Beschämende Zustände im Bahnhof Thalwil

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Kürzlich mussten wir in Thalwil von der S-Bahn auf einen Regional Express umsteigen. Die Wartezeit betrug knapp 15 Minuten und bot Gelegenheit zu einem kurzen Rundgang. Eigentlich hätten wir die Zeit gerne in einem sauberen und beheizten Warteraum verbracht – warum wir dies nicht taten, erläutern wir in diesem Bericht.

Thalwil

Der Bahnhof Thalwil ist ein bedeutender Knotenpunkt im schweizerischen Eisenbahnnetz. Bezüglich den Frequenzen liegt er unter den schweizerischen Bahnhöfen an vierzigster Stelle, und damit knapp vor Bahnhöfen wie Wädenswil, Brugg, Solothurn oder Lugano.

Die folgenden Bilder von den Wartehallen benötigen keinen Kommentar.

 

Aussenansicht der Wartehalle auf dem Perron 1.
Innenansicht mit dem verdreckten und unappetitlichen Fussboden.
Innenansicht mit der seit längerem beschädigten Bank – wer wird hier wohl Platz nehmen? Zudem fehlt eine Heizung.

Aber nicht nur das – trotz den bedeutenden Frequenzen wurden die Perrons beim letzten Umbau nur teilweise gemäss den heute üblichen Normen erhöht. Besonders übel ist die Situation auf Perron 1. Hier wurde nach dem Entfernen des Übergangs nicht einmal die frühere Absenkung ausgeglichen. Wer das Pech hat, aus den ersten Wagen eines langen Zuges aussteigen zu müssen, muss unter Umständen einen Höhenunterschied von knapp einem halben Meter überwinden.

Blick auf die beiden Perrons – man beachte den hinteren Perron.
Blick auf den Perron 1 – der Übergang wurde vor vielen Jahren entfernt.
Blick vom Parkplatz auf den Übergang. Selbst die Lücke bei der Leitplanke wurde nicht geschlossen.

Lichtblicke

Dass es auch anders geht, zeigen die SOB. Dazu kommentierte Aufnahmen von drei Bahnhöfen.

Wartehalle im Bahnhof Einsiedeln.
Innenraum der Wartehalle im Bahnhof Einsiedeln.
Aussenansicht einer der beiden Wartehallen im Bahnhof Biberbrugg.
Innenansicht der Wartehalle im Bahnhof Biberbrugg. Man beachte die beispielhafte Sauberkeit und die Heizung unter der Sitzbank.
Abfallbehälter im Bahnhof Biberbrugg – keine verwirrende Folienorgie, sondern schlichte Eleganz.,
Wartehalle im Bahnhof Samstagern.

Kommentar

Die Zustände in Thalwil erinnern unwillkürlich an Bahnhöfe in der DRR vor der Wende. Sie sind symptomatisch für von uns kommentierte Zustände wie das einige Jahre offenliegende Erdungskabel in Kilchberg oder des kürzlich modernisierten Bahnhofs Zürich-Wollishofen. Wohl um die Kritik an schmutzigen Wartehallen oder verdreckten WC-Anlagen zu vermeiden, hat man diese beim Umbau in Wollishofen einfach weggelassen. Dabei wird Wollishofen ausser von der S-Bahn Zürich von fünf Buslinien und einer Tramlinie erschlossen.

Man fragt sich, wie in der Division Infrastruktur der SBB „Kundenfreundlichkeit“ definiert wird. Dabei hätten die Zuständigen in ihren feudalen Bürogebäuden durchaus Beispiele in ihren eigenen Geschäftsräumen, wie man es machen könnte. Das eigene Hemd liegt ganz offensichtlich näher als der Mantel der ungeschützten Fahrgäste auf den Bahnhöfen.

Und last but not least – weshalb können die SOB im Vergleich zur SBB günstiger produzieren, ihre Anlagen und Bahnhöfe besser unterhalten und ihre Fahrgäste – nicht lieblos als solche definierte Kunden – mit gepflegteren Fahrzeugen befördern?

8 Gedanken zu „Beschämende Zustände im Bahnhof Thalwil

  1. Grüezi,
    Ist es nicht so, dass die „Beförderungsfälle“ teils selber schuld, an Unzulänglichkeiten und Verschmutzung? Und: Sind es auch die „Beförderungsfälle“, welche für den Grössteil der Verschmutzung und Vandalismus zuständig waren und sind? Leider werden viele der Wartsääle tagsüber als Schlafräume nicht nur von Randständigen, aber auch von Zweit- und Drittgenerations-Emigranten-Abkömmlingen so genutzt, dass kein Reisender mehr einen Sitzplatz findet. Es fehlen die Autoritäten, wie Stationsmitarbeiter, oder polizeiliche Kontrollen. Wir wollen mit Sicherheit keinen Polizeistaat, aber nötig wäre einerseits das Weitergeben von Anstand und Respekt durch die Eltern, sowie andererseits mehr Zivilcourage der Öffentlichkeit um solche Zustände zu vermindern.

    Auf Sete der ÖV-Unternehmungen müssten vermehrt Kontrollen sowie möglichst schnelle Behebung von z. B. Sprayereien, Schäden, Unreinheiten usw. erfolgen, um die Bahnanlagen sauberer zu halten.

    Fakt ist, dass vor allem die Privatbahnen darauf mehr Wert legen. Mir ist zu meiner Zeit im Lokführeraustausch SZU-SOB aufgefallen, dass die SOB mit ihrem jahrelangen und bewährten Reinigungskonzept viel saubere Züge und Stationsanlagen aufwiesen, als mein eigenes Unternehmen. Bei meinem Unternehmen gab es eine Anzahl Lokpersonale, welche vor allem in den Frühzügen stadteinwärts auf den Wendestationen jeweils die liegengelassenen Zeitungen einsammelten, um den neuen Fahrgästen ein sauberes Fahrzeug anzubieten. Wir Privatbahner möchten unseren Fahrgästen ein angenehmes und sauberes Fahrgefühl zukommen zu lassen! Auch wenn kein Reingungspersonal abends mehr vorhanden war, schwemmten wir z. B. Erbrochenes mit Wasser bei beidseits geöffneten Seitentüren aus dem Wagen.
    Oder wir haben selbst Frischgespraytes aussen und innen an Fahrzeugen zumindest teilweise selbst entfernt.
    „Unser“ HGW erzählte mal, dass er in Niederwenigen ab einem SBB-Lokführer gestaunt hätte, welcher die liegengebliebenen Zeitungen einsammelte und der Abfuhr zuführte – auch bei der SBB gab und gibt es das! Nur – Alles können sie auch nicht!

    Bauliche Massnahmen bringen aber selbst abgebrühte Vollbluteisenbahner in Weissglut, wenn sie nicht fertig durchdachte Umbauten sehen. Man ist dann schnell der Ansicht, dass die „Verbrecher“ solcher unhaltbaren Zustände sich nicht bewusst sind, weil sie kaum oder gar nicht Bahnfahren, es sich nicht vorstellen können, welche Gefahren und Unannehmlichkeiten daraus erwachsen!
    Entschuldigung: Vieles kostet nicht mehr Geld, wenn man es richtig und zielführend angeht, jede Flickarbeit wird teurer – aber es ist ja nicht ihr Geld!

    Es ist zu hoffen, dass die nun bei der SBB-Leitenden wieder vermehrt sich auf ihr Kerngeschäft besinnen – die Anzeichen stehen gut – nur: Man muss ihnen dafür in der heute speziellen Episode natürlich auch die nötigen Mittel der Finanzen und Personal sowie die Zeit zur Verfügung zu stellen!

    Urs Nötzli, Zürich

    • Sehr geehrter Herr Nötzli

      Vielen Dank für Ihren Kommentar und für Ihr Interesse an unserer Website. Ja, die hoch engagierte und mit dem Unternehmen tief verbundene „alte Garde“ bei den SBB ist vom Aussterben bedroht. Die Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit der obersten Führung der SBB hat ein bedenklich tiefes Niveau erreicht.

      Nochmals vielen Dank und beste Wünsche

      Freundliche Grüsse

      Ernst Rota

  2. Ich habe aus meiner Jugendzeit die Schweiz mit ihren Bahnen als vorbildliches System in Erinnerung. Es ist für einen Ausländer schrecklich zu lesen, welche Missstände in einem weltweit bekannten Fremdenverkehrsland anzutreffen sind. Noch dazu, wo die Schweiz nicht als Billigland gilt und auch mit dem Auto als Ferienland kaum zu bereisen ist.
    Aber diese Erkenntnis dürfte bei der Leitung der SBB verloren gegangen sein!

    • Sehr geehrter Herr Hallas

      Vielen Dank für Ihren Kommentar und für Ihr Interesse an unserer Website. Vorab hoffe ich sehr, dass Sie wohlauf und gesund sind.

      Erfreulicherweise sind die Verhältnisse bei den sogenannten „Privatbahnen“ in den Tourismusregionen der Schweiz bedeutend besser. Aber wenn ich die Verhältnisse im Grossraum Zürich mit denjenigen beispielsweise an der „Pottendorfer-Linie“ vergleiche, stelle ich gewaltige Unterschiede fest.

      Ich danke Ihnen nochmals für Ihren Kommentar und wünsche Ihnen weiterhin viel Freude an unserer Website.

      Freundliche Grüsse

      Ernst Rota

  3. Lieber Ernst,
    da ich meistens mit dem IC in Thalwil vorbei fahre, habe ich diese
    Missstände nicht beachtet. Vermutlich ist dies zurückzuführen, dass
    an vielen Bahnhöfen Personalmangel herrscht. Gleiches geschieht ja
    bei den Lokführern, ( -200!).Herzliche Grüsse sendet dir Felix

    • Lieber Felix

      Vielen Dank für Deinen Kommentar und für Dein Interesse an unsere Website.

      Ich hoffe, dass Du wohlauf bist, und wünsche Dir weiterhin viel Freude an unserer Website

      Freundliche Grüsse

      Ernst Rota

  4. Guten Tag
    Sieht in der Tat nicht sehr einladend aus. Allerdings: Eine Heizung werden Sie in keinem Wartehäuschen mehr finden, das von der SBB bewirtschaftet wird. Die SBB kommunizierten bereits vor einiger Zeit, dass sie die Heizung aus all ihren Wartehäuschen entfernten. Als Begründung wurden damals, wenn ich mich noch recht erinnere, Umweltschutz- bzw. Energiespargründe angegeben. Betr. den fehlenden Wartehäuschen beim Bahnhof Wollishofen: Es stimmt natürlich, dass dieser nicht nur von S-Bahnen, sondern auch von mehreren Bus- sowie einer Tramlinie bedient wird. Letztere werden aber von den VBZ betrieben. Die SBB wird kaum Wartehäuschen für die VBZ aufstellen. Das müssten diese für ihre Haltestellen selber machen.

    • Sehr geehrter Herr Trachsel

      Vielen Dank für Ihren Kommentar und für Ihr Interesse an unserer Website.

      Die SOB haben bewiesen, dass es auch anders geht. Zudem fehlen in Wollishofen auch Toiletten. Dazu kommt, dass die S-Bahnzüge der Linien 8 und 24 in den Hauptverkehrszeiten oft verspätet sind und die Fahrgäste ungeschützt warten.

      Zudem stosse ich mich weniger an der Heizung als am Zustand der Inneneinrichtung und am Schmutz.

      Nochmals vielen Dank und weiterhin viel Freude an unserer Website.

      Freundliche Grüsse

      Ernst Rota

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