Jubiläumsveranstaltung „50 Jahre schweizerische Gesamtverkehrs-Politik“

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Am 30. März 2022 fand im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern eine von über 200 Personen besuchte Veranstaltung zum 50-jährigen Jubiläum der «Schweizerischen Gesamtverkehrs-Politik» statt. Der Bundesrat hatte vor fünfzig Jahren am 19. Januar 1972 einer Kommission unter der Leitung von Nationalrat Dr. Alois Hürlimann den Auftrag für die Erarbeitung einer schweizerischen Gesamtverkehrs-Konzeption erteilt.

Diese interessante Veranstaltung wurde organisiert von einem Team, bestehend aus Franziska Borer Blindenbacher, Jörg Oetterli, Paul Schneeberger und Peter Suter, in Zusammenarbeit mit dem Verkehrshaus der Schweiz und der Schweizerischen Vereinigung der Verkehrsingenieure und Verkehrsexperten. Gerne fassen wir in diesem Beitrag den Inhalt dieser Jubiläumsveranstaltung zusammen.

Zusammenfassung der Referate und Diskussionen

Einleitend begrüsst Martin Bütikofer, Direktor des Verkehrshauses der Schweiz, die Anwesenden und bedankt sich für das grosse Interesse an der heutigen Veranstaltung. Er erinnert an die Präsentation des Schlussberichts der Kommission Hürlimann 1977 im Verkehrshaus, und freut sich, dass die Jubiläumsveranstaltung auch im VHS stattfindet. Das VHS ist tatkräftig bestrebt, mit griffigen Fördermassnahmen die Begeisterung der Jugend für den Bau und den Unterhalt von Infrastrukturen zu wecken.

Dr. Christian Furrer, während der Amtszeit von Bundesrat Ogi Leiter des Generalsekretariats des seinerzeitigen Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartements, berichtet anstelle des krankheitshalber abwesenden alt Bundesrat Adolph Ogi über die Entstehung der Gesamt-Verkehrs-Konzeption GVK. Eindrücklich ist der kurze Film aus dem Jahr 1988, mit dem Adolf Ogi als soeben gekürter Bundesrat die verlorene Abstimmung über die Koordinierte Verkehrspolitik KVP kommentiert. Adolf Ogi vertritt die Auffassung, dass die Empfehlungen der GVK zu 90 Prozent umgesetzt wurden, und sieht bei der Abstimmungsniederlage der KVP Parallelen zur kürzlichen Ablehnung des CO2-Gesetzes. So hätten die Empfehlungen der GVK unter anderem den Weg für die LSVA, den Bahninfrastrukturfonds BIF und den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs Fonds NAF, die Tarifverbünde und die S-Bahnsysteme frei gemacht. Adolf Ogi glaubt sogar, dass die Erarbeitung der Gesetze für die Umsetzung der KVP die NEAT massiv verzögert hätte.

Gemäss Dr. Furrer darf das Jubiläum somit durchaus gefeiert werden. So wurde 1982 der Taktfahrplan Realität. Obschon von den Neuen Hochleistungs-Transversalen nur der Ast von Mattstetten nach Rothrist gebaut wurde, kann auf Schweizer Schienen zurzeit auf über 120 Kilometern mit 200 km/h gefahren werden.

Alt Regierungsrätin Dori Schaerer-Born, von 1992 bis 2002 Leiterin der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern, führt aus, wie sie als ursprüngliche Gegnerin der Neubaustrecke von Mattstetten nach Rothrist, gemeinsam mit anderen, schlussendlich diesem Projekt zum Durchbruch verhalf. Dori Schaerer-Born erinnert an die Entstehung der NEAT im Spannungsfeld zwischen dem Gotthard- und dem Lötschberg-Komitee. Der Entscheid, sowohl die Gotthard- als auch die Lötschbergachse zu bauen, verhalfen der NEAT ihrer Meinung nach zum Durchbruch. Die Auseinandersetzung war in einem gewissen Sinn die Wiederauflage des seinerzeitigen Kampfes zwischen Alfred Escher und dem späteren Bundesrat Jakob Stämpfli um die Lage der ersten Alpenbahn in der Schweiz. Dori Schaerer-Born plädiert abschliessend für den vollständigen Ausbau des Lötschberg-Basistunnels auf Doppelspur.

Stefan Sandmeier, Historiker, stellt die Erarbeitung der Gesamtverkehrs-Konzeption und ihre Ablehnung in einen grösseren historischen Zusammenhang. Um 1970 existierte in der Schweiz in vielen Bereichen ein starker Planungsoptimismus. Der Bau des Autobahnnetzes war in vollem Gang, und die Zunahme der Mobilität vor allem auf der Strasse stieg rasant. Die Bahnen rutschten in die roten Zahlen, und in der Öffentlichkeit wuchs der Wunsch, die Verkehrsbedürfnisse möglichst effizient, wirtschaftlich und umweltfreundlich sicherzustellen. Neuartige Simulationsmodelle im Zuge der Einführung von Computern und das lange Wirtschaftswachstum nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges förderten den Glauben an die Berechenbarkeit der Zukunft.

Wegen den von den USA ausgehenden gesellschaftlichen Trends und dem Erstarken des neoliberalen Gedankenguts wuchs die Kritik an den gesamtheitlichen Konzepten – so auch bezüglich des Verkehrs. Auch in der Schweiz nahm der Glaube an die Gestaltungskraft des freien Marktes überhand, wie unter anderem der seinerzeitige Leitsatz der FDP «Mehr Freiheit, weniger Staat» belegt. So war die Ablehnung der sich stark an die Empfehlungen der GVK anlehnenden Verfassungsbestimmungen über die Koordinierte Verkehrs-Politik KVP im 12. Juni 1988 nicht überraschend. Überrascht hat nach der deutlichen Zustimmung zu Bahn 2000 am 19. Dezember 1986 höchstens die deutliche Ablehnung der KVP.

In einem Panelgespräch mit den drei Referenten werden vor dem Mittagessen verschiedene Aspekte der Referate diskutiert. Dr. Christian Furrer erläutert anhand der Entstehung der «Transjurane», der heute wenig befahrenen Nationalstrasse A16, durch den Jura die Wichtigkeit von Verkehrsachsen für die nationale Kohäsion in der Schweiz. Das Aufkommen der Elektromobilität und von neuen Technologien stellt die traditionelle Finanzierung von Verkehrsprojekten über Treibstoffzölle zunehmend in Frage. Neue Lösungsansätze sind gefordert. Stefan Sandmeier sieht aufgrund einer Anfrage aus dem Publikum noch keine Renaissance von gesamtheitlichen Planungskonzepten.

Nach der Pause erläutert Dr. Ulrich Seewer, Vizedirektor im Bundesamt für Raumplanung ARE, den kürzlich publizierten Sachplan Verkehr. Der Sachplan Verkehr setzt sich zusammen aus dem «Programm» als Rahmen für die langfristige Entwicklung des Gesamtverkehrssystems in der Schweiz, sowie aus den Teilinfrastrukturprogrammen für dessen Umsetzung (Schiene, Strasse, Luftfahrt und Schifffahrt).

Im Gegensatz zu früheren Planungen wird auch der Langsamverkehr wie Fahrräder und Fussgänger berücksichtigt. Die Planung basiert auf der Raumplanung, von Verkehrsprognosen und den Anforderungen nach einer nachhaltigen Entwicklung. Dargestellt werden die Ergebnisse in zahlreichen Handlungsräumen.

Dr. Benedikt Weibel, langjähriger CEO der SBB AG, formuliert Gedanken zur nachhaltigen Mobilität. Die Klimaziele 2050 sind für ihn feste Verpflichtung. Der Verkehr ist in der Schweiz mit wachsendem Anteil für 30 Prozent der Immissionen verantwortlich. Das Zeitfenster für den Wandel wird immer enger. Dr. Benedikt Weibel plädiert für eine Erhöhung der Auslastung der bestehenden Systeme. Neubauten von Infrastrukturen dauern viel zu lange und sind oft generationsübergreifende Projekte. Neue Technologien können den CO2-Anfall senken. Gemäss seinem breit kommentierten Artikel in der Neuen Zürcher-Zeitung hält er den Einzelwagenladungsverkehr auf der Schiene in der Schweiz für überholt. Die Distanzen sind einfach zu gering. Zudem muss der Ausbau aller Verkehrsträger kritisch hinterfragt werden. Auch fordert Dr. Benedikt Weibel Zurückhaltung bei der weiteren Verdichtung des Angebots im öffentlichen Verkehr.

Prof. Dr. Maike Scherrer, ZHAW School of Engineering, fordert in ihrem Referat «Gütermobilität von morgen – kollaborativ, vernetzt, multimodal» eine engere Abstimmung zwischen den Verkehrsträgern und für neue Lösungsansätze.

Prof. Dr. Ueli Haefeli, Interface Politikstudien, unternimmt in seinem Referat «Immer mobiler» den Versuch, den Verkehr über einen Zeitraum von 200 Jahren zu überblicken. Nur dank hohen Investitionen in die entsprechenden Infrastrukturen konnte der öffentliche Verkehr seinen Marktanteil in der Schweiz in den letzten fünfzig Jahren von 18 auf 24 Prozent steigern. Prof. Dr. Ueli Haefeli spricht vom «Märchen der steigenden Mobilität» und meint, dass nur die Verkehrsleistungen wirklich gewachsen sind.

Prof. Dr. Ueli Haefeli beurteilt die GVK ’75 zusammenfassend als Erfolg. Eine aktualisierte GVK 2022 wäre nützlich und sollte vor allem den Verkehr in Agglomerationen und Mobilitätshubs regeln. Die getrennten Kassen für den MIV und den öffentlichen Verkehr werden weiterhin regionalpolitische Verteilkämpfe hervorrufen und die Effizienz des Gesamtsystems schwächen. Digitalisierung, demografischer Wandel und Klimawandel stehen als grosse Herausforderungen im Raum.  Auch die Beschränkung auf den nationalen Rahmen ist zu eng (Luftfahrt, Güterverkehr etc.). Mobilität aber, so der Referent, bleibt dennoch ein schillerndes Phänomen und ist damit nur beschränkt steuerbar.

Das abschliessende Panel dreht sich um die vordringlichsten Massnahmen. Dr. Benedikt Weibel wiederholt seine Forderung nach einer Überprüfung von weiteren Ausbauten. Ulrich Seewer plädiert für eine «10’000-Schritte-Gesellschaft» und fordert gesamtheitliche Massnahmen, zu denen auch das Mobility Pricing gehören sollte. Bei den Gütertransporten hat sich die LSVA als verbrauchsabhängige Steuer ja auch durchgesetzt.

Auch die Multimodalität ist zu fördern. Grundsätzlich sollten die Raumplanung und das Home Office die Mobilität reduzieren. Problematisch ist der hohe Anteil des MIV beim Freizeitverkehr. Werner Stohler bezeichnet den Freizeitverkehr als Materialschlacht. Das E-Bike wird als effizientes und umweltfreundliches Transportmittel gelobt.

Ein Votant bemängelt, dass auf dem Podium keine Politiker sitzen. Er glaubt, dass wir uns im Kreis drehen. Wie weit steht die breite Bevölkerung hinter den vorgeschlagenen Massnahmen?

Peter Suter, ehemaliger Leiter der Sektion Alptransit im Bundesamt für Raumplanung, schliesst die interessante Jubiläumsveranstaltung und teilt die Meinung, dass die GVK durchaus einen praktischen Nutzen hatte und einer Jubiläumsfeier würdig ist.

Kommentar

Zum Abschluss möchte ich ein paar persönliche Bemerkungen anbringen. Nun, in den letzten fünfzig Jahren hat sich viel bewegt. Tatsächlich entspricht der aktuelle rechtliche Rahmen in vielen Aspekten den Vorschlägen der GVK. Auch sind in struktureller und infrastruktureller Hinsicht bedeutende Fortschritte zu verzeichnen – man denke an die kantonsübergreifenden Tarifverbünde oder an die NEAT.

Andererseits ist zu viel auf der Strecke geblieben. Ich denke etwa an den Niedergang des nationalen Güterverkehrs. In beiden Schlussvarianten der GVK ging man von zahlreichen Rangierbahnhöfen mit einer Verschiebekapazität von total über 40’000 Güterwagen pro Tag aus. Auch fehlen weiterhin drei so wichtige Neubaustrecken wie Bern-Lausanne (und Genf), dritter Juradurchstich oder Zürich-Winterthur-St. Gallen. Der Stückgutverkehr mit der Eisenbahn als Rückgrat wurde Privaten übertragen.

Auch fehlen im Gegensatz zum Nationalstrassennetz Vorstellungen über den weiteren strategischen Ausbau der Schieneninfrastruktur. Im Rahmen des Ausbauschritts 2030/2035 werden im besten Fall seit langem bekannte Schwachstellen im schweizerischen Eisenbahnnetz beseitigt. Der Ausbau der NEAT zu einer wirklichen transeuropäischen Güterverkehrsachse ist fatalerweise kein Thema.

Als besonders bedrohlich sehe ich den Sachverhalt, dass das Gewicht der Legislative bei der Verkehrsplanung abgenommen hat, und viel in die Verwaltung verlagert wurde. Ich erinnere daran, dass der Lead bei der GVK, vertreten durch ihren starken Nationalrat Alois Hürlimann, eigentlich bei der Legislative lag.

Dieser Paradigmenwechsel ist mit einem zusehends reaktiv agierenden und wenig Führungsstärke vermittelnden Bundesrat kein gutes Omen für die Zukunft. Ich orte – wie in anderen Bereichen der Politik – bei der aktiven Gestaltung unseres Verkehrssystems Orientierungslosigkeit und abnehmende Gestaltungskraft.

 

GO-Mobil – ein Modell auch für die Schweiz?

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Auf der Radtour entlang der Drau waren wir mit der Verkehrserschliessung der durchfahrenen Ortschaften konfrontiert. Durch einen Zufall lernten wir GO-Mobil kennen. GO-Mobil ist das grösste und mehrfach ausgezeichnete gemeinnützige Mobilitätsmodell in Österreich für Gemeinden mit unzureichender Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr.

In diesem Beitrag möchten wir GO-Mobil kurz vorstellen. Unseres Erachtens könnte sich das Modell auch für Randregionen in der Schweiz eignen.

Verkehrserschliessung Lavamünd

Auf der Fahrt von Klagenfurt nach Lavamünd bot sich Gelegenheit, anhand der Fahrpläne bei den Haltestellen der Busse die Dichte des Angebots festzustellen. Die Erkenntnisse waren ernüchternd. Das Angebot beschränkt sich weitgehend auf den Berufs- und den Schülerverkehr. An Wochenende wird der Verkehr weiter ausgedünnt oder gar eingestellt.

Fahrplan der Linie 5466 (Auszug aus dem Internet, das Bild kann durch Anklicken vergrössert werden).

Zur Dokumentation dieses Sachverhalts haben wir die Fahrpläne der vier nach Lavamünd verkehrenden Busverbindungen ausgewertet. Lavamünd ist eine Markgemeinde in Südostkärnten und hat rund 3‘300 Einwohner. Es liegt am Zusammenfluss von Drau und Lavant und liegt an der ehemaligen Eisenbahnlinie von Dravograd nach St. Paul im Lavanttal. Der Personenverkehr auf der Schiene wurde 1997, der Güterverkehr 2001 eingestellt.

Auszug aus dem Netzplan der Region Südkärnten (Auszug aus dem Internet).
Anzahl der Verbindungen der vier Lavamünd erschliessenden Buslinien. Auf der untersten Zeile ist ein Beispiel aus der Schweiz angeführt, auf das in diesem Bericht eingetreten wird. (Tabelle vom Verfasser mit Daten aus dem Internet erstellt).

Unsere Erfahrungen mit GO-Mobil

Bei unserem Eintreffen in Lavamünd zu später Stunde bemerkten wir, dass wir den Rucksack beim letzten Halt vergessen hatten. Wir erkundigten uns bei einer Garage nach einem Leihwagen oder einem Taxi – ohne Erfolg. Der Inhaber der Garage wies uns jedoch auf GO-Mobil hin und bestellte für uns ein Fahrzeug. Wenige Minuten später traf ein Personenwagen ein, der uns unserem letzten und etwa 15 Kilometer ausserhalb der Gemeinde liegenden Rastplatz führte.  Dort lag das gesuchte Gepäckstück.

Fahrzeug von GO-Mobil auf dem Dorfplatz von Lavamünd.

Während der Fahrt zurück befragten wir den freundlichen Fahrer zu GO-Mobil. Er wirkt seit über 15 Jahren für GO-Mobil und  erhält für seine lange Verfügbarkeit eine feste Pauschale von EUR 150.- pro Monat. Die Fahrt kostet fix EUR 3.80 pro Fahrgast und Fahrt und beschränkt sich im Prinzip auf das Gemeindegebiet. Davon ausgenommen sind Fahrten zum weiter entfernten ÖBB-Bahnhof St. Paul im Lavanttal.

Der Dienst steht an Werktagen zwischen 08.00 Uhr und 24.00 Uhr zur Verfügung, an Samstagen von 09.00 Uhr bis 24.00 Uhr, und an Sonntagen von 09.00 Uhr bis 22.00 Uhr. Fahrten können im Voraus bestellt werden und haben gegenüber den auch spontan möglichen Anforderungen Vorrang.

Was ist GO-Mobil

Nach unserer Rückkehr konsultierten wir die Website von GO-Mobil. Maximilian Goritschnig gründete GO-Mobil als PPP „Public-Private-Partnership“ im Jahr 1998. Am 1. Juni 1999 nahm in Moorsburg das erste Fahrzeug von GO-Mobil den Betrieb auf. Zurzeit sind in Kärnten über 60 Gemeinden an GO-Mobil angeschlossen. Durchschnittlich wird der Dienst alle zwei Minuten in Anspruch genommen. 2012 wurde das Angebot in den Landesverkehrsplan integriert und ist damit wie Bahn und Bus ein festes Angebot im öffentlichen Orts- und Regionalverkehr von Kärnten.

Die Fahrerinnen und die Fahrer arbeiten abgesehen von einer geringen Pauschalentschädigung ehrenamtlich. Die Zertifizierung erfolgt durch GMZ, die GO-Mobil Zertifizierung GmbH. Diese Firma gehört Maximilian Goritschnig. Als exklusive Inhaberin der Verwertungsrechte und als Dachorganisation ist GMZ Auftragnehmerin des Bundeslandes Kärnten. Die dezentralen Aufgaben, im Vordergrund natürlich der Betrieb, obliegt in den Gemeinden den lokalen GO-Mobil-Vereinen. 12 der 21 gemeinnützigen GO-Mobil-Vereinen arbeiten gemeindeübergreifend.

Der feste Fahrpreis von EUR 3.80 pro Personen entspricht etwa dem Normalpreis einer Fahrt mit dem öffentlichen Bus. Wir bezahlten bei unserem Aufenthalt in Kärnten beispielsweise für die 20 Kilometer lange Busreise von Annabrücke nach Klagenfurt pro Person EUR 6.-.

Als Partner von GO-Mobil ist die ÖBB Mitglied in den GO-Mobil-Vereinen. Dadurch können Bahnhöfe und Haltestellen der ÖBB vergünstigt für nur einen Euro angefahren werden. Zudem ist GO-Mobil in das „Scotty“-Fahrplanauskunftssystem der ÖBB eingebunden.

GO-Mobil als Modell auch für die Schweiz?

Auch in der Schweiz gibt es verschiedene Rufbus-Systeme. Die Angebote sind oft sehr gut ausgebaut. Viele Angebote sind auf den Tourismus oder auf die Verkehrserschliessung in Randstunden ausgerichtet. Die Leistungen werden von staatlichen Anbietern wie Postauto oder von privaten Anbietern erbracht. Speziell zu erwähnen ist der Alpentaxi-Service, welcher zahlreiche Bergtouren für Benützer der öffentlichen Verkehrsmittel erst ermöglicht. Dazu kommen Rufbus-Systeme für Menschen mit eingeschränkter Mobilität wie etwa Tixi.

Als konkretes Beispiel aus der Schweiz sei die Verbindung von Landquart/Grüsch nach dem am 31. Dezember 2010 139 Einwohner zählenden Bergdorf Valzeina erwähnt. Hier werden mit dem Postauto an Werktagen sieben feste Verbindungen angeboten. An Wochenende und an Feiertagen sind es bis zu vier Verbindungen mit dem Rufbus.

Andererseits bestehen vor allem in Randregionen Überangebote bei der Verkehrserschliessung. Ich denke dabei etwa an das dünn besiedelte Calanca-Tal in Südbünden, wo an Werktagen zehn feste Verbindungen bestehen. Dabei gibt es im Calanca-Tal nur noch ein Lebensmittelgeschäft. Bei zahlreichen Wanderungen in dieser Bergregion war ich häufig der einzige Fahrgast. Zudem wird der Verkehr nach 20 Uhr eingestellt. Hier wäre ein Transportsystem wie GO-Mobil eine ökologisch und ökonomisch ungleich vorteilhafter. Ähnliche Feststellungen liessen sich beispielsweise auch bei der heute stündlichen Verkehrserschliessung des peripheren Weisstannentals (Gemeinde Mels) machen.

Ein Nachsatz

Mit diesen Empfehlungen möchten wir die positive Beurteilung von öffentlichen Transportunternehmen keinesfalls in Frage stellen. Vor allem in Graubünden oder im Wallis ist die Servicequalität von Postauto oft exzellent. Unsere Empfehlungen sind auch keine Kritik an den in der Schweiz geltenden Regeln für die Verkehrserschliessung von Siedlungen. Die Frage stellt sich hingegen nach dem „Wie“ unter Berücksichtigung von ökologischer und ökonomischer Effizienz sowie der zeitlichen Verfügbarkeit der Transportleistungen. Mit anderen Worten: Im Calancatal ist kurz nach 19.00 Uhr Schluss, in Lavamünd erst vier Stunden später.

Perlen an der Drau

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Im Rahmen einer Radtour von Toblach nach Maribor im April 2022 entlang der Drau bot sich Gelegenheit, beim Vorbeifahren einige Eindrücke von Verkehrsinfrastrukturen zu gewinnen.

Durch frühere Bahnreisen war ich mit der Gegend und einigen Bahnhöfen vertraut. Vor vier Jahren war ich zum letzten Mal in Lienz.

Die Veränderungen seit meinem letzten Besuch in der Region sind immens. Vor allem die Bahnhöfe von Lienz und Maribor sind kaum mehr zu erkennen. Neben den Bahnhöfen sah man nur noch neues und gepflegtes Rollmaterial. Das gilt in besonderem Mass für Slovenske Zeleznice SZ, die Staatsbahn von Slowenien.

Bei kurzen Aufenthalten haben wir mit dem Smartphone ein paar flüchtige Bilder aufgenommen, mit denen wir das Gesehene und unsere Eindrücke dokumentieren möchten.

Innsbruck

Bei unserer Anreise nach Toblach mussten wir Innsbruck auf den Anschlusszug auf den Brenner warten. Für den Wechsel auf einen anderen Bahnsteig benutzten wir mit unseren Fahrrädern den Lift.

In diesem Lift fanden neben zwei Personen mit Fahrrädern und Packtaschen drei Damen mit Rollkoffern und ein Vater mit einem Kinderwagen Platz.

In der Halle des Bahnhofs Innsbruck entdeckten wir neben dem grosszügigen allgemeinen Warteraum einen eigens für Jugendliche bestimmten und entsprechend ausgestatteten Warteraum.

Frontseite des Jugendwarteraums im Hauptbahnhof Innsbruck.
Auslage im Jugendwarteraum im Hauptbahnhof Innsbruck.

Sillian

Sillian ist eine österreichische Marktgemeinde im Hochpustertal. Der Tourismus ist in der von rund 2‘200 Menschen bewohnten Gemeinde ein wichtiger Einkommenszweig. In den letzten fünf Jahren wurde der früher einfache Bahnhof grundlegend erneuert und präsentiert sich heute ansprechend. Sillian wird von Zügen von SAD, dem Verkehrsverbund der Region Südtirol, stündlich bedient. Die sechsteiligen Flirt-Triebwagenzüge der Firma Stadler AG verkehren grenzüberschreitend von Lienz nach Franzensfeste/Fortezza.

Ansicht des Bahnhofs von Sillian von Osten.
Unterstand für Fahrräder und daneben überdeckter Abgang in die Unterführung im Bahnhof Sillian.

Lienz

Bei meinem letzten Besuch in Lienz vor vier Jahren erfuhr ich, dass der Bahnhof erneuert werden soll. Der Bahnhof präsentierte sich damals als etwas in die Jahre gekommen, war jedoch gut unterhalten und wies keine Schäden auf. Ich erwartete aufgrund der Ankündigung von ÖBB Infra, dass die Anlagen behindertengerecht ausgebaut und verschiedene Publikumsanlagen modernisiert würden.

Lienz hat knapp 12‘000 Einwohner und ist Verwaltungssitz des gleichnamigen Bezirks. Die gepflegte Kleinstadt in Osttirol wird neben einer einzigen Fernverbindung nach Wien stündlich von Regionalzügen der ÖBB Richtung Spittal-Millstättersee und derjenigen des SAD nach Franzensfeste bedient. Zudem verkehren Busse in die Region sowie einige direkte Fernbusse der ÖBB nach Innsbruck oder nach Kitzbühel.

Was ich jedoch bei unserem kurzen Aufenthalt zu sehen bekam, machte mich sprachlos. Eine der beiden Unterführungen wurde erheblich erweitert und zu einer komfortablen Radunterführung ausgebaut. Anstelle von Ladengeschäften wurde eine Wand auf einer Länge von weit über hundert Metern mit Glasplatten geschmückt. Prachtvoll! Atemberaubend ist auch der Aufgang aus der Unterführung zum Bahnhof mit einem grosszügig dimensionierten Lift und einer benutzerfreundlichen Treppe.

Zugang zur Unterführung aus dem Stadtzentrum zum Bahnhof Lienz. Die Fertigstellungsarbeiten sind noch im Gang.
Vorderes, aus dem Stadtzentrum führendes Teilstück der Unterführung des Bahnhofs Lienz.
Mitte der Unterführung des Bahnhofs Lienz. Links ist der Zugang zum Lift erkennbar.
Eindruck aus dem mittleren Bereich der Unterführung des Bahnhofs Lienz mit dem Treppenaufgang.
Glaskuppel über dem Aufgang aus der Unterführung und Seitenansicht der Treppe im Bahnhof Lienz.
Treppe und Lift aus der Unterführung im Bahnhof Lienz. Im Hintergrund je ein Triebwagenzug von ÖBB und SAD.
Blick auf den Hausperron im Bahnhof Lienz.
Neben der Unterführung des Bahnhofs Lienz gelegene Strassenbrücke über die Drau.

Bahnhof Maribor

Maribor ist mit knapp 100‘000 Einwohnern die zweitgrösste Stadt von Slowenien. Ich bin im Bahnhof von Maribor zwischen 2012 und 2018 mehrmals umgestiegen und hatte den Bahnhof in recht guter Erinnerung. Er wirkte damals zwar etwas unbelebt, war jedoch sauber und gut unterhalten. Meines Wissens war er jedoch nicht behindertengerecht ausgestattet.

Unsere Eindrücke beim Warten auf den Zug nach Graz waren überwältigend. Die Unterführung und die Bahnsteige wurden neu gebaut und präsentieren sich bestens. Zu den Bahnsteigen gelangt man mittels Rolltreppen, Lift oder bequem zu begehender Treppe.

Blick im Bahnhof Maribor vom zweiten Mittelperron auf den soeben eingefahrenen Neigezug aus Ljubljana.
Der grössere der beiden Mittelperrons im Bahnhof von Maribor. Links ist der Zugang zum Lift in die Unterführung erkennbar. Auf der rechten Seite liegt der Hausperron.
Treppe vom Mittelperron des Bahnhofs Maribor in die Unterführung. Die benutzerfreundlich angelegte Treppe hat alle zwölf Stufen ein etwa einen Meter breites Podest. Man beachte die verwendeten Materialien.
Rolltreppen aus der Unterführung des Bahnhofs Maribor auf den Mittelperron.
Anzeigetafel auf dem Mittelperron des Bahnhofs Maribor.
Abfalleimer auf dem Mittelperron des Bahnhofs Maribor.

Auch das Rollmaterial präsentiert sich im Vergleich zu früheren Jahren tadellos. Noch vor wenigen Jahren waren die meisten Triebwagenzüge bemalt oder verschmutzt. Auch das Angebot – es ist immer noch viel weniger dicht als in der Schweiz – wurde ausgebaut.

Auf der Fahrt von Maribor nach Graz sahen wir, dass in Richtung Österreich auf einer Länge von schätzungsweise 15 Kilometern neben der heute einspurigen Strecke an einer grosszügig trassierten doppelspurigen Neubaustrecke gebaut wird.

Ganz offensichtlich wird in Slowenien mit einem enormen Aufwand an der Erneuerung der Eisenbahn gearbeitet. So sah ich bereits im Oktober 2021 auf einer Bahnreise, dass die Bahnlinie von Jesenice in Richtung Ljubljana und mehrere Haltestellen daran aufwendig erneuert wurden.

Busterminal Maribor

Bei früheren Bahnreisen mit der Bahn von Maribor nach Bleiburg in Kärnten bemerkte ich ein etwa 250 Meter südwestlich vom Bahnhof Maribor liegendes grosses Busterminal. Bei der Fahrt von der Unterkunft zum Bahnhof statteten wir dem Busterminal einen kurzen Besuch ab. Gemäss den Fahrplänen ist der Betrieb ausserhalb der Hauptverkehrszeiten mässig.

Die Anlagen vermitteln einen luxuriösen Eindruck. Ich habe in den letzten zehn Jahren in Europa einige grosszügige und kundenfreundliche Busterminals angeschaut – aber derjenige von Maribor übertrifft alle mir bekannten Anlagen um Welten.

Beheizte Wartehalle im Busterminal von Maribor. Auf der linken Seite befinden sich Schalter, Ladengeschäfte und Toiletten. Rechts die Schiebetüren zu den Halteplätzen der Busse.
Blick aus einer Schiebetüre des Busterminals von Maribor. Links die Halteplätze der Busse, rechts die Wartehalle.

Und ein abschliessender Stossseufzer: Weshalb nehmen die sozialen und ökologischen Postulaten zugeneigten Behörden der Stadt Zürich und die Öffentlichkeit die unhaltbaren Zustände am Carparkplatz am Sihlquai seit Jahren hin?

SBB: Güter sollen auf die Strasse – wirklich, liebe NZZ?

Dieser Beitrag wurde am 21. April 2022 revidiert und mit einem Link zum zitierten Artikel in der Ausgabe der „NZZ am Sonntag“ ergänzt. Besten Dank an Herrn Jürg Meier.

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In der Ausgabe der „NZZ am Sonntag“ vom 19. März 2022 fasst Jürg Meier unter dem Titel „SBB: Güter sollen auf die Strasse“ Aussagen von Benedikt Weibel zur Lage des Schienenverkehrs in der Schweiz zusammen. Schon die Einleitung „Die Pandemie beschert dem öffentlichen Verkehr Milliardenverluste. Jetzt brauche es Einschnitte im Güterverkehr und bei Ausbauten, sagt der frühere SBB-Chef Benedikt Weibel.“ lässt aufhorchen.

In diesem Beitrag möchten wir die Aussagen von Benedikt Weibel kritisch hinterfragen und Stellung nehmen. Zudem erachten wir die vermutlich durch die NZZ gesetzte Überschrift „SBB: Güter sollen auf die Strasse“ als ausgesprochen tendenziös – vor allem für die eiligen Leserinnen und Leser, welche den Inhalt des Artikels nur überfliegen.

Zum Schienengüterverkehr in der Schweiz

In der Tat kann man den Nutzen des nationalen Einzelwagenladungsverkehrs kritisch hinterfragen. Es gibt berechtigte Zweifel an der ökonomischen und ökologischen Sinnhaftigkeit. Mit nur noch zwei grossen und nicht voll ausgelasteten Rangierbahnhöfen ergeben sich für viele Wagen ungünstige Relationen zwischen a) der Entfernung von Sender und Empfänger und b) der von den Güterwagen zurückgelegten Strecke sowie lange Beförderungszeiten.

Auf der anderen Seite zeugt „RailCare“, das private Eisenbahnverkehrsunternehmen der Coop-Gruppe, dass grosse Firmen weiterhin auf den nationalen Schienengüterverkehr mit Einzelwagen setzen und auch entsprechend investieren.

Und noch bemerkenswerter ist die positive Aufnahme, welche das Konzept „Cargo Souterrain“ bei grossen Nachfragern von Transportleistungen gefunden hat. Für uns ist „Cargo Souterrain“ ein deutliches Indiz dafür, dass man die Leistungsfähigkeit des Strassengüterverkehrs in Frage stellt und nach Alternativen sucht.

Erstaunlich, dass die Schweizer Bahnen bis dato keine Alternativen zu „Cargo Souterrain“ gefunden oder kommuniziert haben. Vor einigen Jahren hat ein Vertreter von SBB Cargo von einem Konzept mit acht nationalen Containerterminals gesprochen. Das könnte in Verbindung mit weiteren Innovationen vorab ins Rollmaterial durchaus eine Antwort auf „Cargo Souterrain“ sein. Vor allem wenn für die erste Etappe von „Cargo Souterrain“ von Investitionen von über CHF 33 Milliarden gesprochen wird. Damit könnte man auch auf der Schiene viel erreichen.

Es wäre verdienstvoller, wenn Benedikt Weibel statt Abbaumassnahmen zu fordern, tragfähige Lösungen für die Entwicklung des nationalen Schienengüterverkehrs erarbeiten und vorschlagen würde.

Umdenken bei der Infrastruktur

Noch weniger einverstanden sind wir aus verschiedenen Gründen mit der plakativen Forderung, Ausbauvorhaben kritisch zu hinterfragen.

Da ist einmal die von Benedikt Weibel postulierte und auch in der öffentlichen Diskussion zunehmende Betonung der Kosten als Entscheidungsgrundlage. Grundsätzlich stiftet eine Investition in die Verkehrsinfrastruktur aus Kundensicht Nutzen, wie Zeitgewinn, Verkehrsangebot und Zuverlässigkeit. Diesen Überlegungen wird unseres Erachtens unzureichend Beachtung geschenkt.

Dazu kommt, dass es sich bei den teuren Vorhaben des Ausbauschrittes 2030/35 vorab um die überfällige Beseitigung von seit vielen Jahren bestehenden Schwachstellen handelt. Der Katalog der Schwachstellen im Schweizer Normalspurnetz enthält darüber hinaus zahlreiche weitere Massnahmen. Zu erwähnen sind etwa die unzureichenden, wenig leistungsfähigen und nicht umweltkonformen Zufahrten zu den Tunnels der NEAT wie beispielsweise die Relation Lugano-Chiasso oder der überfällige dritte Juradurchstich. Zum Vergleich: Italien baut unter der Bezeichnung „Terzo Valico“ eine dritte und leistungsfähige Eisenbahnlinie von Genua in die Poebene.

Uns fällt auf, dass vor allem in Österreich, aber auch teilweise in Italien, an Ausbauvorhaben gearbeitet wird oder die teilweise bereits umgesetzt sind, von denen wir in der Schweiz kaum zu träumen wagen. Zum Vergleich: Eine Reisezeit von rund 2 ½ Stunden für die Fahrt von Zürich nach Genf ist nicht mehr zeitgemäss.

Angebotsausbau

Beipflichten möchten wir der Forderung von Benedikt Weibel nach Zurückhaltung bei der Angebotsausweitung auf stark genutzten Strecken des Fernverkehrs. Wenn überhaupt, könnten Zusatzzüge in den Hauptverkehrszeiten die Nachfragespitzen brechen. Das dafür notwendige Rollmaterial könnte beispielsweise an Werktagen zwischen den grossen Zentren und am Wochenende im Freizeitverkehr eingesetzt werden.

Effizienzsteigernd könnte sich auch die Ausdünnung des Taktangebots in den Randstunden oder in heute überdotierten Korridoren wie etwa im Oberwallis oder zwischen Sargans und Chur auswirken. In die gleiche Richtung zielt die Umstellung des Reiseverkehrs in den Randstunden auf die Strasse, wie es einzelne Privatbahnen wie etwa die RhB schon heute erfolgreich praktizieren.

Kommentar

Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Sie ist für das Gedeihen der Demokratie unverzichtbar. Ob es jedoch angebracht ist, wenn sich ein ehemaliger und von vielen Mitarbeitenden seines früheren Arbeitgebers hoch geschätzter Unternehmensleiter für Restrukturierungen ausspricht, bleibe dahin gestellt. Vor allem, wenn sich alt Bundesrat Adolf Ogi gemäss einem Zitat aus dem Buch „Der rote Boss“ von Christian Dorer und Patrik Müller wie folgt geäussert hatte: „Im Güterverkehr hat Beppo nicht das erreicht, was ich mir erhofft habe.“

Nachtrag

Link zum zitierten Artikel in der Ausgabe der „NZZ am Sonntag“ vom 19. April 2022.

https://magazin.nzz.ch/nzz-am-sonntag/wirtschaft/sbb-fuer-gueter-die-strasse-ld.1675440

Koralmbahn – grossartig und visionär

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Zurzeit wird In Österreich an der Koralmbahn, einem weiteren grossen Eisenbahnprojekt, gearbeitet, Die Koralmbahn wird nach ihrer mutmasslichen Fertigstellung im Jahr 2025 die Reisezeit zwischen Graz, Hauptstadt des Bundeslandes Steiermark, und Klagenfurt, Hauptstadt des Bundeslandes Kärnten, auf einen Bruchteil der heutigen Zeit reduzieren.

Lage der Koralmbahn mit dem gepunkteten Linienzug. (Auszug aus dem Eisenbahnatlas EU von Schweers+Wall).

Der Bau der Koralmbahn ist eingebettet in das Projekt „Ausbau Südstrecke“ und damit Bestandteil des „Baltisch-Adriatischen Korridors“ der EU.

Baltisch-Adriatischer Korridor. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB).

Zudem wird die Koralmbahn die Erreichbarkeit von heute eher peripheren Regionen in Österreich substantiell verbessern.

Nachdem wir den Fortschritt dieses grossartigen Eisenbahnprojekts seit einigen Jahren intensiv verfolgen und mehrere Studienreisen in die Region unternommen hatten, besichtigten wir anfangs April 2022 das Projekts auf den eigens dafür geschaffenen „Rad-Infopfaden“ auf seiner ganzen Länge. Die Eindrücke von diesem in vieler Hinsicht beispielhaften Projekt waren überwältigend. Mehr darüber in diesem Bericht.

Verkehrsverbindungen zwischen Graz und Klagenfurt

Die Bahnfahrt zwischen Graz und Klagenfurt dauert heute rund drei Stunden. Zudem muss dabei in der Regel in Bruck an der Mur umgestiegen werden. Der elektronische Fahrplan der SBB zeigt für einen Werktag zehn Verbindungen.

Mit den direkt verkehrenden Intercity-Bussen der ÖBB dauert die Fahrt über den Packsattel 2 Stunden und 13 Minuten. Täglich verkehren sieben Buspaare.

Mit der Koralmbahn verkürzt sich die Reisezeit zwischen Klagenfurt und Graz auf nur noch 45 Minuten und somit auf etwa einen Viertel der Dauer der heutigen Bahnreise.

Auch die Erreichbarkeit des Lavanttals wird durch die Koralmbahn substantiell verbessert. Die Reisezeit von der Landeshauptstadt Klagenfurt zu Städten wie Wolfsberg in Kärnten oder St. Paul sinkt im Vergleich zu heute auf weniger als die Hälfte.

Die Koralmbahn im Überblick. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB).

Koralmbahn im Überblick

Die Länge der Neubaustrecke beträgt ohne die bestehende Schleife über Bleiburg 125,4 Kilometer. Davon liegen 50,3 Kilometer in Tunnels oder Überdeckungen. Der Tunnelanteil beträgt 40,2 Prozent.

Kennzahlen zur Koralmbahn. (Daten aus Wikipedia).

Die Koralmbahn folgt im Westen teilweise der heute im Dieselbetrieb befahrenen Bestandesstrecke von Klagenfurt über Bleiburg nach Wolfsberg. Bleiburg bleibt auch inskünftig über eine elektrifizierte Schleife an die Koralmbahn angebunden. Von Klagenfurt aus fahren die Regionalzüge nach Wolfsberg bereits heute auf rund dreissig Kilometern auf der Koralmbahn.

Im Raum Graz werden die grossen Güterterminals an die Koralmbahn angebunden. In Planung für einen weiteren Ausbauschritt ist ein zusätzlicher Bahnhof am Flughafen Graz. Der Flughafen ist vom Zentrum von Graz aus bereits heute mit der S-Bahn in wenigen Minuten erreichbar.

Zwischen Weitendorf und Wettmanstetten dient die Koralmbahn auf einer Länge von knapp zwanzig Kilometern auch dem Regionalverkehr. Bereits heute benutzen die mit Diesel betriebenen Züge der Graz-Köflach-Bahn GKB die Geleise der Koralmbahn auf den erwähnten Abschnitt. Die Elektrifikation der GKB steht gemäss den uns vorliegenden Informationen jedoch bevor.

Die Strecke wird für Höchstgeschwindigkeiten bis zu 250 km/h ausgelegt. Teile der Strecke dienen wie erwähnt sowohl auf dem Ost- und als auch auf dem Westast auch dem Regionalverkehr.

Die baulichen Arbeiten sind weit fortgeschritten. Zurzeit sind noch grössere bauliche Aktivitäten zwischen Graz Don Bosco und Weitendorf sowie von Aich nach Eis/Ruden im Gang. Des Weiteren wird intensiv an der Fertigstellung von einigen Bahnhöfen gearbeitet.

Entlang der Koralmbahn werden 23 Bahnhöfe neu gebaut oder erneuert. Zudem wird die Lavanttalbahn elektrifiziert.

Die gesamten Investitionen für die Koralmbahn könnten gemäss unbestätigten Meldungen aus der Presse EUR 10 Milliarden erreichen, nachdem man 2009 noch von einem Investitionsbedarf von EUR 5,2 Milliarden ausgegangen war. Die Mehrkosten sind auf die Baukostenteuerung und substantielle Mehrleistungen zurückzuführen.

Reportage von der Erkundungstour von Klagenfurt nach Graz

Meine Eindrücke waren wie eingangs erwähnt überwältigend. Lärm- und Umweltschutz, Sicherheitsmassnahmen sowie Gestaltung und Funktionalität der Bahnhöfe sind einzigartig.

Beispielhaft sind auch die Kommunikationsmassnahmen und die Projektdokumentationen wie Karten und Prospekte für die Öffentlichkeit sowie die sechs Informationspavillons.

Bilder sagen bekanntlich mehr als Worte. Die folgenden Bilder und die Kommentare vermitteln Eindrücke von der Erkundungstour von Klagenfurt nach Graz.

Blick vom Bahnsteig 2 auf das Bahnhofsgebäude von Klagenfurt.
Blick von der Busstation auf das Bahnhofsgebäude von Klagenfurt.
Blick vom Bahnhof Klagenfurt auf das westliche Ende der Koralmbahn.
Haltestelle Klagenfurt-Ebenthal in einem Vorort von Klagenfurt. Hier werden die HG-Züge der Koralmbahn aus Sicherheitsgründen noch mit mässiger Geschwindigkeit vorbeifahren.
Blick auf die Geleise der Koralmbahn etwa zehn Kilometer ausserhalb von Klagenfurt. Man beachte die Dämme für den Schallschutz. Auf der südlichen Seite schliesst nur landwirtschaftlich genutztes Land an den Damm an. Gebäude hat es dort praktisch keine.
In Abständen von etwa 500 Metern wurden Schutzwände mit Fluchttüren in die Dämme eingebaut. Einige dieser Fluchtwege sind mit Toren für die Durchfahrt von Rettungsfahrzeugen ausgestattet.
Luftbild auf den Bahnhof von Grafenstein. Auf den innenliegenden Geleisen werden die HG-Züge mit 250 km/h vorbeifahren. Der Übergang auf der rechten Seite führt „nur“ über ein kaum benutztes Abstellgleis. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB mit einem nur in den Hauptverkehrszeiten eingesetzten lokbespannten Zug nach Wolfsberg. Üblicherweise verkehren auf dieser Relation nur zweiteilige Dieseltriebzüge, gelegentlich in Doppelkomposition).
Blick auf die vollständig eingehauste Überführung im Bahnhof Grafenstein.
Wegweiser zu einem Interventionsstützpunkt ausserhalb Grafenstein.
Blick auf den Interventionsstützpunkt bei Grafenstein.
Blick auf das Westportal des Lind-Tunnels. Im Hintergrund rechts zweigt die Bestandesstrecke nach Stein im Jauntal ab.
Das Gleis der Bestandesstrecke wird in ein paar Monaten auf die Strecke der Koralmbahn umgelegt.
Brücke über die Drau, welche an den Lind-Tunnel anschliesst.
Westportal des Tunnels bei Stein im Jauntal.
Vorbereitungsarbeiten für die feste Fahrbahn, Auf die Stahlplatten am Boden wird zuerst ein stark armierter Streifen betoniert, auf den die Platten der festen Fahrbahn verlegt werden.
Blick aus Nordwesten auf die kunstvoll bemalte Überführung bei Kühnsdorf.
Luftbild auf den Bahnhof von Kühnsdorf. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB).
Blick von der Zufahrtstrasse auf den Bahnhof von Kühnsdorf.
Blick auf die Überführung des Bahnhofs Kühnsdorf.
Konstruktionsdetail vom Bahnhof Kühnsdorf.
Ein weiteres Konstruktionsdetail vom Bahnhof Kühnsdorf. Die Stäbe der Markierung sind aus rostfreiem Metall gefertigt.
Blick vom Bahnhof Kühnsdorf auf das Westportal der Grünbrücke.
Blick auf die mehrere hundert Meter lange Grünbrücke – darunter versteht man einen im Tagbau erstellten und mit einem Erddamm überdeckten Tunnel. Man beachte die ebene und nur spärlich überbaute Umgebung.
Blick aus Südosten auf die bereits gezeigte Überführung bei Kühnsdorf. Auf beiden Seiten schliessen sich Grünbrücken an die Überführung an.
Blick auf die neue Haltestelle von Mittlern. Diese liegt etwa einen Kilometer vom früheren Bahnhof im Dorfzentrum entfernt. Links befindet sich das Gleis der Schlaufe über Bleiburg, welche hier von der Koralmbahn abzweigt.
Blick auf die Gleisanlagen bei der Haltestelle Mittlern. Man beachte die beiden aussenliegenden Geleise, welche wohl für Überholmanöver bestimmt sind.
Blick auf die Jauntalbrücke für die Bestandsstrecke. Für die Koralmbahn wird auf der rechten Seite eine neue Brücke gebaut.
Blick von Eis/Ruden in Richtung Jauntalbrücke. Links befinden sich vermutlich die Bauplatzinstallationen für den Bau der neue Jauntalbrücke.
Blick von Eis/Ruden zum Südportal des Tunnels Langer Berg mit der Trasse für die Koralmbahn.
Blick von Eis/Ruden auf die Portale der Tunnels Langer Berg.
Einhausung der Verbindungen der Tunnels Langer Berg mit denjenigen der Deutsch Grutschen-Tunnels bei Granitztal.
Depot bei St. Paul mit hier nicht mehr benötigten Schalungswagen für das Betonieren der Innenschalen der Tunnels.
Blick von einer Strassenbrücke bei St. Paul auf die Nordportale der Deutsch Grutschen-Tunnels.
Blick von einer Strassenbrücke bei St. Paul auf die Baustelle des Bahnhofs Lavanttal. Im Hintergrund das mächtige Massiv der Koralpe, unter welcher der rund 33 Kilometer lange Koralmtunnel durchführt.
Blick auf die Westportale der beiden Koralmtunnels.
Blick auf die östliche Zufahrtsstrecke aus Wolfsberg in den Bahnhof Lavanttal.
Blick auf die weit hinten liegende Verzweigung der einspurigen Strecke aus Wolfsberg in zwei Äste für die kreuzungsfreie Einführung in den Bahnhof Lavanttal.
Blick auf den Bahnsteig im erneuerten Bahnhof von Wolfsberg in Kärnten.
Blick von einer Strassenbrücke in Richtung der Ostportale des Koralmtunnels.
Blick von der gleichen Brücke in Richtung Osten. Auch hier wurden in einem relativ abgelegenen Gebiet Dämme für den Schallschutz aufgeschüttet. Man beachte auch de grossen Gleisabstände.
Modellbild vom zukünftigen Bahnhof Weststeiermarkt. Nach der Fertigstellung bildet der Bahnhof einen wichtigen Knotenpunkt für den Fern- und Regionalverkehr. Das Strassennetz in der Region wurde für den Bus- und Zubringerverkehr angepasst. Im Vordergrund befinden sich die beiden Gleise der Graz-Koflach-Bahn GKB sowie gedeckte Haltestellen für die Busse. (Auszug aus einem Prospekt der ÖBB).
Bereits gebaute Passerelle im Bahnhof Weststeiermarkt.
Gleisanlagen im Bahnhof Weststeiermarkt. Im Hintergrund rechts kann man die Trasse für die Linie der GKB in Richtung Deutschlandsberg erkennen. Gemäss meinen Beobachtungen besteht zwischen den Geleisen der Koralmbahn und denjenigen der GKB keine Verbindung,
Blick zurück zum Bahnhof Weststeiermarkt. Rechts im Hintergrund erkennt man die Trasse für die Linie der GKB nach Gross St. Florian sowie die neue Zufahrtsstrasse zum Bahnhof.
Blick auf den Bahnhof Wettmannstätten. Die aussenliegenden Geleise sind für die Züge der GKB bestimmt.
Blick auf die Haltestelle von Hengsberg mit dem Westportal des Hengsbergtunnels. Eines der beiden innenliegenden Durchfahrtsgeleise für die Koralmbahn wurde noch nicht verlegt. Zwischen Weitendorf und Wettmannstätten fahren die Züge der GKB bereits heute auf den Geleisen der Koralmbahn. Um auf die Geleise auf der linken Seite zu gelangen, müssen die Züge der GKB zwischen Werndorf und Weitendorf beide Geleise der Koralmbahn queren.
Ostportal des Hengsbergtunnels. Auf der rechten Seite sieht man Teile des Interventionsstützpunkts.
Westportal der 1275 Meter langen „Unterführung“ Weitendorf.
Bereits fertiggestellte Trasse des Abschnitts zwischen Graz Don Bosco und Weitendorf.
Blick vom etwa 200 Meter langen und überdeckten Verbindungsweg zwischen dem ÖBB-Bahnhof Flughafen Graz und dem Flughafengebäude auf den im Tagbau entstehenden Tunnel des Abschnitts Graz Don Bosco nach Weitendorf.
Weiteres Bild von der Baustelle für die auf einer Länge von über 3’200 Metern tief liegenden Koralmbahn.
Blick aus dem fahrenden Zug auf die bereits gebaute Einfahrt in den Abschnitt Graz Don Bosco-Weitendorf der Koralmbahn.
Blick im Bahnhof Graz Don Bosco auf die Erweiterungsarbeiten für die Koralmbahn. Die Strecke zwischen Graz Hauptbahnhof und Graz Don Bosco wurde bereits auf vier Geleise erweitert.
Blick auf einen Bahnsteig im Bahnhof Graz. Man beachte die teilweise erkennbare Dachkonstruktion und die Informationsanzeigen für die Fahrgäste.
Blick in die zweite und zusätzliche Unterführung im Bahnhof Graz. Diese Unterführung dient nur zur Entlastung der (Haupt-) Unterführung zwischen dem Bahnhofsgebäude und den Bahnsteigen. Letztere verfügt neben den Aufzügen auch über Rolltreppen und hat ein analoges Erscheinungsbild.

Kommentar

Von der Koralmbahn werden gemäss der Aussage des Vizepräsidenten des Stadtrates von Deutschlandsberg starke positive Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung von Südostösterreich erwartet. Beispielsweise reduziert sich Reisezeit zwischen dem Bahnhof Lavanttal und Graz auf knapp eine halbe Stunde und ermöglicht somit das Pendeln in das prosperierende Graz.

Aber die Koralmbahn führt auch zur Aufhebung von heute von der Bevölkerung geschätzten Bahnhöfen, wie beispielsweise des schmucken Bahnhofs von Stein im Jauntal. Andererseits ist die Region bereits heute gut mit Bussen erschlossen.

Kürzlich renoviertes Bahnhofsgebäude von Stein im Jauntal. Bald halten hier keine Züge mehr.

Die Koralmbahn wird nach ihrer Fertigstellung auch Mischverkehr aufnehmen müssen. Das reduziert die Kapazität. Besondere Anforderungen beim Betrieb ergeben sich durch die nicht kreuzungsfreie Einbindung von zwei Einspurstrecken. Während die Züge über Bleiburg in einer Richtung „nur“ ein Gleis der Koralmbahn kreuzen, ist im Osten komplizierter. Die Züge der GKB von Werndorf nach Wettmannstetten müssen beide Geleise der Koralmbahn kreuzen. Das führt zu einem erheblichen Kapazitätsverlust. Wenn die Koralmbahn wirklich eine bedeutende Rolle als Güterverkehrskorridor übernehmen soll, können diese strukturellen Gegebenheiten zu Problemen führen.

Diese kritischen Bemerkungen sollen dem grossartigen Werk der Koralmbahn keinesfalls Abbruch leisten. In einem gewissen Gegensatz zu den Ankündigungen, wonach die Koralmbahn von europäischer Dimension sei, sehen wir ihren Nutzen doch eher als eine neue und hochwertige innerösterreichische Bahninfrastruktur.

Uns ist schon bei der ABS 38 zwischen München und Freilassing aufgefallen, dass nationale Verkehrsprojekte stets und mit einer gewissen Euphorie in einen europaweiten Kontext gestellt werden, so etwa auch das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm als Bestandteil des Korridors Paris-Bratislava. Niemand sollte jedoch den ersten Stein werfen – auch bei der NEAT oder bei anderen Ausbauprojekten in der Schweiz wurde schon analog argumentiert.

ABS 38 – ein veritables Trauerspiel

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Der bedeutende Eisenbahnverkehr zwischen München und Salzburg wird gegenwärtig über die Strecke über Rosenheim abgewickelt. Ein Teil dieser Strecke – nämlich zwischen der Spange bei Rosenheim und Salzburg – wird auch für den innerösterreichische Personen- und Güterfernverkehr genutzt. Auch die internationalen Fernverkehrszüge zwischen Zürich und Wien benutzen diese Strecke.

Die österreichischen Züge erreichen Rosenheim ab dem Grenzbahnhof Kufstein. Diese Strecke ist Bestandteil der stark belasteten Nordzufahrt zum Brenner.

Vor allem die Strecke zwischen Rosenheim und Salzburg ist stark belastet und oft verantwortlich für die sich auf das innerösterreichische Netz durchschlagenden Störungen. Die Strecke ist relativ ungünstig trassiert – langsam und schnell zu befahrende Abschnitte wechseln oft in kurzen Abständen.

Neben dieser aus österreichischer Sicht als „Korridor-Strecke“ bezeichneten Verbindung besteht eine weitere und gut trassierte Strecke über Mühldorf am Inn.

ABS 38 mit den Anschlusstrecken nach München und nach Salzburg.
Die Kilometerangaben wurden dem „Eisenbahnatlas Deutschland“ von Schwwers+Wall entnommen.

Zwar ist die Strecke über Mühldorf geringfügig länger als diejenige über Rosenheim, aber bedeutend besser trassiert und wenig belastet. Deutschland hat deshalb vor einigen Jahren beschlossen, diese Strecke als Bestandteil des Transeuropäischen Eisenbahnnetzes zu modernisieren.

Überblick über das Projekt ABS 38. Auszug aus einem Prospekt der DB AG.

Einige kurze Abschnitte wurden bereits ausgebaut, und vor allem der Bahnhof Mühldorf am Inn – er verfügt über fünf Geleise für den Personenverkehr – wurde trotz dem heute bescheidenen Personenverkehr aufwendig erneuert.

Ansicht vom Bahnhof Mühldorf am Inn. Von hier aus verkehren keine Fernverkehrszüge nach Österreich, wie der Zug mit den Personenwagen der ÖBB vermuten liesse. Man beachte die feudale Überführung. Daneben besteht auch eine Personenunterführung zum nicht sichtbaren Bahnhofsgebäude auf der linken Seite. (Das Bild wurde dem Internet entnommen).

Leider wird der bisher schleppende Fortschritt des Projekts gemäss einer Mitteilung der Projektorganisation erneut verzögert. Hier ein Auszug aus der Pressemitteilung der DB AG vom 21. März 2022:

Auszug aus der Medienmitteilung.
Ein weiterer Auszug aus der erwähnten Medienmitteilung. Denkbar, dass der Austritt von Klaus-Peter Zellner im Zusammenhang mit den weiteren Verzögerungen steht. Welcher Planer will nicht immer nur planen, sondern irgendwann auch einmal realisieren?

Detailangaben zum Projekt ABS 38

Nachstehend ein Überblick über das Projekt ABS 38. Ich habe die Strecke am 22. November 2018 auf der ganzen Länge befahren und festgestellt, dass die Strecke weitgehend über unbebautes und flaches Gebiet verläuft. Vor allem zwischen Ampfing und Freilassing fühlt man sich als Fahrgast in frühere Zeiten zurückversetzt. Andererseits sind die Schallschutzmassnahmen auf dem Doppelspurabschnitt zwischen Ampfing und Tüssling überwältigend.

Hier ein Auszug aus einem Prospekt der Projektorganisation.

Auszug aus einem Prospekt der DB AG.

Und wie wird dieses ambitiöse Postulat umgesetzt? Auch dazu ein Auszug aus einem Prospekt.

Auszug aus einem Prospekt der DB AG.

In der Tat werden mit der einspurigen Zweigstrecke und weitgehend für den Güterverkehr bestimmten Zweigstrecke nach Burghausen rund 145 Kilometer elektrifiziert. Da die Strecke zwischen Tüssling und Freilassing nur mit zweigleisigen Begegnungsabschnitten auf Doppelspur ausgebaut werden soll, beschränkt sich der Doppelspurausbau geschätzt auf 75 Kilometer. Die Schätzung basiert auf der Annahme, dass etwa die Hälfte der Strecke zwischen Tüssling und Freilassing doppelspurig werden soll.

Die einzelnen Abschnitte des Projekts ABS 38 im Überblick.
(Kilometerangaben aus dem „Eisenbahnatlas Deutschland“ von Schweers+Wall).

Gemäss dem Dokument „Drucksache 18/580“ des Deutschen Bundestages erfolgten die ersten Planungen für die ABS 38 noch vor der Jahrtausendwende. Die bescheidenen ersten Massnahmen wurden Ende 2003 in Betrieb genommen – Ampfing-Altmühldorf am 12. Dezember 2010 und Mühldorf-Tüssling am 22. Mai 2017.

Das Projekt wird mit aufwendigen Kommunikationsmassnahmen begleitet. In Mühldorf wird ein aufwendiges Informationszentrum betrieben. Dazu ein dem Internet entnommenes Bild. Zudem werden regelmässig Medienmitteilungen und Newsletter publiziert.

Informationszentrum der ABS 38 vor der Eröffnung beim Bahnhof Mühldorf am Inn.
(Foto aus dem Internet).

Kommentar

Man vergleiche die höchst ambitiös lautenden Zielsetzungen und die umfassenden Begleitmassnahmen mit dem doch überschaubaren Projektumfang und der langen Realisierungsdauer – das Projekt ABS 38 wird mutmasslich erst nach 2030 abgeschlossen. Auffallend ist auch, dass nur ein Teil der Strecke zwischen Tüssling und Freilassing überhaupt ein zweites Gleis erhalten soll. Dabei bietet die ABS 38 ein grosses Potential für die Entlastung der „Korridorstrecke“, indem der internationale Personenfernverkehr zwischen München und Wien auf die ABS 38 umgelegt und beschleunigt werden könnte. Mit dem beschlossenen Ausbau der österreichischen Westbahn zwischen Salzburg und Köstendorf und der ABS 38 erscheint eine Reisezeit zwischen Wien und München von nur wenig mehr als drei Stunden möglich.

Beeindruckt hat mich auf meiner Erkundungsreise die aufwendige Erweiterung des Bahnhofs von Mühldorf am Inn – die Treppen und die Passerelle sind seitlich geschützt und überdacht, und ergänzend zu den Treppen stehen den wenigen Fahrgästen Lifte zur Verfügung.

Und abschliessend eine persönliche Bemerkung: Nachdem die Bundesrepublik Deutschland nach der Wende in knapp zwanzig Jahren mit einem bewundernswerten Kraftakt die Infrastruktur der neuen Bundesländer und mit einem dreistelligen Milliardenbetrag auf Vordermann gebracht hat, kann man den schleppenden Verlauf des Projekts ABS 38 einfach nicht nachvollziehen.

Neubau Unterführung Nord Winterthur – eine bare Zumutung

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Endlich – müsste man sagen – wurde die seit vielen Jahren viel zu enge nördliche Personenunterführung im Bahnhof Winterthur erweitert. Diese Unterführung stellt die kürzeste Verbindung zwischen den Geleisen 3 bis 8 zu den Kopfgeleisen 1 und 2 her und wird besonders in den Hauptverkehrszeiten rege benutzt.

Blick in die neue Unterführung.

Die Stadt Winterthur baute parallel zum Bau der Unterführung eine eigens für die Radfahrer bestimmte Unterführung sowie an beiden Kopfenden grosszügige Einstellhallen für Fahrräder.

Zugang zur Velostation West.

Soweit, so aber gar nicht gut! So überfällig diese Unterführung war, das Konzept der SBB ist im Gegensatz zum städtischen Projekt einmal mehr höchst kundenunfreundlich. Mehr dazu in diesem Bericht.

Daten der neuen Unterführung

Die neue Unterführung ist mit den Bahnsteigen mit je zwei Treppen verbunden. Die Treppen sind relativ steil und führen mit 36 Stufen à 16 cm Höhe rund 5,80 Meter in die Tiefe. Auf der westlichen Seite steht dem Publikum ein grosser Lift zur Verfügung. Die Bahnsteige sind aus der Unterführung mit einem kleineren Lift erreichbar. Die lichte Höhe der Unterführung beträgt rund 3,30 Meter. In die Seitenwände wurden Ladenlokale eingebaut.

Lange und steile Treppe auf einen der beiden Bahnsteige.
Grosszügiger Lift am Aufgang Ost zu den Bushaltestellen und zur Altstadt. Zwei kleinere Lifte wären in Bezug auf die Flexibiltät besser gewesen. Auch auf der Westseite hat es nur einen einzigen grossen Lift.
Auf die Bahnsteige führt nur ein kleiner Lift. Raum für einen grossen Lift ist vorhanden.

Auf der östlichen Seite führt die Unterführung ins Freie. Fahrgäste, welche in einen Bus umsteigen möchten, erreichen die Haltestellen ungeschützt. In der Flucht der Gebäude am Bahnhof weist nichts auf die Unterführung hin. Kein einladendes und markant vorragendes Vordach wie etwa in Lugano oder Solothurn.

Frontalansicht auf den Ausgang Ost.
Seitenansicht auf den Ausgang Ost.
Treppe ab dem Eingang Ost.

Dafür wurden über den Aufgängen auf der Westseite zwei auffällige und wuchtige Überdeckungen aus Beton gebaut. Diese sind wohl als Ruhe- oder Erholungszonen gedacht. Was haben die Bauherrschaft und die Architekten dabei wohl gedacht? Ist Beton „sexy“?

Überdeckung der Abgänge auf der Westseite. Keine eigentliche Treppe!
Detailansicht einer der beiden Überdeckungen. Erinnert mehr an einen Bunkereingang. Und wer unterhält diese „Verweilzonen“, wenn sie tatsächlich rege benutzt werden?

Vergleichsobjekte

Aus der älteren südlichen Unterführung sind die drei Bahnsteige je mit einer Rampe und einer Treppe erreichbar. Die Treppe mit 30 Stufen mit einer Höhe à 16 cm überwindet einen Höhenunterschied von 4,80 Meter. Gemäss meinen Beobachtungen verwenden die meisten Fahrgäste die Rampe. Besonders zu den Stosszeiten sind die Rampen relativ eng.

Treppe in die ältere Unterführung. Man beachte die bemalten und hellen Seitenwände und den dunklen Anstrich des angedeuteten Sockels. Im Gegensatz zu den SBB lässt beispielsweise die Zentralbahn in ihren Bahnhöfen die Wände der Unterführungen streichen. Dieser relativ geringe Zusatzaufwand ergibt sofort ein anderes Erscheinungsbild.
Lange aber bequeme Rampe in die ältere Unterführung.

Die lichte Höhe der südlichen Unterführung beträgt im vorderen Teil 3,10 Meter und im westlichen Teil noch 2,65 Meter. An und für sich eher geringe lichte Höhen, aber die geschickte Beleuchtung und die Ausführung der Oberflächen lassen kaum ein Gefühl der Enge aufkommen.

Blick in die ältere Unterführung. Die lichte Höhe in der neuen Unterführung beträgt etwa 3,20 m.

Aus der Unterführung führt eine relativ breite Treppe ins Stadtzentrum und zur monumentalen Haltestelle der Stadtbusse. Auch diese lässt sich bei Regen nicht geschützt erreichen. Zusätzlich führen eine Rampe und eine seitliche Treppe aus der Unterführung hinaus.

Zusätzlich gelangt man aus der Unterführung seitlich in das Untergeschoss des kleinen Einkaufszentrums. Von hier führt eine schmale Rolltreppe ins Erdgeschoss und die darüber liegenden Geschosse.

Rolltreppe im kleinen Einkaufszentrum vom Untergeschoss ins Erdgeschoss.

Kommentar

Vor der Fahrt nach Winterthur habe ich einen kurzen Rundgang im Hauptbahnhof von Zürich unternommen und ein paar Bilder angefertigt. Aus der Shop-Ville-Unterführung führen sowohl Rolltreppen als auch normale Treppen nach oben – eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Blick in die Halle des Bahnhofs Löwenstrasse mit einem Abgang zu den Bahnsteigen der Durchmesserlinie.
Rolltreppen zur Überwindung des relativ geringen Höhenunterschiedes zwischen dem Bahnhof Löwenstrasse und dem Shop-Ville.
Rolltreppe aus dem Shop-Ville auf die Löwenstrasse. Auch weitere Aufgänge aus dem Shop Ville sind mit Rolltrepen ausgestattet.

Ein kurzer Zwischenhalt in Zürich-Oerlikon bot Gelegenheit zu einem kurzen Rundgang. Auch hier stehen den Fahrgästen keine Rolltreppen zur Überwindung des beträchtlichen Höhenunterschieds zwischen der vorderen Unterführung und dem Bahnhofvorplatz zur Verfügung.

Aufgang aus der grossen Unterführung im Bahnhof Zürich-Oerlikon. Kein Mensch versteht, weshalb ein derart intensiv benutzter Aufgang nicht mit Rolltreppen ausgestattet ist.

Die Frage, was die für den Bau von Publikumsanlagen Zuständigen bei den SBB unter „Kundenfreundlichkeit“ verstehen, steht im Raum. Rolltreppen sind aber nicht nur eine Frage des Komforts, sie erhöhen auch die Kapazität der Aufgänge.

Und in Winterthur – wurden die zahlreichen Fahrgäste für den Verzicht auf Rampen oder Rolltreppen damit entschädigt, indem man sie einen Meter tiefer in den Untergrund schickt und ihnen einen solchen Wiederaufstieg zumutet? Und man fragt sich weiter, was die schon als „Gier“ erscheinende ausufernde Ansiedlung von Ladenlokalen an den Seitenwänden von Unterführungen überhaupt soll? Gelten für die Kunden in einem Geschäft in einem Bahnhof der SBB andere und höhere Normen als für die eigenen Fahrgäste?

Ins gleiche Kapitel – aber hier nicht weiter ausgeführt – gehört die oft schamlose Nutzung der würdigen Halle des Zürcher Hauptbahnhofs für lärmige und/oder für mehr oder weniger stillose Festivitäten aller Art.

Schlusspunkt aus Bellinzona

Am 16. März 2022 mussten wir in Bellinzona umsteigen. Dabei entstand dieser flüchtige Schnappschuss vom Aufgang aus der Unterführung in die Bahnhofshalle. Den Mitarbeitenden in der Bauabteilung von Zürich wird zudem eine Besichtigung des Bahnhofs von Lugano empfohlen.

Aufgang aus der Unterführung in die Bahnhofshalle. Prächtig, nicht?

Reservationssystem für Gruppenreisen – das Non Plus Ultra

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Am 24. Februar 2022 unternahmen wir mit einer grösseren Gruppe oberhalb von Andeer eine Skitour. Für die Hin- und Rückreise mit Bahn und Postauto nahmen wir ein paar Tage vorher eine Gruppenreservation vor.  Einmal mehr waren wir von diesem exzellenten und verkehrsträgerübergreifenden Service begeistert.

Mehr darüber in diesem Bericht.

Verlauf

Am 21. Februar 2022 meldete ich unsere Reise telefonisch beim Rail Service der SBB an. Wenige Minuten nach der Bestellung erhielt ich per E-Mail diese schriftliche Bestätigung.

Vom SBB Contact Center per E-Mail versandte Bestätigung der Reservation.

Am 24. Februar 2022 erhielt ich von den SBB und der RhB auf meinem Smart Phone je ein SMS mit der Lage der reservierten Plätze in den beiden Zügen. In Zürich waren die für uns reserverten Plätze im IC 3 der SBB nach Chur frei.

SMS der SBB mit der Lage der reservierten Plätze.
SMS der RhB mit der Lage der reservierten Plätze.

In Chur stand der Anschlusszug der RhB auf dem Nebengleis bereit. Die Lage der reservierten Plätze war auf Hinweisblättern an den Fenstern des für uns bestimmten Wagen angegeben.

Am Wagenfenster angebrachter Hinweis auf die reservierten Plätze.

Ergänzend war bei der Taste für die Türöffnung dieser Zettel aufgeklebt. Aber nicht nur das – der freundliche Zugbegleiter der RhB fragte uns vor dem Einsteigen, ob wir tatsächlich die anmeldete Gruppe wären.

Aufkleber auf der Türe des reservierten Wagens.

In Thusis sahen wir, dass entgegen dem Fahrplan ein Postauto der Linie 551 mit der Anschrift Wergenstein bereit stand. Der Chauffeur bestätigte, dass es sich bei diesem Kurs um einen für uns und eine andere Gruppe bestimmten Sonderkurs handelte. Erfreut stiegen wir ein. Dank der direkten Fahrt ins Zielgebiet entfiel das Umsteigen in Zillis, und wir erreichten Lohn GR entspannt und etwa eine Viertelstunde früher.

Infolge der guten Verhältnisse trafen wir am Ende der Skitour eine Stunde früher wieder in Lohn GR ein. Ich teilte dies dem Rail Service mit der Gratisnummer mit. Infolge der kurzfristigen Meldung konnte die Reservation natürlich nicht mehr geändert werden. Hingegen telefonierte der Chauffeur des Postautos nach der Abfahrt um 14.46 Uhr mit seinen Kollegen. Auf der Fahrt von Lohn GR nach Zillis kreuzten wir ein anderes Postauto und sahen, dass dieser Wagen eigens für unsere später geplante Rückfahrt unterwegs nach Lohn GR war. Die beiden Chauffeure hielten kurz an und informierten sich zu unserer Erleichterung über den Stand der Dinge.

Kommentar

Diese Ausführungen sprechen für sich – eine in jeder Hinsicht vorzügliche Dienstleistung. Und erst noch kostenlos. So reist man gerne.

Pfäffikon SZ – 300 Schritte zu viel!

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Pfäffikon SZ ist ein bedeutender Bahnhof am Zürichsee. Er wird von mehreren S-Bahnen der SBB und der SOB sowie von einigen Postautolinien bedient. Zusätzlich halten die beiden stark frequentierten Inter Regio-Züge der SOB, nämlich der „Voralpen-Express“ und der „Aare-Linth-Express“. Pfäffikon SZ ist gemäss unseren Beobachtungen eher Umsteige- als Endbahnhof.

Lage von Pfäffikon SZ im schweizerischen Eisenbahnnetz. Die Postautolinien sind nicht ersichtlich. (Auszug aus dem Eisenbahnatlas Schweiz von Schweers+Wall).

Die besonders in den Hauptverkehrszeiten prekären Platzverhältnisse vor allem in der Unterführung und die oft extrem langen Wege zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln sind mir schon lange ein Ärgernis. So habe ich am 8. Dezember 2021 bei misslichen Verhältnissen eine Besichtigung gemacht.

Die Gemeinde Freienbach – Pfäffikon SZ gehört zu dieser politischen Gemeinde – und die Postauto AG haben in jüngster Zeit für die Fahrgäste substantielle Verbesserungen realisiert. Nicht so die SBB – ihre Anlagen fallen auch hier stark ab, wie die folgenden Bilder zeigen.

Bilder

Östliches Ende des Aussenperrons für das Gleis 7. In den Hauptverkehrszeiten halten hier über 300 Meter lange S-Bahnzüge der Linie 8. Der Weg von der Zugspitze zum Beginn der Rampe in die Unterführung beträgt 328 Schritte. Eine Überdeckung oder ein Schutz gegen die oft starken seitlichen Ostwinde und Niederschläge fehlen
Bild ungefähr von der Mitte des beschriebenen Aussenperrons. Tagsüber und am Abend wird die S-Bahn 8 nur mit einer Komposition geführt.
Unbeheizte Wartehalle kurz vor dem Abgang vom Aussenperron in die Unterführung.
Abgang vom Aussenperron in die Unterführung. Der Schnee wurde während Stunden nicht entfernt, und der Boden war glitschig.
Treppenabgang vom Aussenperron in die Unterführung. Auch hier wurde der nasse Schnee lange nicht geräumt.
Blick in die in den Hauptverkehrszeiten viel zu enge Unterführung. Wenn sich im Stossverkehr Fahrgäste mit Gepäck oder Sportausrüstung kreuzen, ergeben sich oft heikle Situationen. Zudem führt die Enge zu Behinderungen, aus denen Verpätungen resultieren können. Auch Decken und Wände wirken verwahrlost.
Treppenaufgang und Rampenende aus der Unterführung mit gedecktem Zugang zur Busstation. Wünschbar wären eine beheizte Wartehalle und kostenlos zu benutzenden Toiletten. Immerhin stehen im Bahnhofgebäude kostenpflichtige WC zur Verfügung.
Eine der beiden grosszügigen und überdachten Abstellanlagen für Fahrräder. Da stellt man sein Fahrrad gerne ab.
Blick in die Busstation mit guter Benutzerführung und Signaletik. Das Tüpfchen auf dem berühmten „I“ wäre, wenn die junge Dame in einer beheizten Wartehalle auf ihren Bus warten könnte. Der Weg von der Zugsspitze einer S8 auf dem Aussenperron bei Gleis 7 hierhin beträgt 576 Schritte, entsprechend einer Distanz von gut einem halben Kilometer.
Blick auf die ansprechend gestaltete Busstation. Links erkennt man die zweite grosszügige Abstellanlage für Fahrräder. Auch diese ist mit einem Schutzdach ausgestattet.
Blick vom Ende der stark frequentierten Park-and-Ride-Anlage. Der Weg von hier zum vorderen Ende des mehrfach erwähnten Aussenperrons beträgt etwa 800 Schritte. Das Mitführen einer Zwischenverpflegung für den langen Weg wird empfohlen!
Blick auf die beiden Mittelperrons mit viel zu kurzen Schutzdächern.
Blick vom Ende eines Mittelperrons in Richtung der Unterführung.

Abschliessende Bemerkungen

Auch hier ein Bahnhof, der in krassem Missverhältnis zur Selbstwahrnehmung unserer Staatsbahnen als kundenfreundliches Unternehmen steht. Weshalb Fahrgästen am östlichen Ende der Bahnsteige nicht eine zusätzliche Unterführung zur Verfügung steht oder die Perrondächer nicht auf mindestens 300 Meter verlängert werden, ist nicht nachvollziehbar. Ich bin es langsam leid, beispielsweise in Österreich oder in sogenannt ärmeren Länder weiter östlich – wie beispielsweise in der Slowakei – kundenfreundliche und beispielhafte Anlagen vorzufinden, die man bei den Bahnhöfen der SBB oft vermisst. Und viele Privatbahnen – wie etwa RhB, SOB oder TPF – beweisen, dass man auch in der Schweiz kundenfreundliche Bahnhöfe bauen kann.

Es ist mir bewusst, dass Verbesserungen oft auch Sache der Standortgemeinden sind. Aber besonders in der ausgesprochen reichen Gemeinde Freienbach sollten in Kooperation Lösungen gefunden werden. Man hat den Eindruck, dass den Zuständigen der SBB das nötige Engagement oder die Bereitschaft zum Zugehen auf die Gemeinden oft fehlt. Dafür werden verfehlte Lösungen wie etwa die zusätzliche Überführung in Bellinzona oder die beiden Unterführungen in Zürich-Oerlikon gebaut. Das lässt auf ein Kommunikationsproblem zwischen den Parteien schliessen.

Und zudem – effiziente und kundenfreundliche Umsteigebedingungen sind eine wichtige Voraussetzung, um die gleichmässigere Belegung der Züge zu erreichen. Das wiederum beschleunigt das Umsteigen und reduziert das Verspätungsrisiko. Daraus resultiert eine bessere Betriebsqualität, und das wiederum ist kundenfreundlich.

Eisenbahnwesen Slowakei – überraschende Eindrücke

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Für eine Wanderwoche in der Mala Fatra im Herzen der Slowakei reisten wir im Herbst 2021 per Bahn nach Zilina. Die Fahrkarten ab Bratislava zum Zielbahnhof konnten einfach über die Website der Slowakischen Staatsbahnen gelöst werden.

Von früheren Bahnreisen von Wien über Marchegg nach Bratislava war ich mit dem Zustand dieser Strecke vertraut. Wichtige Bahnhöfe ohne Perrons, vor sich dahinrostende Fahrleitungsmaste und ins Lichtraumprofil der Züge reichendes Gebüsch hinterliessen keinen guten Eindruck von der Eisenbahninfrastruktur in der Slowakei.

So waren unsere Erwartungen für die über 200 Kilometer lange Bahnfahrt von Bratislava nach Zilina bescheiden. Für die Hin- und Rückfahrt reservierten wir Sitzplätze in den stündlich verkehrenden R-Zügen. Gross war die Überraschung, als anstelle des erwarteten älteren Rollmaterials ein gepflegter und komfortabler Zug heranrollte. Unterwegs konnten wir beobachteten, dass zahlreiche Züge aus ehemaligen Fernverkehrswagen der ÖBB zusammengesetzt waren und von Vectron-Lokomotiven gezogen wurden.

Und noch grösser war die Überraschung, als wir vom exzellenten Zustand des grössten Teils der Strecke Kenntnis nahmen. Längere Abschnitte waren oft aufwendig neu trassiert worden, und der überwiegende Teil der Bahnhöfe und Stationen waren neu. Bei Horny Milochov zwischen Puchov und Zilina waren im November 2021 die eisenbahntechnischen Anlagen in einem neu gebauten längeren Tunnel im Bau. In Zilina waren die Arbeiten für die Totalerneuerung der Gleisanlagen und der Bahnsteige im Gang.

Die positiven Eindrücke aus dem Zugfenster waren im Spätherbst 2021 Anlass für eine weitere Reise nach Zilina. Dabei wurden Züge unterschiedlicher Zugskategorien benutzt, und einige Bahnhöfe näher besichtigt. Die Eindrücke waren vorzüglich.

Mehr darüber mit den folgenden Bildern und den Kommentaren.

Bahnhöfe und Anlagen

Bahnhof Nove Mesto nad Vahom  (Einwohnerzahl 2021 der Stadt ca. 62’000)

Bahnhofsgebäude von Nove Mesto, vom Bahnhofplatz aus gesehen.
Wartsaal im Bahnhof Nove Mesto.
Restaurant im Bahnhof Nove Mesto.
Geleiseanlage im Bahnhof Nove Mesto. Man beachte die für die für die durchfahrenden Züge bestimmten innenliegenden Durchfahrtsgeleise – ohne Kontakt zu den Bahnsteigen. Vorbildlich sind auch die langen Dächer der Bahnsteige, welche auch bei sehr langen Zügen allen Fahrgästen das geschützte Ein- und Aussteigen ermöglichen.
Treppe zur Unterführung im Bahnhof Nove Mesto. Der Personenlift im Hintergrund ist knapp erkennbar.
Unterführung im Bahnhof Nove Mesto mit gekacheltem Boden und Seitenwänden.
Bahnsteig im Bahnhof Nove Mesto. Im Hintergrund ein dieselbetriebener Triebwagenzug.

Bahnhof Trencin  (Einwohnerzahl 2021 der Stadt ca. 110’000)

Blick auf den Bahnsteig von Trencin mit den in grün gehaltenen Schutzwänden und Treppenabgängen. Jeder der grösseren neuen Bahnhöfe an der Strecke hat seine eigene Farbgebung.
Sitzgelegenheiten auf dem Bahnsteig von Trencin. Neben den Sitzen hat es kleine Tische.
Eingehauster Abgang vom Bahnsteig in die Unterführung des Bahnhofs Trencin. Neben der Personenunterführung hat es eine zweite, mit einem Warenlift ausgestattete, Unterführung.
Blick in die Unterführung des Bahnhofs Trencin.
Schalterhalle im alten Bahnhofsgebäude von Trencin.
Kiosk im alten Bahnhofsgebäude im Trencin.
WC-Anlage im Bahnhof Trencin. Der Eindruck mag täuschen – die bedienten Toiletten im älteren Gebäude waren sehr sauber. Hingegen harren die Fertigstellungsarbeiten am Gebäude ihrem Ende.

Bahnhof Povaszka  (Einwohnerzahl 2021 der Stadt ca. 39’000)

Schnappschuss vom Bahnsteig des Bahnhofs von Povszka.

Haltestelle Nosice

An der Neubaustrecke gelegene Haltstelle von Nosice.
Abgang vom Bahnsteig von Nosice. Man beachte die vollständig überdachte Rampe und die lichtdurchlässige Schallschutzwand. Im Hintergrund befindet sich ein zweiter Abgang.

Haltestelle Plevnik

Schmucke Schallschutzwand bei der Haltestelle von Plevnik. Rechts ist die Wartehalle erkennbar.
Auch bei der Haltestelle von Plevnik sind die Abgänge eingehaust und gegen Wind und Wetter geschützt.
Ein zweites Bild von der Schallschutzwand bei der Haltestelle von Plevnik. Mit wenig Aufwand wurde die Schallschutzwand geschmückt. Auch hier tangieren die durchfahrenden Züge keine Perronkanten.
Westliche Einfahrt in den neuen Verbindungstunnel bei Horny Milochow. Die nur noch wenige Monate bestehende alte Streckenführung ist etwa vergleichbar mit derjenigen zwischen Mühlehorn und Tiefenwinkel – wobei auf diesem stark belasteten Streckenabschnitt keine Verbesserungen geplant sind.
Östliche Einfahrt in den Tunnel bei Horny Milochov. Der Einbau der eisenbahntechnischen Anlagen war Ende November 2021 in vollem Gang. Ich bitte um Verständnis für die schlechte Qualität der bei der Durchfahrt aus dem Zugfenster aufgenommenen beiden Bilder.

Bahnhof Zilina  (Einwohnerzahl 2021 der Stadt ca. 83’000)

Blick auf das Bahnhofsgebäude von Zilina mit den Kopfgeleisen für die Züge des Regionalverkehrs.
Blick in eine der beiden Unterführungen des Bahnhofs von Zilina. Eine davon wurde behindertengerecht ausgebaut.
Bestehende und dem Abbruch geweihte Gleisanlagen im Bahnhof Zilina. Man konnte sich trotz dem regen Zugverkehr auf den Gleisanlagen relativ frei bewegen. In Mitteleuropa völlig undenkbar,
Fertiggestelltes Trasse für die Einführung der Aus- und Neubaustrecke in den Bahnhof Zilina.

Unterführung für Behinderte im Hauptbahnhof von Bratislava  (Einwohnerzahl 2021 der Stadt ca. 440’000)

Unterführung der eigens für Behinderte gebauten Unterführung im Hauptbahnhof von Bratislava.
Liftzugang in der Unterführung für Behinderte im Hauptbahnhof von Bratislava.
Detail von der erwähnten Unterführung im Hauptbahnhof von Bratislava.

Eine Auswahl von Bildern vom höchst unterschiedlichen Rollmaterial

Innenraum in einem Grossraumwagen für den Fernverkehr.
Dieselbetriebener Triebwagenzug für den Lokalverkehr.
Innenraum dieses Triebwagenzuges. Die Fahrt mit ca. 120 km/h war recht angenehm.
Neuer Personenzug von Skoda für den Regionalverkehr. Die slowakischen Staatsbahnen haben bei der Firma Stadler AG gemäss einer Pressemitteilung vom 16. Dezember 2021 mehrere KISS-Zügen bestellt.
Innenraum des Triebwagenzuges von Skoda.
Lokomotiven im Depot von Zilina. Unterwegs konnten solche Lokomotiven vor Güterzügen beobachtet werden. Kein besonders erbaulicher Anblick.
Teilweise noch im Einsatz stehende ältere Diesellokomotiven im Depot von Zilina.
Schmucke und renovierte, aber schon etwas bejahrte, Diesellokomotive im Bahnhof von Zilina.
Tschechische Elektrolokomotive mit einem Eurocity-Zug nach Ostrava bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof Zilina.
Schnellzug nach Bratislava bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof von Zilina.
Von einer Vectron gezogener Schnellzug nach Koisce im Bahnhof von Bratislava.
Schnellzug vom privaten EVU Regio Jet nach Prag bei der Einfahrt in den Hauptbahnhof von Bratislava.

Kommentar

Die Bilder sprechen für sich. Sie dokumentieren, dass auch in der Slowakei intensive Bestrebungen für die Revitalisierung der Eisenbahn im Gang sind. Auffallend ist nicht nur bei der Eisenbahn, dass mit oft geringem Aufwand nicht nur die Funktionalität der Anlagen erhöht wird, sondern auch deren Erscheinungsbild verbessert wird. Kultur im Alltag. Von Menschen für Menschen – und nicht nur von Mitarbeitern für so genannte Kunden.

Auch der öffentliche Busverkehr im Gebiet der Mala Fatra erreicht durchaus das Niveau der Erschliessung in den hiesigen Randregionen – saubere und pünktlich verkehrende Fahrzeuge, ein relativ dichtes Angebot sowie klare und gut lesbare Fahrpläne. Und Fahrgäste, welche das siebzigste Altersjahr überschritten haben, sind mit der Eisenbahn praktisch gratis unterwegs.