SBB – Minibusse in der Stadt Zug

In der Ausgabe vom 8. März 2017 von „20 Minuten“ findet der in diesem Sommer geplante Versuchsbetrieb der SBB mit selbst fahrenden Minibussen in der Stadt Zug eine hohe Beachtung. Mit grossen Lettern wird auf der Titelseite auf den Artikel auf Seite 9 hingewiesen.

Dazu ein paar kritische Anmerkungen:

  1. Postauto Schweiz AG betreibt seit zwei Jahren in der Stadt Sion einen erfolgreichen Versuchsbetrieb mit selbst fahrenden Postautos. Offensichtlich verfügt Postauto Schweiz AG über einschlägige Erfahrungen mit dieser anspruchsvollen Technologie und der Schaffung der dafür notwendigen Rahmenbedingungen.
  2. Zudem ist Postauto Schweiz AG in unserem Land der führende und bewährte Anbieter des strassengebundenen öffentlichen Personenverkehrs.
  3. Es stellt sich die Frage, ob und weshalb die SBB AG sich nun ebenfalls als Anbieter von Personentransporten auf der Strasse betätigen wollen.
  4. Haben die SBB AG in ihrem Haus nicht genügend ungelöste Probleme? Statt in neue und wesensfremde Technologien zu investieren, würden sich unsere Staatsbahnen besser für die Beseitigung der unzähligen Schwachstellen im schweizerischen Normalspurnetz einsetzen.
  5. Es wäre zudem interessant, die Beweggründe des für Verkehrsfragen zuständigen Departements UVEK oder des Bundesamtes für Verkehrs BAV, diese Doppelspurigkeiten und internen Konkurrenzkämpfen zu dulden, zu kennen. Hofft man, dass der interne Wettbewerb – nota bene bei einer bewährten Technologie – die Innovation fördert oder duldet man diese Entwicklung, weil man nicht zu handeln wagt?

Nachtrag

Soeben lese ich in der Ausgabe 10/2017 der Weltwoche eine Artikel von Peter Bodenmann, in dem sich der ehemalige Präsident der SP besorgt über die fehlenden Absprachen zwischen der SBB AG und der Postauto Schweiz AG äussert. Hier der besagte Auszug als Bild – der ganze Artikel steht über folgenden Link zur Verfügung: Weltwoche 2017_10 Synergien

 

4 Gedanken zu „SBB – Minibusse in der Stadt Zug

  1. Werter Herr Rota

    Mit Ihren kritischen Anmerkungen bin ich zu hundert Prozent einverstanden.
    Mich würde noch interessieren warum der Bus-Versuch ausgerechnet in Zug 🙂 stattfindet und auf welcher SBB-Hierarchiestufe das entschieden worden ist. Wetten, dass sich die Beteiligten schon seit vielen Jahren persönlich kennen.

    Freundliche Grüsse

  2. Ich sehe den Zweck dieser Doppelspurigkeit auch nicht ein. Aber der Bund hat ja Geld im Überfluss. Meines Erachtens wäre es wesensgerechter, wenn sich die SBB um automatisch geführte Züge kümmern würden.

  3. Ich erachte die Versuche mit selbstfahrenden Fahrzeugen auf der Strasse im öffentlichen Personenverkehr im gegenwärtigen Entwicklungsstand erst als eine technische Spielerei. Ob, allenfalls in welcher Form und inwiefern diese in den kommenden Jahren entwickelt werden können, ist noch offen. Ich halte dies ebenfalls nicht für eine primäre Aufgabe für einen Bahnbetreiber.

    Hingegen gäbe es doch einige grössere Herausforderungen, die klar zu den Kernaufgaben eines Bahnbetreibers gehören würden. Dazu zählt vor allem, den geregelten präventiven Unterhalt des ausserordentlich stark ausgelasteten Bahnnetzes in der Schweiz wieder in den Griff zu bekommen: die Aufgabe wurde erkannt, der Durchbruch steht noch aus. Dazu würde auch gehören, das Know-how beim Personal in diesem Bereich wieder auszubauen, das in den letzten Jahren durch zahllose Reorganisationen, dadurch verursachte Unzufriedenheit sowie altersbedingte Abgänge und bei gleichzeitiger personeller Reduktion ungenügendem Know-how-Transfer sowie fehlendem Nachwuchs nicht zuletzt wegen immer unattraktiveren Arbeitsbedinungen auf unteren Ebenen. Die Fehler die in diesem Bereich in den letzten Jahren gemacht wurden wieder gut zu machen dauert Jahre: es braucht nicht nur erfahrene Facharbeiter, sondern auch nach deren Vorgesetzte, Vorarbeiter und Poliere, Standortleiter, Teamleiter etc. Erfahrene Leute auf diesen Ebenen im Bereich Unterhalt haben die SBB verlassen, gleichzeitig ist die SBB als Arbeitgeber in diesem Bereich nach Aussage von Brachenkennern völlig unattraktiv.

    Ebenso scheint die SBB bei der Beschaffung von Fahrzeugen in einzelnen Fällen keine glückliche Hand zu haben. Es sieht danach aus, als ob die Zerschlagung des fahrzeugtechnischen Know-hows auf höchster Ebene (früher Zugförderung und Werkstätten) und dessen Aufteilung auf die Divisionen, wobei es gleichzeitig nur noch an subalterner Position vorhanden ist, sich hier langfristig rächt. Ein Eisenbahn-Fahrzeug ist weit komplexer als ein Strassenfahrzeug und die Bestellung aus dem Katalog oder ab Stange nur in einzelnen Fällen bei sehr einfachen Fahrzeugen möglich.
    Die SBB-Führung täte gut daran, ihre Prioritäten auf solche Punkte in ihrem Kerngeschäft zu verlagern.

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