Sanierung Weissensteintunnel – Nagelprobe für einen rationalen Ressourceneinsatz

Der Verfasser dieses Beitrages spricht sich keinesfalls für einen Abbau beim öffentlichen Verkehr in der Schweiz aus. Hingegen plädiert er für einen sinnvollen und betriebswirtschaftlichen Einsatz der zunehmend knapper werdenden Ressourcen. Eine unbefangene und vorurteilsfreie Diskussion ist angezeigt.

Die direkte Eisenbahnlinie von Moutier und Solothurn verbindet zwei Städte im Kanton Bern und im Kanton Jura sowie zwei Sprachräume. Die Reisezeit mit der direkten und stündlich verkehrenden Regionalbahn dauert 31 Minuten. Zudem kann man diese Reise alternativ jede Stunde und um rund 30 Minuten verschoben mit Umsteigen in Biel in 36 Minuten zurücklegen.

Die Strecke gehört seit 2006 zum Netz der BLS und wird seit 2010 von den SBB betrieben. Der direkte Reiseverkehr zwischen Moutier und Solothurn ist dürftig. Etwas höhere Passagierzahlen sind auf dem Teilstück zwischen Solothurn und Langendorf zu verzeichnen.

Die Eisenbahnlinie führt von Gänsbrunnen und Oberdorf SO durch den 1908 eröffneten 3,7 km lange Weissensteintunnel. Dieser ist in die Jahre gekommen und dringend zu sanieren. Die Kosten für die Sanierung des Tunnels wurden mit CHF 170 Mio. veranschlagt, und der Aufwand für die Erneuerung der gesamten Strecke von Moutier nach Solothurn liegen gemäss den Angaben im eingefügten Artikel der NZZ bei CHF 300 Mio. Zur Diskussion steht eine Umstellung auf Busbetrieb mit längeren Fahrzeiten. Bis Ende 2016 will der Bund über das weitere Vorgehen entscheiden.

Weissenstein NZZ neu

CHF 300 Mio. sind in Anbetracht des beschränkten Nutzens dieser Bahnlinie ein enormer Betrag. Mit CHF 300 Mio. könnten beispielsweise die Einspurstrecken am Bielersee, am Walensee oder zwischen dem Rosshäuserentunnel und Kerzers vollständig eliminiert werden. Der Nutzen dieser Investitionen wären unvergleichbar höher als die Erneuerung der Linie durch den Weissenstein.

Eigentlich wäre zu erwarten, dass die Verbindung auf Busbetrieb umgestellt wird. Aber in Anbetracht der bedeutenden Mittel im BIF ist das ungewiss. Spannend, ob eher unbedeutende regionale Interessen einmal mehr überfällige nationale Vorhaben verdrängen.

4 Gedanken zu „Sanierung Weissensteintunnel – Nagelprobe für einen rationalen Ressourceneinsatz

  1. Auch eine angeblich „unbedeutende“ Regionalbahn erfüllt eine für die betroffene Region wichtige Rolle. Es sind die kleinen Bäche, welche dem Strom das Wasser zuführen. Fraglich ist allerdings, ob die ganze Sanierung nicht günstiger zu haben ist. Offenbar wird wieder einmal mit helvetischer Perfektion vorgegangen nach dem Motto: Nur das Teuerste ist gut genaug. Oder wird dieser Millionenbetrag bewusst als Killerargument ins Feld geführt, um die Bahn endlich los zu werden? Vor rund 20 Jahren wurde dies schon mal versucht.
    In Anbetracht der markanten Verlängerung der Strecke bei Umstellung auf Bus und der zusätzlichen Strassenbelastung ist gut zu überlegen, ob man eine mit Ausnahme des Tunnels doch weitgehend funktionsfähige Bahninfrastrukur leichtfertig aufgeben will. Gerade strukturschwache Randregionen wie der Jura sollten es uns wert sein Unterstützung für ihre Bahnen zu erhalten. In Anbetrachte der seit Jahrzehnten in die diversen Zürcher Bahnprojekte und demnächst auch in die zweite Gotthardröhre investierten Milliarden darf ruhig mal etwas davon Richtung Nordwestschweiz abfallen. Ein reiner Vorortsbetrieb zwischen Solothurn und Lommiswil ist vermutlich nicht überlebensfähig, während
    Gänsbrunnen vom direkten Zugang nach Solothurn abgeschnitten würde. Wird die Bahn stillgelegt, kommt in einigen Jahren die Forderung, den Bahntunnel in einen Strassentunnel umzubauen, wie dies die Franzosen in den Vogesen vorgemacht haben. Der Strassentunnel darf dann allerdings wieder etwas kosten! Daher Ja zur Bahn! Die Doppelspur am Bielersee kommt trotzdem.

  2. Noch ist mein Frust gross betreffend der 2. Gotthardröhre. Nun hat es der Bundesrat geschafft, diese durch ein Hintertürli einzuschleusen, obwohl es gescheitere Lösungen gegeben hätte. Dieses Loch wird die Neat wieder von neuem konkurrenzieren. Ein totaler Unsinn und verfassungswidrig!

    Gut, also lassen wir das, es geht jetzt ja um die Strecke von Moutier nach Solothurn. Diese müsste nach meiner Meinung ohne Wenn und Aber saniert werden, ob betriebswirtschaftlich oder nicht betriebswirtschaftlich, wozu haben wir denn eigentlich die FABI-Vorlage? Wer für den ÖV ist, muss dem zustimmen!

    Das Ganze hat auch nicht direkt etwas mit den, von Ernst Rota erwähnten Einspurstrecken zu tun. Das ist wieder ein anderes Thema. (Dazu noch eine Bemerkung betreffend den Walensee. Dort gibt es eine Einspurinsel, die in schwierigem Gelände liegt, ist aber gerade mal 1 km lang und daher vernachlässigbar.)

  3. Sanierung Weissensteintunnel?

    Der Grenchenberg-Tunnel wurde von 2005 – 2007 mit folgenden Arbeiten saniert.
    – Profilierung der Tunnelsohle, teilweises Einbringen einer Betonsohle
    – Partielle Sanierung von Tunnelgewölbe und Tunnelsohle
    – Ersatz der Tunnelentwässerung
    – Anpassung des Lichtraumprofils
    – Geschwindigkeitserhöhung auf 140 km/h
    – Einbau von Selbstrettungsmassnahmen
    Die durch die Tunnelsanierung entstandenen Kosten dürften nach heutigem Teuerungsstand ungefähr 50 Millionen Franken entsprechen.
    Weissenstein- und Grenchenberg-Tunnel haben geologisch ähnliche Strukturen. Die Mängel, Probleme und Sanierungserfordernisse im Weissensteintunnel könnten jenen des Grenchenbergtunnels entsprechen. Weil im Weissenstein-tunnel nur Regional- und keine Schnellzüge verkehren, ist der Ausbaustandard möglicherweise geringer als im Grenchenberg.

    Vergleich der mutmasslichen Sanierungskosten:

    Grenchenbergtunnel
    – Bau 1911-1915
    – Tunnellänge 8’600 m
    – Sanierung 2005 – 2007
    – Sanierungskosten 50 Millionen CHF (Schätzung)
    – Sanierungsaufwand pro Tunnelkilometer rund 6 Million CHF

    Weissensteintunnel
    – Bau 1903-1908
    – Tunnellänge 3‘700 m
    – mutmasslich Sanierungskosten 170 Millionen CHF (Quelle BLS)
    – Sanierungsaufwand pro Tunnelkilometer rund 46 Million CHF

    Frage:
    Wie kann einem Laien die Kostendifferenz von rund vierzig Millionen Franken pro Kilometer erklärt werden?

    Pro Bahn NWCH 10.03.2016 willi.rehmann@bluewin.ch

    • Sehr geehrter Herr Rehmann

      Vielen Dank für Ihre Informationen und für Ihr Interesse an unserer Website. Da die Kommentarfunktion keine Tabulatoren zulässt, habe ich Ihren Kommentar zur Verbesserung der Leserlichkeit formal angepasst.

      Sie haben mir vor ein paar Tagen einen ausführlichen Vergleich in Form einer PDF-Datei zugestellt – nochmals besten Dank. Steht dieser Bericht allgemein zur Verfügung?

      Freundliche Grüsse

      Ernst Rota

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert