Stadtbahnhöfe Winterthur – Zweiklassengesellschaft?

Vorbemerkungen

In der schweizerischen Gesundheitspolitik wird häufig darüber debattiert, ob im Gesundheitswesen eine Zweiklassengesellschaft besteht. Wie dieser Bericht zeigt, wäre eine entsprechende Diskussion auch im öffentlichen Verkehr angezeigt, und zwar bei der Verkehrserschliessung und beim Zustand von Publikumsanlagen. Der erbärmliche Zustand der Stadtbahnhöfe an der Eisenbahnlinie zwischen Winterthur und Bülach wirft Fragen auf. Diese Verbindung wird im Halbstundentakt bedient, und in den Stosszeiten sind die Züge oft überfüllt.

Winterthur Töss

Der Bahnhof Winterthur Töss liegt am westlichen Stadtrand inmitten eines dicht besiedelten Gebiets mit einem hohen Ausländeranteil. Unter dem Bahnhof führt eine Unterführung ohne Zugänge zu den Perrons durch. Der Bahnhof weist drei mit Einsteigehilfen ausgestattete Perrons auf. Eines der Geleise wird – wie die angerosteten Schienenköpfe zeigen – nicht mehr befahren. Dennoch wurde es relativ aufwändig mit Einsteigehilfen versehen. Zwischen den Durchfahrgeleisen liegt ein kaum mehr befahrbares Abstellgleis. Diese Situation besteht seit vielen Jahren. Nachstehend zwei Bilder.

Ansicht von Westen

Blick von einer der beiden ungesicherten Fussgängerpassagen Richtung Südwesten

Winterthur Wülflingen

Der Bahnhof Winterthur Wülflingen liegt weiter westlich in einem weniger dicht besiedelten Gebiet. Hingegen ist der Bahnhof Endpunkt einer Buslinie ins Stadtzentrum. Die Publikumsanlagen präsentieren sich gemäss den beiden Bildern ähnlich verwahrlost wie in Winterthur Töss.

Blick aus Westen – am Bildrand der Stadtbus

Blick vom Bahnhofvorplatz auf den ungesicherten Durchgang zu den Geleisen

Kommentar

Wie die beiden Bilder zeigen, ist das Ein- und Aussteigen besonders für Passagiere mit Gepäck oder mit Kinderwagen mühsam. Von Behindertengerechtigkeit keine Spur.

Passagiere, die bei einer Kreuzung auf den nicht mit einer Einsteigehilfe ausgerüsteten Übergang aussteigen, müssen einen Höhenunterschied von über fünfzig Zentimeter überwinden.

Auf den ästhetischen Zustand und die Unfallgefahr durch den Spalt beim nicht mehr benutzten Abstellgleis in Winterthur Töss möchte ich nicht eintreten – die Bilder sprechen für sich. Dass es auch anders geht, zeigen zwei Bilder aus dem Ausland von vergleichbaren Bahnhöfen:

Villach Westbahnhof

Turbigo (Regionalbahnhof im Grossraum Mailand)

 

2 Gedanken zu „Stadtbahnhöfe Winterthur – Zweiklassengesellschaft?

  1. Lieber Ernst
    Mit Interesse habe deine Ausführungen zur Bahnhof-Infrastruktur auf der Linie Winterthur-Bülach gelesen. Sicher ist die Situation nicht die beste. Sie sollte unbestritten dem Standard der anderen Bahnhöfen im Einflussbereich des ZVV angepasst werden. Wer ist dazu zuständig? Der Kanton ZH kann sich zurücklehnen und argumentieren, mit der FABI sei nun der Bund zuständig. Dann müssten wir aber noch mehr als fünfzig Jahr warten. Diese fatalistische Haltung bringt uns deshalb nicht weiter. Der Kt. ZH hat immer noch den Verkehrsfonds (siehe öV-Gesetz Kt. ZH), in welchem mehr als genügend Geld vorhanden ist. Die Stimmbürger haben bekanntlich (und glücklicherweise) die vom Regierungsrat und dem Kantonsrat eingebrachten Kürzungsvorschläge deutlich abgelehnt.
    Aus diesem Topf kann der Ausbau der Bahnhöfe finanziert werden. Aber irgend jemand muss den Anstoss dazu geben, zB die Gemeinden, der Kantonsrat oder ein einzelner Bürger.Ich mache dir einen Vorschlag: Reiche doch im Zürcher Kantonsrat eine Einzelinitiative ein, mit dem Antrag, es sei eine kreditschaffende Vorlage zum Ausbau der Bahnhöfe auf dieser Linie auszuarbeiten. Ich helfe dir gerne bei der Formulierung.
    Beste Grüsse
    Paul Stopper

    • Lieber Paul

      Vielen Dank für Deinen Kommentar und für Dein Interesse an unserer Website sowie für Deine Empfehlungen. Dazu Folgendes:

      1. Es gibt mehrere Organisationen, welche sich ihren Satzungen zufolge dem öffentlichen Verkehr widmen. Ich denke, dass sie sich der Problematik annehmen sollten.

      2. Kürzlich habe ich alle Bahnhöfe zwischen Pfäffikon SZ und Bilten besichtigt. Altendorf kenne ich von früher. Ähnlich deprimierende Eindrücke habe ich in Pfäffikon SZ, Reichenburg und Schübelbach-Buttikon gewonnen. Positiv überrascht haben mich Lachen und Bilten. Offensichtlich wussten die Zuständigen bei den SBB früher, was sich gehört.

      3. Ernüchtert haben mich die Zustände – Benutzerführung während des Umbaus – und die erkennbaren Neuerungen in Arth-Goldau. Mehr darüber demnächst auf unserer Website.

      Nochmals vielen Dank und weiterhin viel Freude an unserer Website.

      Freundliche Grüsse

      Ernst Rota

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