Schotter, Kies und Sand – eine spannende Entdeckungsreise in den Kanton Uri

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Steine, Kies und Schotter – spannende Einblicke in wichtige Rohstoffe und effiziente Produktionsverfahren. Dies die wichtigsten Erkenntnisse aus einer Studienreise der Bahnjournalisten Schweiz in den Kanton Uri. Unter der Leitung von Lorenz Degen nutzen am 10. Mai 2023 ein Dutzend Mitglieder die Gelegenheit zum Besuch der Firmen Hartsteinwerk Gasperini AG in Attinghausen und Arnold & Co. AG in Flüelen.

Mehr über diese interessante Studienreise in diesem Bericht.

Firma Hartsteinwerk Gasperini AG

Um 10.15 Uhr begrüssten uns Michela Gasperini, Geschäftsführerin, und Peter Müller, Betriebsleiter, auf dem Betriebsgelände der Firma Hartsteinwerk Gasperini AG in Attinghausen. Für die Führung durch den eindrücklichen Steinbruch Eielen wurden zwei Gruppen gebildet.

Die Firma Gasperini wurde 1926 gegründet und wird heute in vierter Generation von Michela Gasperini geführt. Im Zuge einer Nachfolgeregelung wurde die Mehrheit am Unternehmen 2019 von der schweizweit tätigen Firma KIBAG AG übernommen. Gasperini beschäftigt zurzeit 21 Mitarbeitende und ist in der Region als Arbeitgeberin sehr geschätzt.

Im ersten Teil der Führung erläuterte uns Peter Müller die Organisation des Steinbruchs. Aus erstklassigem Quarzsandstein werden hochwertige Schotter, Splitte und Sande hergestellt. Der Schotter von Gasperini wird schweizweit eingesetzt und zählt wegen seiner Härte und Abreibfestigkeit zur absoluten Spitzenklasse der hiesigen Produkte.

Gasperini produziert in der Regel jährlich zwischen 40’000 und 70’000 Tonnen Bahnschotter – in Spitzenjahren sogar 100’000 Tonnen. Der Schotter wird mit Lastwagen zum benachbarten Bahnhof Altdorf transportiert und dort über die Verladeanlage auf Bahnwagen verladen. Im Gegensatz zu früher, wo mit einem Zug bis zu 800 Tonnen Schotter transportiert wurden, ist heute die Maximallast pro Zug wegen dem Mangel einer geeigneten Rangierlokomotive auf 400 Tonnen beschränkt. Infolge dieser Beschränkung erfolgen Lieferungen ins Tessin aber auch in der Deutschschweiz vermehrt mit Lastwagen.

Neben dem Schotter werden jährlich bis zu 160’000 Tonnen Edelsplitt, Sand und Strassenkoffer produziert. Die Produkte von Gasperini werden wegen ihrer hohen Qualität weit über die Standortregion hinaus eingesetzt.

Nach dieser interessanten Einführung erfolgt eine Besichtigung des eindrücklichen Abbaugebiets. Die Fahrt mit einem geländetauglichen Personenwagen führt über bis zu 35 Prozent steile Rampen zum obersten Abschnitt des Steinbruchs rund 280 Meter über dem Talgrund. Die Felsbrocken werden nach der Sprengung mit gewaltigen Dumpern zu den Steinbrechanlagen hinuntergefahren. Beladen erreichen die Dumper ein Gewicht von bis zu 52 Tonnen. Hoch oben erläutert uns Peter Müller die Felsformationen und den Ablauf der Abbauarbeiten. Die Sprengungen erfordern viel Knowhow und werden von der Firma Gasser Felstechnik AG ausgeführt.

Blick vom Werkgelände auf das Abbaugebiet und die Verladeanlage. (Dieses und die die weiteren Bilder wurden abgesehen von zwei Ausnahmen vom Verfasser mit dem Smartphone aufgenommen).
Blick vom oberen Ende des Steinbruchs auf das rund 270 Meter tiefer liegende Werkgelände.
Blick auf die nächste Abbauetappe mit den bereits gebohrten Löchern für das Einbringen des Sprengstoffs. Man erkennt leicht, mit welcher Behutsamkeit die Sprengung erfolgen muss.
Zur Bearbeitung zwischengelagertes Rohmaterial.

Im zweiten Teil der Führung stellt uns Armando De Col die Fertigungsschritte von den bis zu einer Tonne schweren Felsbrocken zu den Endprodukten her. Armando De Col arbeitet seit über fünfunddreissig Jahren bei der Firma Gasperini und ist mit den Produktionsprozessen und dem Material bestens vertraut. Die grossen Felsbrocken werden in einer ersten Phase mit einem riesigen Steinbrecher (Vorbrecher) in kleinere Brocken zertrümmert. Anschliessend werden diese Brocken je nach der Art des Endproduktes in einer anderen Halle weiter gebrochen und in verschiedene Fraktionen ausgesiebt. Der Bahnschotter wird vor dem Verlad noch gewaschen.  

Bei diesen lärmigen und staubigen Verfahren hat der Gesundheitsschutz der Arbeitenden eine sehr hohe Bedeutung – die Anlagen werden wöchentlich vom Staub befreit.

Die eingesetzten Steinbrecher stammen grösstenteils von der Firma Emil Gisler AG im benachbarten Seedorf. Unter dem Markenname Gipo AG konstruiert dieses Unternehmen weltweit eingesetzte Steinbrecher und Aufbereitungsanlagen der Spitzenklasse. Diese Firmengruppe darf die Bezeichnung «Hidden Champion» wohl zu Recht in Anspruch nehmen.

Mächtige Bagger bringt das Rohmaterial zum Vorbrecher.
Blick von oben auf den Vorbrecher. Mit dieser Anlage können für die nächsten Bearbeitungsschritte bis zu 1 m3 grosse Brocken zertrümmert werden.
Seitenansicht der Vorbrecheranlage.
Die Vorbrecheranlage auf dem Transport von der Firma Emil Gisler AG im benachbarten Seedorf zum Standort auf dem Werkgelände der Firma Gasperini. (Das Bild wurde mit bestem Dank der Website der Firma Gasperini AG entnommen).
Blick auf die Einlassöffnung der Vorberecheranlage. Man beachte für den Grössenvergleich die Hand des Maschinenführers am rechten Bildrand.
Steinbrecher für den nächsten Bearbeitungsschritt.
Steinbrecher für einen weiteren Bearbeitungsschritt.
Filter- und Reinigungsanlage für das gebrochene Material.
Förderanlage zum Silo.
Armando de Col erläutert zwei Besuchern die Qualitätsmerkmale von Schotter. Der gewaltige Schotterberg dokumentiert die hohe Lieferbereitschaft der Firma Gasperini AG.

Der feine Imbiss im Anschluss an die eindrückliche Betriebsbesichtigung bot willkommene Gelegenheit zur Vertiefung der erhaltenen Informationen. Kurz vor 13.00 Uhr bedankte sich Lorenz Degen bei Michela Gasperini und Peter Müller für den eindrücklichen Besuch und die grosszügige Gastfreundschaft.

Firma Arnold & Co. AG

Kurz vor 16.00 Uhr begrüsst uns Matthias Steinegger beim Hafen Flüelen zur Besichtigung der Firma Arnold & Co. AG. Matthias Steinegger lässt es sich als Betriebsleiter nicht nehmen, uns sein Unternehmen persönlich vorzustellen. Die Firma Arnold & Co. AG besteht seit etwa 120 Jahren und wird als traditionsbewusstes Familienunternehmen in vierter Generation von Nachkommen der Gründerfamilie geführt. Dank erstklassigen Produkten und einer umsichtigen Geschäftspolitik kann sich Arnold & Co. AG neben Grossunternehmen wie KIBAG oder Holcim AG auf dem Markt behaupten.

Nach einer kurzen Vorstellung des Unternehmens und seiner Geschichte fahren wir mit einem Ledischiff zur Baggeranlage neben dem Reussdelta. Die eindrückliche Anlage wiegt 1’000 Tonnen und verarbeitet den Aushub aus dem an dieser Stelle rund 60 Meter tiefen See zu Sand und Kies in verschiedenen Körnungen. Die maximale Kapazität der eindrücklichen Anlage beträgt 2’500 Tonnen pro Tag. Die Jahresproduktion liegt bei rund 300’000 Tonnen Sand und Kies. Zum Vergleich: Die Reuss lagert gemäss der Ausgabe 2016, Heft 2, der Zeitschrift «Wasser Energie Luft» jährlich durchschnittlich etwa 56’000 m3 Geschiebe im Urnersee ab. Im Katastrophenjahr 1987 waren es sogar weit über eine Million Tonnen.

Nach der Reinigung des Aushubs vom See werden Sand und Kies – dieser in drei Korngrössen – getrennt und auf Ledischiffe verladen und auf dem Seeweg zu den Kunden transportiert. Die Produkte geniessen bei den weiterverarbeitenden Unternehmen dank ihrer Qualität und ihrer Beschaffenheit einen ausgezeichneten Ruf.

Nach der kurzen Einführung werden die Besucher durch das fast 20 Meter hohe Baggerschiff geführt und können vor Ort die verschiedenen Verarbeitungsschritt verfolgen. Die Anlage wird mit Unterwasserleitung mit elektrischem Strom versorgt. Der Strom wird auf dem Festland von einer Spannung von 15’000 Volt auf noch 4’500 Volt transformiert. Die Konzession für den Abbau wird vom Kanton Uri jeweils für 25 Jahre vergeben. Arnold & Co. AG ist seit drei Perioden Inhaberin dieser Konzession.

Baggerschiff V mit zwei Ledischiffen vor dem Massiv des Rophaien auf dem Urnersee. (Das Bild wurde mit bestem Dank der Website der Firma Arnold & Co. AG entnommen).
Eindruck von den gewaltigen Dimensionen des Baggerschiffs. Hinten auf dem Bild die Kommandobrücke.
Blick auf den Förderschacht, in dem zwei von Maschinisten gesteuerte Baggerschaufeln ständig Rohmaterial vom Seegrund auf das Baggerschiff fördern.
Blick auf das soeben geförderte Rohmaterial vor dem ersten Verarbeitungsschritt.
Blick auf die Filteranlage für mittelgrosses Kies.
Nahansicht vom Kies auf der Filteranlage. Man beachte die Sauberkeit des Materials.
Verlad von Sand auf das Ledischiff. Der Sand wird wegen seiner Beschaffenheit von den Handwerkern sehr geschätzt.
Auf der anderen Seite wird das Kies entsprechend seiner Korngrösse getrennt auf das Ledischiff verladen.

Nach etwa dreissig Minuten gelangen wir mit dem Schiff zurück an den Ausgangspunkt und zum nächsten Höhepunkt unserer Visite. Beim Frachthafen können wir den Entladevorgang eines Zuges mit Ausbruchmaterial aus der zweiten Röhre des Gotthardstrassentunnels verfolgen. Das mit dem Zug aus Göschenen herangeführte Ausbruchmaterial wiegt rund 1’000 Tonnen und wird mit leistungsfähigen Förderanlagen innert einer Stunde über ein Zwischenlager auf das daneben liegende Ledischiff abgeladen. Täglich können bis zu sieben Züge entladen werden – die 7’000 Tonnen Ausbruch entsprechen der maximalen Tagesleistung der Tunnelbohrmaschine.

Wir fahren mit einem voll beladenen Ledischiff zum eigens für den Ablad des Ausbruchs geschaffenen Dock. Unter dem Wasserspiegel sind am Dock grosse Tücher angebracht, die einen kontrollierten Ablad gewährleisten und eine Ausbreitung der feinen Teile im Wasser minimieren. Beeindruckt verfolgen die Besucher, wie sich eine nach der anderen Kammer entleert. Der behutsame Entladevorgang hinterlässt fast den Eindruck, dass sich das Material aus dem Innern des Gotthards gegen das Versenken im See wehren würde.

Mit dem leeren und nun weit aus dem Wasser ragenden Schiff fahren wir zurück ans Ufer. Auf der Rückfahrt zum Hafen weist Matthias Steinegger auf die künstlichen Inseln mit Aushub aus dem Gotthardbasistunnel hin. Diese bieten willkommenen Schutz für Fauna und Flora. Insgesamt wurden 3.5 Mio. Tonnen Ausbruch aus dem Gotthardbasistunnel im See deponiert. Als umweltbewusstes und nachhaltiges Unternehmen besteht zwischen Arnold & Co. AG mit den Umweltorganisationen ein gutes Einvernehmen.

Eindrückliche Siloanlage der Firma Arnold & Co. AG neben dem Bahnhof Flüelen.
Ausbruchmaterial aus dem Gotthard Strassentunnel wird abgeladen. Bei Annahmeverzögerungen werden hohe Konventionalstrafen fällig.
Ledischiff für den Abtransport des Ausbruchmaterials.
Ausbruchmaterial auf dem Ledischiff kurz vor der Abfahrt des Schiffs.
Entladestelle für das kontrollierte Versenken des Ausbruchmaterials.
Ausbruchmaterial beim träge erfolgenden Absenkvorgang.
Die letzten Reste des Ausbruchmaterials unmittelbar vor dem Ende des kammerweise erfolgenden Absenkvorgangs.
Matthias Steinegger erläutert den Teilnehmenden Details zu den aufgeschütteten Inseln.

Bei der Ankunft im Hafen lädt uns Matthias Steinegger noch auf dem Schiff zu einem Apéro ein. Dabei erhalten wir weitere interessante Informationen über das Unternehmen. So produziert Arnold & Co. AG jährlich auch zwischen 50’000 und 80’000 m3 Beton und Mörtel. Hergestellt werden gegen 130 verschiedene Beton- und Mörtelarten. Bemerkenswert ist, dass der Zement in Altdorf von den Silowagen der SBB auf LKW verladen wird und für die kurze Distanz auf der Strasse zum Betonwerk gelangt. Flüelen wird seit einigen Jahren von SBB Cargo nicht mehr bedient.

Kurz vor 17.30 Uhr bedankt sich Lorenz Degen bei Matthias Steinegger für die spannende Präsentation der Firma Arnold & Co. AG, worauf sich die beeindruckte Delegation zum Bahnhof Flüelen begibt, um von dort die Rückreise anzutreten.

Abschliessende Bemerkungen

Auch von meiner Seite ein grosses Dankeschön an Lorenz Degen für die eindrückliche Studienreise sowie an die besuchten Firmen für den freundlichen Empfang und die packenden Betriebsbesichtigungen. Beeindruckend, mit welchem Qualitätsbewusstsein und Fachwissen vermeintlich einfache Materialien wie Schotter, Kies und Sand hergestellt werden.

Renens liegt in der Schweiz. Wirklich!

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Sylvain Meillasson veranstaltete für die Bahnjournalisten Schweiz am 12. April 2023 unter der Bezeichnung «Romandie: Mobilitätschampions» eine spannende und reichhaltige Studienreise in die Westschweiz. Die anfängliche Skepsis gegenüber der ambitionierten Bezeichnung der Studienreise löste sich im Verlauf des Tages rasch im Nichts auf.

Von den zahlreichen Höhepunkten der Reise beeindruckte vor allem der umgebaute Bahnhof von Renens. Leider war die Zeit für die Besichtigung dieser grossartigen Infrastruktur am 12. April 2023 zu knapp. Ich holte bei den SBB ergänzende Informationen ein und reiste am 17. Mai 2023 für eine intensive Besichtigung des Bahnhofs erneut nach Renens.

Mehr über das noch nicht vollständig abgeschlossene Projekt und die Erklärung für die sonderbar anmutende Überschrift in diesem Bericht – Staunen ist angesagt!

Überblick über das Projekt

Das Bevölkerungswachstum im Westen von Lausanne und der nachfragegerechte Ausbau des öffentlichen Verkehrs bewirkten eine erfreuliche Zunahme der Auslastung des Bahnhofs von Renens. Die bestehenden Anlagen vermochten den Ansturm kaum mehr zu bewältigen und genügten den Bestimmungen des Behinderten-Gleichstellungsgesetzes nicht mehr.

Die 2015 begonnenen Arbeiten sind bezüglich der Anlagen der SBB praktisch abgeschlossen. Noch im Gang sind die Arbeiten für die neue Stadtbahn der «Transports Publics Lausannois» (TL) vom Bahnhof Renens ins Zentrum der Stadt Lausanne. Dies Arbeiten beinhalten im Wesentlichen den Bau einer rund 5 Kilometer langen zweigleisigen Tramlinie T1, substantielle Anpassungen am Strassennetz und den Bau der Endhaltestelle für T1 im Bahnhof von Renens. Das Projekt wird mit der Inbetriebnahme der Stadtbahn T1 Ende 2024 abgeschlossen.

Gemäss einem Auszug aus einer Beschreibung der SBB erfolgten im Bahnhof von Renens folgende Arbeiten:

  • Renovation des historischen Bahnhofgebäudes und Neugestaltung des Vorplatzes.
  • Verbreiterung der bestehenden Unterführung mit besseren Zugängen zu den Perrons mit Rampen und gut zu begehenden Treppen.
  • Verlängerung der Perrons auf 420 Meter Länge und Verbreiterung der Perrons 2 und 3.
  • Anhebung aller Perrons auf 55 cm für einen stufenfreien Zugang zu den Zügen
  • Anpassung des Gleiskopfs.
  • Bau neuer und längerer Perrondächer sowie Anpassung des Mobiliars und der Beleuchtung.
  • Sanierung des historischen Daches von Perron 1.
  • Koordination der Arbeiten mit der Stadt Renens beim Projekt «Rayon Vert» (Bau einer neuen Passerelle zur innerstädtischen Verbindung über den Geleisen), mit Zugängen zu den Perrons und zur Endhaltestelle der neuen Strassenbahn T1.

Die Kosten der baulichen Massnahmen der SBB einschliesslich der Hälfte der Anpassungen an den Geleisen wurden bei Baubeginn mit einer Bandbreite von 20 Prozent auf CHF 172 Mio. geschätzt. Die Finanzierung erfolgt über eine vom Bund finanzierte Leistungsvereinbarung mit den SBB. Die Bauabrechnung mit den genauen Kosten ist zurzeit noch pendent.

Verlauf der bisherigen Arbeiten

Zusammenfassend darf bisher von einem erfolgreichen und termingerechten Verlauf des anspruchsvollen Projekts gesprochen werden. Besonders hervorzuheben ist die konstruktive und proaktive Zusammenarbeit mit den Behörden der Stadt Renens, die sich auch mit den drei anderen betroffenen Gemeinden Chavanne, Crissier und Ecublens abgesprochen hatte. Trotz den intensiven Arbeiten gelang es, den Betrieb auf einer der verkehrsreichsten Eisenbahnlinien der Schweiz ohne nennenswerte Probleme aufrecht zu erhalten.

Besondere Herausforderungen bildeten die Steuerung der Passagierströme während den Arbeiten und die Abstimmung mit den übrigen Akteuren in der Umgebung des Bahnhofs (Bau eines neuen Gebäudes über der Endhaltestelle der neuen Strassenbahn T1, Erweiterung einer Strassenunterführung östlich des Bahnhofs und Einbindung des Trasses für die zukünftige Tramlinie nach Lausanne).

Dank einer effizienten Steuerung des Projekts wurden positive Erkenntnisse für die Baustellenlogistik gewonnen. Auch liessen sich aus der integrierten Planung Schlüsse für die Lenkung der Personenströme bei zukünftigen Grossprojekten ziehen.

Bauteile

Nachstehend einige Bilder, aufgenommen am 17. Mai 2023 mit einem Smartphone.

Bahnhofgebäude und Vorplatz

Bahnhofgebäude mit verkehrsfreiem Vorplatz.
Sitzbänke und Schutzdächer auf dem Bahnhofvorplatz.

Unterführung

Eindruck von der grosszügigen Unterführung.
Rampe aus der Unterführung auf einen Bahnsteig. Man beachte die zurückhaltende Werbeflächen und das Fehlen von Ladengeschäften.
Blick in eine verhältnismässig flache und helle Rampe.
Aus weissen Gestein gefertigte Stufen vor den Podesten oder dem Treppenabgang. Auch die Steigung der Treppe ist viel geringer und weniger gefährlich als beispielsweise in Winterthur oder Zürich-Oerlikon.
Blick von oben auf eine Rampe. Das begehbare Dach oberhalb der Lampe ist aus blauem Glas. Man beachte die Holzkonstruktion am Geländer, an die sich wartende Fahrgäste anlehnen können.

Passerelle

Zugang auf die Passerelle vom Bahnhofvorplatz her – mit Treppe und Rolltreppe.
Seitlicher Aufgang mit Treppe und Rolltreppe auf das Zwischenpodest der Passerelle.
Oberes Ende des Aufgangs vom Bahnhofplatz her auf die Passerelle. Zusätzlich zur Treppe und zur Rolltreppe steht den Fahrgästen ein grosszügiger Lift zur Verfügung.
Blick in die Passerelle. Man beachte die Sitzbänke und den Pflanzenschmuck. Hier sitzt man gerne.
Blick auf den Zugang zu einem der Lifte von der Passerelle zu den Bahnsteigen.
Von der Passerelle aus führen auch Treppen und Rolltreppen zu den Bahnsteigen.
Blick von der Stadtseite auf den Zugang zur Passerelle.
Blick von der Stadtseite auf die Passerelle.
Blick auf die Passerelle aus südöstlicher Richtung. Im Vordergrund die Planie für die Geleise der Strassenbahn T1 nach Lausanne.
Eindruck von einem Bahnsteig mit grosszügig gestaltetem Dach mit einer Dachhaut aus blauem Glas.
Eindruck eines wartenden Fahrgastes auf einem Bahnsteig. Im Hintergrund die Passerelle.
Aufgang vom Bahnsteig auf die Passerelle. Die Passerelle ist vollständig überdacht und seitlich mit Glaswänden geschützt.
Blick auf den Bahnsteig 1 mit dem in die neue Dachkonstruktion integrierten historischem Perrondach.
Blick auf die Haltestelle der Stadtbahn nach Lausanne Flon. Eine Fahrt mit dieser Bahn und ein Rundgang durch das Hochschulgelände, das durch die Stadtbahn erschlossen ist, mit zahlreichen architektonischen Meisterwerken ist sehr zu empfehlen.
Blick auf die Haltestelle der Stadtbahn nach Lausanne Flon. Man beachte die künstlerisch geschmückten Säulen des neu gebauten Bürogebäudes.
Blick auf das Trasse der zukünftigen Strassenbahn T1 ins Zentrum von Lausanne.

Kommentar

Aus Sicht eines aufmerksamen Benutzers des öffentlichen Verkehrs im Grossraum Zürich kehrt man tief beeindruckt und mit etwas Neid auf Renens zurück – besonders, wenn man den Vergleich mit kürzlich umgebauten oder bestehenden Publikumsanlagen in der Region Zürich zieht. In Renens eingehauste Übergänge, lange Perrondächer oder grosszügige Übergänge und Unterführungen!

Das gelungene Bauwerk und die wunderbare Überführung sind für mich ein schlagender Beweis für die erwähnte konstruktive Zusammenarbeit der SBB mit der Stadt Renens. Kein Vergleich mit den Überführungen in Bellinzona, über die wir auf unserer Website berichtet haben. Offensichtlich wurde dort eine grosse Chance vertan, gemeinsam mit der Stadt Bellinzona für die Öffentlichkeit und für die Fahrgäste eine funktional und städtebaulich überzeugende Lösung zu verwirklichen. Und nur wenig positiver fällt der Vergleich mit den Verhältnissen in Zürich-Oerlikon aus, wo zwei kaum Gemeinsamkeiten aufweisende unmittelbar nebeneinander liegende grosse Personenunterführungen gebaut wurden – eine durch die SBB, die andere von der Stadt Zürich.

Und beim Umsteigen in Lausanne entdeckt – eine hygienische und einladende Wasserbezugsstelle für Fahrgäste. Klein – aber in der Wirkung gross!

Öffentlicher Verkehr in Nidwalden / Werkstätte der Zentralbahn in Stansstad

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Lorenz Degen, Mitglied des Vorstandes der Bahnjournalisten Schweiz, organisierte am 8. März 2023 eine interessante Exkursion in die Innerschweiz. Am Vormittag erhielten 14 Mitglieder der Bahnjournalisten im Bergrestaurant Niederbauen mit zwei Referaten einen umfassenden Überblick über die Entwicklung, den Stand und die Anliegen des öffentlichen Verkehrs im Kanton Nidwalden. Am Nachmittag empfing uns Gerhard Züger zu einem spannenden und mit vielen Informationen bereicherten Rundgang in der Werkstätte der Zentralbahn in Stansstad.

Referat von Regierungsrätin Therese Rotzer-Mathyer, Baudirektorin

Frau Regierungsrätin Rotzer-Mathyer begann ihr Referat mit einem Überblick über die geografische Lage des Kantons Nidwalden.

Frau Regierungsrätin Therese Rotzer-Mathyer bei ihren packenden Ausführungen (Foto: Roland Arnet).

Der Kanton erlebte in den vergangenen sechzig Jahren eine stürmische Entwicklung, was sich in einer Verdoppelung der Einwohnerzahl auf knapp 44’000 Personen niederschlug. Entscheidend dabei waren zwei Verkehrsinfrastrukturen, nämlich die Brücke über die Acheregg und der Bau der Nationalstrasse A2. Dadurch wurde die Standortgunst des Kantons massiv gesteigert. Auch beim Angebot und bei der Qualität des öffentlichen Verkehrs erfolgten substantielle Verbesserungen. Luzern ist von Stans aus mit Regionalexpresszügen heute in einer Viertelstunde erreichbar. Weitere Verbesserungen sind angedacht.

Historisches Bild der Achereggbrücke (Quelle unbekannt).

Frau Rotzer-Mathyer tritt auf zwei Anliegen des Kantons Nidwalden vertieft ein. Mit engagierten Worten spricht sich die Referentin für den Bau des Durchgangsbahnhofs DBL aus und erläutert den Nutzen dieses Projekts für die Zentralschweiz. Die Regierungen der Innerschweizer Kantone stehen geschlossen hinter diesem Projekt und fordern dessen Realisierung bereits im Ausbauschritt 2035.

Lage des Durchgangsbahnhofs Luzern (Quelle: Präsentation von Regierungsrätin Rotzer-Mathyer).

Die knapp ein Kilometer lange einspurige Strecke zwischen Hergiswil und Hergiswil-Matt ist ein Ärgernis und steht einem Ausbau des Verkehrsangebots in der Region entgegen. Der ursprünglich angedachte Bau eines zweiten Gleises scheiterte am Widerstand der Bevölkerung. Heute steht der Bau eines doppelspurigen Tunnels im Fokus. Die Kosten für diese umweltfreundliche Lösung werden auf CHF 80 Millionen geschätzt. Frau Rotzer-Mathyer plädiert für eine baldige Realisierung dieses Tunnels.

Neben diesen beiden Forderungen soll auch die Leistungsfähigkeit der Zulaufstrecken zum DML durch gezielte Massnahmen gesteigert werden.

Ausführungen Markus Meisinger, Amt für Mobilität des Kantons Nidwalden

Markus Meisinger bemängelt einleitend die abnehmende Planungssicherheit beim Ausbau der nationalen Eisenbahninfrastruktur.

Markus Meisinger, Abteilungsleiter Strategie und Planung, im Amt für Mobilität des Kantons Nidwalden, bei seinem spannenden Referat. (Foto: Roland Arnet).

Bisher wurde etwa alle acht Jahre ein Bauprogramm mit konkreten Fahrpanzielen erarbeitet. Zurzeit befinden sich gemäss Markus Meisinger zu viele Projekte in der Umsetzung oder in der Planungs- und Abklärungsphase. Zudem enthält das Bauprogramm 2026 nur wenige nationale Teilprojekte, statt grosse Züge aufzuzeigen. Ein «grosser Wurf» soll erst wieder ab 2030 vorgelegt werden.

Übersicht über die Planung (Quelle: Präsentation von Markus Meisinger).

Bei der Anpassung der Personenanlagen an das Behinderten-Gleichstellungs-Gesetz BehiG im Kanton Nidwalden bestehen zwischen der Eisenbahn und den Bussen grosse Unterschiede. Während die Anforderungen des BhiG bei den Bahnhöfen zu 95 Prozent erfüllt sind und nur noch eine kleine Haltestelle fehlt, ist die Situation bei den Bushaltestellen weniger gut. Aber auch bei den Bushaltestellen wird intensiv an der Elimination der Schwachstellen für behinderte Personen gearbeitet. Ein wesentlicher Teil der Verzögerungen ist darauf zurückzuführen, dass Anpassungen in Dorfkernen oft in übergeordnete Baumassnahmen eingebettet sind, an denen mehrere staatliche Ebenen mitwirken.

Stand der Anpassung der Bushaltestellen im Kanton Nidwalden an das BehiG (Quelle: Präsentation von Markus Meisinger).

Auch das Angebot im regionalen Busverkehr wurde erheblich ausgebaut. In Anlehnung an die «Tell-Busse» zwischen Luzern und Altdorf mit einer Fahrzeit von 40 Minuten verkehren neu in der Regel alle zwei Stunden direkte «Winkelried-Regionalbusse» zwischen Stans und Altdorf mit einer Fahrzeit von 43 Minuten. Im Gegensatz zu den «Tell-Bussen» bedienen die «Winkelried-Busse» auf ihrer Fahrt unterwegs ein paar grössere Ortschaften des Kantons. Auch für die Seegemeinden ist ein Konzept für die Verbesserung der Buserschliessung in Arbeit.

Markus Meisinger ortet auch bei der Schifffahrt ergänzend zum touristischen Verkehr ein Potential für den «allgemeinen» öffentlichen Personenverkehr. Das Potential könnte mit zwei Möglichkeiten, nämlich Bestellung von Zusatzleistungen bei den Schifffahrtunternehmen a) über das RPV oder b) über die Tourismusförderung, erschlossen werden.

Zusammenfassend zu den beiden Referaten lässt sich feststellen, dass beim öffentlichen Verkehr im Kanton Nidwalden in den vergangenen sechzig Jahren «kein Stein auf dem anderen geblieben ist» und gewaltige Fortschritte erreicht wurden. Erfreulich ist, dass der Elan und die Bereitschaft für weitere Verbesserungen anhalten.

Sichtlich zufriedene Teilnehmende mit Regierungsrätin Therese Rotzer-Mathyer und Markus Meisinger, rechts aussen Lorenz Degen, der souveräne Exkursionsleiter (Foto Roland Arnet).

Besuch Werkstätte Zentralbahn mit Gerhard Züger

Am späteren Nachmittag begrüsst Gerhard Züger vor dem Bahnhof Stansstad die Delegation zu einem Rundgang in der Werkstätte der Zentralbahn. Gerhard Züger leitet als Mitglied der Geschäftsleitung den Bereich Produktion und Rollmaterial der Zentralbahn. Daneben präsidiert er IHRUS, ein nicht-kommerzieller Verein, der sich mit der Instandhaltung von Rad und Schiene beschäftigt. Zudem leitet Gerhard Züger im VöV die Arbeitsgruppe ATO Automatic Train-Control für Meter-, Spezialspur- und Trambahnen.

Gerhard Züger zieht bei seinem interessanten Vortrag alle in seinen Bann (Foto: Roland Arnet).

Nach kurzem Spaziergang trifft die Delegation bei der Werkstätte ein. Neben Stansstad betreibt die Zentralbahn in Meiringen eine zweite Werkstätte. Die Zentralbahn ist mit rund zwanzig weiteren Meterspurbahnen Mitglied von RAILPlus, einem Branchenverband, der die Interessen der Meterspurbahnen bündelt und den Informationsaustausch unter den Mitgliedern fördert. Ein besonderes Augenmerk von Gerhard Züger liegt auf der Wechselwirkung von Rad und Schiene – der Verfasser erinnert sich gerne an die spannenden Ausführungen von Gerhard Züger an der IHRUS-Fachtagung im Herbst 2020. Sorgen bereitet die Tatsache, dass die modernen und leistungsstarken Triebwagenzüge die Geleise bedeutend stärker abnutzen als mit Lokomotiven geführte Züge.

Gerhard Züger führt die Delegation durch die gut eingerichteten Werkstätten, die etwa 30 Mitarbeitende zeitgemässe Arbeitsplätze bieten. Beim Rundgang erfahren die Gäste viel Wissenswertes und Aktuelles.

Blick in die Halle 1 mit einem Verschiebefahrzeug (Foto vom Verfasser).

Besondere Aufmerksamkeit erhält der in der Halle abgestellte dreiteilige Spatz-Triebwagenzug. Vandalen des FC Basel hatten auf der fünfminütigen Fahrt vom Bahnhof Luzern zur Haltestelle Luzern Allmend/Messe im Zug massive Beschädigungen angerichtet, deren Reparatur mehrere CHF 10’000.- kostet.

Aussen bereits wieder hergestellter Triebwagenzug (Foto vom Verfasser).

Beeindruckt sind die Anwesenden auch von der Unterflurdrehmaschine, welche das Abdrehen der Lauffläche der Räder ohne Demontage der Achsen oder der Drehgestelle ermöglicht.

Frontalansicht der Unterflurdrehmaschine (Foto vom Verfasser).
Seitenansicht der Unterflurdrehmaschine (Foto vom Verfasser).

Während des Rundgangs berichtet Gerhard Züger von den Untersuchungen über die Wechselwirkung zwischen Rad und Schiene, bei welchen die Zentralbahn unter dem Lead von RAILPlus die Systemführerschaft einnimmt Die Erkenntnisse werden unter anderem auch der Firma Stadler Rail AG als führendem Anbieter von meterspurigen Fahrzeugen zur Verfügung gestellt. Wie Informationen von laufenden Beschaffungen von Triebfahrzeugen belegen, nimmt Stadler de facto eine Monopolstellung bei Fahrzeugen mit Zahnradantrieb im Meterspurbereich ein.

Auch das Projekt des Grimseltunnels kommt aus aktuellem Anlass zur Sprache. In der Öffentlichkeit kaum beachtet wird der Sachverhalt, dass die Zentralbahn und die Matterhorn-Gotthard-Bahn unterschiedliche Zahnstangen und Stromsysteme haben. Auf Anfrage führt Gerhard Züger aus, dass es für den Einsatz auf unterschiedlichen Zahnstangen keine kombinierten Antriebe gibt. Entgegen dem lange verfolgten Konzept, die Eisenbahn und die Starkstromleitung in einem einzigen Tunnel zu führen, geht die Planung nun von zwei getrennten Tunnelröhren aus.

Besonderes Interesse finden die Versuche der Zentralbahn für den Adhäsionsbetrieb auf Bergstrecken. Die Untersuchungen erfolgen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Schienenfahrzeuge IFS der Technischen Hochschule Aachen. Angestrebt wird bis zu 125 Promille steile Strecken mit reinem Adhäsionsbetrieb zu überwinden. Dazu ist auch eine verstärkte zusätzliche Bremswirkung mit Magnetschienenbremsen erforderlich. Neben der Beschleunigung würde der Adhäsionsbetrieb bei einer gemeinsamen Fahrzeugplattform MGB/RhB/Zentralbahn auch die drastische Reduktion der Drehgestelltypen von heute sechs auf noch zwei ermöglichen.

Seitenansicht des Triebfahrzeuges des Versuchszuges (Foto vom Verfasser).
Plakette mit den am Projekt beteiligten Stellen (Foto vom Verfasser).

Der Besuch schliesst mit einem Rundgang durch das umfangreiche und wohlgeordnete Ersatzteillager.

Abschliessende Bemerkungen

Dankbar und bereichert treten die Teilnehmenden die Heimreise an. Ein grosser Dank geht an die Referentin und die beiden Referenten für ihre informativen Vorträge und die spannenden Gespräche. Besonderen Dank gebührt Lorenz Degen für die Organisation und die Moderation des spannenden Tages.

Nachdenklich stimmt jedoch, dass

  • bis auf Weiteres keine Mittel für den überfälligen Doppelspurausbau zwischen Hergiswil und Hergiswil-Matt verfügbar sind, nachdem die Autobahn A2 zwischen Luzern und Hergiswil mit einem enormen Mitteleinsatz auf weiten Strecken überdeckt wurde,
  • die Planung für den als «Bypass» bezeichneten zweiten Autobahntunnel unter der Stadt Luzern fortschreitet und der Tiefbahnhof Luzern als Voraussetzung für die Leistungssteigerung des Knotens Luzern eine tiefe Priorität hat,
  • die Optik meines Erachtens zu stark auf dem Tiefbahnhof Luzern und nicht auf dem Korridor Zürich-Zug-Luzern liegt. So müsste die Einfahrt in den Tunnel zum Tiefbahnhof Luzern aus nordöstlicher Richtung nicht bei Ebikon, sondern bereits vor Gisikon-Root erfolgen. Dadurch und mit dem Zimmerberg II-Tunnel wäre zwischen Luzern und Zürich eine Fahrzeit in der Grössenordnung von einer halben Stunde möglich.

Dank

Der Verfasser bedankt sich bei Markus Meisinger und Gerhard Züger für die Prüfung des Manuskripts und bei Roland Arnet für die zur Verfügung gestellten Fotografien. Nochmals besten Dank auch an Lorenz Degen für die Organisation und die Leitung der Tagung.

Bilbao Intermodal – wie in einer anderen Welt!

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Das vor 25 Jahren eröffnete Guggenheim-Museum von Frank Gehry in Bilbao gehört zu den berühmtesten Museumsgebäuden der Welt.

Bild des Guggenheim-Museums. (Quelle: Website des Museums).

Aber es gibt in Bilbao eine Infrastruktur des öffentlichen Verkehrs, die meines Erachtens in seiner Einzigartigkeit dem Guggenheim-Museum in Nichts nachsteht – nämlich der Knotenpunkt Bilbao Intermodal. Auch hier wurden wesentliche Elemente von einem weltberühmten Architekten, dem Engländer Norman Forster, gestaltet.

Bürogebäude und architektonisches Wahrzeichen von Bilbao Intermodal.

Mit diesem Bericht lade ich zu einem Rundgang in Bilbao Intermodal ein. Der Bericht schliesst mit ein paar Bildern vom Busterminal von San Sebastian.

Der öffentliche Verkehr in Bilbao

In Bilbao, als der zehntgrössten spanische Stadt, wohnen rund 350’000 Menschen. Bilbao verfügt neben einem städtischen Busnetz über eine Strassenbahn, eine U-Bahn, zwei Regionalbahnen und eine S-Bahn. Vom Bahnhof Bilbao Abando aus fahren relativ wenige Fernzüge der spanischen Staatsbahn Renfe über Miranda de Ebro nach Madrid oder nach Zaragossa. In einigen Jahren wird Bilbao jedoch mit dem „Basken-Y“ an das spanische Hochgeschwindigkeitsnetz angeschlossen. Die baulichen Massnahmen für das „Basken-Y“ sind weit fortgeschritten. Von Bilbao aus fahren Fernbusse in alle Richtungen. 

Karte der schienengebundenen öffentlichen Nahverkehrsmittel in Bilbao. (Quelle: Internet).

In Bilbao Intermodal werden mit Ausnahme von Feve – der von Renfe betriebenen Meterspurbahn – alle schienengebundenen öffentlichen lokalen Verkehrsmittel von Euskotren betrieben. Die Gehdistanzen der unterirdischen Verbindungswege zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern sind relativ kurz. Der längste Weg zwischen der U-Bahn und dem Stadtbus misst knapp 260 Meter – die übrigen Wege sind bedeutend kürzer.

Fernbus-Terminal

Einleitend eine Reminiszenz: Im Rahmen eines Sprachaufenthaltes unternahm meine Frau eine Busreise von Bilbao nach San Sebastian. Sie schilderte mir ihre Eindrücke vom Busterminal von Bilbao und war begeistert. Ein paar Wochen später suchte ich während einer Studienreise in Bilbao das Busterminal. Ich nahm an, dass mich Busse zum Standort leiten würden. Aber ich erreichte Bilbao Intermodal, ohne einem Fernbus zu begegnen. In dem von weitem sichtbaren Gebäude gelangte ich über eine Treppe ins Untergeschoss und entdeckte als erstes das Terminal der Fernbusse. Ich war sprachlos. Da ich nicht im Besitz eines gültigen Fahrausweises war, wurde mir der Zugang zum Busterminal jedoch verwehrt.

Architektonisches Wahrzeichen über Bilbao Intermodal.

So unternahm ich wenige Tage später eine Busreise in umgekehrter Richtung – von San Sebastian nach Bilbao. Bei der Anfahrt in Bilbao stellte ich fest, dass das Busterminal sogar mit einer kurzen Verbindungsstrasse an das städtische Autobahnnetz angeschlossen ist. Nachstehend ein paar Bilder:

Abgang zur unterirdischen Verbindung zwischen den Haltestellen der Verkehrsträger. Lediglich die etwa 120 Meter entfernte Haltestelle der Stadtbusse befindet sich auf der Oberfläche. Rechts hinten befindet sich in etwa 25 Meter Entfernung die Haltestelle der Strassenbahn.
Verbindungsgang zum Terminal der Fernbusse.
Zugang zu den Fernbussen. Der Zugang ist nur mit einem gültigen Fahrausweis möglich.
Blick vom Verbindungsgang auf die Haltestellen der Fernbusse im zweiten Untergeschoss. Im zweiten Untergeschoss wird die Luft intensiv abgesogen. Weder in der Wartezone noch im Verbindungsgang sind Abgase zu riechen. Auch beim Ein- und Aussteigen riecht man keine Abgase. Die Türen zum Aufgang nach oben und zum unteren Wartebereich schliessen hermetisch ab.
Nahaufnahme „meines“ Busses nach dem Aussteigen der Fahrgäste.
Aufgang aus der inneren Wartezone und dem Eingangsbereich in die obere Etage.
Zusätzlich zu den Rolltreppen und zur konventionellen Treppe stehen zwei Lifte zur Verfügung.
Bild aus der unteren und nur Personen mit Fahrausweisen zugänglichen Wartezone. Nicht erkennbar auf dem Bild sind Ausgabeautomaten für Speisen und Getränke. Rechts auf dem Bild sieht man auf den Zugang zum Bus wartende Fahrgäste.
Obere Wartezone im Verbindungsgang. Links hinten ist eine einfache Gaststätte erkennbar.

Haltestelle der Strassenbahn

Bild von der Haltestelle der Strassenbahn. Die Züge der Strassenbahn verkehren alle 15 Minuten.

Haltestelle San Mamès der S-Bahn von Renfe „Cercanias“

Der Fahrplan der beiden S-Bahnlinien ist verhältnismässig dicht. Die Züge verkehren in den Stosszeiten alle zwanzig Minuten, tagsüber im Halbstundentakt.

Zugang aus dem Verbindungsgang zum Bahnhof San Mamès der von Renfe betriebenen S-Bahn.
Blick von der Passerelle auf die Haltestelle der S-Bahn.
Blick von der Passerelle auf die Bahnsteige der S-Bahn.
Eindruck von einem der Bahnsteige der S-Bahn.
Künstlerischer Schmuck und Lichtspiel an einer Seitenwand der S-Bahn Haltestelle. Da steigt man gerne ein oder aus und begeht auch keine Vandalenakte.

Haltestelle der U-Bahn

Die Haltestellen wurden von Norman Forster gestaltet. Sie überzeugen durch ihre Grosszügigkeit und die verwendeten Materialien. Der Fahrplan der besonders in den Stosszeiten stark belegten Züge ist viel dichter als bei der S-Bahn.

Abgang aus dem Verbindungsgang zur U-Bahn. Man beachte die Orientierungshilfen auf dem Boden und das knapp sichtbare Wandbild auf der rechten Seite, welches die gesamte Länge des Verbindungsgangs ziert.
Blick von der ersten der beiden Treppen auf den Abgang. Gut beleuchtet, stilvoll gestaltet, sicher zu begehen und klinisch sauber.
Zwischenpodest in der Mitte des Abgangs.
Blick von unten auf den Abgang.
Zugang zur U-Bahn.
Anzeigetafeln der U-Bahn.
Blick auf die Bahnsteige der U-Bahn.
Bahnsteig mit einem abfahrenden U-Bahn-Zug.
An beiden Enden der Bahnsteige befinden sich grosszügig dimensionierte Lifte.
Detailansicht von der Passerelle.
Treppe von der Passerelle auf den Bahnsteig.
Ausführungsdetail bei der Aufhängung der Passerelle. Ich bitte um Verständnis für das unscharfe Bild.

Busterminal von San Sebastian/Donostia

Auch San Sebastian mit rund 190’000 Einwohnern verfügt über einen dichten, gut organisierten und gepflegten öffentlichen Verkehr. Wie in Bilbao betreibt Renfe in San Sebastian auf einer Strecke stündlich verkehrende Cercanias-Züge. Ungleich dichter und auf einem viel höheren höheren Niveau als derjenige von Renfe ist der S-Bahn-Verkehr der meterspurigen und von der Region des Baskenlandes betriebenen Euskotren. Dieses EVU wird in einem der nächsten Beiträge auf unserer Website vorgestellt.

Die Hauptlast des öffentlichen Verkehrs liegt jedoch auf Stadtbussen. Ein Teil der Linien wird bereits mit elektrisch angetriebenen Bussen betrieben. Daneben erleichtern öffentlich zugängliche und kostenlos zu benutzende Lifte Fussgängern den Aufstieg zu höher liegenden Stadtteilen. Die oft spektakulär angelegten Lifte überwinden Höhenunterschiede von über 35 Metern.

Das Busterminal von San Sebastian – die einheimische baskische Bevölkerung nennt die Stadt in ihrer Muttersprache Donostia – liegt unmittelbar unter dem Stadtbahnhof. Abgesehen von der einfacheren architektonischen Gestaltung kann der Busbahnhof funktional durchaus mit dem prachtvollen Busterminal von Bilbao mithalten, wie die folgenden Bilder belegen.

Rampe zum Busterminal von San Sebastian. Der Boden der Rampe ist mit Natursteinen belegt. Im Hintergrund erkennt man das Gebäude des Stadtbahnhofs von Renfe.
Zugangsbereich zum Busterminal.
Direkter Zugang von der Rampe zum Busterminal zum Bahnhof von Renfe.
Abstellraum für Fahrräder im Busterminal unmittelbar neben dem Abgang zu den Bussen.
Abgang zur unteren Ebene des Busterminals. Auf der linken Seite ist ein Kiosk sichtbar. Weiter hinten befindet sich der Zugang zu einem grossen Detailhandelsgeschäft.
Blick von der Wartezone und Zugangsbereich zu den Bussen auf den Abgang. Neben der Rolltreppe und der konventionellen Treppe steht den Fahrgästen auch ein Lift zur Verfügung.
Einer der rund 15 Halteplätze für Busse mit abfahrbereitem Bus.
Kunstvoll gestaltetes und nach oben offenes Tragwerk im Zentrum der Verkehrsfläche. Auch im Ein- und Ausstiegsbereich werden die Fahrgäste nicht mit Abgasen konfrontiert, da sich diese nach oben ins freie verflüchtigen.

Abschliessende Bemerkungen

Vor drei Wochen warteten wir bei der Haltestelle Sihlquai auf das Tram. Dabei konnten wir einmal mehr ein paar Blicke auf den benachbarten Carparkplatz der Stadt Zürich werfen. Kein Vergleich zu den rund 20 Busterminals, die ich in den letzten zehn Jahren in Europa gesehen habe. Ein grauenhaftes Bild.

Die Stigmatisierung der Buspassagiere in der Stadt Zürich ist unerträglich. Für viele der Fahrgäste oft aus einkommensschwächeren Schichten ist der Bus das einzige verfügbare und bezahlbare öffentliche Verkehrsmittel für Fernreisen. Wie verträgt sich dieser Missstand mit dem Credo rot-grün regierten Stadt!

Neubaustrecke Wendlingen-Ulm / grossartig, aber ….

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Am 12. Dezember 2022 wurde nach zehn Jahren Bauzeit der Betrieb auf der rund 60 Kilometer langen Neubaustrecke (NBS) zwischen Wendlingen und Ulm aufgenommen. Der Verfasser befuhr die Strecke am 4. Januar 2023 und am 17. Januar 2023. Die Eindrücke waren überwältigend. Leider wurde der positive Eindruck durch ein paar Mängel an den Publikumsanlagen beeinträchtigt.

Erfreulich ist auch der Stand bei den Anschlussbauwerken in Wendlingen. Eines davon wird bereits genutzt, das zweite ist praktisch fertiggestellt und das dritte befindet sich in Arbeit.

Mehr über die grossartige Neubaustrecke und die Situation in Wendlingen in diesem Bericht.

Streckenverlauf

Die Neubaustrecke schliesst in Wendlingen am Neckar an die Strecke vom Flughafen Stuttgart – diese ist Bestandteil des Projekts Stuttgart 21 und befindet sich noch im Bau – an. Die Strecke steigt vom niedrigsten Punkt bei Wendlingen auf 276 Metern über Meer nach 25 Kilometern bis zum Scheitelpunkt beim Steinbühltunnel auf 746 Metern über Meer. Anschliessend sinkt die Strecke auf den nächsten 35 Kilometern ab zum Hauptbahnhof von Ulm auf 266 Metern über Meer.

Zugang zur NBS in Wendlingen mit abfahrbereitem IRE 200.

30 Kilometer der total 61 Kilometern langen Neubaustrecke liegen in fünf Tunnels. Nur elf Kilometer der Strecke wurden ohne Kunstbauten errichtet. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit liegt bei 250 Km/h. Die maximale Steigung liegt abgesehen von zwei kurzen Abschnitten bei 2.5 Prozent. Die längeren Tunnels wurden mit zwei Röhren gebaut.

Die Neubaustrecke führt durch fünf Tunnels und – wohl als markanteste Bauwerke – über die beiden etwa 480 Meter langen und bis 85 Meter hohen einspurigen Filstalbücken

Etwa in der Mitte der Strecke wurde in Merklingen-Schwäbische Alb ein viergleisiger Regionalbahnhof errichtet.

Regionalbahnhof Merklingen-Schwäbische Alb mit Blick nach Westen.

Die Neubaustrecke ist mit ETCS Level 2-Signaltechnik ausgerüstet. Die Geleise liegen durchgängig auf einer festen Fahrbahn.

In Ulm mündet die Neubaustrecke direkt in den Hauptbahnhof. In Wendligen bestehen zwei Anschlüsse an die Bestandesstrecke von Plochingen nach Tübingen. Die lange umstrittene «Güterzugsanbindung» ermöglichte die vorzeitige Inbetriebnahme der Neubaustrecke vor der Fertigstellung des Projekts Stuttgart 21. Von Süden her erfolgt die Einbindung der Bestandesstrecke aus Tübingen kreuzungsfrei mit den beiden sogenannten «Wendlinger-Kurven». Die Arbeiten für die «Kleine Wendlinger-Kurve» sind praktisch abgeschlossen, während die nachträglich bewilligte «Grossen Wendlinger-Kurve» noch im Bau ist.

Einfahrt der NBS in Ulm in die in den rund sechs Kilometer langen Albabstiegstunnel.
In Ulm in die NBS einfahrender ICE.

Die Kosten der gesamten Neubaustrecke inklusive einer neuen Brücke über die Donau bei Ulm liegen bei EUR 3.985 Milliarden. An diesen Kosten beteiligen sich der Bund mit rund 51 Prozent, die EU mit 17 Prozent, das Land Baden-Württemberg mit 28 Prozent und die Deutsche Bahn AG mit 4 Prozent.

Betriebskonzept

Zurzeit wird die Strecke in der Regel in jeder Richtung von zwei ICE und einem IRE 200 befahren. Der IRE hält stündlich in Merklingen-Schwäbische Alb. Die IC und die Regionalzüge sowie die Güterzüge verkehren weiterhin auf der Bestandesstrecke über die Geislinger-Steige.

Die ICE fahren zwischen Stuttgart und Ulm ohne Halt. Die Fahrzeit zwischen diesen beiden Städten verkürzt sich durch die Fahrt über Neubaustrecke von knapp einer Stunde auf etwas über vierzig Minuten. Die neu eingeführten IRE 200 verkehren nur zwischen Ulm und Wendlingen, wo auf die Züge des Regionalverkehrs umgestiegen werden muss.

Werbung auf einer der beiden Vectron-Lokomotiven des IRE 200 von Ulm nach Wendlingen. Mangels ETCS-tauglichen Steuerwagen sind diese aus vier Personenwagen zusammengesetzten Züge mit zwei Lokomotiven bestückt.
Er darf nicht auf die NBS. Dieselgeführter IC Oberstdorf-Dortmund bei der Ausfahrt in Ulm über die Bestandsstrecke via Geislingen.

Eindrücke von meinen beiden Fahrten

In Ulm werden das Bahnhofgebäude und der Vorplatz umgebaut. Die vielversprechenden Arbeiten sind noch im Gang. Die Bahnsteige lassen sich über die neue südliche repräsentative Fussgängerüberführung erreichen, in der Mitte durch die bestehende etwas enge Unterführung und nördlich über eine Rampe. 

Bahnhofvorplatz in Ulm in Fertigstellung.

Wie einige der folgenden Bilder zeigen, besteht Handlungsbedarf.

Repräsentative Fussgängerüberführung am Südkopf des Bahnhofs Ulm mit Zugang zu den Bahnsteigen.
Blick vom Bahnsteig 2 auf die Fussgängerüberführung.
Ungepflegt wirkender Innenraum der Fussgängerüberführung mit schäbigem Bodenbelag
Abfalleimer in der Fussgängerüberführung – die berüchtigte Faust auf das berühmte Auge.
Verwahrlost wirkende und bereits schadhafte Stellen aufweisende Treppe der Personenüberführung.
Rampe vom Bahnsteig 2 in die nördliche Unterführung des Bahnhofs Ulm – unverträglich mit dem Ausführungsniveau der NBS.

Der Regionalbahnhof Merklingen-Schwäbische Alb wurde als regionaler Verkehrsknotenpunkt konzipiert. Regionalbusse fahren vom Bahnhof in die umliegenden Dörfer. Daneben verfügt der Bahnhof über rund 200 Parkplätze und zwei schmucke Gebäude. Eines der Gebäude dient als Parkhaus für Fahrräder, im anderen sind kostenlos zu benutzende Toiletten und ein kleiner Bankschalter untergebracht. Trotz dem durchwegs positiven Eindruck von den Anlagen orte ich auch in Merklingen-Schwäbische Alb Optimierungspotential.

Ansicht vom Bahnhof Merklingen-Schwäbische Alb.
Parkplätze beim Bahnhof Merklingen-Schwäbische Alb.
Repräsentatives Parkhaus für Fahrräder beim Bahnhof Merklingen-Schwäbische Alb.
Parkhaus für Fahrräder beim Bahnhof Merklingen-Schwäbische Alb mit Einstellboxen und Schliessfächern für Gepäck.
Servicegebäude beim Bahnhof Merklingen-Schwäbische Alb mit fernbedientem Bankschalter.
Kostenlos zu benutzende Toiletten beim Servicegebäude.
Busstation für Lokal- und Regionalbusse ohne Schutzvorkehrungen für Fahrgäste. Wenig Komfort im offenen Gelände mit oft stürmischem Wind.
Eines der beiden Treppenhäuser zum Bahnsteig. Der Zugang von Aussen zum ersten Treppenhaus ist ungeschützt. Hingegen ist die Überführung über den Geleisen zum Schutz der Fahrgäste eingehaust.
Innenanblick in einem der beiden typengleichen Treppenhäuser. Unklare Funktion dieses zusätzlichen Liftzugangs auf dem Zwischenperron ohne Ausgang ins Freie.
Verwahrlost wirkende Treppe im Treppenhaus, etwa fünf Wochen nach der Eröffnung des Bahnhofs. Das erste Rendez-Vous dieser Treppe mit einem Reinigungsgerät steht noch aus.

In Wendlingen müssen die nach Stuttgart weiterreisenden Fahrgäste des IRE 200 einen relativ weiten Fussweg zur Unterführung und von hier zum Bahnsteig der Züge nach Stuttgart auf sich nehmen – glücklicherweise nur bis zur Inbetriebnahme von Stuttgart 21 im Jahr 2025.

Bilder von den Anschlusswerken bei Wendligen

Überblick über die Anschlusswerke vor dem Bahnhof Wendlingen. Die vom Verfasser bearbeitete Karte stammt aus der Projektdokumentation der DB AG zum Projekt NBS Wendlingen-Ulm.
Blick auf die Güterzugsanbindung mit in einem in den Albaufstiegstunnel einfahrenden IRE 200.
Luftbild auf die Lage der beiden „Wendlinger-Kurven“. Die Unterführung der „Grossen Wendlinger-Kurve“ unter der Neubaustrecke ist bereits fertiggestellt. Ende Januar waren die Vorbereitungen für den Bau des Tunnels der „Grossen Wendlinger-Kurve“ im Gang. Man rechnet für den knapp 700 Meter langen Tunnel mit einer Bauzeit von zwei Jahren. Beteiligt am Bau des Tunnels ist die Firma Max Bögl AG. (Bild: DB AG).
Blick auf ein tief gelegtes Teilstück der „Kleinen Wendlinger-Kurve“.
Das Verlegen der Geleise auf der „Kleinen Wendlinger-Kurve“ ist abgeschlossen.
Auf der rechten Seite des Tunnels der „Kleinen Wendlinger-Kurve“ kommt das südliche Portal des Tunnels der „Grossen Wendlinger-Kurve“ zu liegen.
Blick von Wendligen auf die Neubaustrecke in Richtung Flughafen Stuttgart. Dieser Abschnitt gehört bereits zum Projekt Stuttgart 21 und wird nach der Fertigstellung des Projekts auch vom schnellen Regionalverkehr zwischen Tübingen und Stuttgart befahren, was den Fahrgästen auf dieser Relation eine substantielle Beschleunigung der Reisezeit verschafft.

Ein paar abschliessende Bemerkungen

Als Vergleichsobjekte für die Überführung in Ulm und den Bahnhof Merklingen möchte ich auf die neue Überführung im Bahnhof von Luxemburg und den Bahnhof Kühnsdorf an der Koralmbahn hinweisen. Bauten dieser Qualität wären aus meiner Sicht der grossartigen Neubaustrecke Wendlingen-Ulm und dem Projekt Stuttgart 21 angemessener.

Bahnhof Luxemburg – Übergang von der Überführung zum Lift auf den Bahnsteig.
Luftbild auf den Bahnhof von Kühnsdorf. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB).

Und abschliessend verbleibt die Hoffnung, dass die lieblose Detailausführung bei den Publikumsanlagen in Ulm und Merklingen auf die bauliche Infrastruktur beschränkt bleibt und nicht beispielsweise auch bei der Technik auftritt.

Selzach – ein Bahnhof in der Schweiz

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Kurz vor Weihnachten besuchte ich einen Freund in Selzach. Die Reise erfolgte per Bahn. Beim Ein- und Aussteigen im Bahnhof von Selzach war ich mit eigenartigen Bildern konfrontiert. Leider hatte ich keine Zeit für eine eingehende Besichtigung der Örtlichkeiten. Ich holte dies anfangs dieses Jahres nach und war – wie die folgenden Bilder zeigen – schockiert. Ähnliche Bilder habe ich bisher nur in Osteuropa gesehen.

Mehr darüber und ein paar kritische Bemerkungen in diesem Bericht.

Lage und Verkehrsangebot beim Bahnhof Selzach

Der Bahnhof Selzach liegt, wie der folgende Kartenabschnitt zeigt, an der wichtigen Jurasüdfusslinie. Zwischen Solothurn und Biel verkehren abgesehen von Randstunden jede Stunde und in jeder Richtung zwei IC und zwei Regionalzüge. Zudem erfolgt der Grossteil des Güterverkehrs zwischen der deutsch- und der französischsprachigen Schweiz auf dieser Strecke.

Zusätzlich fährt der Bus Nr. 32 an Werktagen von 06.05 Uhr bis 20.05 Uhr stündlich von Selzach über Altreu und Bettlach nach Grenchen. 

Dieser Auszug wurde, mit dem besten Dank an den Verlag, dem Eisenbahnatlas Schweiz von Schweers+Wall entnommen.

Bildreportage

Die folgenden Bilder geben die Eindrücke auf dem Weg von der Bushaltestelle vor dem Bahnhof Selzach durch die Unterführung zum Bahnsteig 2 wieder.

Das nicht mehr besetzte Bahnhofgebäude wurde vor einigen Jahren renoviert und präsentiert sich ansehnlich. Die Anlage wurde gemäss den Normen der SBB für Regionalbahnhöfe ausgestaltet.
Auch vom Bahnsteig 2 aus gesehen, hinterlässt das Bahnhofgebäude einen guten Eindruck. Im Gegensatz zum Bahnsteig 2 ist der Hausperron überdacht und dürfte dem Grossteil der Fahrgäste der vierteiligen Flirt-Triebwagenzüge ein geschütztes Ein- oder Aussteigen ermöglichen.
Auf beiden Bahnsteigen steht den Fahrgästen je eine nicht beheizte Wartehalle zur Verfügung. Das Unkraut und das Moos entlang des Sockels der Einstellhalle befinden sich schon lange an dieser Stelle und fördern die Korrosion des Sockelbandes.
Wenig ansehnlich präsentiert sich die Rampe zur Unterführung.
Der Beton über der Armierung hat sich schon länger gelöst und überlässt die Betoneisen dem Rost. In wenigen Jahren macht Behebung dieses Schades eine aufwendige Betonsanierung notwendig.
Türe zu einem früheren Serviceraum unmittelbar vor der Unterführung.
Ganz offensichtlich rostet die Türe bereits seit einigen Jahren vor sich hin. Anzunehmen ist, dass der Schaden schon bestand, als der Bahnhof und die Anlagen erneuert wurden.
Ablauf in der Unterführung – kein besonders appetitliches Bild.
Ein schon länger bestehender Betonschaden an der Seitenwand der Unterführung.
Rampe aus der Unterführung zum Bahnsteig 2. Nicht nur unansehnlich, sondern auch eine Stolperfalle und damit ein Sicherheitsrisiko, besonders für ältere Fahrgäste.
Schon seit längerem wuchert das Unkraut in die Rampe.

Kommentar

Man fragt sich, ob der aufgestaute Unterhaltsbedarf beim Bahnhof Selzach und bei zahlreichen weiteren Bahnhöfen der SBB den Oberbehörden oder dem BAV überhaupt bekannt ist. Zweifel sind angebracht. Zustände wie in Selzach oder – wir haben darüber berichtet – bei zahlreichen anderen Bahnhöfen der SBB stehen in krassem Gegensatz zur Selbsteinschätzung.

Besonders stossend sind die rapportierten Zustände im Vergleich mit den komfortablen Gegebenheiten bei der RhB oder gar den luxuriösen Umbauten bei der TPF. Offensichtlich misst das BAV mit ungleichen Ellen und ist kaum mehr in der Lage, eine „gerechte“ Allokation der Mittel aus dem Bahninfrastrukturfonds BIF zu gewährleisten.

Es fällt mir zunehmend auf, dass die sogenannten Privatbahnen – eigentlich sind es von Kantonen geführte Staatsbahnen – in vielen Fällen gegenüber der SBB privilegiert sind. Die Lobby der Privatbahnen ist ungleich mächtiger als diejenige für die SBB. Hier liegt wohl der Hase im Pfeffer – einmal mehr Anlass, das Buch von Prof. Matthias Finger „SBB – was nun?“ zu studieren und entsprechend aktiv zu werden.

 

Der Bahnhof Hendaye und seine gute Fee

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Ein Zwischenhalt in Hendaye bot Gelegenheit, die beiden Bahnhöfe von Hendaye näher zu besichtigen. Die Anreise nach Hendaye erfolgte von San Sebastian mit der baskischen Regionalbahn Euskotren – ein Bericht darüber folgt demnächst – und die Weiterreise nach Paris mit der SNCF.

Beide Bahnhöfe und die dort anwesenden Mitarbeitenden der Bahnunternehmen präsentierten sich ausgesprochen positiv. Besonders hervorheben möchten wir eine Mitarbeiterin der SNCF, der wir diesen Bericht gerne widmen.

Hintergrundinformationen

Hendaye ist eine Kleinstadt mit knapp 17’000 Einwohnern im Südwesten von Frankreich und liegt an der Atlantikküste. Hendaye hat zwei Bahnhöfe – den Bahnhof der SNCF und denjenigen von Euskotren. Die beiden Bahnhöfe liegen unmittelbar nebeneinander.

Lage von Hendaye (Auszug aus dem Eisenbahnatlas EU von Schweers+Wall)

An Werktagen verkehren ab dem Bahnhof der SNCF 13 Regionalzüge nach Dax oder Bordeaux und 5 TGV nach Paris. 2017 stiegen hier 360’000 Fahrgäste ein oder aus. Etwa die Hälfte davon erreichte Hendaye mit Euskotren oder fuhr mit Zügen von Euskotren weiter.

Der Verkehr ab dem Bahnhof von Euskotren – er liegt unmittelbar neben dem Bahnhof der SNCF auf französischem Boden – ist wesentlich intensiver. An Werktagen besteht zwischen 05.33 Uhr und 22.33 Uhr nach San Sebastian Halbstundentakt, total 35 Züge in jeder Richtung. In der Nacht von Samstag auf Sonntag fahren die Züge während der ganzen Nacht alle zwei Stunden. Der Bahnhof von Euskotren wurde 2017 von 700’000 Fahrgästen frequentiert.

Gelegentlich sind Güterzüge zwischen Hendaye und dem benachbarten Irun unterwegs. Infolge der unterschiedlichen Spurweiten in Frankreich und in Spanien müssen in Irun die Radsätze der Güterwagen ausgetauscht oder in Ausnahmefällen die Ladungen umgeladen werden.

Rundgang durch den SNCF Bahnhof von Hendaye

Hier die Bilder vom Rundgang durch den Bahnhof der SNCF – ergänzt mit Bildern von einem früheren Aufenthalt.

Frontalansicht des Bahnhofs von Hendaye.
Glasfenster neben dem Haupteingang.
Ansicht vom rechten Seitenflügel des Bahnhofs.
Wartehallen für die Fahrgäste der Regional- und Lokalbusse.
Serviceräume und gesicherte Veloeinstallhalle neben dem Bahnhofgebäude.
Innenraum mit Blick auf den Zugang zum Hausperron und zur Unterführung.
Innenraum mit Blick auf den Kiosk. Rechts die grüne Informationstafel von Euskotren.
Frontalansicht auf den Warteraum.
Innenansicht des wohnlichen Warteraums mit Steckdosen für Strom und Internet.
Kinderecke im Warteraum.

Die gute Fee vom Bahnhof der SNCF

Kurz vor 09.00 Uhr erschien eine Mitarbeiterin der SNCF und nahm im Raum hinter dem Informationsschalter Platz. Wenige Minuten später ging ein Mitarbeiter der SNCF mutmasslich von der Infrastruktur durch die Halle. Die Mitarbeiterin verliess ihr Büro und gesellte sich zum Mitarbeiter. Sie führte ihn zu einigen Stellen und monierte die dortigen Mängel. Anschliessend unternahm sie einen Rundgang durch die Halle und den Warteraum und räumte vereinzelt vorhandene Abfälle weg. Ich war sehr beeindruckt und fragte die Dame, ob ich von ihr ein Bild anfertigen dürfe, was sie bejahte.

Die Mitarbeiterin verlässt den Schalterraum und schliesst die Türe ab.
Die Mitarbeiterin führt ihren Kollegen durch den Innenraum.
Die Mitarbeiterin weist ihren Kollegen auf einen Baumangel hin.
Stolz präsentiert sich die engagierte Mitarbeiterin vor „ihrem“ Bahnhof.

Ein paar Bilder vom Bahnhof von Euskotren

Abschliessend ein paar Bilder vom Bahnhof von Euskotren. Auch diser Bahnhof ist während den Betriebszeiten von einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter besetzt. Zugang zum und Verlassen des Bahnsteigs ist nur mit einem gültigen Fahrausweis möglich. Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter überwachen die Anlagen und den Innenraum, erteilen Auskünfte oder verkaufen Fahrausweise an die mit den Automaten nicht vertrauten Fahrgäste.

Frontalansicht des Bahnhofs Hendaia von Euskotren.
Blick auf die rasch reagierenden Zutritts- oder Ausgangskontrollsysteme. Man beachte den schmutzabweisenden Teppich und die exemplarische Sauberkeit des Raumes und der Anlagen.
Blick im Innenraum auf die Schiebetüren und die Billettautomaten.

Abschliessende Bemerkungen

Die Eindrücke waren wie einleitend beschrieben ausgezeichnet. Das gilt für den Innenausbau, die Ausstattung und die während den Betriebszeiten präsenten Mitarbeitenden. In einer solchen Umgebung fühlt man sich gut aufgehoben, und das Risiko von Vandalenakten dürfte gering sein.

Offensichtlich haben sich die Gegebenheiten auch bei den SNCF seit den viele Jahre zurückliegenden Besuchen in der Region enorm verbessert. Das zeigten auch die Blicke aus dem Zugfenster bei den Zwischenhalten auf die Bahnhöfe wie Bayonne oder Bordeaux sowie die dort wartenden Regionalzüge.

Informationstafel im Bahnhof Hendaye über das Eisenbahnnetz in der Region Aquitanien. Was für ein Fortschritt seit unserem letzten Aufenthalt. Das Bild lässt sich durch Anklicken vergrössern und scheint zu belegen, dass der Regionalverkehr in Frankreich auch in lange vernachlässigten Regionen eine Wiederbelebung erfährt. Wir haben einige der Strecken vor vielen Jahren befahren.

Lüttich und Aachen / wie Tag und Nacht

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Auf einer Städtereise durch Belgien und Luxemburg fuhren wir mit dem Zug auch durch Lüttich und Aachen. Die Eindrücke während den kurzen Aufenthalten waren höchst unterschiedlich. Mein Interesse war geweckt – besonders, nachdem ich schon viel vom Bahnhof Liège-Guillemins gehört hatte.

Am 30. Oktober 2022 bot sich Gelegenheit, die beiden eingangs erwähnten Bahnhöfe eingehend zu besichtigen. Die Eindrücke waren einerseits überwältigend, aber auch bedrückend, wie die Bilder in diesem Bericht zeigen.

Vorab jedoch ein Ausschnitt aus dem Eisenbahnatlas EU von Schweers+Wall mit der Lage von Lüttich und Aachen.

Bahnhof Liège-Guillemins

Der nach Plänen von Santiago Calatrava umgebaute Hauptbahnhof von Lüttich wurde im September 2009 eröffnet. Er liegt im Stadtteil Guillemins am Rande der Altstadt. Daneben verfügt Lüttich mit dem Bahnhof Liège-Saint-Lambert über einen zweiten grossen Stadtbahnhof.

Lüttich ist an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz angebunden und wird unter anderem von ICE und Thalys-Zügen bedient. Auch die Nachtzüge der ÖBB zwischen Brüssel und Wien halten hier. Zudem ist Lüttich ein bedeutender Knotenpunkt im Netz der Belgischen Staatsbahnen. Im Bahnhof Liège-Guillemins halten täglich über 500 Züge.

Blick durch die Bahnhofshalle in Richtung Stadtzentrum von Lüttich.
Blick auf die Rolltreppen, welche in die obere Ebene führen. Diese kann auch über Rollbänder und gewöhnliche Treppen erreicht werden.
Blick von der oberen Ebene auf einen der vier Bahnsteige.
Blick auf die Halle von Süden.
Blick auf Halle aus Südwesten.
Blick auf die Halle von Norden.
Blick auf die Halle und den Haupteingang von Osten.
Seitenanblick in Richtung Süden.
Seitenanblick in Richtung Norden mit dem autofreien Vorplatz.
Blick auf einen Bahnsteig mit dem Dach ausserhalb der Halle. Selbst bei überlangen Zügen können Fahrgäste geschützt ein- und aussteigen.
Dachkonstruktion über den Bahnsteigen.
Fahrgäste gelangen mit Rollbändern vom Aussenbereich der Bahnsteige in die obere Ebene.
Rolltreppen aus der Unterführung auf einen Bahnsteig. Daneben führen Lifte und Treppen auf die Bahnsteige. Zudem kann man auch über eine obere Ebene zwischen den Bahnsteigen und der Zufahrtstrasse zirkulieren.
Drei Sektionen von Rolltreppen verbinden die drei Ebenen im bergseitigen Teil der Halle.
Ergänzend zu den Rolltreppen kann man auch auf normalen Treppen zwischen den Ebenen zirkulieren.
Ein Ladengeschäft in der Unterführung. Zwischen den Aufgängen zu den Bahnsteigen befinden sich rund zehn Ladengeschäfte und kleinere Gaststätten.
Unmittelbar neben dem Eingang in die Unterführung befindet sich ein gepflegtes Restaurant.
Nicht nur der Bahnhof, sondern auch das soeben erwähnte Restaurant ist erstklassig.
Detailansicht der Tragkonstruktion der Halle.
Detailansicht der Überdeckung der Bahnsteige.
Detailansicht der Tragkonstruktion des Hallendaches.
Detailansicht der Informationstafeln auf den Bahnsteigen.

Aachen

Die Fahrt nach Aachen führt auf belgischem Gebiet über eine für 250 km/h ausgelegte perfekt trassierte Neubaustrecke. Kurz nach dem Passieren der belgisch-deutschen Grenze folgt der Buschtunnel. Nach dem Verlassen des Tunnels befindet man sich in einem Aussenbezirk der Stadt Aachen. Der auf dem belgischen Teil der Strecke mit 250 km/h fahrende Thalys streifte die Zweige der entlang der Geleise wachsenden Büsche – ob der Buschtunnel deshalb so heisst? Ein dschungelähnliches und ziemlich fremdes Gefühl.

Der Bahnhof von Aachen wurde im zweiten Weltkrieg stark beschädigt. Als wichtiger Knotenpunkt im deutschen Bahnnetz wurden die Gleisanlagen nach dem Kriegsende rasch repariert. Auch die Gebäude waren nach verhältnismässig kurzer Bauzeit bereits 1950 wieder hergestellt. 

Ansicht des Hallendachs aus Westen.
Hallendach aus der Nähe. Die Schutzscheiben wurden mit Klebebändern behelfsmässig repariert.
Blick vom Hausperron nach Westen.
Blick auf die Stützmauer aus Westen.
Bild vom Bahnsteig, auf dem die Züge des Fernverkehrs anhalten.
Szenenbild vom Bahnsteig für den internationalen Verkehr.
Lift auf dem Bahnsteig. Die Durchgänge für die Fahrgäste sind bei grossem Andrang sehr eng.
Blick in die Haupthalle. Man beachte die roten Netze unter den Oberlichtern.
Ein weiterer Blick auf die roten Netze.
Bei den roten Netzen handelt es sich um Schutznetze. Diese sollen Fahrgäste und Fahrzeuge vor herunter fallenden Trümmern schützen. Wie das Bild zeigt, besteht das Risiko tatsächlich.
Keine Gefängniszelle, sondern Warteraum auf dem Bahnsteig für den internationalen Reiseverkehr.
Abgang vom Hausperron in die Unterführung.
Detail vom erwähnten Abgang.
Bahnhofgebäude von Aachen. Eigentlich ein repräsentatives Bauwerk.
Eingangshalle im Bahnhof Aachen.
Unterführung im Bahnhof Aachen – ein beträchtlicher Gegensatz zu den Eindrücken in der Halle.
Treppenaufgang zu einem Bahnsteig,
Lift und Treppe auf einen Bahnsteig. Erfreulicher Gegensatz zu dem, was die Reisenden in der Halle erwartet.

Kommentar

Die Gegensätze zwischen den beiden Bahnhöfen könnten kaum krasser sein. In Lüttich alles vom Feinsten, und in Aachen an vielen Stellen Verwahrlosung pur. Nur am Rande sei erwähnt, dass auf den Anzeigen in den Bahnhöfen, an denen ich am 30. Oktober 2022 umsteigen musste, kaum ein Fernzug ohne Verspätung verkehrte. Wenn man sich die Zustände in Aachen – und auf dem deutschen Streckenabschnitt bei unserer kürzlichen Bahnfahrt von Luxemburg nach Trier und zurück – vor Augen führt, eigentlich nicht erstaunlich.

Vor vielen Jahren widmete ich mich der Lektüre des ernüchternden Buches „Der Reichsbahn Report“ von Erich Preuss, ehemaliger leitender Angestellter einer Direktion der Reichsbahn. Wäre es nicht an der Zeit, dass ein kompetenter Autor ein analoges und zugleich sachliches Buch über die Zustände bei der Deutsche Bundesbahn schreibt?

Deckblatt des erwähnten Buches.

Und ausserdem

Nicht nur in Lüttich, sondern auch in anderen Städten in Belgien und in Luxemburg haben uns Bahnhöfe beeindruckt. Das gute Bild wurde jedoch durch Eindrücke auf der Fahrt von Luxemburg über Namur nach Brüssel getrübt. In Wallonien hielt der IC an grösseren Bahnhöfen, auf denen die Bahnsteige einen Kiesbelag aufwiesen. Sonderbare Bilder.

Dennoch möchte ich diesen Bericht mit ein paar Bildern von Bahnhöfen in Belgien und von Luxemburg schliessen.

Bahnsteig im vollständig überdachten Bahnhof von Oostende. Man beachte den an einen Hafen angelehnten Bodenbelag des Bahnsteigs mit Holzdielen.
Abgang ins Parkhaus im Bahnhof Oostende.
Blick auf das Bahnhofgebäude von Oostende.
Wandbemalung in der Halle des Bahnhofs von Gent. Da ich keine Personen fotografieren wollte, ist die Aufnahme etwas verzerrt.
Eindruck von einem Bahnsteig in Gent. Man beachte die verwendeten Materialien.
Blick auf das Perrondach im Bahnhof Gent. Der Umbau des Bahnhofs ist noch im Gang.
Bodenbelag und Ausführungsdetail auf dem Bahnsteig in Gent.
Unterführung im Bahnhof Brügge.
Rolltreppe für den Aufgang aus der Unterführung in Brügge auf den Bahnsteig.
Lift und Treppe im Bahnhof Brügge. Die Liftkabine ist grosszügig bemessen.
Überführung im Bahnhof Luxemburg. Auf unserer Website haben wir von ein paar Jahren ausführlich über den Bahnhof berichtet. Gerne verweisen wir auf den entsprechenden Beitrag.
Übergang von der Überführung zum Lift auf den Bahnsteig.
Eindruck aus der Überführung im Bahnhof Luxemburg. Fahrgästen steht auch eine unter anderem mit mechanischen Mitteln erschlossene Unterführung zur Verfügung.

Eisenbahn in Rumänien – der Handlungsbedarf ist riesig!

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Eine Wanderreise in Transsylvanien im August 2022 bot Gelegenheit, Eindrücke vom Eisenbahnwesen in Rumänien zu gewinnen. Leider reichte die Zeit nur für eine Fahrt mit der Flughafenbahn von Bukarest sowie für eine längere Bahnfahrt von Bukarest nach Hermannstadt. Fahrten mit der Untergrundbahn in Bukarest und mit dem Stadtbus von Kronstadt rundeten das Bild ab.

Zusammenfassend ergab sich ein zwiespältiges Bild. Der Erneuerungsbedarf ist riesig. Aber es gibt auch Positives zu berichten. Die innerstädtische Verkehrserschliessung in den besuchten Städten ist zeitgemäss und funktioniert leidlich. Zu erwähnen sind die gut ausgebaute Untergrundbahn von Bukarest sowie die städtischen Busnetze von Brasov und Sibiu. Auch sah ich erfreut, dass westlich von Sighisoara eine längere Neubaustrecke gebaut wurde.

Mehr über meine Eindrücke in diesem Bericht.

Überblick Eisenbahnnetz Rumänien

Gemäss Wikipedia beträgt die Länge des rumänischen Streckennetzes 20’730 Kilometer. Davon sind lediglich 3’292 km elektrifiziert und 2’707 km zweispurig. Auf den wichtigen Magistralen beträgt die Höchstgeschwindigkeit nur 100 km/h. An verschiedenen Stellen wird das Streckennetz mit massgeblicher Unterstützung durch die EU erneuert. Leider werden die bedeutenden Fördermittel nur unzureichend ausgeschöpft, was auf einen schleppenden Ausbau schliessen lässt.

Eigene Reiseeindrücke

 Flughafenbahn

Für die Fahrt vom Flughafen Henri Coanda in die Innenstadt von Bukarest benutzten wir die neu gebaute Flughafenbahn. Die ersten Eindrücke waren durchwegs positiv. Der Weg von der Ankunftshalle zum Bahnhof war kurz und vollständig überdacht. Die Züge fahren in der Regel alle vierzig Minuten. Eingesetzt werden dieselbetriebene Desiro Triebwagenzüge.

Flughafenbahnhof Henri Coanda in Bukarest mit Desiro-Triebwagenzug. (Quelle: DB Engineering & Consulting)
Blick aus dem Flughafenzug kurz vor der Einfahrt in Bukarest Gara Nord.

Auf der ersten Hälfte der rund 25-minütigen Reise fährt der Zug auf einer teilweise hochgelegten einspurigen Neubaustrecke. Diese mündet nach etwa zehn Kilometern in die Stammlinie von Bukarest nach Brasov. Hier verdüstert sich das Bild. Auf der südwestlichen Seite sind die Umrisse eines ehemaligen Güterbahnhofs erkennbar. Die riesige Fläche durchaus von der Grösse des Rangierbahnhofs Limmattal ist von Gras und Büschen überwachsen – ein trauriger Anblick.

Reise von Bukarest nach Sibiu (Hermannstadt)

Die Reise von Bukarest nach Sibiu erfolgte mit einem der beiden direkten Tageszüge. Gemäss Fahrplan verlässt der IR 1623 Bukarest um 09.55 Uhr und endet nach 340 km Fahrt fünf Stunden und 46 Minuten später um 15.41 Uhr in Sibiu. Am 6. August 2022 wurde der aus neun Wagen bestehende Zug jedoch erst um 10.20 Uhr bereitgestellt und verliess Bukarest um 10.35 Uhr. Bei der Abfahrt war der Zug sehr gut besetzt.

Blick auf den Bahnsteig mit den wartenden Fahrgästen im Bahnhof Bukarest Gara Nord..
Blick auf den Gleiskopf im Bahnhof Bukarest Gara Nord.

In Brasov wurden die elektrische Lokomotive gegen eine Diesellok ausgetauscht, und vier Wagen wurden abgehängt. Der Zug traf schlussendlich mit einer Verspätung von 75 Minuten in Sibiu ein. Unser Wagen war sauber, komfortabel und klimatisiert, und die Fahrt war angenehm. Das Reservationssystem funktionierte.

Die Eindrücke von der Fahrt zwischen Brasov und Sibiu waren deprimierend. Überwachsene und ausgedehnte Bahnanlagen zeugten von einer besseren Vergangenheit der Eisenbahn. Oft bewegte sich der Zug auf der häufig schnurgeraden einspurigen Strecke mit geschätzt höchstens 50 km/h.

Leistungsparameter von ausgewählten Strecken ab Brasov

Nachstehend eine Übersicht über die drei wichtigsten Strecken ab Brasov. Mit Ausnahme der Strecke nach Sibiu sind die Strecken zweigleisig und elektrifiziert. Die Angaben wurden dem elektronischen Fahrplan der SBB und einschlägigen Routenplanern entnommen. Die Längen der Eisenbahnstrecken wurden geschätzt.

Die Tabelle kann durch Anklicken vergrössert werden.

Beobachtungen vom Zustand der Strecken

Auf den Fahrten in Transsylvanien folgten wir gelegentlich genutzten Eisenbahnlinien. Gestossene und nicht verschweisste Schienen waren die Regel. Das Gleisbett war häufig überwachsen, und selbst Bahnübergänge von grösseren Strassen waren gelegentlich ungesichert. Die Gleislage war oft uneben, was die tiefen Geschwindigkeiten erklärt. Dazu folgende Bilder.

Gleis im Bahnhof Brasov – typisch für viele Streckengeleise.
Übergang im Bahnhof Brasov.

Bahnhöfe

Auf der Reise nutzte ich ein paar freie Minuten, um die Bahnhöfe von Bukarest, Brasov, Sibiu und Sighisoara zu besichtigen. Überrascht stellte ich fest, dass sich die ersten drei Bahnhöfe durchaus modern und gepflegt präsentieren. Sighisoara wird noch umgebaut. Trotz des dünnen Angebots an Zügen waren die Bahnhöfe belebt und verfügen über eine gute Infrastruktur. Mehr dazu mit ein paar Bildern.

Schalterhalle im Bahnhof Bukarest Gara Nord.
Fahrplantafel im Bahnhof Bukarest Gara Nord.
Anzeigetafel im Bahnhof Bukarest Gara Nord.
Zelt im Bahnhof Bukarest Gara Nord für die Beherbergung von Flüchtlingen aus der Ukraine.
Zelt im Bahnhof Bukarest Gara Nord für die Registrierung von Flüchtlingen aus der Ukraine.
Bahnhofsgebäude von Sibiu.
Innenraum des Bahnhofs von Sibiu.
Blick auf den Bahnsteig des Bahnhofs von Sibiu.
Blick auf den Bahnsteig des Bahnhofs von Sibiu unmittelbar nach der Ankunft unseres Zuges aus Bukarest.
Bahnhofgebäude von Brasov mit vorgelagerter Wartezone für Busfahrgäste.
Innenraum des Bahnhofs von Brasov.
Wandgemälde im Bahnhof von Brasov.
Anzeige im Bahnhof Brasov auf einem Wagen des Nachtzugs nach Wien.
Bahnhofgebäude von Sighisoara.
Blick auf die Bauarbeiten vor dem Bahnhof von Sighisoara mit dem behelfsmässigen Zugang zum Bahnsteig.
Blick auf den Hausperron des Bahnhofs von Sighisoara.
Blick in den Innenraum des Bahnhofs von Sighisoara. Offensichtlich konnte die Frau mit ihren beiden Kindern darin übernachten.

Kommentar

Ganz offensichtlich besteht ein gewaltiger Erneuerungsbedarf. Gemäss Berichten im Internet wird das Bahnnetz an mehreren Stellen erneuert. Eine auf 160 km/h erhöhte Höchstgeschwindigkeit soll die Reisezeiten substantiell verkürzen. Viele Anzeichen sprechen für eine Revitalisierung der Eisenbahn in Rumänien. Es bleibt die Hoffnung, dass die Strukturen und die Usanzen im Wirtschaftsleben dieses schönen Landes den Weg dafür frei machen.

Gemäss den volkswirtschaftlichen Theorien vermögen Investitionen in die Infrastruktur über Multiplikatoreffekte die nationale Wertschöpfung nachhaltig zu mehren – zumal die Kosten zum grossen Teil von der EU getragen werden.

Hinweistafel für den Ausbau einer Teilstrecke von Sighisoara in Richtung Brasov. Die Kosten für den Ausbau der gesamten Strecke belaufen sich dem Vernehmen nach auf rund EUR 1’200 Millionen.

Ein Bijou – der Bahnhof von Derry/Londonderry *

Themen

Eine Studienreise zur Geschichte von Nordirland bot in Derry/Londonderry Gelegenheit zu einem kurzen Abstecher zum kürzlich renovierten Bahnhof. Dieser Bahnhof ist Endstation der Fernverbindung mit einer Länge von ca. 154 km zwischen Derry (85’000 Einwohner) und Belfast (344’000 Einwohner).

Vor einigen Jahren wurde auf dieser Website eine Übersicht über den öffentlichen Fernverkehr in Irland und Nordirland publiziert. Hier der Link zu diesem Beitrag: Bahn und Bus in Irland / Fakten und Kommentar | fokus-oev-schweiz.

Die Eindrücke vom Bahnhof von Derry waren überwältigend, wie die folgenden Bilder belegen.

Der Bahnhof von aussen

Bahnhofgebäude und Vorplatz.
Bahnhofsgebäude aus der Nähe.
Zugangsbereich von aussen.
Zugangsbereich von innen.

Innenbereich

Blick in die Halle.
Hinweistafel.
Eindruck aus der Halle auf den Eingangsbereich.
Blick auf den Wartebereich in der Halle.

Servicefazilitäten

Billettschalter für Gross und Klein.
Fahrplanaushang neben dem Billettschalter.
Künstlerischer Schmuck an einer freien Wand.
Waschanlage in der Herrentoilette.
Toilettenanlage.

Bahnsteig und Aussenbereich

Blick auf den auch für lange Züge weitgehend überdachten Bahnsteig.
Dieselbetriebener Triebwagenzug nach Belfast bei der Abfahrt.
Geschützte Wartebank auf dem Bahnsteig mit prächtig gestaltetem Windschutz (fein gelochtes Blech).
Abgrenzungsmauer – mutmasslich Fassade eines früheren Gebäudes.
Haltestelle für die Lokalbusse.
Abfahrender Ortsbus.
Hinweistafel auf die Projektträgerschaft.

Und ausserdem

Neben zahlreichen Sehenswürdigkeiten sind mir in Derry bezüglich der Infrastruktur die für Fussgänger gebaute grossartige Friedensbrücke und aufwendig gestaltete öffentliche Plätze aufgefallen. Derry hat viel zu bieten. Empfehlenswert sind die Studienreisen von Partizan Travel mit Sitz in Schierling (D). Gerne stelle ich ein paar Bilder an das Ende dieses Berichts.

Blick auf die architektonisch bemerkenswerte Friedensbrücke aus der Ferne.
Friedensbrücke aus der Nähe.
Ausführungsdetail vom aufwendig gestalteten Platz vor dem Rathaus von Derry.