilweise der heute im Dieselbetrieb befahrenen Bestandesstrecke von Klagenfurt über Bleiburg nach Wolfsberg. Bleiburg bleibt auch inskünftig über eine elektrifizierte Schleife an die Koralmbahn angebunden. Von Klagenfurt aus fahren die Regionalzüge nach Wolfsberg bereits heute auf rund dreissig Kilometern auf der Koralmbahn.

Im Raum Graz werden die grossen Güterterminals an die Koralmbahn angebunden. In Planung für einen weiteren Ausbauschritt ist ein zusätzlicher Bahnhof am Flughafen Graz. Der Flughafen ist vom Zentrum von Graz aus bereits heute mit der S-Bahn in wenigen Minuten erreichbar.

Zwischen Weitendorf und Wettmanstetten dient die Koralmbahn auf einer Länge von knapp zwanzig Kilometern auch dem Regionalverkehr. Bereits heute benutzen die mit Diesel betriebenen Züge der Graz-Köflach-Bahn GKB die Geleise der Koralmbahn auf den erwähnten Abschnitt. Die Elektrifikation der GKB steht gemäss den uns vorliegenden Informationen jedoch bevor.

Die Strecke wird für Höchstgeschwindigkeiten bis zu 250 km/h ausgelegt. Teile der Strecke dienen wie erwähnt sowohl auf dem Ost- und als auch auf dem Westast auch dem Regionalverkehr.

Die baulichen Arbeiten sind weit fortgeschritten. Zurzeit sind noch grössere bauliche Aktivitäten zwischen Graz Don Bosco und Weitendorf sowie von Aich nach Eis/Ruden im Gang. Des Weiteren wird intensiv an der Fertigstellung von einigen Bahnhöfen gearbeitet.

Entlang der Koralmbahn werden 23 Bahnhöfe neu gebaut oder erneuert. Zudem wird die Lavanttalbahn elektrifiziert.

Die gesamten Investitionen für die Koralmbahn könnten gemäss unbestätigten Meldungen aus der Presse EUR 10 Milliarden erreichen, nachdem man 2009 noch von einem Investitionsbedarf von EUR 5,2 Milliarden ausgegangen war. Die Mehrkosten sind auf die Baukostenteuerung und substantielle Mehrleistungen zurückzuführen.

Reportage von der Erkundungstour von Klagenfurt nach Graz

Meine Eindrücke waren wie eingangs erwähnt überwältigend. Lärm- und Umweltschutz, Sicherheitsmassnahmen sowie Gestaltung und Funktionalität der Bahnhöfe sind einzigartig.

Beispielhaft sind auch die Kommunikationsmassnahmen und die Projektdokumentationen wie Karten und Prospekte für die Öffentlichkeit sowie die sechs Informationspavillons.

Bilder sagen bekanntlich mehr als Worte. Die folgenden Bilder und die Kommentare vermitteln Eindrücke von der Erkundungstour von Klagenfurt nach Graz.

Blick vom Bahnsteig 2 auf das Bahnhofsgebäude von Klagenfurt.
Blick von der Busstation auf das Bahnhofsgebäude von Klagenfurt.
Blick vom Bahnhof Klagenfurt auf das westliche Ende der Koralmbahn.
Haltestelle Klagenfurt-Ebenthal in einem Vorort von Klagenfurt. Hier werden die HG-Züge der Koralmbahn aus Sicherheitsgründen noch mit mässiger Geschwindigkeit vorbeifahren.
Blick auf die Geleise der Koralmbahn etwa zehn Kilometer ausserhalb von Klagenfurt. Man beachte die Dämme für den Schallschutz. Auf der südlichen Seite schliesst nur landwirtschaftlich genutztes Land an den Damm an. Gebäude hat es dort praktisch keine.
In Abständen von etwa 500 Metern wurden Schutzwände mit Fluchttüren in die Dämme eingebaut. Einige dieser Fluchtwege sind mit Toren für die Durchfahrt von Rettungsfahrzeugen ausgestattet.
Luftbild auf den Bahnhof von Grafenstein. Auf den innenliegenden Geleisen werden die HG-Züge mit 250 km/h vorbeifahren. Der Übergang auf der rechten Seite führt „nur“ über ein kaum benutztes Abstellgleis. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB mit einem nur in den Hauptverkehrszeiten eingesetzten lokbespannten Zug nach Wolfsberg. Üblicherweise verkehren auf dieser Relation nur zweiteilige Dieseltriebzüge, gelegentlich in Doppelkomposition).
Blick auf die vollständig eingehauste Überführung im Bahnhof Grafenstein.
Wegweiser zu einem Interventionsstützpunkt ausserhalb Grafenstein.
Blick auf den Interventionsstützpunkt bei Grafenstein.
Blick auf das Westportal des Lind-Tunnels. Im Hintergrund rechts zweigt die Bestandesstrecke nach Stein im Jauntal ab.
Das Gleis der Bestandesstrecke wird in ein paar Monaten auf die Strecke der Koralmbahn umgelegt.
Brücke über die Drau, welche an den Lind-Tunnel anschliesst.
Westportal des Tunnels bei Stein im Jauntal.
Vorbereitungsarbeiten für die feste Fahrbahn, Auf die Stahlplatten am Boden wird zuerst ein stark armierter Streifen betoniert, auf den die Platten der festen Fahrbahn verlegt werden.
Blick aus Nordwesten auf die kunstvoll bemalte Überführung bei Kühnsdorf.
Luftbild auf den Bahnhof von Kühnsdorf. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB).
Blick von der Zufahrtstrasse auf den Bahnhof von Kühnsdorf.
Blick auf die Überführung des Bahnhofs Kühnsdorf.
Konstruktionsdetail vom Bahnhof Kühnsdorf.
Ein weiteres Konstruktionsdetail vom Bahnhof Kühnsdorf. Die Stäbe der Markierung sind aus rostfreiem Metall gefertigt.
Blick vom Bahnhof Kühnsdorf auf das Westportal der Grünbrücke.
Blick auf die mehrere hundert Meter lange Grünbrücke – darunter versteht man einen im Tagbau erstellten und mit einem Erddamm überdeckten Tunnel. Man beachte die ebene und nur spärlich überbaute Umgebung.
Blick aus Südosten auf die bereits gezeigte Überführung bei Kühnsdorf. Auf beiden Seiten schliessen sich Grünbrücken an die Überführung an.
Blick auf die neue Haltestelle von Mittlern. Diese liegt etwa einen Kilometer vom früheren Bahnhof im Dorfzentrum entfernt. Links befindet sich das Gleis der Schlaufe über Bleiburg, welche hier von der Koralmbahn abzweigt.
Blick auf die Gleisanlagen bei der Haltestelle Mittlern. Man beachte die beiden aussenliegenden Geleise, welche wohl für Überholmanöver bestimmt sind.
Blick auf die Jauntalbrücke für die Bestandsstrecke. Für die Koralmbahn wird auf der rechten Seite eine neue Brücke gebaut.
Blick von Eis/Ruden in Richtung Jauntalbrücke. Links befinden sich vermutlich die Bauplatzinstallationen für den Bau der neue Jauntalbrücke.
Blick von Eis/Ruden zum Südportal des Tunnels Langer Berg mit der Trasse für die Koralmbahn.
Blick von Eis/Ruden auf die Portale der Tunnels Langer Berg.
Einhausung der Verbindungen der Tunnels Langer Berg mit denjenigen der Deutsch Grutschen-Tunnels bei Granitztal.
Depot bei St. Paul mit hier nicht mehr benötigten Schalungswagen für das Betonieren der Innenschalen der Tunnels.
Blick von einer Strassenbrücke bei St. Paul auf die Nordportale der Deutsch Grutschen-Tunnels.
Blick von einer Strassenbrücke bei St. Paul auf die Baustelle des Bahnhofs Lavanttal. Im Hintergrund das mächtige Massiv der Koralpe, unter welcher der rund 33 Kilometer lange Koralmtunnel durchführt.
Blick auf die Westportale der beiden Koralmtunnels.
Blick auf die östliche Zufahrtsstrecke aus Wolfsberg in den Bahnhof Lavanttal.
Blick auf die weit hinten liegende Verzweigung der einspurigen Strecke aus Wolfsberg in zwei Äste für die kreuzungsfreie Einführung in den Bahnhof Lavanttal.
Blick auf den Bahnsteig im erneuerten Bahnhof von Wolfsberg in Kärnten.
Blick von einer Strassenbrücke in Richtung der Ostportale des Koralmtunnels.
Blick von der gleichen Brücke in Richtung Osten. Auch hier wurden in einem relativ abgelegenen Gebiet Dämme für den Schallschutz aufgeschüttet. Man beachte auch de grossen Gleisabstände.
Modellbild vom zukünftigen Bahnhof Weststeiermarkt. Nach der Fertigstellung bildet der Bahnhof einen wichtigen Knotenpunkt für den Fern- und Regionalverkehr. Das Strassennetz in der Region wurde für den Bus- und Zubringerverkehr angepasst. Im Vordergrund befinden sich die beiden Gleise der Graz-Koflach-Bahn GKB sowie gedeckte Haltestellen für die Busse. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB).
Bereits gebaute Passerelle im Bahnhof Weststeiermarkt.
Gleisanlagen im Bahnhof Weststeiermarkt. Im Hintergrund rechts kann man die Trasse für die Linie der GKB in Richtung Deutschlandsberg erkennen. Gemäss meinen Beobachtungen besteht zwischen den Geleisen der Koralmbahn und denjenigen der GKB keine Verbindung,
Blick zurück zum Bahnhof Weststeiermarkt. Rechts im Hintergrund erkennt man die Trasse für die Linie der GKB nach Gross St. Florian sowie die neue Zufahrtsstrasse zum Bahnhof.
Blick auf den Bahnhof Wettmannstätten. Die aussenliegenden Geleise sind für die Züge der GKB bestimmt.
Blick auf die Haltestelle von Hengsberg mit dem Westportal des Hengsbergtunnels. Eines der beiden innenliegenden Durchfahrtsgeleise für die Koralmbahn wurde noch nicht verlegt. Zwischen Weitendorf und Wettmannstätten fahren die Züge der GKB bereits heute auf den Geleisen der Koralmbahn. Um auf die Geleise auf der linken Seite zu gelangen, müssen die Züge der GKB zwischen Werndorf und Weitendorf beide Geleise der Koralmbahn queren.
Ostportal des Hengsbergtunnels. Auf der rechten Seite sieht man Teile des Interventionsstützpunkts.
Westportal der 1275 Meter langen „Unterführung“ Weitendorf.
Bereits fertiggestellte Trasse des Abschnitts zwischen Graz Don Bosco und Weitendorf.
Blick vom etwa 200 Meter langen und überdeckten Verbindungsweg zwischen dem ÖBB-Bahnhof Flughafen Graz und dem Flughafengebäude auf den im Tagbau entstehenden Tunnel des Abschnitts Graz Don Bosco nach Weitendorf.
Weiteres Bild von der Baustelle für die auf einer Länge von über 3’200 Metern tief liegenden Koralmbahn.
Blick aus dem fahrenden Zug auf die bereits gebaute Einfahrt in den Abschnitt Graz Don Bosco-Weitendorf der Koralmbahn.
Blick im Bahnhof Graz Don Bosco auf die Erweiterungsarbeiten für die Koralmbahn. Die Strecke zwischen Graz Hauptbahnhof und Graz Don Bosco wurde bereits auf vier Geleise erweitert.
Blick auf einen Bahnsteig im Bahnhof Graz. Man beachte die teilweise erkennbare Dachkonstruktion und die Informationsanzeigen für die Fahrgäste.
Blick in die zweite und zusätzliche Unterführung im Bahnhof Graz. Diese Unterführung dient nur zur Entlastung der (Haupt-) Unterführung zwischen dem Bahnhofsgebäude und den Bahnsteigen. Letztere verfügt neben den Aufzügen auch über Rolltreppen und hat ein analoges Erscheinungsbild.

Kommentar

Von der Koralmbahn werden gemäss der Aussage des Vizepräsidenten des Stadtrates von Deutschlandsberg starke positive Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung von Südostösterreich erwartet. Beispielsweise reduziert sich Reisezeit zwischen dem Bahnhof Lavanttal und Graz auf knapp eine halbe Stunde und ermöglicht somit das Pendeln in das prosperierende Graz.

Aber die Koralmbahn führt auch zur Aufhebung von heute von der Bevölkerung geschätzten Bahnhöfen, wie beispielsweise des schmucken Bahnhofs von Stein im Jauntal. Andererseits ist die Region bereits heute gut mit Bussen erschlossen.

Kürzlich renoviertes Bahnhofsgebäude von Stein im Jauntal. Bald halten hier keine Züge mehr.

Die Koralmbahn wird nach ihrer Fertigstellung auch Mischverkehr aufnehmen müssen. Das reduziert die Kapazität. Besondere Anforderungen beim Betrieb ergeben sich durch die nicht kreuzungsfreie Einbindung von zwei Einspurstrecken. Während die Züge über Bleiburg in einer Richtung „nur“ ein Gleis der Koralmbahn kreuzen, ist im Osten komplizierter. Die Züge der GKB von Werndorf nach Wettmannstetten müssen beide Geleise der Koralmbahn kreuzen. Das führt zu einem erheblichen Kapazitätsverlust. Wenn die Koralmbahn wirklich eine bedeutende Rolle als Güterverkehrskorridor übernehmen soll, können diese strukturellen Gegebenheiten zu Problemen führen.

Diese kritischen Bemerkungen sollen dem grossartigen Werk der Koralmbahn keinesfalls Abbruch leisten. In einem gewissen Gegensatz zu den Ankündigungen, wonach die Koralmbahn von europäischer Dimension sei, sehen wir ihren Nutzen doch eher als eine neue und hochwertige innerösterreichische Bahninfrastruktur.

Uns ist schon bei der ABS 38 zwischen München und Freilassing aufgefallen, dass nationale Verkehrsprojekte stets und mit einer gewissen Euphorie in einen europaweiten Kontext gestellt werden, so etwa auch das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm als Bestandteil des Korridors Paris-Bratislava. Niemand sollte jedoch den ersten Stein werfen – auch bei der NEAT oder bei anderen Ausbauprojekten in der Schweiz wurde schon analog argumentiert.

ABS 38 – ein veritables Trauerspiel

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Der bedeutende Eisenbahnverkehr zwischen München und Salzburg wird gegenwärtig über die Strecke über Rosenheim abgewickelt. Ein Teil dieser Strecke – nämlich zwischen der Spange bei Rosenheim und Salzburg – wird auch für den innerösterreichische Personen- und Güterfernverkehr genutzt. Auch die internationalen Fernverkehrszüge zwischen Zürich und Wien benutzen diese Strecke.

Die österreichischen Züge erreichen Rosenheim ab dem Grenzbahnhof Kufstein. Diese Strecke ist Bestandteil der stark belasteten Nordzufahrt zum Brenner.

Vor allem die Strecke zwischen Rosenheim und Salzburg ist stark belastet und oft verantwortlich für die sich auf das innerösterreichische Netz durchschlagenden Störungen. Die Strecke ist relativ ungünstig trassiert – langsam und schnell zu befahrende Abschnitte wechseln oft in kurzen Abständen.

Neben dieser aus österreichischer Sicht als „Korridor-Strecke“ bezeichneten Verbindung besteht eine weitere und gut trassierte Strecke über Mühldorf am Inn.

ABS 38 mit den Anschlusstrecken nach München und nach Salzburg.
Die Kilometerangaben wurden dem „Eisenbahnatlas Deutschland“ von Schwwers+Wall entnommen.

Zwar ist die Strecke über Mühldorf geringfügig länger als diejenige über Rosenheim, aber bedeutend besser trassiert und wenig belastet. Deutschland hat deshalb vor einigen Jahren beschlossen, diese Strecke als Bestandteil des Transeuropäischen Eisenbahnnetzes zu modernisieren.

Überblick über das Projekt ABS 38. Auszug aus einem Prospekt der DB AG.

Einige kurze Abschnitte wurden bereits ausgebaut, und vor allem der Bahnhof Mühldorf am Inn – er verfügt über fünf Geleise für den Personenverkehr – wurde trotz dem heute bescheidenen Personenverkehr aufwendig erneuert.

Ansicht vom Bahnhof Mühldorf am Inn. Von hier aus verkehren keine Fernverkehrszüge nach Österreich, wie der Zug mit den Personenwagen der ÖBB vermuten liesse. Man beachte die feudale Überführung. Daneben besteht auch eine Personenunterführung zum nicht sichtbaren Bahnhofsgebäude auf der linken Seite. (Das Bild wurde dem Internet entnommen).

Leider wird der bisher schleppende Fortschritt des Projekts gemäss einer Mitteilung der Projektorganisation erneut verzögert. Hier ein Auszug aus der Pressemitteilung der DB AG vom 21. März 2022:

Auszug aus der Medienmitteilung.
Ein weiterer Auszug aus der erwähnten Medienmitteilung. Denkbar, dass der Austritt von Klaus-Peter Zellner im Zusammenhang mit den weiteren Verzögerungen steht. Welcher Planer will nicht immer nur planen, sondern irgendwann auch einmal realisieren?

Detailangaben zum Projekt ABS 38

Nachstehend ein Überblick über das Projekt ABS 38. Ich habe die Strecke am 22. November 2018 auf der ganzen Länge befahren und festgestellt, dass die Strecke weitgehend über unbebautes und flaches Gebiet verläuft. Vor allem zwischen Ampfing und Freilassing fühlt man sich als Fahrgast in frühere Zeiten zurückversetzt. Andererseits sind die Schallschutzmassnahmen auf dem Doppelspurabschnitt zwischen Ampfing und Tüssling überwältigend.

Hier ein Auszug aus einem Prospekt der Projektorganisation.

Auszug aus einem Prospekt der DB AG.

Und wie wird dieses ambitiöse Postulat umgesetzt? Auch dazu ein Auszug aus einem Prospekt.

Auszug aus einem Prospekt der DB AG.

In der Tat werden mit der einspurigen Zweigstrecke und weitgehend für den Güterverkehr bestimmten Zweigstrecke nach Burghausen rund 145 Kilometer elektrifiziert. Da die Strecke zwischen Tüssling und Freilassing nur mit zweigleisigen Begegnungsabschnitten auf Doppelspur ausgebaut werden soll, beschränkt sich der Doppelspurausbau geschätzt auf 75 Kilometer. Die Schätzung basiert auf der Annahme, dass etwa die Hälfte der Strecke zwischen Tüssling und Freilassing doppelspurig werden soll.

Die einzelnen Abschnitte des Projekts ABS 38 im Überblick.
(Kilometerangaben aus dem „Eisenbahnatlas Deutschland“ von Schweers+Wall).

Gemäss dem Dokument „Drucksache 18/580“ des Deutschen Bundestages erfolgten die ersten Planungen für die ABS 38 noch vor der Jahrtausendwende. Die bescheidenen ersten Massnahmen wurden Ende 2003 in Betrieb genommen – Ampfing-Altmühldorf am 12. Dezember 2010 und Mühldorf-Tüssling am 22. Mai 2017.

Das Projekt wird mit aufwendigen Kommunikationsmassnahmen begleitet. In Mühldorf wird ein aufwendiges Informationszentrum betrieben. Dazu ein dem Internet entnommenes Bild. Zudem werden regelmässig Medienmitteilungen und Newsletter publiziert.

Informationszentrum der ABS 38 vor der Eröffnung beim Bahnhof Mühldorf am Inn.
(Foto aus dem Internet).

Kommentar

Man vergleiche die höchst ambitiös lautenden Zielsetzungen und die umfassenden Begleitmassnahmen mit dem doch überschaubaren Projektumfang und der langen Realisierungsdauer – das Projekt ABS 38 wird mutmasslich erst nach 2030 abgeschlossen. Auffallend ist auch, dass nur ein Teil der Strecke zwischen Tüssling und Freilassing überhaupt ein zweites Gleis erhalten soll. Dabei bietet die ABS 38 ein grosses Potential für die Entlastung der „Korridorstrecke“, indem der internationale Personenfernverkehr zwischen München und Wien auf die ABS 38 umgelegt und beschleunigt werden könnte. Mit dem beschlossenen Ausbau der österreichischen Westbahn zwischen Salzburg und Köstendorf und der ABS 38 erscheint eine Reisezeit zwischen Wien und München von nur wenig mehr als drei Stunden möglich.

Beeindruckt hat mich auf meiner Erkundungsreise die aufwendige Erweiterung des Bahnhofs von Mühldorf am Inn – die Treppen und die Passerelle sind seitlich geschützt und überdacht, und ergänzend zu den Treppen stehen den wenigen Fahrgästen Lifte zur Verfügung.

Und abschliessend eine persönliche Bemerkung: Nachdem die Bundesrepublik Deutschland nach der Wende in knapp zwanzig Jahren mit einem bewundernswerten Kraftakt die Infrastruktur der neuen Bundesländer und mit einem dreistelligen Milliardenbetrag auf Vordermann gebracht hat, kann man den schleppenden Verlauf des Projekts ABS 38 einfach nicht nachvollziehen.

Neubau Unterführung Nord Winterthur – eine bare Zumutung

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Endlich – müsste man sagen – wurde die seit vielen Jahren viel zu enge nördliche Personenunterführung im Bahnhof Winterthur erweitert. Diese Unterführung stellt die kürzeste Verbindung zwischen den Geleisen 3 bis 8 zu den Kopfgeleisen 1 und 2 her und wird besonders in den Hauptverkehrszeiten rege benutzt.

Blick in die neue Unterführung.

Die Stadt Winterthur baute parallel zum Bau der Unterführung eine eigens für die Radfahrer bestimmte Unterführung sowie an beiden Kopfenden grosszügige Einstellhallen für Fahrräder.

Zugang zur Velostation West.

Soweit, so aber gar nicht gut! So überfällig diese Unterführung war, das Konzept der SBB ist im Gegensatz zum städtischen Projekt einmal mehr höchst kundenunfreundlich. Mehr dazu in diesem Bericht.

Daten der neuen Unterführung

Die neue Unterführung ist mit den Bahnsteigen mit je zwei Treppen verbunden. Die Treppen sind relativ steil und führen mit 36 Stufen à 16 cm Höhe rund 5,80 Meter in die Tiefe. Auf der westlichen Seite steht dem Publikum ein grosser Lift zur Verfügung. Die Bahnsteige sind aus der Unterführung mit einem kleineren Lift erreichbar. Die lichte Höhe der Unterführung beträgt rund 3,30 Meter. In die Seitenwände wurden Ladenlokale eingebaut.

Lange und steile Treppe auf einen der beiden Bahnsteige.
Grosszügiger Lift am Aufgang Ost zu den Bushaltestellen und zur Altstadt. Zwei kleinere Lifte wären in Bezug auf die Flexibiltät besser gewesen. Auch auf der Westseite hat es nur einen einzigen grossen Lift.
Auf die Bahnsteige führt nur ein kleiner Lift. Raum für einen grossen Lift ist vorhanden.

Auf der östlichen Seite führt die Unterführung ins Freie. Fahrgäste, welche in einen Bus umsteigen möchten, erreichen die Haltestellen ungeschützt. In der Flucht der Gebäude am Bahnhof weist nichts auf die Unterführung hin. Kein einladendes und markant vorragendes Vordach wie etwa in Lugano oder Solothurn.

Frontalansicht auf den Ausgang Ost.
Seitenansicht auf den Ausgang Ost.
Treppe ab dem Eingang Ost.

Dafür wurden über den Aufgängen auf der Westseite zwei auffällige und wuchtige Überdeckungen aus Beton gebaut. Diese sind wohl als Ruhe- oder Erholungszonen gedacht. Was haben die Bauherrschaft und die Architekten dabei wohl gedacht? Ist Beton „sexy“?

Überdeckung der Abgänge auf der Westseite. Keine eigentliche Treppe!
Detailansicht einer der beiden Überdeckungen. Erinnert mehr an einen Bunkereingang. Und wer unterhält diese „Verweilzonen“, wenn sie tatsächlich rege benutzt werden?

Vergleichsobjekte

Aus der älteren südlichen Unterführung sind die drei Bahnsteige je mit einer Rampe und einer Treppe erreichbar. Die Treppe mit 30 Stufen mit einer Höhe à 16 cm überwindet einen Höhenunterschied von 4,80 Meter. Gemäss meinen Beobachtungen verwenden die meisten Fahrgäste die Rampe. Besonders zu den Stosszeiten sind die Rampen relativ eng.

Treppe in die ältere Unterführung. Man beachte die bemalten und hellen Seitenwände und den dunklen Anstrich des angedeuteten Sockels. Im Gegensatz zu den SBB lässt beispielsweise die Zentralbahn in ihren Bahnhöfen die Wände der Unterführungen streichen. Dieser relativ geringe Zusatzaufwand ergibt sofort ein anderes Erscheinungsbild.
Lange aber bequeme Rampe in die ältere Unterführung.

Die lichte Höhe der südlichen Unterführung beträgt im vorderen Teil 3,10 Meter und im westlichen Teil noch 2,65 Meter. An und für sich eher geringe lichte Höhen, aber die geschickte Beleuchtung und die Ausführung der Oberflächen lassen kaum ein Gefühl der Enge aufkommen.

Blick in die ältere Unterführung. Die lichte Höhe in der neuen Unterführung beträgt etwa 3,20 m.

Aus der Unterführung führt eine relativ breite Treppe ins Stadtzentrum und zur monumentalen Haltestelle der Stadtbusse. Auch diese lässt sich bei Regen nicht geschützt erreichen. Zusätzlich führen eine Rampe und eine seitliche Treppe aus der Unterführung hinaus.

Zusätzlich gelangt man aus der Unterführung seitlich in das Untergeschoss des kleinen Einkaufszentrums. Von hier führt eine schmale Rolltreppe ins Erdgeschoss und die darüber liegenden Geschosse.

Rolltreppe im kleinen Einkaufszentrum vom Untergeschoss ins Erdgeschoss.

Kommentar

Vor der Fahrt nach Winterthur habe ich einen kurzen Rundgang im Hauptbahnhof von Zürich unternommen und ein paar Bilder angefertigt. Aus der Shop-Ville-Unterführung führen sowohl Rolltreppen als auch normale Treppen nach oben – eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Blick in die Halle des Bahnhofs Löwenstrasse mit einem Abgang zu den Bahnsteigen der Durchmesserlinie.
Rolltreppen zur Überwindung des relativ geringen Höhenunterschiedes zwischen dem Bahnhof Löwenstrasse und dem Shop-Ville.
Rolltreppe aus dem Shop-Ville auf die Löwenstrasse. Auch weitere Aufgänge aus dem Shop Ville sind mit Rolltrepen ausgestattet.

Ein kurzer Zwischenhalt in Zürich-Oerlikon bot Gelegenheit zu einem kurzen Rundgang. Auch hier stehen den Fahrgästen keine Rolltreppen zur Überwindung des beträchtlichen Höhenunterschieds zwischen der vorderen Unterführung und dem Bahnhofvorplatz zur Verfügung.

Aufgang aus der grossen Unterführung im Bahnhof Zürich-Oerlikon. Kein Mensch versteht, weshalb ein derart intensiv benutzter Aufgang nicht mit Rolltreppen ausgestattet ist.

Die Frage, was die für den Bau von Publikumsanlagen Zuständigen bei den SBB unter „Kundenfreundlichkeit“ verstehen, steht im Raum. Rolltreppen sind aber nicht nur eine Frage des Komforts, sie erhöhen auch die Kapazität der Aufgänge.

Und in Winterthur – wurden die zahlreichen Fahrgäste für den Verzicht auf Rampen oder Rolltreppen damit entschädigt, indem man sie einen Meter tiefer in den Untergrund schickt und ihnen einen solchen Wiederaufstieg zumutet? Und man fragt sich weiter, was die schon als „Gier“ erscheinende ausufernde Ansiedlung von Ladenlokalen an den Seitenwänden von Unterführungen überhaupt soll? Gelten für die Kunden in einem Geschäft in einem Bahnhof der SBB andere und höhere Normen als für die eigenen Fahrgäste?

Ins gleiche Kapitel – aber hier nicht weiter ausgeführt – gehört die oft schamlose Nutzung der würdigen Halle des Zürcher Hauptbahnhofs für lärmige und/oder für mehr oder weniger stillose Festivitäten aller Art.

Schlusspunkt aus Bellinzona

Am 16. März 2022 mussten wir in Bellinzona umsteigen. Dabei entstand dieser flüchtige Schnappschuss vom Aufgang aus der Unterführung in die Bahnhofshalle. Den Mitarbeitenden in der Bauabteilung von Zürich wird zudem eine Besichtigung des Bahnhofs von Lugano empfohlen.

Aufgang aus der Unterführung in die Bahnhofshalle. Prächtig, nicht?

Pfäffikon SZ – 300 Schritte zu viel!

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Pfäffikon SZ ist ein bedeutender Bahnhof am Zürichsee. Er wird von mehreren S-Bahnen der SBB und der SOB sowie von einigen Postautolinien bedient. Zusätzlich halten die beiden stark frequentierten Inter Regio-Züge der SOB, nämlich der „Voralpen-Express“ und der „Aare-Linth-Express“. Pfäffikon SZ ist gemäss unseren Beobachtungen eher Umsteige- als Endbahnhof.

Lage von Pfäffikon SZ im schweizerischen Eisenbahnnetz. Die Postautolinien sind nicht ersichtlich. (Auszug aus dem Eisenbahnatlas Schweiz von Schweers+Wall).

Die besonders in den Hauptverkehrszeiten prekären Platzverhältnisse vor allem in der Unterführung und die oft extrem langen Wege zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln sind mir schon lange ein Ärgernis. So habe ich am 8. Dezember 2021 bei misslichen Verhältnissen eine Besichtigung gemacht.

Die Gemeinde Freienbach – Pfäffikon SZ gehört zu dieser politischen Gemeinde – und die Postauto AG haben in jüngster Zeit für die Fahrgäste substantielle Verbesserungen realisiert. Nicht so die SBB – ihre Anlagen fallen auch hier stark ab, wie die folgenden Bilder zeigen.

Bilder

Östliches Ende des Aussenperrons für das Gleis 7. In den Hauptverkehrszeiten halten hier über 300 Meter lange S-Bahnzüge der Linie 8. Der Weg von der Zugspitze zum Beginn der Rampe in die Unterführung beträgt 328 Schritte. Eine Überdeckung oder ein Schutz gegen die oft starken seitlichen Ostwinde und Niederschläge fehlen
Bild ungefähr von der Mitte des beschriebenen Aussenperrons. Tagsüber und am Abend wird die S-Bahn 8 nur mit einer Komposition geführt.
Unbeheizte Wartehalle kurz vor dem Abgang vom Aussenperron in die Unterführung.
Abgang vom Aussenperron in die Unterführung. Der Schnee wurde während Stunden nicht entfernt, und der Boden war glitschig.
Treppenabgang vom Aussenperron in die Unterführung. Auch hier wurde der nasse Schnee lange nicht geräumt.
Blick in die in den Hauptverkehrszeiten viel zu enge Unterführung. Wenn sich im Stossverkehr Fahrgäste mit Gepäck oder Sportausrüstung kreuzen, ergeben sich oft heikle Situationen. Zudem führt die Enge zu Behinderungen, aus denen Verpätungen resultieren können. Auch Decken und Wände wirken verwahrlost.
Treppenaufgang und Rampenende aus der Unterführung mit gedecktem Zugang zur Busstation. Wünschbar wären eine beheizte Wartehalle und kostenlos zu benutzenden Toiletten. Immerhin stehen im Bahnhofgebäude kostenpflichtige WC zur Verfügung.
Eine der beiden grosszügigen und überdachten Abstellanlagen für Fahrräder. Da stellt man sein Fahrrad gerne ab.
Blick in die Busstation mit guter Benutzerführung und Signaletik. Das Tüpfchen auf dem berühmten „I“ wäre, wenn die junge Dame in einer beheizten Wartehalle auf ihren Bus warten könnte. Der Weg von der Zugsspitze einer S8 auf dem Aussenperron bei Gleis 7 hierhin beträgt 576 Schritte, entsprechend einer Distanz von gut einem halben Kilometer.
Blick auf die ansprechend gestaltete Busstation. Links erkennt man die zweite grosszügige Abstellanlage für Fahrräder. Auch diese ist mit einem Schutzdach ausgestattet.
Blick vom Ende der stark frequentierten Park-and-Ride-Anlage. Der Weg von hier zum vorderen Ende des mehrfach erwähnten Aussenperrons beträgt etwa 800 Schritte. Das Mitführen einer Zwischenverpflegung für den langen Weg wird empfohlen!
Blick auf die beiden Mittelperrons mit viel zu kurzen Schutzdächern.
Blick vom Ende eines Mittelperrons in Richtung der Unterführung.

Abschliessende Bemerkungen

Auch hier ein Bahnhof, der in krassem Missverhältnis zur Selbstwahrnehmung unserer Staatsbahnen als kundenfreundliches Unternehmen steht. Weshalb Fahrgästen am östlichen Ende der Bahnsteige nicht eine zusätzliche Unterführung zur Verfügung steht oder die Perrondächer nicht auf mindestens 300 Meter verlängert werden, ist nicht nachvollziehbar. Ich bin es langsam leid, beispielsweise in Österreich oder in sogenannt ärmeren Länder weiter östlich – wie beispielsweise in der Slowakei – kundenfreundliche und beispielhafte Anlagen vorzufinden, die man bei den Bahnhöfen der SBB oft vermisst. Und viele Privatbahnen – wie etwa RhB, SOB oder TPF – beweisen, dass man auch in der Schweiz kundenfreundliche Bahnhöfe bauen kann.

Es ist mir bewusst, dass Verbesserungen oft auch Sache der Standortgemeinden sind. Aber besonders in der ausgesprochen reichen Gemeinde Freienbach sollten in Kooperation Lösungen gefunden werden. Man hat den Eindruck, dass den Zuständigen der SBB das nötige Engagement oder die Bereitschaft zum Zugehen auf die Gemeinden oft fehlt. Dafür werden verfehlte Lösungen wie etwa die zusätzliche Überführung in Bellinzona oder die beiden Unterführungen in Zürich-Oerlikon gebaut. Das lässt auf ein Kommunikationsproblem zwischen den Parteien schliessen.

Und zudem – effiziente und kundenfreundliche Umsteigebedingungen sind eine wichtige Voraussetzung, um die gleichmässigere Belegung der Züge zu erreichen. Das wiederum beschleunigt das Umsteigen und reduziert das Verspätungsrisiko. Daraus resultiert eine bessere Betriebsqualität, und das wiederum ist kundenfreundlich.

Eisenbahnwesen Slowakei – überraschende Eindrücke

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Für eine Wanderwoche in der Mala Fatra im Herzen der Slowakei reisten wir im Herbst 2021 per Bahn nach Zilina. Die Fahrkarten ab Bratislava zum Zielbahnhof konnten einfach über die Website der Slowakischen Staatsbahnen gelöst werden.

Von früheren Bahnreisen von Wien über Marchegg nach Bratislava war ich mit dem Zustand dieser Strecke vertraut. Wichtige Bahnhöfe ohne Perrons, vor sich dahinrostende Fahrleitungsmaste und ins Lichtraumprofil der Züge reichendes Gebüsch hinterliessen keinen guten Eindruck von der Eisenbahninfrastruktur in der Slowakei.

So waren unsere Erwartungen für die über 200 Kilometer lange Bahnfahrt von Bratislava nach Zilina bescheiden. Für die Hin- und Rückfahrt reservierten wir Sitzplätze in den stündlich verkehrenden R-Zügen. Gross war die Überraschung, als anstelle des erwarteten älteren Rollmaterials ein gepflegter und komfortabler Zug heranrollte. Unterwegs konnten wir beobachteten, dass zahlreiche Züge aus ehemaligen Fernverkehrswagen der ÖBB zusammengesetzt waren und von Vectron-Lokomotiven gezogen wurden.

Und noch grösser war die Überraschung, als wir vom exzellenten Zustand des grössten Teils der Strecke Kenntnis nahmen. Längere Abschnitte waren oft aufwendig neu trassiert worden, und der überwiegende Teil der Bahnhöfe und Stationen waren neu. Bei Horny Milochov zwischen Puchov und Zilina waren im November 2021 die eisenbahntechnischen Anlagen in einem neu gebauten längeren Tunnel im Bau. In Zilina waren die Arbeiten für die Totalerneuerung der Gleisanlagen und der Bahnsteige im Gang.

Die positiven Eindrücke aus dem Zugfenster waren im Spätherbst 2021 Anlass für eine weitere Reise nach Zilina. Dabei wurden Züge unterschiedlicher Zugskategorien benutzt, und einige Bahnhöfe näher besichtigt. Die Eindrücke waren vorzüglich.

Mehr darüber mit den folgenden Bildern und den Kommentaren.

Bahnhöfe und Anlagen

Bahnhof Nove Mesto nad Vahom  (Einwohnerzahl 2021 der Stadt ca. 62’000)

Bahnhofsgebäude von Nove Mesto, vom Bahnhofplatz aus gesehen.
Wartsaal im Bahnhof Nove Mesto.
Restaurant im Bahnhof Nove Mesto.
Geleiseanlage im Bahnhof Nove Mesto. Man beachte die für die für die durchfahrenden Züge bestimmten innenliegenden Durchfahrtsgeleise – ohne Kontakt zu den Bahnsteigen. Vorbildlich sind auch die langen Dächer der Bahnsteige, welche auch bei sehr langen Zügen allen Fahrgästen das geschützte Ein- und Aussteigen ermöglichen.
Treppe zur Unterführung im Bahnhof Nove Mesto. Der Personenlift im Hintergrund ist knapp erkennbar.
Unterführung im Bahnhof Nove Mesto mit gekacheltem Boden und Seitenwänden.
Bahnsteig im Bahnhof Nove Mesto. Im Hintergrund ein dieselbetriebener Triebwagenzug.

Bahnhof Trencin  (Einwohnerzahl 2021 der Stadt ca. 110’000)

Blick auf den Bahnsteig von Trencin mit den in grün gehaltenen Schutzwänden und Treppenabgängen. Jeder der grösseren neuen Bahnhöfe an der Strecke hat seine eigene Farbgebung.
Sitzgelegenheiten auf dem Bahnsteig von Trencin. Neben den Sitzen hat es kleine Tische.
Eingehauster Abgang vom Bahnsteig in die Unterführung des Bahnhofs Trencin. Neben der Personenunterführung hat es eine zweite, mit einem Warenlift ausgestattete, Unterführung.
Blick in die Unterführung des Bahnhofs Trencin.
Schalterhalle im alten Bahnhofsgebäude von Trencin.
Kiosk im alten Bahnhofsgebäude im Trencin.
WC-Anlage im Bahnhof Trencin. Der Eindruck mag täuschen – die bedienten Toiletten im älteren Gebäude waren sehr sauber. Hingegen harren die Fertigstellungsarbeiten am Gebäude ihrem Ende.

Bahnhof Povaszka  (Einwohnerzahl 2021 der Stadt ca. 39’000)

Schnappschuss vom Bahnsteig des Bahnhofs von Povszka.

Haltestelle Nosice

An der Neubaustrecke gelegene Haltstelle von Nosice.
Abgang vom Bahnsteig von Nosice. Man beachte die vollständig überdachte Rampe und die lichtdurchlässige Schallschutzwand. Im Hintergrund befindet sich ein zweiter Abgang.

Haltestelle Plevnik

Schmucke Schallschutzwand bei der Haltestelle von Plevnik. Rechts ist die Wartehalle erkennbar.
Auch bei der Haltestelle von Plevnik sind die Abgänge eingehaust und gegen Wind und Wetter geschützt.
Ein zweites Bild von der Schallschutzwand bei der Haltestelle von Plevnik. Mit wenig Aufwand wurde die Schallschutzwand geschmückt. Auch hier tangieren die durchfahrenden Züge keine Perronkanten.
Westliche Einfahrt in den neuen Verbindungstunnel bei Horny Milochow. Die nur noch wenige Monate bestehende alte Streckenführung ist etwa vergleichbar mit derjenigen zwischen Mühlehorn und Tiefenwinkel – wobei auf diesem stark belasteten Streckenabschnitt keine Verbesserungen geplant sind.
Östliche Einfahrt in den Tunnel bei Horny Milochov. Der Einbau der eisenbahntechnischen Anlagen war Ende November 2021 in vollem Gang. Ich bitte um Verständnis für die schlechte Qualität der bei der Durchfahrt aus dem Zugfenster aufgenommenen beiden Bilder.

Bahnhof Zilina  (Einwohnerzahl 2021 der Stadt ca. 83’000)

Blick auf das Bahnhofsgebäude von Zilina mit den Kopfgeleisen für die Züge des Regionalverkehrs.
Blick in eine der beiden Unterführungen des Bahnhofs von Zilina. Eine davon wurde behindertengerecht ausgebaut.
Bestehende und dem Abbruch geweihte Gleisanlagen im Bahnhof Zilina. Man konnte sich trotz dem regen Zugverkehr auf den Gleisanlagen relativ frei bewegen. In Mitteleuropa völlig undenkbar,
Fertiggestelltes Trasse für die Einführung der Aus- und Neubaustrecke in den Bahnhof Zilina.

Unterführung für Behinderte im Hauptbahnhof von Bratislava  (Einwohnerzahl 2021 der Stadt ca. 440’000)

Unterführung der eigens für Behinderte gebauten Unterführung im Hauptbahnhof von Bratislava.
Liftzugang in der Unterführung für Behinderte im Hauptbahnhof von Bratislava.
Detail von der erwähnten Unterführung im Hauptbahnhof von Bratislava.

Eine Auswahl von Bildern vom höchst unterschiedlichen Rollmaterial

Innenraum in einem Grossraumwagen für den Fernverkehr.
Dieselbetriebener Triebwagenzug für den Lokalverkehr.
Innenraum dieses Triebwagenzuges. Die Fahrt mit ca. 120 km/h war recht angenehm.
Neuer Personenzug von Skoda für den Regionalverkehr. Die slowakischen Staatsbahnen haben bei der Firma Stadler AG gemäss einer Pressemitteilung vom 16. Dezember 2021 mehrere KISS-Zügen bestellt.
Innenraum des Triebwagenzuges von Skoda.
Lokomotiven im Depot von Zilina. Unterwegs konnten solche Lokomotiven vor Güterzügen beobachtet werden. Kein besonders erbaulicher Anblick.
Teilweise noch im Einsatz stehende ältere Diesellokomotiven im Depot von Zilina.
Schmucke und renovierte, aber schon etwas bejahrte, Diesellokomotive im Bahnhof von Zilina.
Tschechische Elektrolokomotive mit einem Eurocity-Zug nach Ostrava bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof Zilina.
Schnellzug nach Bratislava bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof von Zilina.
Von einer Vectron gezogener Schnellzug nach Koisce im Bahnhof von Bratislava.
Schnellzug vom privaten EVU Regio Jet nach Prag bei der Einfahrt in den Hauptbahnhof von Bratislava.

Kommentar

Die Bilder sprechen für sich. Sie dokumentieren, dass auch in der Slowakei intensive Bestrebungen für die Revitalisierung der Eisenbahn im Gang sind. Auffallend ist nicht nur bei der Eisenbahn, dass mit oft geringem Aufwand nicht nur die Funktionalität der Anlagen erhöht wird, sondern auch deren Erscheinungsbild verbessert wird. Kultur im Alltag. Von Menschen für Menschen – und nicht nur von Mitarbeitern für so genannte Kunden.

Auch der öffentliche Busverkehr im Gebiet der Mala Fatra erreicht durchaus das Niveau der Erschliessung in den hiesigen Randregionen – saubere und pünktlich verkehrende Fahrzeuge, ein relativ dichtes Angebot sowie klare und gut lesbare Fahrpläne. Und Fahrgäste, welche das siebzigste Altersjahr überschritten haben, sind mit der Eisenbahn praktisch gratis unterwegs.

Erfolgreiche Güterbahnen in Nordamerika – und in Europa?

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Der Bericht eines deutschen Kollegen in einer Fachzeitschrift über die nordamerikanischen Güterbahnen hat mich veranlasst, eigene Abklärungen über den Schienengüterverkehr in Nordamerika vorzunehmen. Im Vordergrund standen der Modalsplit und die Entwicklung der Börsenkurse seit knapp zwanzig Jahren.

Der Befund überrascht und überwältigt. Seit 2004 haben sich die Kurse der Aktien der Class I-Güterbahnen meist mehr als verfünfzehnfacht. Mit anderen Worten – eine in 2004 getätigte Anlage in nordamerikanische Güterbahnen von USD 10.- wäre heute USD 150.- wert. Dazu kämen die seit dem Kauf der Aktien erhaltenen Dividenden. Allerdings ist die Bewertung der Aktien der Class I-Güterbahnen mit dem rund 25-fachen des Jahresgewinns – Kurs-Gewinn-Verhältnis KGV oder Price/Earnings-Relation P/E – sehr hoch, wobei diese hohe Bewertung auch für andere Branchen zutrifft.

Natürlich sind die Kurse im Betrachtungszeitraum an vielen Börsen stark gestiegen – viele Aktienkurse haben sich vervielfacht. Bemerkenswert jedoch ist, dass der Dow Jones-Index der Transportwerte seit 2004 – er berücksichtigt in seinen zwanzig Firmen auch vier Class I-Güterbahnen –  „nur“ um das Fünffache gestiegen ist.

Diese Fakten bestätigen, dass die nordamerikanischen Güterbahnen weltweit zu den rentabelsten Transportunternehmen gehören. Aber nicht nur, und das ist ökologischer Sicht das Wesentliche – auch ihre Transportleistung und ihr Anteil am Modal Split des Güterverkehrs in Nordamerika sind eindrücklich.

In diesem Beitrag belegen wir diese Aussagen und schliessen mit ein Überlegungen zum Handlungsbedarf in Europa.

Entwicklung der Börsenkurse der sechs der zurzeit noch sieben nordamerikanischen Class I-Güterbahnen

Entwicklung der Aktienkurse der börsenkotierten nordamerikanischen Güterbahnen
(Quelle: Swissquote und Wikipedia)

Zu ergänzen ist, dass der legendäre Investor Warren Buffet die Aktien der grossen US-Güterbahn BNSF – Burlington Northern  Santa Fé – am 3. November 2009 für USD 44 Milliarden erworben und damit sein grösste Einzelinvestment getätigt hat.

Gegenwärtig im Gang ist die Fusion von Canadian Pacific mit Kansas City-Southern. Canadian Pacific hat sich gegen das bessere Angebot von Canadian National durchgesetzt, nachdem sich die US-Behörden aus wettbewerblichen Gründen gegen den ursprünglich beabsichtigten Zusammenschluss von CN und KCS gestellt hatten.

Modal Split im US-Güterverkehr

Wie einleitend erwähnt, überrascht auch der hohe Anteil des Schienengüterverkehrs an den in Nordamerika im gesamten Güterverkehr geleisteten Tonnenmeilen.

Modal Split im US-Güterverkehr in Tonnenmeilen
(Quelle: US-Bureau of Transportation Statistics)

Gemäss älteren statistischen Daten der Association of American Railroads und der allgemeinen Entwicklung ist der Schienengüterverkehr in Nordamerika wahrscheinlich nach wie vor der dominierende Verkehrsträger im sogenannten „Intercity-Güterverkehr“ bei den produzierten Tonnenmeilen.

Modal Split 1998 im „Intercity-Güterverkehr“
(Quelle: Association of American Railroads)

Kommentar

Sucht man nach den Gründen für die enorme Bedeutung des Schienengüterverkehrs in Nordamerika, fallen zwei Aspekte auf, nämlich a) die wenigen grossen Anbieter und b) die privatwirtschaftlichen Eigentumsverhältnisse. Dazu kommt die effiziente Produktion in Form von langen Züge (2019 durchschnittlich 74,6 Wagen pro Güterzug), die höheren Achslasten und die grösseren Lichtraumprofile, die halbautomatischen Zentralkupplungen und die meist langen Transportdistanzen. Bemerkenswert sind auch das verfügbare statistische Datenmaterial und die tiefen Frachtraten.

Die während vielen Jahren wenig prosperierende Canadian National war bis 1995 die einzige staatliche Class I-Güterbahn in Nordamerika. Nach der Privatisierung durch den kanadischen Staat hat sich Canadian National prächtig entwickelt und zu den privaten Güterbahnen aufgeschlossen. Überdies ist Canadian National bis heute die einzige wirkliche transkontinentale Class I-Güterbahn.

Was für ein Gegensatz zu Europa! Hier kämpfen immer noch viel zu viele nationale und/oder kleine Güterbahnen um ein paar Brosamen vom Güterverkehr. Eine Konzentration auf wenige grosse supranationale Güterbahnen ist überfällig. Unseres Erachtens drängt sich auch eine Privatisierung auf. Nur durch eine solche kann den mächtigen europäischen Strassentransportfirmen die Stirne geboten werden.

Und auch die Fokussierung auf die DAK – die halbautomatische Zentralkupplung – wird es nicht richten. Damit wird höchstens wertvolle Zeit für eine Wende vertan. Neue Denkansätze sind gefordert – sei es a) durch die aufwendige Vollautomatiserung des Rangierens bzw. der Zugbildung oder b) durch den Verzicht auf das Rangieren mittels das Umladen von Wechselbehältern.

Und die von den Güterbahnen und ökologischen Kreisen ständig postulierte Betonung der ökologischen Vorteile des Schienengüterverkehrs und das Schielen auf Subventionen sind nicht zielführend. Ohnehin wird diese Begründung nach der Ablösung der Verbrennungsmotoren in den LKW hinfällig. Was Europa braucht, sind wenige, effiziente, pünktliche und rentable Güterbahnen. Nur diese können durch ihre Ertragskraft Investitionen anziehen und in hohem Mass Marktanteile gewinnen. Und nur so werden Güter von der Strasse auf die ökologisch vorteilhafte Schiene verlagert – zum Nutzen von Mensch und Umwelt.

Licht und Schatten / Schaan vs. Sargans

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In den letzten Monaten musste ich ein einige Male in Schaan und/oder in Sargans umsteigen. Dabei sind mir verschiedene Gegebenheiten aufgefallen. Diese waren Anlass, sowohl den Busbahnhof von Schaan als auch den Busbahnhof von Sargans näher zu besichtigen.

Auszug aus der Landeskarte der Schweiz

Die beiden Ortschaften liegen nur wenige Kilometer auseinander. Dennoch trennen die beiden Ortschaften bezüglich ihren Busbahnhöfen Welten – die Unterschiede könnten nicht grösser sein. Neben verkehrlichen stellen sich aber auch städtebauliche Fragen.

Mehr darüber und ein kurzer Kommentar in diesem Bericht.

Busbahnhof Schaan

Der Busbahnhof im liechtensteinischen Schaan liegt unmittelbar neben dem gepflegten Bahnhof Schaan-Vaduz der ÖBB. Der Busbahnhof wird von mehreren Buslinien bedient. Unter dem Busbahnhof befindet sich ein grosszügiges öffentliches Parkhaus, das sowohl den Busbahnhof als auch den Bahnhof Schaan-Vaduz der ÖBB bestens erschliesst.

Dazu ein paar Bilder mit Kommentar:

Blick auf den Busbahnhof von Schaan Richtung Nordwesten.
Blick in Richtung Nordosten.
Blick in den Innenraum. Man beachte die Farbe und die Ausstattung (Tartan) des Bodenbelags.
Blick auf die Wartehalle.
Zugang zur Wartehalle.
Innenraum der Wartehalle.
Servicezone mit Toiletten.
Abgang zur Tiefgarage.
Ausgang in die Tiefgarage.
Blick zurück zum Abgang in die Tiefgarage.
Eindruck aus der Tiefgarage.
Velounterstand neben dem Busbahnhof.

Busbahnhof Sargans

In Sargans befindet sich zwischen dem Bahnhof der SBB und einem grossen Geschäftshaus – unter anderem mit einer Gaststätte – ein Busbahnhof. Im Sommer und bei gutem Wetter bietet der Aufenthalt auf dem öffentlichen Platz Ruhe und Entspannung. Auf dem Gelände des Bahnhofs und des Busbahnhofs befinden sich nur wenige öffentliche Parkplätze. Die Pflege des Platzes und der wenig Schutz bietenden Wartehalle ist höchst unzureichend und entspricht auf keinen Fall mitteleuropäischen Verhältnissen.

Ein Bahnhof ist das Eingangstor zu einer Ortschaft und auch deren Visitenkarte. In Österreich legt man ungleich mehr Wert auf gefällige und funktional überzeugede Anlagen.

Dazu ein paar kommentierte Bilder:

Blick in die Wartehalle am 11. November 2021 um 20.00 Uhr. Der Boden war mit Erbrochenem verschmutzt.
Wartehalle am 13. November 2021 um 12.00 Uhr. Der Boden war immer noch schmutzig.
Wartehalle am 15. November 2021.
Wartehalle am 15. November 2021.
Sitzbank am 15. November 2021. Wer möchte sich auf diese schmutzige Fehlkonstruktion setzen?
Blick auf die schmucklose und wenig kundenfreundliche Anlage am 15. November 2021. Ob die Planer oder die Behörden von Sargans die Gegebenheiten von Schaan kennen?

Kommentar

Die Unterschiede zwischen Schaan und Sargans sind riesig. In Schaan in Sichtweite der Schweizer Grenze eine gepflegte und attraktive Anlage mit geschütztem Warteraum, hell beleuchtet und mit hygienischen Toiletten. Darunter ein Parkhaus, welches von einem sorgfältigen Umgang mit der kostbaren Ressource Boden zeugt. In jeder Hinsicht vorbildlich. Architektur vom Feinsten. Fahrgäste können trockenen Fusses umsteigen. Das Schutzdach deckt überdeckt auch die Perronkante,

In Sargans praktisch das absolute Gegenteil. Eine vernachlässigte und bei Regen und Kälte keinen Schutz bietende Wartehalle, in die sich kein Fahrgast gerne begibt. Schutzdächer fehlen – die ein- und aussteigenden Fahrgäste stehen regelmässig im Regen. Die Beleuchtung in der Dunkelheit ist ungenügend. Eine überdachte Verbindung zum Bahnhofsgebäude fehlt.

Der Raum unter der ganzen Anlage bleibt in geradezu verschwenderischer Art ungenutzt – dies im Gegensatz zu Schaan und – wie kürzlich in diesem Forum berichtet – auch in Feldkirch. Die Frage, ob die Behörden von Sargans überhaupt wissen, wie man zeitgemässe Publikumsanlagen baut, erübrigt sich. Für uns fällt die Gestaltung der Anlage in Sargans in die Kategorie „Sauglattismus“. Und zudem – die Verhältnisse in der Wartehalle sind entsprechend. Zudem stehen in Sargans viel zu wenig Kurzeitparkplätze zur Verfügung, was in den Hauptverkehrszeiten regelmässig zu chaotischen Zuständen führt.

Dabei sind die Fahrgastzahlen in Sargans weitaus höher als in Schaan. Am Bahnhof Sargans halten täglich über 200 Züge und 200 Busse.

Und zum Abschluss eine Aufnahme vom perfekten Bahnhof von Bruck an der Mur sowie zwei mit dem Smartphone bei Nacht aufgenommene Bilder vom Busbahnhof von Schaan. Da bleibt nur Bewunderung – und ein bisschen Neid.

Bushaltestelle vor dem Bahnhofsgebäude von Bruck an der Mur – der in unserem Bericht vom 28. Dezember 2015 als „Kronjuwel“ bezeichneten Anlage,
Busbahnhof von Schaan bei Nacht. Da steigen Frauen und Mädchen selbst bei Nacht sicher um.
Lichtspiel bei einem Fahrplanaushang an einer Säule im Busbahnhof von Schaan.

Wien-Aspern – ein Meisterwerk

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Aspern bei Wien ist den meisten wohl nur als Ort der ersten bedeutenden militärischen Niederlage von Napoleon I geläufig. 1809 massen sich in Aspern ein österreichisches und ein französischen Heer, beide mit einer Truppenstärke von gegen 100‘000 Soldaten.

Selbst in der Ausgabe 2010 des Eisenbahnatlas „Österreich“ von Schweers+Wall sucht man vergeblich nach dem Namen von Aspern.

Aber wie haben sich die Zeiten geändert! In den letzten zehn Jahren ist in Aspern im Zusammenhang mit dem Ausbau der „Marchegger-Linie“ – eine der beiden Eisenbahnstrecken zwischen Wien und Bratislava – sowie der Expansion von Wien in südöstlicher Richtung ein Verkehrsknotenpunkt entstanden, der seinesgleichen sucht.

Wir haben Wien-Aspern bereits während der Bauphase mehrmals besichtigt und möchten in diesem Beitrag den fertiggestellten Verkehrsknotenpunkt präsentieren.

Angebote in Wien-Aspern

Wien-Aspern Nord wird von der Eisenbahn, der U-Bahnlinie 2, vier Buslinien und einem Rufbus erschlossen.

Netzplan Schnellverkehr Wien und Umgebung

Wien-Aspern ist Endbahnhof der alle 30 Minuten verkehrenden S-Bahn 80 nach Hütteldorf. Zudem halten in Wien-Aspern im Stundentakt die Regionalexpresszüge zwischen Wien HB und Bratislava und die S-Bahn 81 zwischen Wien HB und Marchegg an. Die letztgenannten beiden Züge werden mit Dieseltraktion betrieben.

Die U-Bahnlinie U2 fährt in einem dichteren Fahrplan von Seestadt über Wien-Aspern zum Karlsplatz. Zwischen Seestadt und Wien-Krieau ist die Strecke aufgeständert und ermöglicht einen guten Überblick über die neuen Stadtteile. In Wien-Stadlau – auch dieser Kontenpunkt verdient einen Besuch – besteht ein weiterer Übergang zwischen den Zügen auf der Marchegger-Linie und der U-Bahn.

Marchegger-Linie

Zurzeit wird die „Marchegger-Linie“ umfassend modernisiert. Die Arbeiten umfassen die Elektrifizierung, den weitgehenden Ausbau auf Doppelspur und die grosszügige Erneuerung aller Bahnhöfe. Die entsprechenden Arbeiten sind auf dem Gebiet der Stadt Wien bis nach Wien-Aspern abgeschlossen. Die gesamte Trasse wird für einen späteren Vollausbau auf Doppelspur vorbereitet.

Nach der Aufnahme des elektrischen Betriebs zwischen Wien-Aspern und Marchegg – voraussichtlich ab 2023 – reduziert sich die Fahrzeit der Regionalexpresszüge zwischen Wien und Bratislava gemäss den Angaben der ÖBB von heute 67 Minuten auf 40 Minuten.

Auf rund 33 Kilometern verläuft die Marchegger-Linie absolut gerade und ist damit derzeit die längste geradeaus führende Eisenbahnstrecke in Österreich.

Rundgang durch den Knotenpunkt

Der neue Verkehrsknotenpunkt Wien Aspern Nord beeindruckt durch seine Grosszügigkeit sowie durch die architektonische Gestaltung, die Infrastruktur, die Benutzerführung, die SIgnaletik und die Publikumsanlagen. Bemerkenswert ist auch der künstlerische Schmuck am Gebäude.

Mit den folgenden kommentierten Bilder laden wir zu einem Rundgang durch Wien-Aspern ein.

Ansicht von Süden.
Seitenansicht.
Ansicht von Norden.
Blick auf die grosszügige Fussgänger- und Radfahrerüberführung.
Blick von der Überführung auf das Glasdach mit den bunten Streifen.
Blick auf den Zugang von der Überführung zum Seiteneingang. Man beachte die Ausführungsdetails und die verwendeten Materialien.
Treppenabgang von der Überführung – ergänzend zur hier nicht sichtbaren Rampe.
Blick auf den Bahnhof. Leider wird die weiter hinten liegende Abstellanlage für Fahrräder wenig genutzt.
Blick auf den Bahnhof mit der abfahrbereiten S-Bahn 80 nach Hütteldorf.
Wartehalle auf dem Bahnsteig.
Detail vom Bahnsteig mit einer Vorrichtung für das Befestigen von Kinderwagen oder Rollstühlen. Man beachte die sorgfältige Ausführung des Geländers.
Treppenaufgang in die Halle.
Deckenkonstruktion über dem Aufgang in die Halle.
Zugang in die Halle über der U-Bahn.
Lifte aus der Halle in die U-Bahnstation.
Lifte von der oberen in die untere Halle.
Ausführungsdetail zum Personenschutz in der oberen Halle.
Detail beim Abgang von der oberen in die untere Halle.
Aufgang von der unteren in die obere Halle.
Treppe von der unteren in die obere Halle (ergänzend zur Rolltreppe und zu den beiden Liften).
Kostenlos zu benutzende Toiletten in der unteren Halle.
Doppellifte aus der U-Bahn Station in die obere Halle.
Einer der beiden Blöcke mit Informationen für die Fahrgäste.
Aufgang in die obere Halle. Man fragt sich nach dem Nutzen der grosszügigen Überdachung.
Eines der beiden Kunstwerke auf den Frontseiten der U-Bahnstation. Dieses Bild zeigt den Verlauf der Schlacht bei Aspern.
Informationstafel zum Wandbild.
Kunstwerk auf der östlichen Frontseite der U-Bahn Station. Dieses Glasgemälde zeigt die Erschliessung der Stadt Wien mit den neuzeitlichen Verkehrsmitteln.
Blick bei Sonnenuntergang aus der unteren Halle auf den Stadtteil Seestadt. Die markanten Häuser wurden erst nach der Weiterführung der U2 nach Seestadt errichtet. Vorbildlich und visionär.
Sitzbank beim Ausgang. Lädt zum Verweilen und und zum Geniessen der wunderschönen Abendstimmung ein.
Blick auf das fertiggestellte und bereits befahrene Teilstück der Marcheggerbahn in Richtung Wien HB. Auf der linken Seite ist das in einen Trog gelegte Trasse der U-Bahn erkennbar. In den Seitenwänden ist schalldämmendes Material eingebaut, welches den Lärm der Fahrzeuge zu einem guten Teil absorbiert.
Blick auf die Marcheggerbahn Richtung Osten. Die Doppelspur geht in etwa zwei Kilometern Entfernung vorläufig in eine Einspurstrecke über.

Kommentar

Die Bilder sprechen für sich. Man verlässt Wien-Aspern tief beeindruckt und voller Bewunderung. Auf der anderen Seite empfindet man fast ein wenig Neid.

Und man stellt unwillkürlich Vergleiche mit ähnlichen Verkehrsknotenpunkten in Mitteleuropa an. So etwa mit Zürich-Stettbach oder mit dem mit einem „Brunel Award“ ausgezeichneten Bahnhof Bern-Wankdorf. Ob die zuständige Jury Wien- Aspern oder die Bahnhöfe an der Pottendorfer-Linie kennt? Ich empfehle, vor der inskünftigen Vergabe von Preisen einen Abstecher in den Grossraum Wien zu unternehmen.