Ferrovia Mendrisio-Varese / Status und Bildreportage / ergänzt

Einer Medienmitteilung zufolge soll die neue Direktverbindung zwischen Mendrisio und Varese im Dezember 2017 in Betrieb genommen werden. Grund also, kurz vor Weihnachten vom feiertagsbedingten Unterbruch der Bauarbeiten zu profitieren und erneut einen Augenschein vor Ort zu unternehmen. Die Arbeiten sind tatsächlich weit fortgeschritten. Ob die verbleibende Zeit jedoch für die Fertigstellung reicht, bleibt abzuwarten. Nachstehend folgen ein paar Informationen und/oder Bilder zu einzelnen Anschnitten, gefolgt von einem kurzen Kommentar.

1. Verbindung Schweizer Grenze bis zum Ostportal des Gaggiolo-Tunnels

Die Brücke für eine erneute Umlegung der stark befahrenen Expressstrasse nach Varese ist fertiggestellt. Der Anschluss an diese Strasse ist noch nicht erstellt. Die Arbeiten an der tiefliegenden Haltestelle von Gaggiolo sind im Gang.

2. Im Tagbau zu erstellendes Teilstück des Gaggiolo-Tunnels

Die Vorbereitungen für den Aushub für das wegen Wassereindringung im Tagebau zu erstellende Teilstück des Tunnels von noch 130 m Länge – Auskunft erhalten am 10. Januar 2017 von einem Polier – sind praktisch abgeschlossen.

3. Westportal des Gaggiolo-Tunnels

Das rund 400 m lange Teilstück des Tunnels ist ausgebrochen. Der Schalungswagen wurde an den Tunneleingang gefahren und dürfte demnächst demontiert werden. Der Schlauch für die Belüftung des Tunnels wurde demontiert. Das bergseitige Auflager für das erste Brückenelement steht bereit.

4. Talbrücke über die Bevera

Einzelne stählerne Tragelemente für die rund 500 m lange Talbrücke sind fertig zusammengesetzt und bereit, auf die Pfeiler gehievt zu werden. Auf einigen der bis zu 700 Tonnen schweren Betonpfeiler werden die Auflager vorbereitet.

5. Brücke  bei Logaccio

Die Brücke über den Bach bei Logaccio ist fertig. Das etwa 400 m lange Teilstück bis zur Einmündung der bestehenden Strecke nach Porto Ceresio muss noch aufgeschüttet werden.

6. Einführung der bestehenden Strecke nach Porto Ceresio in die neue Linie

Die baulichen Massnahmen für die Einführung der bestehenden – aber vorübergehend stillgelegten – Strecke nach Porto Ceresio sind im Gang. Zurzeit sind keine Aktivitäten für die Erneuerung dieser Strecke erkennbar.

7. Teilstrecke im Bereich Lucino

Auch die Brücke über die neue Umfahrungsstrasse bei Lucino ist fertig. Hingegen ist der Damm bis zum Ortsrand von Arcisate noch aufzuschütten.

8. Bauarbeiten auf dem Gebiet der Gemeinde Arcisate

Die Bauarbeiten für die tief gelegte Strecke auf dem Gebiet der Gemeinde Arcisate sind bis zur Baustelle für die ebenfalls tief liegende Haltestelle von Arcisate weitgehend abgeschlossen. Die Arbeiten an der neuen Haltestelle sind in vollem Gang.

9. Teilstück Arcisate bis zum neuen Tunnel bei Induno/Olona

Die Seitenwände für die tief liegende Bahnlinie sind seit längerem bereit. Der Aushub ist erst teilweise erfolgt. Dafür wurden bereits Schutzgitter montiert. Die Betondecke des etwa 300 m langen Teilstücks vor dem Ostportal des ehemaligen Tunnels bei Induno/Olona ist abgesehen von der Abdichtung fertig. Unklar ist, ob der alte, über dem neuen doppelspurigen Tunnel liegende, Einspurtunnel für andere Verkehrsarten weiter verwendet wird.

10. Tunnel bei Induno/Olona

Der Durchbruch beim neuen tief liegenden Tunnel bei Induno/Olona ist noch nicht erfolgt. Schätzungsweise sind noch rund 100 m auszubrechen. Während dem Unterbruch der Bauarbeiten dient der Tunnel als Garage für den stattlichen Park an Baumaschinen.

11. Abschnitt Tunnel Inudo/Olona – Ende der Ausbaustrecke

Die Seitenwände des Streckenabschnitts zwischen dem Westportal des Tunnels und dem Ende der Ausbaustrecke sind seit einigen Jahren fertig. Auch Teile der Betondecke wurden betoniert. Die neue unterirdische Haltestelle von Induno/Olona ist im Bau. Der Aushub für die tief liegende Strecke ist teilweise erfolgt. Die Strasse für Erstellung der Rampe vor der Talbrücke bei Varese wurde umgelegt, und eine Unterführung ist in Bau.

12. Abschliessende Bemerkungen

Was lange währt, wird endlich gut. Diese alte Weisheit gilt auch hier. Äusserst ehrgeizig jedoch ist der angegebene Fertigstellungstermin per Dezember 2017. Es stehen noch umfangreiche Bauarbeiten an, und die eisenbahntechnischen Installationen wie Geleise, Oberleitung, Stromversorgung und Sicherungsanlagen, sind umfangreich.

Eindrücklich sind die Arbeiten auf dem italienischen Teilstück aber auf jeden Fall. Tieflegung einer doppelspurigen Strecke im bebauten Gebiet und Überdeckung in der Kernzone der Ortschaften – meines Erachtens vorbildlich. Und noch eine Anschlussbemerkung – auch andere Neubaustrecken für die S-Bahn Mailand wurden tiefgelegt.

Abschliessen möchte ich mit einer kritischen Bemerkung: Haben die für die Planung des vierspurigen Ausbaus der Eisenbahnlinie durch Liestal zuständigen Stellen vom beispielhaften Umgang mit öffentlichen Gütern bei Eisenbahnprojekten – wie Ruhe, Schutz des Ortsbilds und Sicherheit – in Norditalien und in Österreich Kenntnis genommen?

 

9 Gedanken zu „Ferrovia Mendrisio-Varese / Status und Bildreportage / ergänzt

  1. Haben die für die Planung des vierspurigen Ausbaus der Eisenbahnlinie durch Liestal zuständigen Stellen vom beispielhaften Umgang mit öffentlichen Gütern bei Eisenbahnprojekten – wie Ruhe, Schutz des Ortsbilds und Sicherheit – in Norditalien und in Österreich Kenntnis genommen?
    Dazu mein Kommentar:
    Die Planungen begannen vor etwa drei Dekaden; zu Beginn mit grossem Widerstand der Stadt Liestal. In den vergangenen Jahren hat man sich zum vorliegenden Projekt gefunden, mit voller Unterstützung durch die Stadt Liestal.
    Willi Rehmann, Pro Bahn NWCH
    Nota: Grossen Dank für die hervorragende Reportage Mendrisio-Varese!

    • Sehr geehrter Herr Rehmann
      Vielen Dank für Ihren Kommentar und für Ihr Interesse an unserer Website. Es freut uns, dass Ihnen die Reportage gefallen hat. Wie erwähnt, werden wir die Bilder aus dem östlichen Abschnitt in den nächsten Tagen einfügen.
      Gerne nehme ich zu Ihrem Kommentar an unserer Kritik am Ausbauvorhaben im Raum Liestal kurz Stellung:
      1. In der Tat begann die Planung vor über dreissig Jahren. Seither hat sich vieles geändert – man denke an das starke Bevölkerungswachstum, den zunehmenden Verkehr und die starke Überbauung der Region Liestal-Sissach-Gelterkinden.
      2. Die lange Planungszeit macht das Projekt aber nicht besser. Man denke beispielsweise an die Tieflegung der Inntalbahn oder an die Güterzugsumfahrung von St. Pölten.
      3. Zu kritisieren ist die fatale Kleinräumigkeit des Projekts. Im Vordergrund zu stellen ist doch der dritte Juradurchstich und nicht ein Teilstück. Zudem sollte der Knoten Olten entlastet werden – der direkte Verkehr zwischen Basel und Bern/Luzern/Zürich sowie der internationale Güterverkehr gehören auf eine separate Strecke. Gedanken, wie sie in der GVK 1975 oder im Konzept Bahn 2000 plus enthalten sind.
      4. Die Planungsstellen der SBB sind nicht lernfähig – der „Fil Rouge“ als wichtige Ursache der völlig falsch beurteilten Durchmessserlinie Zürich lässt grüssen.
      5. Ich bedaure, dass ich im Interesse einer wirklich substantiellen nationalen Verkehrsplanung hoffe, dass das Ausbauprojekt Liestal scheitert.
      Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis und hoffe, dass Sie unsere Beiträge auch weiterhin mit Interesse lesen.
      Freundliche Grüsse
      Ernst Rota

  2. Da werden im Bel Paese offensichtlich ganze Berge versetzt resp. durchwühlt, um der modernen Bahn einen Weg durch weitgehend zersiedeltes Land zu öffnen. Soweit so gut. Hoffen wir, dass die Züge dann auch stets gut belegt sind und „la macchina dulcinea“ zukünftig zuhause bleibt..
    Nun warten wir gespannt auf die Zerschneidung des roten Bandes durch unsere darauf spezialiserte Bundesrätin und stellen uns die Frage, ob die Zweiglinie nach Porto Ceresio vom Zustand der „vorübergehenden“ Stilllegung in den normalbetrieblichen zurück versetzt wird oder ob sie definitiv als „ramo secco“, wie so viele andere südlich der Alpen, definitiv der Natur überlassen wird.

    • Sehr geehrter Herr Guillaume
      Vielen Dank für Ihren weiteren Kommentar und für Ihr Interesse an unserer Website. Ich kann zwar auch nicht in die Zukunft schauen, aber ich bin weniger skeptisch als Sie.
      Folgendes:
      1. Die Linie dient vor allem den Interessen der Schweiz und des Kantons Tessin. Fahrzeiten von unter 50 Minuten für die Fahrt von Lugano nach Malpensa Aeroporto sollten möglich sein.
      2. Man sollte die stündlich abwechselnde Führung von EC aus der Schweiz entweder nach Malpensa oder nach Milano Centrale ernsthaft prüfen. Ein zeitlich mit dem EC Zürich-Italien gebündelter IC zwischen Basel und Locarno.
      3. Ich bin vor zwei Wochen mit dem Bus von Arcisate über Porto Ceresio nach Ponte Tresa gefahren. Der Bus bedient das Siedlungsgebiet zwischen Arcisate und Porto Ceresio ungleich besser als die Bahn. Daher wäre hier die Umstellung des Personenverkehrs von der Schiene auf die Strasse möglicherweise vorteilhafter (aus meiner Sicht als Bahnfreund natürlich bedauerlich). Konsultieren Sie die Landeskarte.
      Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Freude mit http://www.fokus-oev-schweiz.ch.
      Freundliche Grüsse
      Ernst Rota

  3. Sehr geehrter Herr Guillaume
    Die Arbeiten an der Erneuerung der vorübergehend still gelegten Bahnlinie zwischen Arcisate und Porte Ceresio sind gemäss unserem Augenschein vom 17. Februar 2017 in vollem Gang. Weit fortgeschritten ist die Renovation des Bahnhofgebäudes von Porto Ceresio.
    Hier der Link zu einem Bild von der Baustellentafel beim Bahnhof Ceresio.
    http://fokus-oev-schweiz.ch/anschlag-porto-ceresio/
    Erstaunlich sind die tiefen Kosten für die umfangreichen Bauarbeiten. Ich denke, dass die eisenbahntechnischen Anlagen in diesem Betrag nicht enthalten sind.
    Am Mittwoch, 22. Februar 2017, soll zudem das erste Brückenelement der grossen Talbrücke über die Bevera versetzt werden.
    Vielen Dank für Ihr Interesse.
    Freundliche Grüsse
    Ernst Rota

    • Sehr geehrter Herr Wurster
      Vielen Dank für Ihre Informationen und für Ihr Interesse an unserer Website.
      Gemäss der Übersetzung einer Medienmitteilung von Trenitalia vom 10. Mai 2017 rechnet man mit keinen Verzögerungen – aber auch hier gilt, dass die Hoffnung zuletzt stirb.
      Hier der Link: http://fokus-oev-schweiz.ch/communique-ti-fmv/
      Wir wünschen Ihnen auch weiterhin viele anregende Besuche auf http://www.fokus-oev-schweiz.ch.
      Freundliche Grüsse
      Ernst Rota

      • Naja, auf die Medienmitteilung von Trenitalia würde ich mich nicht verlassen. Sie haben oft etwas versprochen das sie nie eingehalten haben. Italien halt 🙂
        Ich schätze mal die Strecke wird nicht bis Ende 2017 fertig. Aber ich lasse mich gerne überraschen.

        • Sehr geehrter Herr Wurster
          Vielen Dank auch für diesen Kommentar. Darf ich dazu folgendes anmerken:
          1. In der Tat wird die Fertigstellung der FMV immer wieder durch neue und echte Schwierigkeiten verzögert.
          2. Ich erinnere beispielsweise an den Tunnel westlich von Gaggiolo, wo geologische Probleme einen aufwendigen Zwischenangriff von oben nötig machten.
          3. Ich denke, dass die am Bau Beteiligten in Italien alles daran setzen, den Terminplan einzuhalten. SALCEF, der Generalunternehmer, ist weltweit tätig – man konsultiere seine Website – und wird sich schon aus Gründen der Reputation für die Einhaltung der Termine einsetzen.
          4. Andererseits habe ich die Meinung eines renommierten und auf Brückenbauprojekte spezialisierten Ingenieurs eingeholt. Hier der Auszug aus seiner Antwort: Das kann man schon wieder flicken… Vielleicht geht es aber schneller, ein Neues zu machen, während dem die Untersuchungen laufen. Für den Moment bewegt sich da gar nichts mehr. Das gibt einen gewaltigen Zirkus jetzt! Untersuchungsrichter, Prüfstatiker und und und… Das Jahr fährt da kein Zug durch – secondo il mio modesto punto di vista :–).. Wir haben die gesamte Baustelle vor etwa zwei Monaten besichtigt.
          5. Ich hatte Gelegenheit, die EXPO 2015 in Mailand sieben Wochen vor der Eröffnung zu besichtigen – anfangs März 2015 war noch vieles in Bau. Aber am 1. Mai 2015 fand zu meinem riesigen Erstaunen die Eröffnung statt.
          Wir werden sehen – die Hoffnung hat ein zähes Leben.
          Freundliche Grüsse
          Ernst Rota

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