Bahnreisen in der Schweiz funktionieren mit Perfektion

Am 24. Mai unternahmen wir einen Ausflug von Muri bei Bern auf den Gornergrat, mit dem öffentlichen Verkehr natürlich. Alles hat bestens geklappt, eben so wie man sich eine schweizerische Reisekette vorstellt.
07.05 mit Bernmobil Linie 6 von Muri zum Bahnhof Bern. Auf Gleis 4, ab 07.34, steht eine Doppelkomposition des SBB Triebzuges Astoro, vorne angeschrieben nach Milano, hinten nach Brig – Domodossola, wo wir Platz nehmen. Werktags ausserhalb der Ferienzeit, doch bei sonnigem Wetter, hat es genügend freie Plätze. In Visp umsteigen auf den Pendelzug der MGB Richtung Zermatt.

Zug der Matterhorn-Gotthard-Bahn in Visp unmittelbar nach der Ankunft aus Zermatt

Im älteren hochflurigen Steuerwagen finden wir sehr geschmackvoll renovierte Abteile und ein perfekt funktionierendes sauberes WC vor. Eine Zugbegleiterin – im Regiozug – kontrolliert Fahrausweise und gibt Auskunft. Praktisch an jeder Ausweichstation kreuzen wir einen Gegenzug, drei Mal einen je gut besetzten Glacier-Express. In Zermatt kurzer Gang zum Bahnhof der GGB. Viele Touristen, aber auch mehrere Kundenlenker, die uns den recht einfachen Billettautomat erklären und andere Gäste auf japanisch, chinesisch, spanisch oder englisch an den Schalter lotsen. Anstehen im Wartebereich, fünf Minuten später geht die Schiebetür auf und drei Doppelkompositionen bieten allen fast 400 Gästen einen Sitzplatz an. 3¼ Stunden nach Abfahrt in Bern geniessen wir auf dem Gornergrat die Aussicht aufs Matterhorn. Ein grandioser Anblick.

Triebwagen der Cornergrat-Bahn bei der Einfahrt im Bahnhof Cornergrat

Rückfahrt bis Riffelalp, Wanderung zu Fuss nach Zermatt, ein Abschiedstrunk an der Bergsonne und zum Bahnhof. Alle 30 Minuten hinunter Richtung Visp – Brig. Um 16.37 fahren wir im Panoramawagen los, steigen in Visp um – 10 Minuten reichen bestens –, im IC nach Bern geniessen wir ein «Eidgenoss», das Amberbier am Platz serviert und sind um 18.56 in Bern. Tram 6 fährt alle 10 Minuten Richtung Muri – Worb. Ein gelungener Tag – nicht nur wegen der Bergwelt, des tollen Wetters, ebenso wegen des perfekten öV-Angebotes. Zugegeben, als GA-Besitzer ist die Fahrt erschwinglich.


Warum ich dies auf Fokus-ÖV-Schweiz veröffentliche? Hier darf auch mal etwas rundum Positives über eine Bahnreise in der Schweiz erscheinen. Natürlich gehört etwas Glück dazu, denn in der Hochsaison und am Wochenende sind die Verhältnisse nicht immer so optimal. Trotzdem, zur Nachahmung empfohlen und den Reisetag geschickt auswählen. Gute Reise und viel Vergnügen.

4 Gedanken zu „Bahnreisen in der Schweiz funktionieren mit Perfektion

  1. Lieber Kaspar Woker
    Selbstverständlich sollen solche postiven Erlebnisse weitergetragen werden. Es gibt vieles, was wirklich perfekt funktioniert.
    Leider nicht in allen Landesgegenden. Wer von Zug herkommend auf einen sicheren Anschluss in Zürich angewiesen, darf den Versprechen des Algorithmus-Fahrplanes der SBB nicht mehr trauen, schon gar nicht in der Morgenflutstunde. Eine Reise dauert also immer eine halbe Stunde länger als früher.
    Ähnliches ist mir kürzlich auch in der Westschweiz widerfahren, wo ich auf einen Anschluss Richtung Frankreich angewiesen war und der Anschluss in Lausanne nicht klappte. Vorbildlich ist heute nur noch das engagierte Zugpersonal.
    Pünktliches Fahren (besser formuliert Fliegen auf Höhe 0) erlebt man dafür auf der iberischen Halbinsel und (wenn nicht gerade Streik angesagt ist) auch in Frankreich: Genf – Barcelona – Guillarei – Porto – Lissabon und zurück von Malaga via Madrid – Hendaye – Paris – Basel, alles auf die Minute genau! Verspätung gab es erst wieder in der Schweiz Richtung Zürich und damit wiederum einen gebrochenen Anschluss nach Zug. Antwort eines überforderten Zugbegleiters: Sie müssen halt im Internet nachschauen, ob der heutige Fahrplan geändert ist.
    Natürlich kam es mir auf einer solchen Fahrt nicht auf eine halbe Stunde mehr oder weniger an. Doch pünktliche Züge, einst ein Markenzeichen der Schweiz, findet man jetzt anderswo.

    • Sehr geehrter Herr Stohler, lieber André

      Vielen Dank für das Interesse an unserer Website und für die Kommentare. Bedanken möchte ich mich auch für die E-Mails zu diesem Thema.

      Darf ich Folgendes anmerken:

      1. Ich habe in diesen Tagen fünf längere Zugreisen mit den SBB unternommen. Nur drei erfolgten fahrplanmässig.

      2. Am 3. Juni 2019 fuhren wir mit dem EC 195 von Bregenz nach München. Die Klimaanlage im Panoramawagen war ausser Betrieb. Der Wagen war infolge der Hitze leer. Auch im unmittelbar daneben eingereihten Speisewagen funktionierte die Kühlung nicht. Kurz vor München sahen wir, wie das Personal mindestens fünfzig Kilogramm aufgetaute Lebensmittel in Anfallsäcken entsorgte. In Hergatz hielt der Zug infolge einem Defekt an der Lokomotive während zwanzig Minuten an. Der Zug traf um 18.05 Uhr in München ein. Wir beobachteten einen Mitarbeiter des Speisewagens, der zu einem Take Away rannte und dort für die Rückkehr nach Zürich einen Lunch kaufte.

      3. Heute. am 6. Juni 2019, wollte ich um 14.07 Uhr mit dem IC 3/775 von Basel nach Zürich reisen. Als ich um 14.04 Uhr beim Zug eintraf, sah ich, dass noch keine Lokomotive vorgespannt war. Um 14.12 Uhr traf eine Re 4/4 (oder Re 420) ein und wurde angekuppelt. Der Zug verliess Basel mit acht Minuten Verspätung. Der Zugbegleiter entschuldigte sich für die Abgangsverspätung und kündigte an, dass der Zug entsprechend später in Zürich eintreffen würde. Etwa zehn Minuten später meldete sich der Zugbegleiter erneut und teilte mit, dass der Zug über die Bözberglinie umgeleitet und in Zürich mit einer Verspätung von 25 Minuten eintreffen würde – was dann auch der Fall war.

      Verhältnisse also, wie sie sich leider in Deutschland häufig ereignen oder wie sie früher in Italien der Fall waren.

      Nochmals besten Dank für die Kommentare

      Freundliche Grüsse

      Ernst Rota

  2. Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen …
    Freuen wir uns zusammen mit dem Verfasser dieses Berichtes über dessen schöne Erlebnisse und positiven Eindrücke!
    In der Tat neigen wir ÖV-verwöhnten Eidgenossen gerne dazu das Haar in der Suppe zu suchen und jegliches Normalfunktionieren von Bahn, Tram und Bus
    als selbstverständlich aufzufassen. Was allerdings nicht heissen soll, dass „Gutes“ nicht noch „besser“ werden darf!
    Bleiben wir deshalb aufmerksam und achten darauf, dass das mit viel Investitionen, Innovationsfreude und harter Arbeit erreichte Niveau auch in Zukunft gehalten werden kann.

  3. Vor der Ära (?) Meyer waren den SBB Anschlüsse wichtig. Eine der wertvollsten Regeln des Unternehmens lautete, entweder den Anschlusszug abzuwarten oder aber so früh abzufahren, dass dieser von den zu enttäuschenden Reisenden nicht mehr gesehen werden konnte.

    Die neue Chefin Fernverkehr P der SBB scheint von all dem nichts zu wissen. Am Pfingstsamstag wurden bei unserer Rückreise am Nachmittag aus der Westschweiz von der „besten Bahn Europas“ (Eigenwerbung) unsere Schnellzugsanschlüsse in Montreux, Lausanne und Zürich gebrochen, überall so knapp, dass wir den wegfahrenden Zug noch „besichtigen“ konnten. Hätten wir statt die Berner die Jurafusslinie gewählt, so hätte die Ankunftsverspätung in Zürich 12 Minuten betragen, wie im Bahnhof zu lesen war. Für diese „Leistungen“ hat sich in den Dispositions-Palästen der SBB niemand entschuldigt und wohl auch niemand bei einem Chef rechtfertigen müssen.

    Vom Bahnausbau 2035 für 13 Mrd. Fr. entfällt auf die Hauptstrecke Lausanne–Bern–Zürich nichts. Der Vorschlag einer um 17% kürzeren direkten Linie Roggwil–Zürich Altstetten für 200 km/h interessierte weder die SBB noch die unzähligen Regional- und Lokalpolitiker.

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