Generalversammlung 2019 der BLS AG – Transparenzverlust

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Seit einigen Jahren nehme ich als Aktionär an der Generalversammlungen der BLS AG teil – so auch am 21. Mai 2019 an der GV 2019. Mit diesem Bericht möchte ich über den Gehalt der Veranstaltung, die vermittelten Informationen und so weit möglich über den Geschäftsverlauf in 2018 berichten.

Überblick über die Generalversammlung 2019

Auch in diesem Jahr führte Dr. Rudolf Stämpfli als Präsident des Verwaltungsrates der BLS AG souverän durch die Veranstaltung. Im Kursaal Bern waren neben Gästen und Medienvertreter rund 430 Aktionäre anwesend.

In diesem Jahr wurde von der Abgabe eines gedruckten Geschäftsberichts abgesehen. In diesen konnte über die Website der BLS AG elektronisch Einblick genommen werden. Herunterladen und Ausdrucken ist nicht möglich.

Hingegen können die Finanzberichte der BLS AG und ihrer Tochtergesellschaften heruntergeladen und ausgedruckt werden. Sie enthalten ausser den finanziellen Eckwerten nur spärliche betriebliche Kennzahlen. Die verfügbaren Informationen erlauben keinen sicheren Einblick in den Geschäftsverlauf im Berichtsjahr.

Dr. Rudolf Stämpfli teile einleitend mit, dass Rolf Georg, Inhaber der Rolly Fly Holding SA, vor wenigen Tagen verstorben sei. Rolf Georg hat seit vielen Jahren die Generalversammlungen mit kritischen Fragen und Anträgen bereichert und – oft zum Leidwesen der Teilnehmenden – gelegentlich in die Länge gezogen. Ich traf Rolf Georg vor einigen Jahren in Zürich zu einem längeren Gespräch. Dabei erwies sich Rolf Georg als engagierter und profunder Kenner des mitteleuropäischen Eisenbahnwesens.

Die Generalversammlung 2019 konnte wohl mangels kritischer Voten im Vergleich mit den letzten Jahren in wenig mehr als einer Stunde ohne besondere Ereignisse abgewickelt werden.

Ausführungen Dr. Rudolf Stämpfli

Dr. Rudolf Stämpfli äusserte sich in seinem Referat hauptsächlich zu folgenden Punkten:

  • Oberstes Primat des Wirkens des BLS AG ist die konsequente Kundenorientierung. Dabei sollen auch multimodale Personentransporte von Tür zu Tür angeboten werden.
  • Dem zunehmenden Kostendruck und den sinkende Abgeltungen soll mit Kostensenkungen begegnet werden – ab 2023 will die BLS AG den Betriebsaufwand um CHF 50 Mio. bis CHF 60 Mio. reduzieren.
  • Die BLS AG will den Markt aktiv mitgestalten. Neben den SBB beteiligen sich zahlreiche kleinere Normalspurbahnen am Wettbewerb.
  • Da der der von den SBB AG angestrebte Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts gegen die Vergabe von Fernverkehrskonzessionen an die BLS AG noch nicht vorliegt, wird die BLS AG trotz weit fortgeschrittenen Vorbereitung ab dem Fahrplanwechsel 2019/2020 noch keine Fernverkehrszüge anbieten.
  • Dr. Rudolf Stämpfli kritisiert das Beschreiten des Rechtswegs durch die SBB als Verstoss gegen die in der Schweiz übliche Konfliktlösung am runden Tisch.
  • Das erwartete weitere starke Wachstum im öffentlichen Verkehr soll mit Kooperationen mit anderen Unternehmen innerhalb und ausserhalb der Branche aufgefangen werden. Dr. Rudolf Stämpfli denkt dabei auch an IT-Firmen.
  • Vor allem aber ist die BLS AG bestrebt, auch weiterhin als Pionierbahn zu wirken.

Abschliessend äussert sich Dr. Rudolf Stämpfli zur Problematik der zu hohen Zinsbelastungen durch die BLS AG auf Forderungen aus früheren Leistungen und bemängelt die rückwirkende Anwendung des neuen Modells des BAV. Durch die Umstellung von kalkulatorischen auf effektive Zinsen muss die BLS AG in den kommenden Jahren rund CHF 30 Mio. zurückzahlen. Der gesamte Betrag wurde zu Lasten des Berichtsjahrs zurückgestellt, was trotz operativen Fortschritten zu einem Verlust von CHF 12,6 Mio. führt.

Geschäftsmodelle der BLS-Gruppe

Bernard Guillelmon, CEO der BLS AG, stellte das neue Geschäftsmodell der BLS-Gruppe in den Mittelpunkt seiner Berichterstattung. Gemäss der folgenden Übersicht unterteilt die BLS ihre Geschäfte in vier grössere Geschäftsfelder. Im Fokus steht die konsequente Kundenorientierung. Im Geschäftsmodell Personenmobilität sind sowohl abgeltungsberechtigte als auch nicht abgeltungsberechtigte Verkehrsträger. Sorgen bereitet weiterhin die stark defizitäre Schifffahrt, bei der auch im Berichtsjahr CHF 7 Mio. abgeschrieben werden mussten. Trotz ihrem grossen Beitrag für den Tourismus im Berner Oberland muss die Schifffahrt mittelfristig kostendeckend betrieben werden, was unter Umständen eine Reduktion der Flotte zur Folge haben könnte.

Die nachstehende Übersicht steht über folgenden Link als PDF-Datei zur Verfügung: BLS AG Modelle

Informationen über den Stand der weiterhin umkämpften Abstellanlage und zum Ausbau des Lötschberg-Basistunnels und zu betrieblichen Kennzahlen blieben aus. Immerhin schlossen alle Geschäftsfelder2018 mit positiven Betriebsergebnissen ab.

Geschäftsgang BLS AG 2018

2018 betrug der Zuwachs bei den beförderten Personen auf der Schiene 1,8 Prozent auf 66,3 Mio. Personen und bei den Personenkilometern zwei Prozent auf 1’034 Millionen.

Trotz weniger Güterzügen – sie nahmen von 17‘529 auf 17‘051 Züge ab – ergab sich bei den Nettotonnenkilometern ein Zuwachs von 9,9 Prozent. Angaben über Tonnagen und Vorjahresdaten liegen nicht vor. Die BLS Cargo AG konnte ihren Anteil am alpenquerenden Verkehr um drei Prozentpunkte auf 30 Prozent steigern.

Weiter fehlen Informationen unter anderem über Anzahl Personenzüge und Zugskilometer, Reisedistanzen und Pünktlichkeit.

Abschliessende Bemerkungen

Wir bedauern den Verlust an Transparenz durch fehlende Informationen. Die Geheimhaltung wichtiger Schlüsselzahlen durch ein staatliches und stark subventioniertes Unternehmen mit einem Umsatz von über einer Milliarde ist untragbar. Das steht in einem starken Kontrast zum Anspruch, ein Pionierunternehmen sein zu wollen.

Unbefriedigend ist auch das Wachstum im Personenverkehr. In Anbetracht der Bevölkerungszunahme in der Region Bern und dem Anstieg der Mobilität einerseits und den enormen Investitionen in neues Rollmaterial andererseits erachten wir das Ergebnis im Personenverkehr als unbefriedigend. Damit dürfte sich der Modalsplit zu Lasten des öffentlichen Verkehrs zurückgebildet haben.

Unklar ist ferner die Berichterstattung über den Güterverkehr. Die Güterverkehrserträge sind zwar um CHF 49,8 Mio. auf CHF 226,6 Mio. oder 28 Prozent gestiegen. Zugenommen hat aber auch der Aufwand für die „Betriebsleistungen von Dritten“ um CHF 45,6 Mio. auf CHF 263,8 Mio. oder um 21 Prozent. Der darunter fallende „Sonstige Dienstleistungsbezug“ wuchs um CHF 42,2 Mio. auf CHF 163,7 Mio., was einem Anstieg von 30 Prozent entspricht. Der „Sonstige Dienstleistungsbezug“ erreicht immerhin eine Quote von rund 44 Prozent des gesamten Personalaufwands der BLS-Gruppe von CHF 367,9 Mio. Für uns stellt sich die Frage, wie weit beispielsweise die Traktionsleistungen im Güterverkehr von Mitarbeitern der BLS AG erbracht werden.

Als problematisch erachten wir auch die Zusammenführung von abgeltungsberechtigten und nicht abgeltungsberechtigten Transportleistungen in einem Geschäftsfeld. Das erhöht die Komplexität des Abrechnungssystems und kann zu einem Verlust an Transparenz führen – besonders wenn der Abrechnungskreis mit dem potentiellen Eintritt der BLS AG in den Schienenfernverkehr weiter wächst.

Ein Gedanke zu „Generalversammlung 2019 der BLS AG – Transparenzverlust

  1. Zum BLS Geschäftsbericht.
    Wenn der nicht mehr gedruckt wird, so kann man das ja noch verstehen. Aber als PDF müsste er zumindest immer vorhanden sein! Und das für die letzten 10 Jahre!
    Generell bin ich immer sehr misstrauisch, wenn die Darstellung der Geschäftsberichte neu dargestellt wird. Meist wird damit nur ein Ziel verfolgt, die Vergleichbarkeit zu erschweren.
    Nun ist für den Geschäftsbericht eine eigene Subdomain erstellt worden: https://geschaeftsbericht.bls.ch/
    Jeder Firma die Ihre Webseite mit WordPress erstellt, traue ich nicht ganz. Da der Spassfaktor mit den Bildchen und der optischen „Dynamik“ immer wichtiger als der Inhalt.
    Demnach muss es um die BLS sehr schlecht stehen.

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