Montricher – die WC sind nicht das Hauptproblem / Verkehrserschliessung Region Bière-Apples-L’Isle

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Abklärungen im Zusammenhang mit einer Wanderung führten mich im März mehrere Male nach Montricher an der Eisenbahnlinie von Apples nach L’Isle. Das bot Gelegenheit, die Erschliessung der Region mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erkunden. Meiner Meinung nach besteht in mehrfacher Hinsicht ein beträchtlicher Optimierungsbedarf. Mehr dazu in diesem Bericht.

Ueberblick über die Region Bière-Apples-L’Isle

Auszug aus der Landeskarte der Schweiz

Grundzüge der Verkehrserschliessung

Die Region Bière-Apples-L’Isle wird durch die Morges-Bière-Cossonay MBC Transportunternehmung erschlossen. Neben der Eisenbahnlinie von Morges über Apples nach Bière besteht ab Apples eine Zweiglinie nach L’Isle. Zusätzlich betreibt MBC mehrere Buslinien mit unterschiedlicher Verkehrsdichte und Funktionalität.

Netzplan der MBC mit Bahn- und Buslinien / mehrere Busse verkehren nur an Werktagen und sporadisch hauptsächlich für die Beförderung von Schülerinnen und Schülern

Die Linie von Morges nach Bière dient neben dem Personenverkehr unter anderem auch dem Transport von Gütern und schweren Militärfahrzeugen zum Waffenplatz von Bière. Die Güterwagen der SBB werden in Morges auf Rollböcke der meterspurigen MBC verladen. Auf meinen Reisen beobachtete ich auch auf Rollböcke verladene SBB-Güterwagen mit Holz. Wie wohl die Vollkostenrechnung dieses Zwischentransports über eine vergleichsweise kurze Distanz aussieht?

Eindrücke vom Bahnhof Montricher

Das Bahnhofgebäude präsentiert sich ordentlich. Es verfügt über einen beheizten Warteraum.

Blick von der Gleisseite auf das Bahnhofgebäude von Montricher
Triebwagenzug der MBC / ob der Bahnsteig behindertengerecht ist?

Umso deprimierender ist der Eindruck von den sanitären Einrichtungen im separaten WC-Häuschen.

Aussenansicht des WC-Häuschens
Blick in die Damentoilette / die Türe lässt sich von Innen kaum öffnen
Zugang zur Herrentoilette entlang dem Pissoir
Blick in die Herrentoilette

An Werktagen verkehren die Züge meist stündlich, zu den Hauptverkehrszeiten sogar alle dreissig Minuten. Am Wochenende besteht Stundentakt.

Der Bahnhof ist über 1,5 Kilometer vom Dorfzentrum von Montricher entfernt. Fussgänger erreichen den Bahnhof ungeschützt am Rand einer Landstrasse. Während den Hauptverkehrszeiten bestehen ausschliesslich an Werktagen acht Busverbindungen vom Bahnhof ins Dorfzentrum.

Busfahrplan
Blick Richtung Bahnhofgelände
Blick zum Dorfzentrum von Montricher

Erschliessung von Montricher Village

Zusätzlich zur erwähnten Anschlussverbindung zum Bahnhof wird Montricher an Werktagen sechs Mal von einer Buslinie zwischen Bière und L’Isle erschlossen. Diese Busse stellen eine rasche Querverbindung von einigen am Fuss des Mont Tendre liegenden Ortschaften her. Die Fahrzeit der Busse zwischen Bière und L’Isle beträgt 23 Minuten, die Bahnfahrt mit Umsteigen in Apples dauert mit 57 Minuten mehr als doppelt so lang.

Erschliessung von L’Isle nach Osten

Die schnellste Bahnfahrt von L’Isle nach Yverdon beansprucht mit mehrmaligem Umsteigen 83 Minuten. An Werktagen verkürzt sich die Reise dank einem von L’Isle nach Cossonay-Penthalaz verkehrenden Bus und der Weiterfahrt ab hier mit der S-Bahn auf noch 46 Minuten. Der Bus verkehrt achtmal täglich.

Kommentar

  • Die Verkehrserschliessung der Region Bière-Apples-L’Isle erscheint unsystematisch.
  • Die Aufrechterhaltung der Bahnlinie zwischen Apples und L’Isle ist nicht gerechtfertigt. Die Dörfer wären durch einen Busbetrieb bis in die Dorfzentren und mit mehreren Haltestellen bedeutend besser erschlossen.
  • Der nur periodisch und an Werktagen verkehrende Bus von Bière über Montricher nach L’Isle wäre täglich und mindestens tagsüber im Stundentakt zu führen.
  • Die gleiche Feststellung gilt für den Bus von L’Isle nach Cossonay-Penthalaz. Zu diesem Zweck würde der Bus von Bière nach L’Isle idealerweise nach Cossonay-Penthalaz weiter geführt. Das würde bei tieferen Kosten den Komfort für die Fahrgäste erhöhen und die Verkehrserschliessung der Region Bière-Apples-L’Isle substantiell verbessern.

7 Gedanken zu „Montricher – die WC sind nicht das Hauptproblem / Verkehrserschliessung Region Bière-Apples-L’Isle

  1. Das Angebot erscheint uns bzw. Ihnen aus der fernen Deutschschweiz vielleicht unsystematisch, scheint aber offenbar den lokalen Bedürfnissen zu genügen, funktioniert es doch schon lange auf diese Weise. Früher machte es halt den Leuten nichts aus, wenn sie vom Bahnhof aus noch ein Stück zu Fuss gehen mussten, um ihr Ziel zu erreichen. Heute liegt das offenbar nicht mehr drin. Ich kenne zufällig diese Gegend ein wenig, da ich schon verschiedentlich dort unterwegs war (hauptsächlich per Bahn). Ob eine Bahnlinie aufgehoben werden soll, entscheiden zum Glück nicht einzelne Benützer aus der Ferne, sondern allein der Standortkanton Waadt, der die ÖV-Leistungen bestellt und bezahlt. Für den Kanton Waadt ist die Aufhebung der erwähnten Bahnlinie offenbar kein Thema, sonst hätte er sicher schon lange gehandelt. Sie merken vielleicht: ich reagiere allergisch, wenn jemand die Aufhebung einer Bahnlinie fordert, da ich Bahnfahren bequemer und ökologisch sinnvoller empfinde als das Fahren mit Dieselbussen.

  2. Für die Erschliessung des Waffenplatzes wird die Rollbockeinrichtung ohnehin benötigt. Wenn dann (nebst den (umfangreichen) Kiestransporten, die es ebenfalls gibt) noch ein paar Wagenladungen Holz befördert werden, so dürften die immerhin noch einen Deckungsbeitrag erbringen. Leider ist es bei den Bahnen üblich, nur mit Vollkosten zu rechnen -. Was das gerade im Güterverkehr für Auswirkungen hat sieht man bestens bei den vielen nicht mehr bedienten Anschlussgleisen oder auch Freiverladestellen.
    Zu Zeiten der Randstundenkonzepte Mitte der neunziger Jahre war dies auch im Personenverkehr der Fall. Dabei ging vergessen, welcher Anteil der Fixkosten in den Vollkosten enthalten ist. Ende der neunziger Jahre haben wir nachgewiesen, dass es für die SBB lukrativer gewesen wäre, den Bahnverkehr ohne Bundessubventionen (nach damaliger Rechtslage) weiterzuführen als in den Randstunden auf Busbetrieb umzustellen.
    Jeder Holzwagen ersetzt mindestens einen Lastenzug und leistet so einen Beitrag zur Entlastung der Strasse und zum Umweltschutz.
    Eine verbesserte Verbindung ab der Zweiglinie in Richtung Yverdon dürfte von beschränktem Nutzen sein. Wirtschaftlich stark ist der Arc Léman, und somit Hauptzielgebiet der dortigen Bevölkerung (nur bezogen auf Lausanne allerdings etwa 10 Minuten schneller). Wobei aufgrund der Bevölkerungsdichte das Aufkommen für eine Bahnlinie schon fraglich ist – in dieser Beziehung gebe ich Dir recht. Bauen würde man diese Linie heute nicht mehr.

  3. Die Diskussion um die Existenzberechtigung der Zweiglinie Apples – L’Isle
    der MBC ist wahrhaftig nicht neu. Zweiglinien habe es immer schwer, weil mit
    Umsteigen verbunden und viele sind tatsächlich verschwunden, vor allem im Ausland. Bereits in früheren Zeiten ersetzten ausserhalb der Hauptverkehrszeiten Busse die Bahn und zeitweilig war der Bahnbetrieb zwischen Apples und l’Isle in der verkehrsschwachen Zeiten quasi ganz eingestellt. Der Umstand, dass die Bahn in grösserer Entfernung am Dorf Montricher vorbeifährt, ist tatsächlich ein Negativum, aber begründet in keiner Weise deren „Todesurteil“. Die Tatsache, dass die Bahn dennoch bis heute überlebt hat und heute sogar einen dichteren Fahrplan aufweist als noch vor dreissig Jahren hat, zeigt auf, dass sie durchaus einem lokalen Bedürfnis entspricht. Die Bahn ist nach Morges ausgerichtet, wo das funktionale und administrative Unterzentrum der Region liegt. Die Querverbindung Bières – Cossonay ist von untergeordneter Bedeutung. Zudem herrschte im Kanton Waadt lange Zeit eine voluntaristische Politik zugunsten regionaler Bahnlinien. Ohne sie hätten wohl die ASD, die frühere AOMC zwischen Aigle und Monthey (heute TPC) oder die NStCM nicht überlebt. Letztere hat inzwischen im unteren Streckenteil die Funktion eines Vororttrams von Nyon übernommen und Erstere soll in Les Diablerets aus touristischen Gründen (neue Gondelbahn) um einige hundert Meter verlängert werden. Auch in Champéry (VS) wurde die Linie vor wenigen Jahren verlegt und verlängert um die Erschliessung zu verbessern. Ähnliches ist in Monthey und Leysin geplant.
    Dies ist aktive Bahnförderungspolitik, wie wir sie uns wünschen!
    Grundsätzlich bin ich gegen die Einstellung von regionalen Bahnlinien, vor allem
    wenn sie auf einem technisch zufriedenstellenden Level sind, was bei der MBC der Fall ist. Es liegt tatsächlich nicht an den schäbigen Toiletten in Montricher, die mit wenig Aufwand saniert werden könnten. Diese sind zwar durchaus ein „Schämmer“, für die sich wohl niemand zuständig fühlt, aber sicher kein Einzelfall.
    Umstellungen von Bahn auf Bus belasten die Strassen zusätzlich, fördern den MIV, zudem sind Busse vom jeweiligen Zustand des Vekehrs auf den Strassen und den Strassenverhältnissen selbst abhängig, während die Bahn ihre autonome Spur besitzt und zwar bis in die Zentren grösserer Siedlungen. Die Frage der Betriebskosten hat hier als zweitrangig zu gelten, wir haben schliesslich ein Klimaabkommen einzuhalten! Die Lokalbahn ist nun mal ein attraktiveres Verkehrsmittel als der Bus, sofern sie bezüglich Fahrzeiten und Anschlüssen mithalten kann. Im Falle Montricher wäre zu überlegen, ob die Bahn in einer Schlaufe näher an das Dorf herangeführt werden könnte. Warum dies nicht bereits bei deren Bau geschehen ist, weiss ich nicht. Vermutlich aus finanziellen Überlegungen. Allerdings stellt sich die Frage, ob sich eine Linienverlegung in Anbetracht der relativ geringen Zahl an Einwohnern lohnen würde. Ein automatisierter Elektro-Rufbus-Shuttle zwischen Dorf und Station wäre eine zukunftsweisende Lösung, die rasch und kostengünstig umgesetzt werden könnte. Leider scheitern weiterführende Ideen oft an der Trägheit von Politik und Verwaltung.

  4. Ich gehe mit den beiden anderen Kommentaren einig. Zu den WC möchte ich noch anfügen, dass ich froh bin, an einer solch kleinen und abgelegenen Landstation, die schon lange nicht mehr personell besetzt ist, WC’s vorzufinden, die benutzbar (nicht zugesperrt) und sogar noch gratis sind, vor allem angesichts der Tatsache, dass in den Wagen dieser Bahn keine WC vorhanden sind. Das ist heute leider nicht mehr selbstverständlich. Natürlich würden die WC’s eine Auffrischung ertragen. Sie scheinen aber laut den Aufnahmen soweit in Ordnung zu sein (sauber, intakt, genug WC-Papier). Zum Herren-WC ist noch zu sagen, dass solche Stehklos in der Westschweiz früher weit verbreitet waren. Auf mich macht dieses WC-Häuschen mit seinem Laubsägeli-Stil irgendwie einen heimeligen Eindruck, den man bei einer eventuellen Auffrischung unbedingt beibehalten sollte. Wo gibt es sonst in der Schweiz noch so ein WC?

    • Sehr geehrte Herren Gross, Guillaume und Trachsel

      Vielen Dank für Ihr Interesse an unserer Website und für Ihre Kommentare. Darf ich dazu Folgendes entgegnen:

      • Die WC-Anlagen von Montricher sind nicht das Hauptproblem. Sie dienten als Aufhänger für die Darlegung der unsystematischen und unzureichenden Verkehrserschliessung der Region.
      • Die Bahnlinie von Morges nach Bière erfüllt vor allem oberhalb von Morges eine wichtige Erschliessungsfunktion. Ihre Weiterführung steht nicht zur Diskussion.
      • Das gilt jedoch nicht für die Zweiglinie von Apples nach L’Isle. Gemäss den Aussagen eines mit den lokalen Verhältnissen gut vertrauten Kollegen dient diese Bahn praktisch nur noch dem Schülerverkehr. Schulbusse wären dafür aber weitaus besser geeignet.
      • Ich war in den letzten Wochen zu ganz verschiedenen Zeiten fünfmal mit Zügen zwischen Apples und L’Isle unterwegs. Nur einmal befanden sich – es war kurz vor Mittag – mehr als zehn Personen – Schüler – im Zug. Die restlichen viermal waren ausser mir zwei oder drei Fahrgäste im Zug.
      • Untersuchungen in Österreich haben ergeben, dass die Verkehrserschliessung mit Bussen in der Fläche ökologischer und günstiger ist. Und die Behauptung, dass Passagiere einen weit entfernten Bahnhof einer Bushaltstelle vor ihrer Haustüre vorziehen, harrt eines Beweises.
      • Völlig unverständlich ist weiter, dass die Bahnstrecke zwischen Apples und L’Isle gegenwärtig in der Nacht saniert wird. Ab 21.30 Uhr wird der Bahn- auf den Busbetrieb umgestellt. Diese nächtlichen Arbeiten sind teurer und mit grösseren Risiken behaftet. Ich kann nicht nachvollziehen, weshalb man diese Arbeiten nicht während den Schulferien und unter dem Tag ausführt.
      • Die Mittel für diese Arbeiten werden wohl dem BIF entnommen. Je stärker der BIF für derartige Arbeiten sowie für Massnahmen wie die Sanierung des Weissensteintunnels und die Erneuerung der Waldenburgerbahn beansprucht werden, umso weniger Geld steht für weitaus dringendere Ausbauten primär im Normalspurnetz zur Verfügung. Nostalgisches Denken ist eine ungeeignete Orientierungshilfe für eine weitsichtige Verkehrspolitik.
      • Und abschliessend doch noch eine Bemerkung zu den WC von Montricher. Ich habe in den letzten Jahren in Mitteleuropa ausgedehnte Bahnreisen unternommen. Toiletten wie in Montricher habe ich auch in sogenannt ärmeren Ländern nirgendwo gesehen – die Toiletten von Montricher sind eines reichen Landes unwürdig.

      Nochmals besten Dank und weiterhin viel Freude an http://www.fokus-oev-schweiz.ch.

      Freundliche Grüsse

      Ernst Rota

  5. Bitte vor einem solchen Beitrag die Geografie richtig studieren!
    Die Orbe entspringt in Vallorbe, fliesst zum Städtchen Orbe hinunter und dann kanalisiert mit dem Talent zusammen als La Thielle Richtung Yverdon in den Neuenburgersee. Die Plaine d’Orbe erstreckt sich von La Sarraz / Bavois aus bis nach Yverdon. Montricher – als „Tatort“ liegt rund 20 Kilometer südwestlich davon auf dem Hochplateau zwischen L’Isle und Bière am Jurafuss.

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