Wie kundenfreundlich ist der ÖV in den Niederlanden?

Wer eine Reise tut…. muss sich im Voraus informieren. Aus Anlass einer Bahnfahrt nach Den Haag (NL) habe ich die Webseiten der Nederlandse Spoorwegen (NS) unter die Lupe genommen und mit jenen der SBB verglichen. Wie einfach ist es für Touristen sich zu informieren? Beide Internetauftritte haben Ihre Vorzüge aber auch klare Mängel.

Erster Eindruck

Die Homepage ns.nl ist übersichtlich und wirkt freundlich. Die Hausfarben der NS (gelb und blau) erinnern an Sonne, Sand, Himmel und Meer und verbreiten vom ersten Moment an Ferienfeeling. In der oberen Hälfte der Seite werden abwechselnd drei spezielle Angebote mit schönen Bildern präsentiert. Schaut man wenige Tage später wieder auf die Homepage erscheinen neue Aufnahmen und andere Angebote.

Eine Reise planen

In der untere Hälfte dominiert das gelbe Feld für die Reiseplanung. Sehr praktisch: mit einem rot markierten Symbol wird die jeweils aktuelle Zahl der Baustellen und Betriebsstörungen angezeigt und verlinkt.

ns-nl-startschirmDie beiden weissen Flächen animieren zum Eingeben des Abgangs- und Zielbahnhofes. Für alle andern Angaben muss man nichts mehr tippen. Wer zu einem andern Zeitpunkt reisen möchte kann dies mit einzelnen Clicks ändern oder mit Auswahllisten erledigen. Das ist vor allem für die Nutzer von Smartphones und Tablets praktisch. Die Homepage der Nederlandse Spoorweegen orientiert sich strikt am Hauptbedürfnis der Reisenden, nämlich von A nach B zu gelangen. Beim Eingeben des Ortes werden nach zwei Buchstaben bereits Vorschläge präsentiert. Zum Glück sind es aber nie mehr als fünf alphabetisch geordnete Einträge. Meistens genügen die ersten drei Buchstaben und der gesuchte Bahnhof befindet sich auf der Auswahlliste. Das ganze Homepage ist sehr übersichtlich und kundenfreundlich gestaltet.

Zu viele Informationen

Auf der Homepage der SBB ist die Reiseplanung ebenfalls prominent platziert. Weitaus am meisten Platz nimmt am 28. August 2016 jedoch eine Umfrage zur Sauberkeit ein! Die Eingabe der Reisedaten gestaltet sich aufwändiger, da man mehr tippen und lesen muss (zehn Orte stehen zur Auswahl und die Reihenfolge der Orte ist nicht nachvollziehbar). Störend ist, dass man für eine bestimmte Reisezeit die Zahlen manuell eintippen muss. Das Feld „via“ wird wohl in den allermeisten Fällen gar nicht benötigt. Denn die Reisestrecke dürfte vorwiegend durch das Fahrplanangebot bestimmt werden. Sehr ärgerlich ist die Funktion „Vorschläge aus“. Der Vorgang lässt sich selbst mit dem Öffnen eines neuen Browserfenster nicht mehr rückgängig machen! Die rote Farbe der SBB-Homepage weckt eher negative Assoziationen (Gefahr / Verbot). Sie wirkt unübersichtlich und überladen. Nicht weniger als 26 Begriffe sind neben dem Fahrplanfeld noch zu sehen.

sbb-ch-startschirmFahrplan-Angaben

Für den Vergleich der Fahrplan-Angaben habe ich die Hauptstrecken von Amsterdam nach Den Haag bzw. von Zürich nach Bern ausgewählt. Nach der Eingabe des Abgangs- und Zielortes und einem Click erhält man bei ns.nl in der linken Spalte die verschiedenen Zugverbindungen mit der Abfahrts-, Ankunfts- und der Reisezeit. Diese Angaben sind vergleichbar mit jenen auf der entsprechenden SBB-Seite. Sehr praktisch und informativ sind jedoch die Detail-Informationen in der rechten Spalte. Dort werden für die nächste Zugverbindung bereits sämtliche notwendigen  Fakten aufgelistet (Umsteigeorte, Umsteigezeit, Zugkategorie, Gleisangaben und der Preis). Mit einem Click auf einen kleinen Pfeil werden die Zugsnummer, Zwischenhalte und weitere Zusatzinformationen angezeigt. Auch diese Seiten sind sehr übersichtlich,  wirken luftig und „aus einem Guss“.

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sbb-ch-reise-ergebnisErwähnenswert bei ns.nl sind die Informationen zum Zielbahnhof. Es werden die aktuell verfügbaren Mietvelos und die zur Ankunftszeit geöffneten Shops und Service-Stellen angezeigt. Allerdings nützt die blosse Anzahl nicht sehr viel, denn als Reisender möchte man ja konkret erfahren, welche Shops oder Service-Einrichtungen noch offen sind. Das ist ein unverständlicher Mangel.

Selbstverständlich lassen sich die gefundenen Fahrplandaten ausdrucken, in den eigenen Kalender importieren und per Mail versenden. Die ausgewählte und eine nachfolgende Verbindung werden detailliert angezeigt, sowie fünf weitere Möglichkeiten in einer Übersicht. Auch dieses Blatt ist sehr klar strukturiert und enthält trotzdem alle notwendigen Informationen.

Auslastung der Züge

Leider fehlen beim niederländischen Fahrplan die Angaben zur Belegung. Diese Information sind ein klarer Pluspunkt für die SBB. Extrem schlecht gelöst ist bei den Nederlandse Spoorwegen das Kaufen eines Retour-Tickets. Man muss auf der Homepage einen grossen Umweg machen bis man bei der richtigen Billetkategorie landet, sofern man sie überhaupt findet. Wegen unterschiedlicher Streckenlänge lassen sich die Preise nicht direkt vergleichen. Das Preisniveau der Nederlandse Spoorwegen darf jedoch als sehr niedrig bezeichnet werden: 11.50 Euro kostet die Reise in der zweiten Klasse von Amsterdam nach Den Haag mit einer Fahrzeit von 46 bis 57 Minuten. Die SBB verlangen für eine Billet von Zürich nach Bern satte 50 Franken (Reisezeit ohne Umsteigen: 56 Minuten).

Fazit

Als Tourist findet man sich auf ns.nl recht schnell zurecht. Die Seite ist intuitiv zu bedienen und sehr übersichtlich. Die Planung einer Reise ist einfach. Allfällige Bdetriebsstörungen und Verspätungen werden transparent kommuniziert und in Echtzeit in die Fahrplanangaben integriert. Leider gibt es die Webseite der NS nur in Niederländisch und Englisch obwohl jährlich rund 14 Millionen ausländische Gäste die Niederlanden besuchen.

Der grosse und wichtigste Unterschied zwischen NS und SBB ist jedoch, dass man bei den Nederlandse Spoorwegen nur den Fahrplan der Bahn abfragen kann. Tippt man einen Ort ohne Bahnhof ein erscheint die Meldung „Geen advies gevonden / No advice available“ sowie die kostenpflichtige Telefonnummer 0900-9292. Leider fehlt der Hinweis, wo die Reisenden die gewünschte Information gratis und rund um die Uhr finden könnten, nämlich unter http://9292.nl ! 9292 ist der etwas eigenartige Name des Verbandes aller öffentlicher Verkehrsunternehmen in den Niederlanden. Unter 9292.nl findet man dann zum Beispiel den Fahrplan zur Sehenswürdigkeit „Maduordam“ – dem niederländischen Pendant des „Swissminiatur“ in Den Haag.  Für die SBB lohnt sich jedoch hin und wieder die Nederlandse Spoorwegen als Vorbild zu nehmen. Denn mit demTaktfahrplan waren uns die Niederländer um viele Jahre voraus.

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5 Gedanken zu „Wie kundenfreundlich ist der ÖV in den Niederlanden?

  1. Es gibt noch einen Punkt, bei dem der SBB-Fahrplan besser ist: Bei Störungen oder auch kurzfristigen Verspätungen wird eine Alternative angezeigt. Im NS-Fahrplan erscheint bloss die Störung, aber wie man weiter kommt (vor allem wenn man weder das Netz kennt noch holländich spricht) ist nicht ersichtlich. So war vor einigen Wochen als Folge eiern Störung zwischen Ammersfort und Utrecht diese Verbindung nur reduziert befahrbar – angezeigt wurde die Störung aber ‚hinter‘ Utrecht, was auf Nachfrage hin auch Bahnpersonal bestätigte. Der Zug endete aber in Ammersfort. Nur mit Glück bin ich am gleichen Tag noch in die Schweiz zurückgekommen.
    Die Probleme des Billetts kann man mit einer öV-Chipkarte ganz einfach umgehen – die ist in allen Verkehrsmitteln gültig (was allerdings beim Wechsel zB von NS auf Arriva ein auschecken und neuerliches Einchecken bedingt). Auf vielen Bahnhöfen kommt man ohnehin wegen der Bahnsteigsperren à la Metro nur noch mit einem maschinenlesbaren Fahrausweis zum Zug oder wieder aus dem Bahnhof heraus.

    • Sehr geehrter Herr Gross
      Vielen Dank für Ihre Ergänzungen.
      Verfügen Sie über Informationen
      – zur Chipkarte der NS
      – die Straffung der Zugstypen von NS
      Entsprechende Angaben wären sehr erwünscht.
      Freundliche Grüsse
      Reto Planta

  2. Sehr geehrter Herr Planta
    Vielen Dank für Ihren interessanten Artikel und den abschliessenden Vergleich zwischen den Niederlande und der Schweiz. In der Tat ist der Preis von CHF 50.- für ein reguläres Billett in der zweiten Klasse von Bern nach Zürich sehr hoch. Doch wer fährt schon mit einem solchen Billett? Die effektiven Erlöse der SBB für eine Fahrt liegen viel tiefer – besonders in der 1. Klasse.
    Hier eine einfache Rechnung: Nehmen wir an, ein Fahrgast – A.M. – würde zwischen Bern und Zürich pendeln. Da er gut verdient, leistet er sich ein Generalabonnement der 1. Klasse. Das kostet gegenwärtig knapp CHF 6’000.-. Auch in der Freizeit benutzt A.M. gelegentlich die Bahn. Er fährt etwa zehnmal pro Jahr nach Zuoz zum Skifahren und zu Freunden. Zudem benutzt A.M. das GA für Fahrten mit den VBZ – er wohnt in Witikon. Auf der Grundlage dieser Fakten dürften etwa CHF 4’000.- auf den Arbeitsweg entfallen. Pro Jahr pendelt A.M. 200 Mal zwischen Bern und Zürich – also 400 Fahrten. So kostet ihn eine Fahrt nur CHF 10.-. Enorm günstig!
    Freundliche Grüsse
    Ernst Rota

  3. Sehr geehrter Herr Rota

    Vielen Dank für Ihren Kommentar zum Preisvergleich von Einzelbilleten. Sie fragen sich, wer denn noch mit einem gewöhnlichen Einzelbillet reist? Zum Beispiel Touristen!

    Selbstverständlich gibt es auch in den Niederlanden ein Generalabonnement, bzw. sogar zwei. Eines nur für den Zug für € 3984 und eines, das auch noch für Bus, Tram und Metro gilt für € 4640.40. Für die 1. Klasse kosten die beiden Abonnemente € 6684 bzw.€ 7340.40.

    Bei Vergleichen sollte man meiner Meinung nach immer nur Gleiches mit Gleichem vergleichen.

    Freundliche Grüsse
    Reto Planta

  4. Sehr geehrter Herr Planta

    Vielen Dank für Ihren interessanten Beitrag. Darf ich zu einigen Aspekten Stellung nehmen und auf ein paar andere Sachverhalte eintreten?

    Zu viele Informationen

    Auf der Homepage der SBB ist die Reiseplanung ebenfalls prominent platziert. Weitaus am meisten Platz nimmt am 28. August 2016 jedoch eine Umfrage zur Sauberkeit ein! Die Eingabe der Reisedaten gestaltet sich aufwändiger, da man mehr tippen und lesen muss (zehn Orte stehen zur Auswahl und die Reihenfolge der Orte ist nicht nachvollziehbar). Störend ist, dass man für eine bestimmte Reisezeit die Zahlen manuell eintippen muss. Das Feld „via“ wird wohl in den allermeisten Fällen gar nicht benötigt. Denn die Reisestrecke dürfte vorwiegend durch das Fahrplanangebot bestimmt werden. Sehr ärgerlich ist die Funktion „Vorschläge aus“. Der Vorgang lässt sich selbst mit dem Öffnen eines neuen Browserfenster nicht mehr rückgängig machen! Die rote Farbe der SBB-Homepage weckt eher negative Assoziationen (Gefahr / Verbot). Sie wirkt unübersichtlich und überladen. Nicht weniger als 26 Begriffe sind neben dem Fahrplanfeld noch zu sehen.

    Fahrplan Feld Via

    Zumindest was mich selbst betrifft, benötige ich persönlich das Feld via fast bei einer Zugfahrt. Einzig bei Fahrten ins Ausland in Richtung Freiburg/Köln ist das via bei mir kein Thema. Dies hat wohl in erster Linie mit dem Standort meines Wohnortes zu tun. So Reise ich je nach Abfahrtszeit, Kurszügen oder genauem Ankunftsort manchmal via linkes und manchmal via rechtes Zürichseeufer nach Zürich. Wenn ich hingegen von meinem Wohnort in den Inneren Kantonsteil reise, dann manchmal via Biberbrugg/Arth Goldau und manchmal via Thalwil/Zug. So werden z.B. beim Fahrplan wenn es um die SOB geht, zumindest teilweise die SBB Züge den SOB Zügen vorgezogen.
    Manchmal auch sehe ich bei Fahrplananfragen, dass wegen einer fehlerhaften Programmierung sowohl bei Bus oder Bahn die total falschen und deutlich längeren Bahnfahrten erscheinen. Auch da bin ich um das Via sehr dankbar um die für mich optimalen Fahrzeiten zu erfahren.
    Das sind so meine Gründe, weshalb ich auf keinen Fall auf das via in der Fahrplananfrage verzichten möchte.

    Abfahrtszeiten Infotafel ShopVille

    Was ich ebenso wenig schätze und was z.B. in Zürich HB geschah ist, wenn die Fahrangaben (Gelbe+Weisse Tafeln) zugunsten von Verkaufs oder Werbeflächen verschwinden. So gab es zum Beispiel kurz vor der Treppe zu den Gleisen in den HB Zürich jeweils die gelben Tafeln mit den Abfahrtszeiten. Bei einer Rückreise die in Zürich meist mit einem Tram beginnt, warf ich noch im Shop Ville als erstes einen Blick auf diese.
    So wusste ich jeweils, wieviel Zeitreserve ich habe bis ich auf dem Perron sein muss oder wie dringend es ist. Wenn ich genug Zeit hatte konnte ich noch kurze Geschäfte erledigen und vielleicht Früchte oder etwas für zu Hause kaufen. Diese Infotafeln für die Abfahrtszeiten der Züge die nahe bei den Geschäften sind, wurden vor einiger Zeit weiteren Verkaufs oder Werbeflächen im Shop Ville geopfert.

    Bahnhofschilder und SBB Uhren

    Was mich ebenso stört und was ich wenig Kundenfreundlich finde ist das Verschwinden vieler SBB Uhren oder auch der Tafeln mit den Bahnhof Namen. Zumindest so wie ich mich erinnere, konnte ich noch vor wenigen Jahren von fast jedem Bahnwagen und Sitz aus einen Blick den Namen des Bahnhofs erkennen und wo der Zug gerade stoppt.
    Mein Eindruck ist, dass diese Namentafeln auf den Perrons spürbar reduziert wurden. Insbesondere wenn eine falsche Zugdurchsage erfolgt, ist der Wegfall dieser einfachen blauen Infotafeln ein klare Verschlechterung. Dies vor allem bei Bahnstrecken, wo man/frau die Bahnhöfe Optisch nicht sofort erkennt. Oder z.B. auch wenn der Fahrgast auf einer späten Fahrt vielleicht eingenickt ist und dann beim Halten des Zuges aufwacht. Auch Fremdsprachige Touristen aus dem Ausland spüren diesen Nachteil, wie ich es auf der Strecke nach Chur schon beobachten konnte.
    Noch vor kurzem genügte ein Blick aus dem Fenster und man/frau konnte sofort lesen, an welchem Bahnhof man war. Heute hat sich diese sehr Kundenfreundliche Info verschlechtert, was solange alles perfekt funktioniert nur ein kleines Übel ist. Doch bei jeder kleinsten Störung rächt sich die Reduzierung dieser Namenstafeln der Bahnhöfe sofort.

    Vielleicht irre ich mich beim Thema Fahrplaninfos beim HB oder dem Erkennen des Bahnhofnamen vom Zugabteil aus? Falls jemand andere Infos hat, freue ich mich davon zu lesen.

    Mit besten Grüssen

    M. Andreas Bamert

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